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Archiv "Medizinische Versorgungszentren: Politische Innovation und vertragsärztlicher Alltag" (10.06.2005)

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icht nur Ärzten, die die Möglich- keiten des § 95 Abs. 1 SGB V nut- zen und ein Medizinisches Versor- gungszentrum (MVZ) gründen wollen, fällt es schwer, hierfür Erfolg ver- sprechende Konzepte zu entwickeln.

Auch die Kassenärztlichen Vereinigun- gen (KVen) haben derzeit noch Proble- me, ihre Mitglieder hinsichtlich der vie- len offenen Fragen zu beraten. Diese er- geben sich nicht nur aus den vom Gesetz- geber bewusst gewählten Unschärfen im zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungsgesetz (GMG).

Hinzu kommen die rechtlichen Bindun- gen, der die Körperschaften der Ver- tragsärzte und Psychotherapeuten im In- teresse aller Mitglieder unterliegen. Sie definieren die Zulassungsmöglichkeiten für neue und den Handlungsrahmen ge- genüber bestehenden MVZ. Die Folgen daraus sind für Außenstehende nicht im- mer direkt nachvollziehbar und münden in dem Vorwurf, die KVen seien mitver-

antwortlich für die bislang zögerliche An- nahme Medizinischer Versorgungszen- tren. Da selbst die normenverantwortli- che Legislative gelegentlich die Selbst- verwaltung wegen gesetzeskonformer Rechtsanwendung kritisiert, sind einige KV-spezifische Aspekte dieses Rechts- bereichs zu verdeutlichen.

In § 72 SGB V findet sich der Gene- ralverweis, demzufolge alle für Ver-

tragsärzte geltenden Bestimmungen ent- sprechend auf MVZ anzuwenden sind.

Das bedeutet: Sämtliche Pflichten und Aufgaben, die einer KV im Verhältnis zu ihren Mitgliedern obliegen – also Zulassungs- und Genehmigungsfragen, der Abrechnungskomplex, die Wirt- schaftlichkeits- und Plausibilitätsprü- fungen – bestehen auch und in gleicher Weise gegenüber den MVZ.

Daraus folgt: Die Zulassung eines MVZ beziehungsweise der dort tätigen Ärzte unterliegt der Bedarfsplanung. Es gelten die Beschränkungen gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die im MVZ ange- stellten Ärzte werden wie Vertragsärzte bei der Feststellung des Versorgungs- grades berücksichtigt. Deshalb ist bei bestehenden Zulassungsbeschränkun- gen die Anstellung fachgebietsfremder Ärzte durch ein MVZ nicht möglich.

Nach derzeitiger Rechtslage werden Medizinische Versorgungszentren in wichtigen Fragen wie fachübergreifende Gemeinschaftspraxen behandelt. Das hat zur Folge, dass sie unter einer Arzt- nummer abrechnen und damit im Quar- tal nur einmal den Ordinationskomplex je Behandlungsfall ansetzen können.

Dessen Höhe ergibt sich aus Punkt 5.1 der Allgemeinen Bestimmungen des neuen EBM: Er wird als arithmetischer Mittelwert der Punktzahlen der Ordina- tionskomplexe aller in einem MVZ ver- tretenen Ärzte berechnet. Die Gesamt- fallzahl und das abrechenbare Punkt- zahlvolumen eines MVZ ergeben sich aus der Addition der jeweiligen Werte aller eingebrachten Vertragsarztsitze (hilfsweise aus dem Fachgruppendurch- schnitt). Allerdings werden die resultie- renden Summen um die Anzahl gemein- samer Patienten gekürzt. Zur Kompen- sation des daraus möglicherweise resul- tierenden Verlustes er- höht sich der errechnete Ordinationskomplex des MVZ um 15 Punkte je repräsentiertem Fachge- biet oder Schwerpunkt, jedoch mindestens um 60 und höchstens um 105 Punkte (Tabelle 1). Dies gilt allerdings nicht für auftragnehmende Ärzte, wie zum Beispiel Pa- thologen, Labormedizi- ner oder Radiologen.

