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Archiv "Kassenärztliche Bundesvereinigung: Köhler und Weigeldt an der Spitze" (10.01.2005)

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m 17. Dezember 2004 ging im Ber- liner Estrel Hotel eine fast 50- jährige Ära zu Ende – am Tag darauf begann die neue Zeitrechnung.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat an diesen beiden Tagen den gesetzlich verordneten Strukturwandel vollzogen: von der ehrenamtlich gepräg- ten ärztlichen Körperschaft zu einer überwiegend hauptamtlich geführten Organisation. Die neue Vertreterver- sammlung mit nur noch 60 Delegierten wählte Dr. med. Andreas Köhler und Ulrich Weigeldt in den Vorstand. Beide lösen ab dem 1. Januar 2005 den bisheri- gen aus neun ehrenamtlichen Mitglie- dern bestehenden Vorstand um Dr. med.

Manfred Richter-Reichhelm ab.

Zäsur für die Selbstverwaltung

Was auf den ersten Blick wie ein eher for- maler Akt aussehen mag, ist eine Zäsur.

Während die Bundesgesundheitsmini- sterin dem von ihr initiierten Struktur- wandel das Etikett „mehr Professiona- lität in der ärztlichen Selbstverwaltung“

aufklebt, befürchten Kritiker einen Ver- lust an Basisnähe. Dr. med. Manfred Richter-Reichhelm sieht in den neuen hauptamtlichen Strukturen indes eher ei- ne Chance für mehr Effizienz und schnel- lere Entscheidungsabläufe. „Die KBV wird ihre Flexibilität beweisen“, sagte er bei der konstituierenden Sitzung der Ver- treterversammlung. „Sie wird gerüstet sein für die vielfältigen, schwierigen Her- ausforderungen in der Zukunft.“

Am Tag zuvor hatte Richter-Reich- helm vor der alten KBV-Vertreterver- sammlung die gesundheitspolitische Bi- lanz der vergangenen zehn Jahre gezo- gen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt war nicht anwesend. Sie nahm stattdessen an einer wichtigen Abstim-

mung im Bundestag teil, zu der auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer aus Brüs- sel eingeflogen werden mussten. Die Mi- nisterin verpasste einige versöhnliche Worte am Anfang und deutliche Kritik im weiteren Verlauf. „Geeint hat uns im- mer das Ziel“, sagte Richter-Reichhelm,

„eine qualitativ hochwertige, flächen- deckende Versorgung aller Patienten mit ambulanten medizinischen Leistungen

zu erhalten und zu verbessern. Über die Wege dahin“, so der KBV-Vorsitzende weiter, „bestand – freundlich ausge- drückt – nicht immer Einigkeit.“

Das war’s mit den Nettigkeiten, der Rest war zum größten Teil schweres Geschütz: „Sie und Ihre Amtsvorgän- ger haben den Vertragsärzten Unsägli- ches zugemutet. Seit mehr als zehn Jah- ren sind die Arzthonorare strikt budge- tiert – mit katastrophalen Ergebnis- sen“, hielt Richter-Reichhelm der Mini- sterin vor. „Die ambulante ärztliche Versorgung konnte nicht mehr Schritt halten mit der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Im Ergebnis bedeutet das,

dass das Morbiditäts- und Innovations- risiko ausschließlich bei den Ver- tragsärzten liegt.“ Den Mehrbedarf an medizinischen Leistungen aufgrund der zunehmenden Krankheitsbelastung mussten die Vertragsärzte aus ihrem ge- deckelten Budget finanzieren; Mengen- begrenzungen führten dazu, dass viele ärztliche Leistungen überhaupt nicht mehr vergütet, andere nur ungenügend honoriert wurden. Aus dieser Budget- spirale folgt für Richter-Reichhelm:

„Wenn die Budgetierung nicht beendet wird, ist die Abkoppelung der ambulan- ten ärztlichen Versorgung vom medizi- nischen Fortschritt unvermeidlich!“

Der Kostendruck, der konstant auf der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lastet, ist nach Richter-Reich- helms Auffassung weitgehend dem „so- zialpolitischen Verschiebebahnhof“ zu- zuschreiben. Mehr als 40 Milliarden Eu- ro seien der GKV so entzogen worden.

