Frage gebe es einen Dissens zwi- schen Bundesärztekammer und Kas- senärztlicher Bundesvereinigung.
Vilmar wörtlich: „Wir bemühen uns beide um eine vernünftige Lösung, aber die haben wir noch nicht gefun- den." (Dazu auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 36: „Ausbil- dung: Kompromißlinie — Reform des Medizinstudiums und EG-Richtlinie Allgemeinmedizin".)
Vilmar gab sich in Grado sicher, daß die Bundesländer ab 1. Januar 1990 lediglich die EG-Mindestnorm vorschreiben werden. Nach zwei Jah- ren Weiterbildung (einschließlich der Arzt-im-Praktikum-Zeit) werde das
„Diplom" (im Sinne der EG-Richtli- nie) „Praktischer Arzt" verliehen. So- mit komme es „zu einer Wiedergeburt des Praktischen Arztes über den Um- weg des EG-Rechts." Ausbildung und allgemeinmedizinische Weiterbil- dung sollten zusammen acht Jahre nicht überschreiten", erklärte Dr. Vil- mar. Eine dreijährige Weiterbildung setze also eine Verkürzung des Studi- ums auf fünf Jahre und damit eine gründliche Studienreform voraus.
I Drei Jahre
Weiterbildung für alle?
Einen interessanten Aspekt steuerte KBV-Vorstandsmitglied Dr.
Hahn bei. Auch er verwandte sich, ganz im Sinne des KBV-Vorstandes, für eine dreijährige Weiterbildung im Anschluß an das Studium. Diese drei Jahre sollten alle Ärzte absolvie- ren — nicht nur die angehenden All- gemeinärzte, sondern auch die ange- henden Gebietsärzte. Hahns Vor- schlag stieß in Grado bei Dr. Wolf- Peter Otto vom NAV auf Protest. Er warnte davor, dieses „ausgesprochen schlechte österreichische Modell auf die Bundesrepublik zu übertragen".
Ein weiteres Modell wurde schließlich aus dem Publikum präsen- tiert; es ist altbekannt: EG-Mindest- norm, daneben vierjährige Weiterbil- dung zum Allgemeinarzt im Sinne der geltenden Weiterbildungsordnung.
Nur eine solche längere Weiterbil- dung gewährleiste eine qualifizierte allgemeinmedizinische Versorgung.
Dieses Modell fand offenen Bei- fall beim Publikum. NJ
Pflegesatz-Runde '90:
Krankenkassen
bleiben auf Sparkurs
Bei den im Herbst beginnenden Budget- und Pflegesatzverhandlun- gen 1989/90 wollen die Krankenkas- sen gegenüber den Krankenhausträ- gern die bisher verfochtene „harte"
Verhandlungslinie beibehalten, al- lerdings auch eine „längerfristige Struktur-Strategie" zur Erhaltung der Beitragssatzstabilität der Kran- kenkassen anbieten.
Darin wurden die grundsätz- lichen Aussagen der drei vorausge- gangenen Strategie-Papiere als un- verzichtbar bekräftigt. Zuletzt sei der Grundsatz der Beitragsstabili- tät im „Gesundheits-Reformgesetz"
(GRG) auch im stationären Bereich festgeschrieben worden. Die Kran- kenkassen müßten sich bei den Pfle- gesatzabschlüssen daran messen las- sen, wie sie den in § 71 SGB V veran- kerten Stabilitätsgrundsatz einhalten und dabei mit den Krankenkassen kooperierten. Prinzipiell lehnt das Kassen-Papier Forderungen der Kli- niken ab, die über die Entwick- lung der beitragspflichtigen Entgel- te (Grundlohnsummenentwicklung) hinausgehen. Auch 1989/90 könnten wie bisher nur die „unabweisbaren Ausgaben" anerkannt werden.
„Strengste Disziplin"
auch bei Sachkosten
Noch strenger als bisher sollten die Krankenkassen Kostennachweise verlangen, externe Betriebsverglei- che heranziehen und auf die strikte Umsetzung des neuen Krankenhaus- finanzierungsrechtes (KHG; Bun- despflegesatzverordnung) drängen.