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A1634 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2310. Juni 2005

Foto:Medizinisches Versorgungszentrum Lubinus GmbH,Kiel

Medizinische Versorgungszentren

Politische Innovation und vertragsärztlicher Alltag

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen über Intentionen des Gesetzgebers und Probleme in der Praxis

´ Tabelle 1CC´

Fachgruppe Ordinationskomplex Punktzahl

(EBM 2000+, 6–59 Jahre)

Allgemeinarzt 1 03111 145

Allgemeinarzt 2 03111 145

Kinderarzt 04111 145

Internist 13211 230

Gynäkologe 08211 255

MVZ ohne Zuschlag 184 (= 920 : 5)

MVZ mit Zuschlag (= + 60 Punkte) 244

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Wie wirkt sich diese theoretisch be- günstigende Regel in der Praxis aus?

Das hängt stark von der Zahl gemein- sam behandelter Patienten ab. In Tabel- le 2 wird die nur durch den Ordinations- komplex erzielbare Punktmenge eines MVZ für den Fall berechnet, dass zehn Prozent der Patienten von mehreren Ärzten behandelt werden. Hier kommt es zu einer Punktzahlvermehrung (die allerdings kein Pendant in Form einer Anhebung der Gesamtvergütung fin- den wird und deshalb unter Budgetbe- dingungen einer möglichen Beschnei- dung durch HVM-Maßnahmen unter- liegt).Was aber passiert, wenn – wie vom Gesetzgeber beabsichtigt – mehr Pati- enten gemeinsam behandelt werden?

Die Fallvariante mit 30 Prozent gemein- sam behandelter Patienten führt zu ei- nem Punktzahlverlust (Tabelle 3). Von einer Begünstigung der MVZ kann kei- ne Rede mehr sein.

Das bedeutet: Je mehr das MVZ die fachübergreifende Patientenversorgung verfolgt, desto geringer ist der Vorteil, der sich aus dem Punktezuschlag zum Ordinationskomplex generieren lässt.

Unter Umständen ergibt sich sogar ein Nachteil gegenüber Einzelpraxen oder Praxisgemeinschaften. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nicht nur der Ordinationskomplex nur einmal je Patient und Quartal vom MVZ ab- gerechnet werden kann. Auch Lei- stungskomplexe darf das Medizinische Versorgunsgzentrum nur einmal im Be- handlungsfall ansetzen, unabhängig von der Anzahl der eigenen Ärzte, die an der Patientenversorgung beteiligt waren.

Gemäß § 85 (4) SGB V haben die von den KVen mit den Krankenkassen zu vereinbarenden Honorarverteilungsver- träge Regelungen zur Verhinderung ei- ner übermäßigen Ausdehnung der Tä- tigkeit des Vertragsarztes vorzusehen.

Dies gilt auch für MVZ. Genannt wer- den in diesem Paragraphen Regel- leistungsvolumina als Steuerungsele-

ment. Nach Beschluss des Bewertungs- ausschusses können aber stattdessen auch andere, in der Wirkung vergleich- bare Instrumente eingesetzt werden.

Die KV Bremen hat sich für die Fort- schreibung der Systematik von Fall- punktzahlen entschieden. Diese stellen die maximal je Fall in einer Praxis abre- chenbare Punktmenge dar. Daneben gilt die Fallzahlbegrenzung, die auch für ein MVZ den Fallzahlzuwachs auf drei Prozent je Jahr begrenzt.Anhand dieser Systematik kann die Leistungsbegren- zung für MVZ dargestellt werden. Das Ergebnis wird bei anderen Steuerungs- instrumenten (etwa Regelleistungsvolu- mina) ähnlich sein:

