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Archiv "Rabattverträge: Lebensgefährlich" (09.09.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 36

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9. September 2011 A 1861

R A B A TTVERTRÄ GE

Patienten und Ärz- te fühlen sich der Industrie und den Kassen ausgelie- fert (DÄ 17/2011:

„Präparatewechsel mit Nebenwirkun- gen“ von Sandra Jessel).

Lebensgefährlich

. . . Krankenkassen, welche ständig eine hochqualifizierte Pharmako- therapie predigen, negieren deren damit verbundene höhere Kos- ten. Man ist nur bereit, eine Bil- ligpharmakotherapie zu bezahlen.

Dies gipfelt zurzeit in den Rabatt- verträgen.

Den Versicherten versucht man glaubhaft zu machen, sie bekämen gleichwertige Präparate. Dies stimmt aber so pauschal nicht, par- tiell schon.

Wo bleiben beispielsweise die Chargenkonformität, die vergleich- bare Resorptionsfähigkeit und da- mit die vergleichbaren Wirkstoff- spiegel der einzelnen Präparate? Es ist beispielsweise nicht hinnehmbar, dass Nachahmerpräparate eine Zu- lassung bekommen, wenn sie in ihrer Bioverfügbarkeit um bis zu 20 Prozent abweichen.

Beispiel: große Schwankungen in den Wirkstoffspiegeln von zum Beispiel Phenprocoumon, Digita- lisglykosiden, Theophyllinen, ver- schiedenen Antiobiotika, Psycho- pharmaka, Schilddrüsenhormo- nen.

Als besonders bedrohlich muss- te ich in meiner Praxis plötzlich gefährliche Schwankungen der INR-Werte nach Austausch von Marcumar gegen rabattierte Ge - nerika durch die Apotheke fest- stellen . . .

Die Tatsache, dass der Patient statt der gelben Pille jetzt eine blaue und gegebenenfalls noch zusätzlich zwei oder drei andersaussehende Ersatzpräparate erhält, fördert nicht gerade die Compliance. Was macht der Patient in seiner ver- ständlichen Unwissenheit? Entwe- der er setzt alle Medikamente ab, oder er nimmt die „neugestylten“

zusätzlich zu den noch vorhande-

R A B A TTVER

P t I K f

„ m gen“vonSandra Je

nen. Dies ist kein theoretisches Szenario, sondern täglich erlebte Praxis.

Hier schiebt man uns Verordnern den Schwarzen Peter zu. Wir sollen die Patienten aufklären und moti- vieren, die angeblich gleichwerti- gen Ersatzpräparate auch zu neh- men. Ich glaube, bei einem so sat- ten Regelleistungsvolumen sind wir dazu auch allzu gern bereit.

Es wird uns Ärzten vorgeworfen, durch falsche Pharmakotherapie, wie Polypragmasie, Unkenntnis über Interaktion, Nichtberücksich- tigen von im Alter insuffizienten Entgiftungs- und Ausscheidungs- mechanismen, am Tod von mehre- ren Zehntausend Patienten jährlich verantwortlich zu sein.

Hat man schon einmal wissen- schaftlich überprüft, wie viele

„Rabattvertragstote“, bedingt durch den unsinnigen und meines Erachtens auch zum Teil lebens- gefährlichen Austausch in den Apotheken von verordneten Prä- paraten gegen die erzwungenen Rabattpräparate zu beklagen sind? . . .

Resümee: Es muss und es kann in der Pharmakotherapie gespart werden, aber so nicht! Die Kran- kenkassen und die Politik wären gut beraten, endlich wissenschaft- lichen Erkenntnissen den Vorrang vor verwirtschaftlichten Zwängen einzuräumen . . .

Dr. med. Dieter Kloß, Facharzt für Allgemeinmedi- zin/Apotheker, 64589 Stockstadt

AIDS

Erfahrungen eines Chirurgen, der nach einer HIV-Infektion seinen Beruf aufge- ben musste (DÄ 22/2011: „HIV-posi- tiv: Ende einer Kar- riere“).

