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Archiv "Disease Management: Das geht seinen bürokratischen Gang" (12.03.2004)

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E

ine Rechtsverordnung, definiert der Brockhaus, ist eine Anordnung an eine unbestimmte Zahl von Perso- nen zur Regelung einer unbestimmten Zahl von Fällen, die aufgrund gesetzli- cher Ermächtigung von der Bundes- oder einer Landesregierung, einem Mi- nister oder Verwaltungsbehörde getrof- fen wird und zu deren Ausführung Durchführungsbestimmungen erlassen werden. Zur Regelung der Disease- Management-Programme liegt mit Wir- kung vom 1. März die Neunte Risi- kostrukturausgleichs-Änderungsverord- nung (RSA-ÄndV) vor, und alles wird jetzt – glaubt man Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt – wesentlich einfacher. Die Ministerin behauptet zu- dem, die bereits bestehenden struktu- rierten Behandlungsprogramme seien erfolgreich und ab sofort könnten ent- sprechende Programme für Diabetes mellitus Typ 1 durch das Bundesversi- cherungsamt (BVA) genehmigt werden.

Beide Behauptungen dürften nicht widerspruchslos hingenommen wer- den. Längst ist den meisten Beteiligten, selbst der Mehrzahl der gesetzlichen Krankenkassen, die Lust vergangen, Arbeitskraft und Finanzmittel in ein kostspieliges Unterfangen zu investie- ren, das mittelfristig keinerlei Einspa- rungen verspricht und dessen medizini- scher Nutzen für viele beteiligte Patien- ten zumindest zweifelhaft ist. So ergab eine Untersuchung des Instituts für Ge- sundheits- und Sozialforschung (IGES), dass die Durchführung des DMP Dia- betes mellitus Typ 2 nur bei einem rela- tiv kleinen Teil der chronisch Kranken mit einem zusätzlichen Nutzen verbun- den ist. Sinnvoller sei es daher, sich mit einem strukturierten Behandlungspro- gramm auf eine solche Zielgruppe zu konzentrieren. Aufgrund der Verknüp- fung der DMP mit dem Risikostruktur-

ausgleich kann es sich aber aus rein ökonomischen Gründen keine Kran- kenkasse erlauben, sich nicht um die Akkreditierung von DMP-Verträgen beim Bundesversicherungsamt zu be- mühen. Ihr Ziel muss es sein, möglichst viele Patienten in das jeweilige Pro- gramm aufzunehmen.

Beim BVA wird man für die Behaup- tung der Bundesgesundheitsministerin, ab sofort könnte das DMP Diabetes mellitus Typ 1 genehmigt werden, nur ein müdes Lächeln übrig haben. Denn die Behörde muss noch einen Großteil der Bewilligungsverfahren für die DMP Brustkrebs und Diabetes mellitus Typ 2 bewältigen. Im Februar waren von den rund 3 000 vorliegenden Anträgen ge- rade 660 abschließend beschieden. Nicht abzusehen war im Vorfeld, dass noch nicht einmal verbandsintern eine Ab- stimmung der Krankenkassen über eine einheitliche DMP-Abwicklung gelingen

würde, das heißt, dass weiterhin selbst auf Landesebene Einzelanträge anstel- le von Sammelanträgen gestellt wer- den. Vom BVA bisher angebotene Ver- fahrensvereinfachungen sind nicht ge- nutzt worden; immer wieder sei es zu Abweichungen im Detail gekommen, die wieder einer Prüfung hätten unter- zogen werden müssen, heißt es bei der Behörde.

Sammelanträge sollen Verfahren beschleunigen

So lässt sich leicht ein Worst-case-Sze- nario berechnen: Bei 17 Regionen und einer Mindestzahl von 200 beteiligten Krankenkassen ergibt sich bereits bei zwei strukturierten Behandlungspro- grammen eine Gesamtzahl von 6 800 durch das BVA zu bearbeitenden An- trägen. Geht man von sieben verschie- denen Indikationen aus, kommt man auf 23 800 Antragsverfahren. Damit es nicht so weit kommt, hat das BVA den Krankenkassen dringend empfohlen, künftig mit Sammelanträgen auf der Ebene der Landesverbände die Arbeit der Behörde zu erleichtern.