Das globale Stabilitätsziel sehen die Krankenkassen infolge der die Per- sonalkosten erhöhenden Tarifab- schlüsse im Bereich der Kranken- und Altenpflege sowie Geburtshilfe gefährdet. Allein daraus resultierten 1990 Mehrausgaben für die Kassen in Höhe von 1,5 Milliarden DM. Oh- ne lineare Anhebungen und zusätz- liche Personalplanstellen im Pflege-
bereich kostenmäßig zu erfassen, sei- en dadurch die vom „Gesundheits- Reformgesetz" angepeilten Einspar- beträge in Höhe von 1,57 Milliarden DM bereits im zweiten Jahr nach In- krafttreten des GRG (1990) fast kompensiert.
Auch bei den Sachkosten emp- fehlen die Kassen „strengste Diszi- plin" (wiewohl die DKG nachgewie- sen hat, daß auch bei den Sachko- sten die Personalkostenintensität durchschlägt).
Die Krankenkassen weisen dar- auf hin, daß sich die beitragspflichti- gen Entgelte in diesem Jahr voraus- sichtlich nur um 3,1 Prozent erhöhen werden (1988: 3,3 Prozent). Infolge- dessen seien die vom Gesetzgeber nach Inkrafttreten des GRG unter- stellten Ausgabensenkungen und Beitragssatzreduktionen um 0,9 Pro- zentpunkte nicht realisierbar.
• Unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Tarifabschlüsse und der Arbeitszeitverkürzung im Pflegebereich seien bis Ende 1990 im Personalkostenblock Steigerungen um zwei Prozent realistisch. Um da- durch bedingte Defizite bei den Kas- senfinanzen zu vermeiden, sollte bei den Budget-Abschlüssen strikt dar- auf geachtet werden, daß nur be- darfsnotwendige Krankenhäuser, Abteilungen und versorgungsnot- wendige Betten vorgehalten werden.
Das Kassen-Papier empfiehlt einen weiteren Bettenabbau, die Beseiti- gung der hohen „Fehlbelegungsquo- te". Auch der spürbare Fallzahlen- anstieg (1988: + 3,1 Prozent) und das „Problem der Kurzlieger" sollten aufmerksam beobachtet und entge- gengesteuert werden.
• Für die Personalkosten wird eine Ausgabensteigerung von maxi- mal 1,65 Prozent akzeptiert. Die Krankenkassen unterstellen, daß nicht alle Personalkostenbestandtei- le linear angehoben werden (zum Beispiel Stellenzulage, vermögens- wirksame Leistungen, Urlaubsgeld, Beihilfen), so daß sich ein berück- sichtigungsfähiger prozentualer Er- fahrungswert von rund 97 Prozent errechnet.
Um die weitere Arbeitszeitver- kürzung (ab 1. April 1990 beträgt die wöchentliche Arbeitszeit im öffent- lichen Dienst nur noch 38,5 Stun- A-2514 (22) Dt. Ärztebl. 86, Heft 37, 14. September 1989
Gesundheitsausgaben in der EG
Ausgaben im Gesundheitswesen pro Kopf der Bevölkerung in US-Dollar
2.054 1.901
475
1989
1970
Jahresdurchschnittliche Zuwachsrate in Prozent
Portugal: keine Angaben; Quelle: OECD, 1W-Schätaung für 1989 Institut der deutschen Wirtschaft iwd
O 24/1989 Deutsche
Das Gesundheitswesen hat in den einzelnen EG-Ländern einen recht unterschiedlichen.
Stellenwert. Frankreich gibt 1989 mit umgerechnet mehr als 2000 US-Dollar pro Kopf der Be- völkerung am meisten aus. Knapp dahinter folgen die Bundesrepublik Deutschland mit 1900 US-Dollar und die Niederlande mit 1700 Dollar. Das geringste Gesundheits-Budget hat Grie- chenland mit erheblich weniger als 500 Dollar pro Einwohner.