Zunächst muss die Fallpunktzahl für ein MVZ ermittelt werden. Bei der Zu- sammenführung mehrerer Einzelpra- xen zu einer Gemeinschaftspraxis wird das arithmetische Mittel der Fallpunkt- zahlen aller beteiligten Vertragsärzte bestimmt und für die künftigen Abrech- nungsfälle zugrunde gelegt. Analog muss auch für MVZ gelten, dass mit jedem eingebrachten Vertragsarztsitz P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2310. Juni 2005 AA1635

´ Tabelle 2CC´

Fachgruppe Ordi.-Komplex,10 % Fallzahl Punkte gemeinsame Fälle

1. Allgemeinarzt 1 145 900 130 500

2. Allgemeinarzt 2 145 800 116 000

3. Kinderarzt 145 750 108 750

4. Internist 230 650 161 000

5. Gynäkologe 255 800 204 000

6. Summe Einzelpraxen 3 900 720 000 = 100 %

7. MVZ ohne Zuschlag 184 3 510 645 840 = 90 % von 6.

8. MVZ mit Zuschlag 244 3 510 856 440 = 119 % von 6.

9. Punktgewinn (Relation zu + 136 440 = + 19 % von 6.

Zeile 6:)

´ Tabelle 4CC´

Fachgruppe Fallpunktzahl Fallzahl Gesamtpunktzahl

1. Allgemeinarzt 1 950 900 855 000

2. Allgemeinarzt 2 980 800 784 000

3. Kinderarzt 820 750 615 000

4. Internist 1 450 650 942 500

5. Gynäkologe 650 800 520 000

6. Summe Einzelpraxen (4 850) 3 900 3 716 500 = 100 %

7. FPZ MVZ 970 3 900 3 783 000 = + 2 %

´ Tabelle 3CC´

Fachgruppe Ordi.-Komplex,30 % Fallzahl Punkte gemeinsame Fälle

1. Allgemeinarzt 1 145 900 130 500

2. Allgemeinarzt 2 145 800 116 000

3. Kinderarzt 145 750 108 750

4. Internist 230 650 161 000

5. Gynäkologe 255 800 204 000

6. Summe Einzelpraxen 3 900 720 000 = 100 %

7. MVZ ohne Zuschlag 184 2 730 502 320 = 70 % von 6.

8. MVZ mit Zuschlag 244 2 730 666 120 = 93 % von 6.

9. Punktverlust (Relation –53 880 = –7 %

zu Zeile 6:)

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dessen ursprüngliche Fallpunktzahl als Berechnungsgrundlage für die Fall- punktzahl des Zentrums einfließt (Ta- belle 4). Ein Plus von zwei Prozent bei den abrechenbaren Punkten wäre in diesem Fall ein Vorteil des MVZ ge- genüber den Einzelpraxen. Auch kann ein MVZ möglicherweise durch Betei- ligung mehrerer Ärzte leichter in je- dem Behandlungsfall die optimale Fall- punktzahl generieren. Ist ein solches Plus bei der Gesamtpunktzahl des MVZ im Vergleich zu Einzelpraxen aber in jedem Fall gewährleistet? Dreht man nur an ei- nem der vielen Rädchen, nämlich der eingebrachten Fallpunktzahl des Interni- sten, schrumpft der Vorteil (Tabelle 5).

Dreht man noch ein bisschen weiter, gerät das MVZ mit seiner abrechenbaren Gesamtpunktzahl gegenüber den Einzel- praxen sogar ins Minus. (Tabelle 6)

Prüfverfahren:

Richtgrößenprüfung

Auch die MVZ müssen sich dem kom- plexen Prüfgeschäft stellen, unter ande- rem im Bereich der Arzneimittelversor- gung der gesetzlich geforderten Richt- größenprüfung, die auf KV-Ebene zu regeln ist: Jedem Vertragsarzt steht für jeden seiner Patienten eine arztgrup- penspezifische, altersgewichtete Richt- größe zu. Derartige einheitliche Richt- größen können der Gruppe MVZ we- gen ihrer Heterogenität nicht zugeord- net werden. Deshalb muss in einem analogen Verfahren – so wie für fach- übergreifende Gemeinschaftspraxen – eine Durchschnittsgröße aus den betei- ligten Fachgruppen gebildet werden.