„Hätten wir dieses Geld behalten, wären die Beitragssatzsteigerungen unterblie- ben oder zumindest moderater ausgefal- len“, sagte der KBV-Vorsitzende.

Die Politik sehe das Problem jedoch im fehlenden Wettbewerb innerhalb der GKV und nicht zuletzt in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).

Die KVen würden als „Monopolisten“

verhindern, dass sich neue Versorgungs- formen entwickeln könnten. Richter- Reichhelm dazu: „Weder KBV noch KVen blockieren, aber eine weitgehende Vertragsfreiheit, die in Wahrheit ein rei- nes Kassen-Einkaufsmodell bedeutet, führt zu einer schädlichen Zersplitterung der Versorgungslandschaft und würde den Krankenkassen ein Monopol be- scheren. Einkaufsmodelle hätten zur Folge, dass die Versicherten sich an die Ärzte zu halten hätten, mit denen ihre Krankenkasse Verträge hat. Die freie Arztwahl – ein von den Patienten hoch P O L I T I K

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Kassenärztliche Bundesvereinigung

Köhler und Weigeldt an der Spitze

Die Spitzenorganisation der Kassenärzte hat den Strukturwandel von der bisher ehrenamtlich geleiteten Körperschaft zu einer hauptamtlich geprägten Organisation

vollzogen. Manfred Richter-Reichhelm zog in seinem letzten Bericht zur Lage Bilanz.

Das Haus bestellt für die Nachfolger: Manfred Richter-Reichhelm beim letzten Bericht zur Lage

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geschätztes Gut – wäre ausgehebelt.“

Dass die KVen als Vertragspartner für eine funktionierende Versorgung un- entbehrlich sind, belegen nach Richter- Reichhelms Auffassung die Disease- Management-Programme (DMP). Es werde aber ebenso deutlich, dass über die Verknüpfung der DMP mit dem Finanz- ausgleich der Kassen ein bürokratisches Monster erschaffen worden sei. Die funk- tionierenden Strukturverträge zwischen den KVen und den Krankenkassen als Vorläufer zu den DMP seien zerschlagen worden, damit die großen Versorgerkas- sen, von denen viele gesunde Versicherte zu so genannten Billigkassen gewechselt sind, über die Chronikerprogramme und die Zahlungen aus dem Risikostruktur- ausgleich profitieren können.

Bürokratie: Fünf Kilo Papier

Mit jedem neuen Gesetz sei mehr Büro- kratie über die Vertragsärzte gekom- men, kritisierte der scheidende KBV- Vorsitzende: „Im Durchschnitt verbringt heute jeder Vertragsarzt zwei Stunden täglich mit GKV-Bürokratie. Ungefähr fünf Kilo Papier mit Vorschriften stehen in jeder Arztpraxis. Sie haben wenig oder gar nichts mit Medizin zu tun. Kontroll- und Prüfregelungen nehmen überhand.“

Die Krönung an bürokratischer Rege- lungswut habe das GKV-Modernisie- rungsgesetz (GMG) indes mit der Praxis- gebühr vollbracht. Je-

der Arzt wisse, wie viel Verwaltungsaufwand damit verbunden sei:

mit dem Einzug der Praxisgebühr, der Do- kumentation, dem Aus- stellen der Quittung, den Erinnerungsschrei- ben und Mahnverfah- ren für säumige Zahler.

Richter-Reichhelm:

„Welche Gerichte sind eigentlich zuständig?

Kann der säumige Zah-

ler für die Bearbeitungs- und Gerichtsko- sten belangt werden? Waum lässt uns der Gesetzgeber bei diesen Fragen im Stich, wo er doch sonst alles reglementiert?“

Einen Steuerungseffekt der Praxis- gebühr bei der Inanspruchnahme der Ärzte räumte Richter-Reichhelm ein.

Ein Fallzahlrückgang um zehn Prozent in den ersten beiden Quartalen belege, dass es ihn gebe. Allerdings zeigten er- ste Erhebungen, dass offenbar sozial Schwache überproportional häufig vom Arztbesuch abgehalten werden. Sollte sich dies bestätigen, müsse schnellstens gegengesteuert werden.