In nahezu allen Ländern stiegen die Pro-Kopf-Ausgaben in den vergangenen beiden Jahr- zehnten mit bereits zweistelligen Zuwachsraten, in der Spitze um 12,6 Prozent (Belgien). Al- lein Dänemark blieb im Untersuchungszeitraum unter der 10-Prozent-Marke. iw den) zu kompensieren, sollten Ratio-
nalisierungsreserven aktiviert wer- den.
Keinesfalls sollten Personal- mehranforderungen akzeptiert wer- den, falls diese ausschließlich als Folge der Tarifvereinbarung ange- meldet werden.
In der Krankenpflege sollten Auszubildende nach den geltenden länderindividuellen Modalitäten auf den Stellenplan angerechnet wer- den. Eine Erhöhung der Planstellen im Vorgriff auf eine vom Bund erst noch zu erlassende Verordnung sei nicht zulässig.
Im Pflegebereich seien Perso- nalanforderungen solange zurückzu- stellen, bis die Vertragspartner (DKG und Kassenspitzenverbände) die Verhandlungen über neue An- haltszahlen gemäß § 19 KHG abge- schlossen oder — bei einem Scheitern
— der Verordnungsgeber nach § 19 Abs. 2 tätig geworden ist. In jedem Falle müßten die Sachkostensteige- rungen unterhalb der zu erwarten- den Grundlohnsummensteigerung abgeschlossen werden.
Alternativmodelle und Alternativstrategien
Als längerfristige Strategie schlagen die Krankenkassen zwei Al- ternativmodelle vor:
1. Das Budget wird auf der Grundlage der vorauskalkulierten Selbstkosten unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Belegung für einen zukünftigen Zeitraum verein- bart. Das Krankenhaus soll die Ko- sten für einen künftigen Zeitraum kalkulieren und mit den Kassen ei- nen Gesamtfinanzierungsrahmen (als Budget) vereinbaren, an den die Vertragspartner gebunden sind. Aus diesem Budget soll das vorhandene oder vereinbarte Leistungsniveau vorgehalten und finanziert werden.
Um Wirtschaftlichkeitsanreize beim Leitungspersonal zu verstär- ken, sollten die Chefärzte und die Verwaltungsleiter erfolgsabhängige Verträge erhalten (Bonus-Malus- Regelung). So soll für Chefärzte ein bestimmtes Soll-Betriebsergebnis als Brutto-Liquidationserlös für einen Budgetzeitraum festgelegt werden.
Bei Abweichungen sollen die Chef- arztabgaben variiert werden.
2. Das Alternativmodell sieht ei- nen Modellversuch auf vertraglicher Ebene mit den Kassen vor, das ein Preissystem beinhaltet. Diagnosenbe- zogene Fallpauschalen sollten zum Zuge kommen (Modellversuche). Die Leistungsspektren sollten zwischen den Vertragspartnern geplant und vereinbart werden. Bei alternativen leistungsentgeltbezogenen Vergü- tungsformen sollte eng auf der Lan- desebene zusammengearbeitet wer- den; ein Informationsaustausch auf Bundesebene sei notwendig.
Als Alternativstrategien werden empfohlen:
1. Für einen bestimmten Zeit- raum (fünf Jahre) sollen Budgetstei- gerungen bis zur Höhe der Grund- lohnsummenentwicklung zugestan-
den und garantiert werden. Mit die- sem Budget soll das Krankenhaus ohne Eingriff der Krankenkassen wirtschaften. Dadurch soll das Kran- kenhaus von „Argumentationszwän- gen" und wirtschaftlichen Nach- weispflichten entbunden werden.
2. Zusammen mit den Kranken- häusern wollen die Krankenkassen auf vertraglicher Ebene Vereinba- rungen zur Lösung von Problemfäl- len im Kosten- und Leistungsbereich anstreben. Kooperationsbereiten Krankenhäusern sollten Zugeständ- nisse in anderen Bereichen gemacht werden. Als Kooperationsfelder wer- den genannt: Änderung der Rechts- form des Krankenhauses, alternative