Längst überfällig

Ein wichtiger, ein wohl längst überfälliger Beitrag zur berufli- chen Situation HIV-positiver Mit- arbeiter im deutschen Gesund- heitswesen! Denn in Deutschland gibt es zwar seit vielen Jahren Grenzwerte für die Hepatitis B- und Hepatitis C-Viruslast, die fest- legen, ab wann Tätigkeitsbe- schränkungen erfolgen sollen; für HIV existiert zum jetzigen Zeit- punkt in Deutschland jedoch ledig- lich die Empfehlung, dass medizi- nisches Personal, „welches Tätig- keiten durchführt, bei denen es zu blutenden Selbstverletzungen der operierenden Person kommen kann“, seinen HIV-Status ken- nen sollte und dass HIV-infizierte Beschäftigte keine sogenannten übertragungsträchtigen Tätigkeiten durchführen sollen.

Im März 2010 hat die SHEA (So- ciety for Healthcare Epidemiolo- gy of America) eine Richtlinie

zum Umgang mit infektiösem Personal im Gesundheitswesen publiziert. Die amerikanische Richtlinie ist deswegen so bedeut- sam, weil erstmalig Grenzwerte für die HI-Viruslast festgelegt wurden. Diese Richtlinie ist nach unserem Ermessen von besonde- rem Interesse, denn sowohl in der nationalen als auch in der interna- tionalen Literatur befinden sich Berichte von HIV-positiven Chir - urgen, die bei niedriger bezie- hungsweise nicht nachweisbarer Viruslast, unter der Einhaltung von wenigen Schutzmaßnahmen (zum Beispiel Tragen von doppel- ten Handschuhen) in vollem Um- fang tätig sein dürfen.

Ob es zu einer einheitlichen Be- wertung des invasiven Einsatzge- bietes von HIV-positivem Personal kommen wird, wird maßgeblich von der Arbeit der Fachgesell- schaften abhängen. Die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) hat des- wegen im Mai 2011 eine Kom - mission ins Leben gerufen, die sich dieser Fragestellung widmen wird.

Inwieweit jedoch beispielsweise im Rahmen von Einstellungsunter- suchungen nach einer HIV-Infekti- on gefragt werden darf, sofern ei- ne etwaige Infektion die berufli- che Tätigkeit beeinflussen könnte,

AIDS

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9. September 2011 wird nach unserem Wissen juris-

tisch kontrovers diskutiert.

Literatur bei den Verfassern

PD Dr. Dr. med. Sabine Wicker, Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, 60590 Frankfurt am Main

Prof. Dr. rer. med. Holger F. Rabenau, Institut für Medizinische Virologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, 60596 Frankfurt am Main

Zum Anspruch auf Schmerzensgeld

. . . Es freut uns, dass Sie hier die Schwierigkeiten, vor denen HIV- positive Ärzte und Ärztinnen ste- hen, mit diesem Erfahrungsbericht aufgreifen.

Allerdings ist die Rechtsmeinung, die in dem Beitrag vertreten wird, nicht zutreffend. Der Autor behaup- tet, Patienten und Patientinnen könnten auf Schmerzensgeld kla- gen, sollten sie erfahren, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin zum Zeitpunkt der Behandlung HIV-positiv war.

Der Schmerzensgeldanspruch setzt voraus, dass der Täter oder die Tä- terin rechtswidrig gehandelt hat.

Wie in dem Artikel treffend aufge- zeigt wird, handeln HIV-positive Ärzte und Ärztinnen jedoch nicht rechtswidrig, wenn sie ihre HIV-In- fektion Patienten und Patientinnen gegenüber nicht erwähnen. Außerdem setzt der Schmerzensgeldanspruch einen Körper- oder Gesundheits- schaden voraus. Auch ein solcher liegt weder in den geschilderten Beispielen noch in der allgemeinen Praxis vor. Zudem lösen seelische Beeinträchtigungen wie etwa der sogenannte Schockschaden nur in sehr seltenen Ausnahmefällen einen Schmerzensgeldanspruch aus. In diesem Punkt ist die Rechtspre- chung sehr restriktiv. Ein Schmer- zensgeldanspruch kommt in solchen Fällen nur in Betracht, wenn eine schwere Beeinträchtigung vorliegt.

Renate Rampf, LSVD-Pressesprecherin, Lesben- und Schwulenverband, 10115 Berlin

Respekt

Respekt, dass der Autor seinen Be- ruf als Chirurg aufgrund der HIV- Infektion beendet hat. Bei aller An- tidiskriminierung kann man schon auch die Sorge von Patienten ver-

stehen. Man weiß ja auch nicht im- mer im Voraus, ob bei einer Opera- tion Schwierigkeiten auftreten, die zu einem erhöhten Verletzungsrisi- ko führen. Ein Oberarzt müsste in einem Dienst vielleicht schwerere Notfalloperationen machen, die ebenfalls zu einem erhöhten Verlet- zungsrisiko führen. Im Gegensatz zu den genannten internistischen Erkrankungen verbliebe eben doch ein geringes Restinfektionsrisiko.