Bei Überschreiten des Richtgrößenvo- lumens um 25 Prozent wird dann gegen das MVZ ein Prüfverfahren eingeleitet und gegebenenfalls Regress gefordert.

Wer im Innenverhältnis haftet, liegt im Regelungsbereich des MVZ. Aber wer wird zu pharmakologischen Beratungs- gesprächen eingeladen? Der Betrei- ber? Dessen ärztlicher Leiter? Die für den Schaden verantwortlichen Ärzte?

Falls ja:Wie werden diese aktenkundig?

Solche Probleme des Prüfgeschäftes haben zu einer Neufassung der Bun- desmantelverträge geführt, derzufolge Ärzte eines MVZ auf Verordnungen von Arznei-, Verband- sowie Heil- und Hilfs-

mitteln ihren Namen angeben müssen.

Bei der Abrechnung sind die abgerech- neten Leistungen arztbezogen zu kenn- zeichnen. Diese Regelungen gelten bis zum Ende 2005. Ab 2006 soll jedem Arzt – also auch dem im MVZ angestellten – eine individuelle, EDV-kompatible Ab- rechnungsnummer zugeordnet werden.

Ob diese Personalisierungspflicht zu ei- ner arztindividuellen Zurechenbarkeit von Richtgrößenüberschreitungen führt, ist zumindest bei den angestellten Ärzten eines MVZ fraglich – soll doch das MVZ, der Intention nach, selbst eine wirtschaft- liche Leistungserbringung gewährleisten.

Dieser Einwand gilt auch bezüglich even- tueller Individualprüfungen zur wirt- schaftlichen Verordnungsweise und zum generierten Honorar des einzelnen Arz- tes. Durchschnittsprüfungen auf MVZ- Ebene werden sich wegen deren Hetero- genität kaum durchführen lassen.

Die Plausibilitätsprüfung nach § 106 a SGB V wird konkretisiert in den hier- zu beschlossenen Richtlinien der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkas- sen. Häufigstes Aufgreifkriterium stellt das Überschreiten vorgegebener Zeit- profile dar. Um das MVZ als Ganzes zu

prüfen, müsste für alle von ihm erbrach- ten Leistungen der Gesamtzeitbedarf ermittelt und durch die (arbeitszeitge- wichtete) Zahl der tätigen Ärzte geteilt werden. Auf die so gewonnene durch- schnittliche Arbeitszeit würden dann die Aufgreifkriterien angewandt. Einen hierbei induzierten Anfangsverdacht könnte das MVZ gegebenenfalls durch den Nachweis der tatsächlich erbrach- ten Leistungen widerlegen. Fraglich ist allerdings, ob ein solches Verfahren bei der Überprüfung großer MVZ von den Plausibilitätskommissionen der KVen noch zu bewältigen wäre.

Neben dieser globalen Prüfung wer- den aber gemäß § 8 Abs. 5 der Richtlinie auch die einzelnen MVZ-Ärzte einer Plausibilitätsprüfung unterzogen, was infolge der individuellen Kennzeich- nungspflicht möglich wurde. § 11 Abs. 3 der Richtlinie verpflichtet die KVen insbesondere dazu zu prüfen, ob bei den angestellten Ärzten die genehmigten Arbeitszeiten eingehalten wurden.