Neben der überbordenden Bürokra- tie kritisierte Richter-Reichhelm vor al- lem den zunehmenden Einfluss des Bun- desgesundheitsministeriums auf Sach- entscheidungen der Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen. Das Mi- nisterium beschränke sich längst nicht mehr auf die Rechtsaufsicht. Vielmehr drohe der Marsch in eine „rationierende, planwirtschaftliche und zentralistische Staatsmedizin“. Dagegen müsse sich die KBV mit aller Kraft wehren.

Kritische Worte richtete der KBV- Vorsitzende auch an die eigenen Reihen.

Während die Integration der Psycholo- gischen Psychotherapeuten gut gelun- gen sei, herrsche immer noch zwischen den Haus- und Fachärzten tiefes Miss- trauen. Ein Misstrauen, das zu endlosen ärztlichen Grabenkämpfen geführt ha- be. Die Politik habe sich gerne und oft dieser Zerrissenheit bedient, um negati- ve Regelungen durchzusetzen. So habe lange Zeit die reale Gefahr bestanden, dass die niedergelassenen Fachärzte aus dem KV-System herausgedrängt wer- den. Ein Vorentwurf zum GKV-Moder- nisierungsgesetz – erinnerte Richter- Reichhelm – wollte die Fachärzte den Ein- kaufsmodellen der Krankenkassen auslie- fern. Dies habe die KBV verhindert.Aller- dings bescherte die Po- litik in einer plötzli- chen Kehrtwende den Hausärzten mit dem GMG ein Einkaufsmo- dell: die hausarztzen- trierte Versorgung.

Und hier bahnt sich neuer Ärger an. Der Deutsche Hausärzteverband hat kürz- lich einen Vertrag mit der Barmer Er- satzkasse geschlossen, der zwar den Hausarzt als Lotsen in den Mittelpunkt stellt, aber dennoch keine hausarztzen- trierte Versorgung ist. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Integrationsver-

trag nach § 140 SGB V, bei dem alle nie- dergelassenen Ärzte die Anschubfinan- zierung leisten, während nur die Haus- ärzte davon profitieren. Richter-Reich- helm: „Solche Integrationsverträge, die darauf abzielen, einen erheblichen Teil der Versorgung aus dem KV-System her- auszubrechen, lehne ich ab!“

Ausführlich ging der KBV-Vorsitzen- de auf die honorarpolitischen Entwick-

lungen ein. Seit 1997 liegt der Honorar- zuwachs je Vertragsarzt unter der Inflati- onsrate. Damit ist ein realer Einkom- mensverlust von rund acht Prozent ver- bunden. Die Honorarsituation in den neuen Bundesländern ist noch gravie- render – ein Umstand, auf den der Ge- setzgeber auf seine Weise reagiert hat: In den nächsten drei Jahren müssen die Vertragsärzte im Westen erneut auf circa 120 Millionen Euro verzichten, um die Honorare im Osten leidlich zu stützen.

Richter-Reichhelm hält dies für skan- dalös, denn eigentlich müssten die Kran- kenkassen die Unterfinanzierung in den neuen Ländern beheben.

Die Ursache für die Honorarmisere ist die anhaltende Budgetierung, die (mittelfristige) Lösung ist die Abschaf- fung eben dieser Budgets. Vorgesehen ist dies dem GMG zufolge für das Jahr 2007. Richter-Reichhelm sieht darin (und in der bereits erfolgten Abschaf- fung der Arzneimittelbudgets mit Kol- lektivregress) den wohl größten Erfolg seiner Amtszeit – dies und die Tatsache, dass nach jahrelangem Ringen der neue EBM zum 1. April 2005 in Kraft treten wird. Die Krankenkassen wären dann gezwungen, das Morbiditätsrisiko wie- der zu übernehmen, das bislang – unsin- nigerweise – allein bei den Vertrags- P O L I T I K

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VV-Vorsitzender Heinz-Michael Mörlein: „Die Delegierten steuern, der Vorstand rudert.“

Wahlgänge: Geheime Abstimmung bei den Wahlen zum KBV-Vorstand

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ärzten lag. Richter-Reich- helm: „Die gesamte Arbeit der KBV in den letzten beiden Amtsperioden war davon geprägt, endlich die Honorarbudgets mit all ihren negativen Begleit- erscheinungen abzuschaf- fen. Jetzt haben wir einen klaren Fahrplan, und den werden wir umsetzen.“

Damit spielte der schei- dende KBV-Vorsitzende im übertragenen Sinne den Ball seinen Nachfol- gern zu, die kein einfaches Amt übernehmen werden.