Ben Schwab, 70067 Stuttgart

Eine Versicherung ist möglich

Vielen Dank an den unbekannten Autor für diesen in vielen Aspekten erschütternden und wichtigen Bei- trag zum Umgang mit HIV-infizier- ten Ärzten. Da ich seit Beginn der 90er Jahre bei Versicherungsunter- nehmen und in nationalen und inter- nationalen Gremien als Arzt tätig bin und die Bemühungen zur Versicher- barkeit von HIV-infizierten Patienten intensiv verfolgt und begleitet habe, möchte ich die Ausführungen des Kollegen in Bezug auf die Möglich- keit einer Lebensversicherung ergän- zen beziehungsweise korrigieren.

Es gibt keine Lebensversicherung in Deutschland, die zur Aufrechter- haltung des Versicherungsschutzes alle drei Monate einen HIV-Test fordert. Im Gegenteil wird prinzi- piell immer nur der Gesundheitszu- stand in der Vergangenheit bis zum Zeitpunkt des Antrags berücksich- tigt, einschließlich der sich daraus ergebenden Prognose.

Es ist richtig, dass bei einer Lebens- versicherung in aller Regel die Fra- ge nach einer bereits eingetretenen HIV-Infektion und nach einem posi- tiven HIV-Test gestellt wird, da die- se Information für die Prognosestel- lung wichtig ist. Es ist jedoch eine falsche Annahme, allein aus der Frage nach dem HIV-Status in den Lebensversicherungsanträgen zu schlussfolgern, dass eine Versiche- rung bei positivem HIV-Test nicht möglich ist. Es ist nicht die Regel, dass bei einem positiven HIV-Test keine weiteren Rückfragen mehr gestellt werden und die Versiche- rung abgelehnt wird. Die je nach Stadium, Therapie, Therapieverträg-

lichkeit, Verlauf und Viruslast der Erkrankung unterschiedliche Pro - gnose wird selbstverständlich auch in der (Lebens)-Versicherungsmedi- zin berücksichtigt, so dass bei güns- tigen Umständen eine Absicherung des Sterblichkeitsrisikos gegen ei- nen Beitragszuschlag möglich ist.

Die bewusste Falschangabe des An- tikörperstatus gefährdet also nicht nur massiv die Auszahlung der Ver- sicherung im Leistungsfall, weil der Versicherungsvertrag als ungültig erklärt werden kann, sondern ist auch unnötig, wenn der Antragstel- ler bereit ist, einen risikoadäquaten Zuschlag zu zahlen, wie bei jeder anderen Erkrankung auch. In dieser Hinsicht kann ich also den Ausfüh- rungen und Erfahrungen des Autors nicht folgen.

Dr. med. Tobias Kühn, ALTE LEIPZIGER Lebensver- sicherung a.G., Ärztlicher Dienst, 61440 Oberursel

A RBEITS REC HT

Das Landesarbeits- gericht Sachsen hat die Kündigung eines Chefarztes, der sei- nen Dokumentati- onspflichten nicht nachgekommen sei, für rechtmäßig erklärt (DÄ 30/2011:

„Krankenhausarbeitsrecht: Gekündigt wegen fehlerhafter DRG-Kodierung“ von Alexander Haasler).

Drangsalierung

Ein Land, in dem aus solchem Grund einem Chefarzt gekündigt werden darf, hat eindeutig noch zu viele Ärz- te und braucht sich nicht wundern, wenn ihm die Ärzte scharenweise ins Ausland davonlaufen. Die Kodier- pflicht ist für mich weiterhin eine primär unärztliche Verwaltungsauf- gabe, die man der duldsamen Ärzte- schaft aufs Auge gedrückt hat, wahr- scheinlich um Verwaltungskosten für entsprechend geschulte Verwaltungs- kräfte einzusparen. Schade auch, dass sich ein Gericht zur Durchset- zung dieses ärztefeindlichen Unsinns hergibt. Dies lässt für die weitere bü- rokratische Drangsalierung der Ärz- teschaft nichts Gutes ahnen . . .

Dr. med. Hanns Dubischar, 88212 Ravensburg

S C

D g d C n o n für rechtmäßigerklä

B R I E F E

Referenzen

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