Zudem will das BVA bald einzelne verordnungskonforme Vertragsmodule ins Internet stellen, bei deren Verwen- dung ein beschleunigtes Verfahren in Aussicht gestellt wird. Nachdrücklich weist das BVA immer wieder darauf hin, dass eine genaue Prüfung der DMP-Verträge keine Schikane, son- dern vor allem aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich sei. Man müsse deshalb jeden Ansatzpunkt zu einer Klage, mit der möglicherweise durch eine der so genannten Zahlerkas- sen auf dem Rechtsweg der gesamte RSA gekippt werden könnte, aus dem

Weg räumen.

P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1112. März 2004 AA681

Disease Management

Das geht seinen bürokratischen Gang

Für die Bundesgesundheitsministerin steht bereits fest: Die Disease-Management- Programme sind ein Erfolg; und um alles „noch einfacher“ zu machen, gibt es von ihr eine neue Verordnung. Viele Beteiligte sehen das anders.

Vorerst keine Unterstützung mehr für wei- tere DMP: Ulrich Thamer, Vorsitzender der KV Westfalen-Lippe

Foto:Bernhard Eifrig

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Die Bearbeitung von Neuanträgen zum DMP Koronare Herzkrankheit (KHK), das bereits zum 1. Mai 2003 per Rechtsverordnung in Kraft gesetzt wur- de, hat das BVA um einige Monate zurückgestellt, um zunächst der An- tragsflut zu den beiden ersten Chroni- kerprogrammen Herr zu werden. Aller- dings liegen zum DMP KHK erst einige wenige Verträge zur Überprüfung vor, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass vom BVA von vornherein eine Vertragsbeteiligung von Rehabilitati- onsträgern auch außerhalb der Gesetz- lichen Krankenversicherung, insbeson- dere der Rentenversicherung, und von Krankenhäusern als zwingend erfor- derlich angesehen wird.

Ob die mit Wirkung vom 1. März ver- einfachten Regelungen zur Datenüber- mittlung und zur Dokumentation in der neuesten RSA-Änderungsverordnung noch etwas an der DMP-Frustration der beteiligten Ärzte ändern können, er- scheint zweifelhaft. Denn der Kampf mit den DMP-Dokumentationsbögen zerrt schon zu lange an deren Nerven. Ein deutliches Warnsignal kam vor kurzem noch von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe am 21. Februar: Dort verkündete der KV-Vorsitzende, Dr.

med. Ulrich Thamer, die Entscheidung des KV-Vorstands, „weitere DMP nicht mehr zu unterstützen, bis der Verwal- tungswahnsinn endlich im Sinne der Pa- tienten und Ärzte behoben und auch ei- ne vernünftige EDV-Lösung zur Daten- verarbeitung bereitgestellt ist“. Unmit- telbarer Anlass für diese Verweigerung:

Rund 40 000 DMP-Dokumentationsbö- gen hatten so lange unbearbeitet bei der offenbar überforderten Datenannahme- stelle gelegen, dass die vorgeschriebene Frist von 52 Tagen überschritten worden war und die Bögen zur Aktualisierung an die Ärzte zurückgesandt wurden.