Wer dies sein würde, war

für Beobachter selbst zu Beginn der konstituierenden Vertreterversamm- lung am 18. Dezember 2004 noch un- klar. Die Tagesordnung der Sitzung hat- te zudem offen gelassen, ob die neue Vertreterversammlung am selben Tag noch den KBV-Vorstand wählen oder diese Entscheidung erst Ende Januar treffen wollte. Offenbar wollten die De- legierten aber so schnell wie möglich klare Verhältnisse.

Die erste Wahl, eingeläutet von der souverän agierenden Alterspräsidentin Dr. med. Ulrike Schwäblein-Sprafke (KV Sachsen), galt dem Amt des Vorsit- zenden der Vertreterversammlung. Ge- wählt wurde Dr. med. Heinz-Michael Mörlein, Frauenarzt und Delegierter der KV Bayerns. Anders als bei der bisheri- gen Organisationsform der KBV obliegt dem Vorsitzenden der VV nicht nur die Versammlungsleitung; er ist zugleich Dienstherr des Vorstandes. Zu Mörleins Stellvertreter bestimmten die Delegier- ten den rheinland-pfälzischen Allge- meinarzt Dr. med. Carl-Heinz Müller.

Unmittelbar nach seiner Wahl erläuterte Mörlein, wie er die Aufgaben und die Rolle der neuen Vertreterversammlung sieht: „Die Vertreterversammlung ist das letzte noch verbliebene Gremium der Selbstverwaltung. Sie ist kein Ersatzvor- stand, sondern übt eine Aufsichtsrats- funktion aus. Die Vertreterversammlung ist zuständig für die Grundsatz- und Richtungsentscheidungen. Sie gibt die Ziele vor.“ Bezogen auf das Verhältnis zum Vorstand, meinte Mörlein: „Wir sit- zen alle in einem Boot, die Delegierten steuern und der Vorstand rudert.“ Vor

der Wahl der Vorstandsmitglieder stand noch die Besetzung von zwei weiteren einflussreichen Gremien an: des Finanz- ausschusses und des Ausschusses für Vor- standsangelegenheiten. In den Finanz- ausschuss wurden gewählt: Dr. med.

Michael Späth (praktischer Arzt, KV Hamburg), Wolfgang Meunier (Allge- meinarzt, KV Saarland), Dr. med.

Berthold Dietsche (Allgemeinarzt, KV Baden-Württemberg), Dr. Hans Na- dolny (Psychologischer Psychothera- peut, KV Bremen) und Dr. med. Hans- Joachim Helming (Frauenarzt, KV Brandenburg). Dem Ausschuss für Vor- standsangelegenheiten gehören an: Dr.

med. Uwe Kraffel (Augenarzt, KV Ber- lin), Dr. med. Wolfgang Eckert (Allge- meinarzt, KV Mecklenburg-Vorpom- mern), Dr. med. Till Spiro (Radiologe, KV Bremen), Dr. med. Dieter Conrad (Allgemeinarzt, KV Hessen) und Dr.

Hans Nadolny.

Für sämtliche Wahlgänge bis dahin hatte die Ver- treterversammlung kaum mehr als zwei Stunden ge- braucht. Und auch die Vor- standswahlen sollten kurz darauf zügig über die Bühne gehen. Im Vorfeld war dar- über spekuliert worden, ob der ehemals Zweite Vorsit- zende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr.

med. Leonhard Hansen, auch für den neuen Vor- stand kandidieren würde.

Hansen, KV-Chef in Nord- rhein, wäre für die Hausärz- te ins Rennen gegangen.

Doch Hansen verzichtete auf eine Kandi- datur, nachdem sich die hausärztlichen Delegierten einige Tage zuvor in einer Art Vorabstimmung mit knapper Mehrheit für ihren Verbandsvorsitzenden Ulrich Weigeldt ausgesprochen hatten.Weigeldt, so viel war Beobachtern klar, konnte kaum mit der vorbehaltlosen Zustim- mung der fachärztlichen Delegierten rechnen. Dafür hatte Weigeldt als Vorsit- zender des Deutschen Hausärzteverban- des zu pointiert (wenn auch in der Funkti- on begründete) hausärztliche Interessen vertreten.