Ob und welche medizinischen Vor- teile ein MVZ für Patienten und Ärzte bietet, die über die Möglichkeiten be- reits existierender Formen kooperati- ver Berufsausübung, wie Gemeinschafts- P O L I T I K

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A1636 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2310. Juni 2005

´ Tabelle 6CC´

Fachgruppe Fallpunktzahl Fallzahl Gesamtpunktzahl

1. Allgemeinarzt 1 950 900 855 000

2. Allgemeinarzt 2 980 800 784 000

3. Kinderarzt 820 750 615 000

4. Internist 850 650 552 500

(statt 1 450)

5. Gynäkologe 650 800 520 000

6. Summe Einzelpraxen 4 250 3 900 3 326 500 = 100 %

7. FPZ MVZ 850 3 900 3 315 000 = –0,4 %

´ Tabelle 5CC´

Fachgruppe Fallpunktzahl Fallzahl Gesamtpunktzahl

1. Allgemeinarzt 1 950 900 855 000

2. Allgemeinarzt 2 980 800 784 000

3. Kinderarzt 820 750 615 000

4. Internist 1 050 650 682 500

(statt 1 450)

5. Gynäkologe 650 800 520 000

6. Summe Einzelpraxen (4 450) 3 900 3 456 500 = 100 %

7. FPZ MVZ 890 3 900 3 471 000 = + 0,4 %

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A1638 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 2310. Juni 2005

praxen, Praxisgemeinschaften oder kon- ventioneller Ärztehäuser, hinausgehen, kann jeweils nur der Einzelfall zeigen.

Persönlichen Nutzen können angestell- te Ärzte ziehen, weil sie ohne wirt- schaftliches Risiko ambulant tätig sind, ihre Arbeitszeit im MVZ flexibel ge- staltbar ist, bei Aufnahme ihrer Tätig- keit nicht die sonst im Vertragsarztrecht übliche Altersgrenze von 55 Jahren gilt, und die erstmalig eine MVZ-Stelle ein- nehmenden Ärzte nach fünf Jahren An- spruch auf Zulassung als Vertragsarzt haben – unabhängig vom jeweiligen Versorgungsgrad. Für den durchschnitt- lichen Vertragsarzt sind über den Nut- zen bestehender Kooperationsformen hinausgehende Vorteile schwerer aus- zumachen; insbesondere ökonomische Gewinne ausschließlich aus der Institu- tion MVZ heraus sind unwahrschein- lich. Nur Vertragsärzte mit hohem un- ternehmerischem Impetus können bei entsprechenden Anstellungsverträgen und Organisationsstrukturen auch ma- terielle Vorteile aus der Berufsausübung in einem MVZ ziehen.

Die wahre Intention des Gesetzgebers

Lukrativ ist die Gründung eines MVZ vor allem für Krankenhäuser, die ihr Leistungsangebot auf den vor- oder nachgelagerten ambulanten Bereich er- weitern können. Diese Einschätzung setzt sich immer mehr durch:Waren von den am Ende 2004 in Deutschland zu- gelassenen 70 MVZ nur elf Prozent von Krankenhäusern gegründet worden, er- höhte sich dieser Anteil bis Ende März auf 18 Prozent (von bis dato 121 MVZ).

Diese Entwicklung ist ein wichtiger Hinweis darauf, wem die Institution

„Medizinisches Versorgungszentrum“

zum Nutzen gereichen dürfte. Im Ma- krokosmos einer sich rapide verändern- den Landschaft nichtstationärer Patien- tenversorgung wird jedenfalls immer offensichtlicher, welche Intentionen die Mütter und Väter des GKV-Moderni- sierungsgesetzes bei der Diversifizie- rung vertragsärztlicher Leistungser- bringung geleitet haben.

Dr. med. Till Spiro

Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen

Entbürokratisierung

Viel Gerechtigkeit, viel Papierkram

KBV-Umfrage bei Ärzten

und Therapeuten zu Kosten läuft.