Die 9. RSA-ÄndV soll dazu beitra- gen, den Arbeitsaufwand in der Arzt- praxis zu verringern. Für die zuvor be- reits verordneten DMP Diabetes melli- tus Typ 2 und Koronare Herzkrankheit wurde der Dokumentationsumfang re- duziert; eine vereinfachte Handhabung soll nun möglich sein. Die gesonderte Einwilligung des Versicherten in jede einzelne neue Datenübermittlung ent- fällt, die Zustimmung erfolgt einma-

lig bei Einschreibung in das DMP- Programm. Für Genießer bietet die 9. RSA-ÄndV allerdings noch genug an bürokratischer Raffinesse: Was passiert mit den DMP, die bereits vor In-Kraft- Treten dieser Verordnung zugelassen wurden? Und schwieriger noch: Wie

behandelt man ein DMP, das vor der 9. RSA-ÄndV beantragt worden ist, aber erst nach deren In-Kraft-Treten zugelassen werden wird? Kein Grund zur Sorge – all dies ist vorausschauend geregelt, und das Bundesversicherungs- amt wacht darüber. Thomas Gerst P O L I T I K

A

A682 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1112. März 2004

F

rüher dienten Ordensbänder, Epauletten und anderes Lametta zur Gradu- ierung der menschlichen Achtung, war der Unterschied zwischen wichtig und nichtig klar an der Anzahl der Pickel auf den Schultern erkennbar. In heutigen Zeiten, wo nicht nur die Etikette schwindet, ist es entsprechend schwieriger, sich Achtung und Respekt zu verschaffen. Patienten benutzen hier ein reichhaltiges Vokabular, um den blinden und tauben Ärzten unter uns Aufschluss über ihre Person zu verschaffen. Dezente Verweise auf leitende Po- sitionen („Ach Gottchen, früher hatte ich zehnmal so viel Untergebene wie Sie“) sind genauso tägliche Routine wie Bemerkungen über hoch stehende Be- kanntschaften („Am Wochenende traf ich meinen Freund, den Doktor Müller, den kennen Sie doch sicherlich!“). Ich persönlich komme dabei ins Grübeln:

Warum sind die Kollegen nur so unendlich beliebt, warum ich denn nicht, hat das vielleicht etwas mit dieser Kolumne zu tun? Meine grauen Ge- danken werden von dem Hinweis unterbrochen, dass die Sekundärheilung nach Gallenblasenresektion durch Professor Müller von Wichtig (Name

frei erfunden) stattgefunden habe, die fingerdicke Narbe beugt mich in die Knie und erhebt den Träger gleichsam in den Adelsstand. Aber nicht jeder ist in den Genuss derartiger Auszeichnungen gekommen, sodass vielen nichts an- deres übrig bleibt, als die Nähe zu Doktoren und Professoren durch Erwäh- nung des Vornamens oder Weglassen des Titels herzustellen, sozusagen die kumpane Form der Enthabilitierung: „Professor Klaus, ich meine Müller von Wichtig, hat mir gesagt . . .“

Aber wir Ärzte sind auf diesem Gebiet lange nicht so einfallslos, wie un- sere Patienten meinen. Schon zu Studienzeiten ragte derjenige aus der bro- delnden Studentenmasse wirkungsvoll hervor, der die Aminosäuresequenz vom Oxytocin fehlerfrei herunterbeten konnte. Später übertrumpfte man die Kollegen durch ausgiebiges Zitieren des New England Journal, seine Umgebung damit der Debilität bezichtigend, weil nur belesen im deutschen Sprachraum. Heute lassen zufällige Kontakte zu renommierten Hochschu- len, und sei es nur zwecks Ableistung einer Wochenendfortbildung, die Son- ne der Erkenntnis in unsere kleinen Praxen strahlen und verleihen unseren

Worten das Gewicht der universitären Weisheit.

Übrigens, ich arbeite gerade mit den berühmtesten Professoren von weltweit führenden Kliniken über Xa- mulizofen – ein absolut spannendes Ding, richtig bahn- brechend. Danach müssen alle Medizinbücher neu ge- schrieben werden. Wie, Sie haben noch nie etwas davon gehört?! Ach, Herr Kollege. Es kann halt nicht jeder x- Beliebige mit Professor Müller von Wichtig zusammen- arbeiten. Ich meine Klaus. Dr. med. Thomas Böhmeke

Wichtig

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