Die Wahl fand ohne Gegenkandida- ten statt und brachte ein enges, aber aus- reichendes Ergebnis: Weigeldt erhielt 25 Ja-Stimmen bei 21 Nein-Stimmen. Das zweite Vorstandsmitglied schaffte hinge- gen einen glatten Durchmarsch: Dr.

med. Andreas Köhler, bisheriger Haupt- geschäftsführer der KBV, trat für die Fachärzte an und erzielte (ebenfalls oh- P O L I T I K

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Applaus und Blumen für die neue Führungsspitze: Ulrich Weigeldt (l.) und Andreas Köhler leiten in den nächsten sechs Jahren die Geschicke der KBV.

Die Ausschüsse für Finanzen und Vorstandsangelegenheiten wurden von den Delegierten mit Stimmkarten offen gewählt. In beiden Fällen gab es einstimmige Voten mit wenigen Enthaltungen.

Fotos:Georg Lopata

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ne Gegenkandidaten) 54 Ja-Stimmen.

Blieb noch die Wahl zum Ersten Vorsit- zenden. Ulrich Weigeldt verzichtete auf die Kandidatur. Für Köhler geriet die Abstimmung zu einem persönlichen Tri- umph: 59 der 60 Delegierten votierten für ihn als Ersten Vorsitzenden. Dies ist umso bemerkenswerter, weil noch im Mai 2004 niemand mit einer solchen Entwicklung gerechnet hätte. Damals hatten die Delegierten darüber abzustim- men, ob dem künftigen KBV-Vorstand zwei oder drei Mitglieder angehören sollten. Das dritte Mitglied wäre für die Verwaltung zuständig gewesen – eine Position, die eindeutig auf Köhler zuge- schnitten gewesen wäre. Nach langem Hin und Her fiel die Entscheidung für nur zwei Vorstände; Köhler schien damit aus dem Rennen. Dass er nun als Wunschkandidat der Fachärzte in den Vorstand gewählt wurde, ist für die Kassenärztliche Bundesvereinigung ein nicht zu unterschätzender Gewinn.

Köhler gilt als einer der ausgewiesensten Kenner der vertragsärztlichen Berufspo- litik. Daneben ist er der Macher des neu- en EBM und mit sämtlichen aktuellen Verhandlungen der KBV auf Bundes- ebene im Detail vertraut. Derartige Kenntnisse sind in der Zukunft für die Spitzenorganisation der Kassenärzte überlebenswichtig, denn die politischen Herausforderungen sind gewaltig.

Interessenpolitik für alle Ärzte

„Die nächsten sechs Jahre“, sagte der neue Erste Vorsitzende nach der Wahl,

„werden für uns ganz entscheidend sein.

Ich hoffe, dass wir aus den Hausarzt- Facharzt-Grabenkämpfen endlich her- auskommen und aktive Interessenpoli- tik für alle Ärzte unter dem Dach der KBV machen können.“ Ulrich Weigeldt, der in Kürze den Vorsitz des Deutschen Hausärzteverbandes niederlegen wird, sieht das ähnlich: „Wir sind beide der Auffassung, dass die Neustruktuierung der KBV eine Chance ist, die anstehen- den Aufgaben effizienter zu lösen. “

Köhler und Weigeldt treten ihre neu- en Positionen offiziell zum 1. Februar dieses Jahres an.Auf einhelligen Wunsch der Delegierten werden sie die Vor- standsaufgaben kommissarisch schon ab dem 1. Januar wahrnehmen. Josef Maus

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in Meilenstein“ sei der erste bun- desweite Hausarztvertrag zwischen Barmer Ersatzkasse, Deutschem Apothekerverband und Deutschem Hausärzteverband, lobte dessen Vorsit- zender Ulrich Weigeldt. Selbst Bundes- gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) war zwei Tage vor Weihnachten zur Präsentation erschienen – „froh, dass die Gesetzliche Krankenversiche- rung endlich auf dem Weg ist, zukunfts- fähige Strukturen aufzubauen“.

