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Archiv "Strukturreform: Ein Nullsummenspiel" (26.11.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Strukturreform:

Ein Nullsummenspiel

So sollen die Spar-Milliarden zusammengekratzt und wieder neu verteilt werden

H

andfeste Hinweise dafür, daß ein Milliarden-DM- trächtiges einseitig fiskal- und beschäftigungspoli- fisch ausgerichtetes Ge- setz zur Änderung des Rechtes der gesetzlichen Krankenversicherung be- absichtigt wird, lieferte soeben der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesarbeitsministeriums, Stefan Höpfinger (CSU), zum Auftakt der Bundeshauptversammlung des NAV (Verband der niedergelassenen Ärz- te) in Köln: Die Beitragssatz- „Schall- mauer" von 13 Prozent in der gesetz- lichen Krankenversicherung zwinge den Gesetzgeber zum Handeln.

Sämtliche Reformalternativen scheinen danach bewertet zu werden, ob sie letztlich dem Ziel, die Lohnne- benkosten zu senken, Rechnung tra- gen. Kein Hehl macht die Politik mehr daraus, daß sämtliche gesund- heitspolitischen Maßnahmen erneut der Wirtschafts- und Finanzpolitik un- tergeordnet werden sollen. Eine wei- tere Bedingung müsse die Regierung an die Strukturreform stellen: „Wir dürfen nicht zulassen, daß die Erfolge der Steuerreform von Beitragssatz- steigerungen in der Krankenversiche- rung aufgezehrt werden" (Höpfin- ger). Um das Vorhaben dennoch ge- sundheitspolitisch zu rechtfertigen, wird verkündet: „Die Beitragssatzsta- bilität ist nicht mit gesundheitspoliti- schem Stillstand gleichzusetzen".

Die Reformer sind dabei, Milliar- den-DM-Beträge wie Buchhalter zu bi- lanzieren. Das Bundesarbeitsministe- rium will Einsparpotentiale bis zu 15 Milliarden DM (!) mobilisieren. Höp- finger versicherte, daß jede Gruppe ihr Sparopfer leisten müßte. Die Sparmil- liarden sollen einerseits dazu genutzt werden, den Beitragssatz zu senken.

Hierfür stünden rund 7 Milliarden DM zur Verfügung (das ergäbe rund einen Beitragssatzpunkt). Andererseits sol-

P"'

Skeptiker scheinen recht

zu

be- halten: Die geplante Strukturre- form im Gesundheitswesen scheint zu einer Strukturreform der gesetzlichen ICrankenversi- cherung zusammenzuschrump- fen oder zu einem eilig zusam- mengewürfelten Kostendämp- fungs- und Beitragsfestschrei- bungsgesetz mit „struktureller Schmuckfassade" zu entarten.

len „Versorgungsdefizite" (so in Pri- mär- und Sekundärprävention, Pflege und Rehabilitation) beseitigt und die Kassenleistungen angehoben werden.

Dies gelte insbesondere für den Be- reich der häuslichen Pflege und den ge- planten Einstieg in die (Alters-)Pfle- geproblematik.

Folgende Eingriffe gelten laut Höpfinger als besonders wirksam:

• Ausgrenzung von versiche- rungsfremden und -fernen Leistun- gen. Acht Leistungskategorien wer- den angepeilt, um 3,2 Milliarden Sparreserven aufzutun: Das Ster- begeld soll stufenweise ganz entfallen (mit Übergangsregelung für Ältere), ebenso die Kassenzuschüsse für Bril- lengestelle, Kontaktlinsen, offene Ba- dekuren, Bagatellarzneimittel (erwei- terte Negativliste); Fahrtkostenredu- zierung, Massageneinschränkung und Hilfsmittel-Negativkatalog.

• Eine neuartige „Festzuschuß- regelung" soll bei folgenden Kassen- leistungen zum Zuge kommen - Heil- und Hilfsmitteln, Hörgeräten, Arz- neimittelfestzuschüssen, Arzneimit- telselbstbeteiligung und Zahnersatz (Sparvolumen: 4,4 Milliarden DM).

Im Gespräch sind: Umstellung der Verordnungsblattgebühr (maximal 2

DM) auf 20 Prozent (höchstens 10 DM je Medikament), zeitlich be- grenzter fünfprozentiger Preisab- schlag der Arzneimittelhersteller ( „Solidarbeitrag von 1,7 Milliarden DM") und andere Maßnahmen (Ver- stärkung der Verordnung von Generi- ka, Re- und Parallelimporte, Aufhe- bung oder Lockerung der festen Apo- thekerspannen).

• Als versicherungsfremde Lei- stungen stehen zur Disposition: Mut- terschaftsgeld (620 Millionen), Lei- stungen nach § 218 StGB (205 Millio- nen); Sterilisation/künstliche Be- fruchtung (50 Millionen) und bei- tragsfreie Versicherung bei Erzie- hungsgeldbezug (100 Millionen DM).

• Ärzte, Zahnärzte und Kran- kenhäuser wie die übrigen Leistungs- erbringer sollen „kostenbewußteres Verhalten" zeigen. Maßnahmen: ver- schärfte Wirtschaftlichkeitskontrol- len, Regresse, Preisvergleichslisten, Beratungen, gezielte Wirtschaftlich- keitsprüfungen, Stichproben und Transparenzmaßnahmen. Die Ver- tragspartner sollen für veranlaßte Leistungen „arztgruppenbezogene Orientierungsgrößen" entwickeln.

• Die Krankenhäuser sollen mit Preisvergleichslisten, Verweildauer- standards an die Kostenkandare ge- nommen werden; die Landesverbän- de der Krankenkassen sollen die Kli- niken bei den Pflegesatzrunden „in die Knie" zwingen: Künftig soll die Verordnung von Krankenhauspflege gemäß § 184 RVO nicht nur im nächsterreichbaren, sondern auch noch im preisgünstigsten Kranken- haus erfolgen. Uberkapazitäten sollen abgebaut und/oder für andere soziale Zwecke „umgewidmet" werden.

Dieses voluminöse Sparpaket soll sich in einem „Nullsummenspiel" so- gleich in neue oder Zusatzleistungen

„verflüchtigen": Der Einstieg in die Pflegeversicherung (Anbindung an die Krankenversicherung) würde be- reits im Startjahr mehr als 6,5 Milliar- den DM verschlingen, die Primär- und Sekundärpräventionsmaßnah- men (Zahnprophylaxe, Herz-Kreis- lauf, Nieren, Dialyse) die Kassen jährlich 750 Millionen DM zusätzlich kosten. Dagegen ist der geplante Wegfall des 5-DM-Krankenhausobu- lus (280 Millionen DM) nur ein Klacks. HC Dt. Ärztebl. 84, Heft 48, 26. November 1987 (15) A-3279

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