S

tart vor zwei Wochen, 200 Antwor- ten – das ist die Zwischenbilanz ei- ner Umfrage zu den Kosten für Bürokratie in Arztpraxen, die die Kas- senärztliche Bundesvereinigung (KBV) übers Internet gestartet hat. Vor kur- zem wurden Ärzte und Psychothera- peuten gebeten mitzuteilen, welcher Pa- pierkram sie im Praxisalltag besonders behindert und wie man Abhilfe schaf- fen könnte. Nach der Auswertung hat die KBV für die zweite Fragerunde fünf Themenbereiche ausgemacht, die die Betroffenen besonders belasten: Pra- xisgebühr, Anfragen von Krankenkas- sen, Disease-Management-Programme (DMP), Begehungen der Praxen, Be- scheinigungen/sonstige Anfragen. Nun sollen der zeitliche Be-

darf für überflüssige Verwaltungstätigkeiten erfasst und die Kosten bewertet werden. Am 26. Juni endet die Um- frage (www.kbv.de).

Mit Entbürokratisie- rung hat sich auch der Deutsche Ärztetag im Mai befasst. Die Dele- gierten begrüßten es, dass die Bundesärzte- kammer ein Konzept zur sektorenübergrei-

fenden Harmonisierung von medizini- schen Dokumentationsanforderungen entwickelt. Doch es wurde zugleich deutlich, dass sich der „Papierkram“

nicht über Nacht abschaffen lässt, denn er ist Folge von Gesetzen und Verord- nungen.

Darauf hat vor kurzem Dr. Rai- ner Hess hingewiesen. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) war von einer Arbeitsgruppe der Gesundheitsministerkonferenz der Länder zu einem Vortrag gebeten wor- den. Denn die AG muss bis Ende Juni

Vorschläge unterbreiten, wie man den Aufwand für Formulare und Dokumen- tationen verringern kann.

Hess verdeutlichte, dass das Sachlei- stungsprinzip der Gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) eine wesentli- che Ursache für die beklagte Bürokra- tie ist. Denn es bedingt, dass die Kran- kenkassen ihre Leistungspflicht über- prüfen müssen. In einem Kostenerstat- tungssystem wird dagegen der Ver- sicherte damit belastet, seiner Kasse ihre Leistungspflicht nachzuweisen. „Jede gesetzliche Ausdifferenzierung des Lei- stungskatalogs der GKV führt zwangs- läufig zu mehr Bürokratie“, betonte Hess weiter. Denn zur Überprüfung der Leistungspflicht benötigen die Kran- kenkassen differenzierte Abrechnungs- oder Verordnungsdaten.

Als Beispiele nannte der G-BA-Vor- sitzende die Krankentransport-Richtli- nien und die OTC-Präparateliste, in der aufgeführt wird, welche nichtverschrei- bungspflichtigen Mittel noch zulasten der Kassen verordnet werden dürfen.

Solche Vorgaben sind nach Ansicht von Hess Ausfluss eines für Deutschland ty- pischen Verständnisses von Gerechtig- keit: „Je mehr Ein- zelfallgerechtigkeit der Gesetzgeber bei grund- sätzlichen Leistungs- ausschlüssen gewähren will, desto mehr Büro- kratie muss er in Kauf nehmen.“ Dritte Ursa- che für die zunehmen- de Bürokratie sind für Hess die wachsenden Wahlmöglichkeiten. Je mehr Vertragswettbe- werb entsteht, desto stärker werden Ärzte durch unterschiedliche Verträge büro- kratisch belastet.

Längst befasst sich eine Arbeitsgruppe des G-BA mit der Deregulierung. Analy- siert werden zum Beispiel die Zusam- menführung der Vordrucke für die sta- tionäre Qualitätssicherung, die Daten- übermittlung im Rahmen von DMP und Meldepflichten gegenüber Krebsregi- stern im Zusammenhang mit Brustkrebs.

„Die ursprüngliche Zuversicht, schnell zu einer deutlichen Entlastung der Kran- kenhausärzte zu kommen, hat sich nicht bestätigt“, bedauert Hess. Sabine Rieser

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