Am Meilenstein „Hausarzt- und Hausapothekervertrag“ können sich seit Januar alle Hausärzte beteiligen, Bar- mer-Versicherte von März an. Sie ver- pflichten sich, zuerst zu ihrem Hausarzt zu gehen und Fachärzte nur auf Über- weisung zu beanspruchen. Eine Ausnah- me gilt für Augenärzte und Gynäkolo- gen. Wer sich von ihnen ohne Überwei- sung behandeln lässt, muss die Praxisge- bühr bezahlen. Die wird sonst nur noch einmal pro Jahr fällig. Versicherte könn- ten dadurch jährlich 30 Euro sparen, mit einem beitragsfrei mitversicherten Ehe- partner bis zu 60 Euro, betonte Barmer- Vorstandschef Dr. med. Eckart Fiedler.

Die Barmer-Versicherten müssen zu- dem eine Hausapotheke wählen und al- le verordneten Medikamente wie auch ihre Selbstmedikation von dort bezie- hen. Von einer engeren Abstimmung zwischen Ärzten und Apothekern ver- spricht sich die Barmer eine rationalere Medikamentenversorgung und Ein- sparungen von rund 15 Prozent. Dazu sollen auch Rabattabsprachen mit Pharmafirmen beitragen.

Damit möglichst viele der rund 55 000 Hausärztinnen und Hausärzte teilneh- men, informiert sie der Hausärztever- band mit einem „Starterpaket“ mit Teil- nahmeformular und einem Schreiben von Verbandschef Weigeldt. Der ermun- tert seine Kollegen: „Dieser Vertrag er- hält uns einerseits unsere Selbstständig- keit, andererseits bietet er uns für die

Zukunft mehr Sicherheit durch zusätzli- ches Einkommen.“

Pro eingeschriebenen Patienten zahlt die Barmer 15 Euro und eine Betreu- ungspauschale von 20 Euro pro Jahr.

Der jährlich vorgesehene Präventions- Check-up wird mit 35 Euro honoriert, die Einschreibung in ein Chronikerpro- gramm mit fünf Euro – allerdings nur dann, wenn mindestens 40 Prozent aller infrage kommenden Patienten einge- schrieben sind. Im Gegenzug müssen sich die Ärzte verpflichten, Fax und EDV zu nutzen und ihre Behandlungs- daten zur Speicherung und Weiterverar- beitung freizugeben. Sie sichern außer- dem zu, mindestens vier hausärztlich ori- entierte Qualitätszirkel zu besuchen.

Weiterhin müssen sie grundsätzlich be- reit sein, Patienten zur Teilnahme an Chronikerprogrammen zu motivieren, sie zur Prävention anzuhalten und sich mit dem Thema kostengünstige Verord- nung auseinander zu setzen.

„Größter Bluff des Jahres“

Der NAV-Virchow-Bund bezeichnete den Vertrag als „größten Bluff des Jah- res“. Sein Vorsitzender, Dr. med. Maxi- milian Zollner, kritisierte, die wahren Ziele seien erst auf den zweiten Blick er- kennbar: „Die Barmer spekuliert offen- bar darauf, dass die teilnehmenden Ärz- te ihre Patienten verstärkt in Chroniker- programme einschreiben.“ Barmerchef Fiedler bestreitet das. Zutreffend ist, dass Basis des Hausarztmodells ein Inte- grationsvertrag ist. Dadurch erhält die Barmer Geld aus der Abschubfinanzie- rung für die Integrierte Versorgung, das von der Gesamtvergütung der Ver- tragsärzte abgezogen wird. Ein Großteil der zusätzlichen Arzthonorare (50 bis 60 Millionen Euro) wird so finanziert.

Ob sich durch das neue Modell die Versorgung verbessert und/oder verbil- ligt, beobachten viele mit Argusaugen.

Das weiß der Hausärzteverband. Vor- standsmitglied Rainer Kötzle appelliert deshalb an die Kollegen, teilzunehmen und gute Arbeit zu leisten: „Wir werden auf dem Prüfstand stehen. Ein Schei- tern wäre für die hausärztliche Versor- gung, aber auch für alle Hausärztinnen und Hausärzte ein großer Schaden auf Jahre hinaus.“ Sabine Rieser

Barmer-Hausarztvertrag

Auf dem Prüfstand

Start für Patienten im März

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