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Archiv "Prästationäre Diagnostik und stationäre Aufnahme" (20.10.1995)

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Prästationäre Diagnostik und stationäre Aufnahme

Organisatorische Optimierung

Der niedergelassene Arzt ist Dreh- und Angelpunkt für Einweisung und Nachsorge eines Patienten. Daher kommt ihm besondere Verantwortung in der prästationären Vorberei- tung eines Patienten zu. Die Klinik darf und muß sich bei elektiven Standarddiagnosen auf den Einweiser verlassen und stellt die durchgeführte Diagnostik nicht in Frage. Im Sin- ne eines vertikalen Marketings bietet sie für die niedergelassenen Ärzte einen umfassen- den Beratungsservice und regelmäßige Weiterbildungsangebote an. Folge dieses patien- tenorientierten Verhaltens sind eine enge Bindung der Einweiser an die Klinik und die nichtdirektive Anpassung des diagnostischen Vorgehens der Einweiser an die Vorstellun- gen der Klinik. Patientenaufnahme und diagnostische Triage sind innerhalb der Klinik ko- stenintensive Problembereiche und bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Die Vorga- ben „Ausbildung" und „Kostenbewußtsein" lassen sich nur durch Einbeziehung der leiten- den Klinikärzte bereits zu Beginn des stationären Aufenthalts eines Patienten erreichen.

POLITIK

D

ie relativ stringente Trennung zwischen ambulantem und stationärem Versorgungsauf- trag in den Jahren vor dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) führte in vielen Fällen zu Unwirt- schaftlichkeiten und Verlängerung von Krankenhausliegezeiten. Zwar wurden auch damals Anstrengungen unternommen, eine Verzahnung zwi- schen ambulantem und stationärem Bereich zu erreichen, jedoch hat erst das GSG unter dem Druck von Fall- pauschalen und Sonderentgelten er- reicht, daß diese Verzahnung von sei- ten der Kliniken ernsthaft angestrebt wird. Der Grundsatz „So viel ambu- lant wie möglich und so wenig sta- tionär wie nötig" ist vor allem für die prästationäre Diagnostik bei elekti- ven Einweisungen für die Kliniken von entscheidender Wichtigkeit (4, 9). Einen stationären Aufenthalt zum Beispiel zur Operationsvorbe- reitung können sich Krankenhäuser spätestens ab 1996 nicht mehr leisten, und dieser wird zu Recht vom Patien- ten meist abgelehnt. Nun kann von seiten der Klinik vor einer sta- tionären Intervention (zum Beispiel Operation) entweder eine maximale, zum Teil vielleicht sinnvolle, diagno- stische Abklärung - sogenannte Run- dumdiagnostik - durchgesetzt wer-

AKTUELL

den oder eine Konzentration auf die für die Einweisungsdiagnose wesent- lichen Befunde erfolgen. Im ersten Fall übernimmt das Krankenhaus komplett die Funktion des niederge- lassenen Kollegen für eine bestimmte Zeit. Im zweiten Fall bleibt die Ver- antwortung für die diagnostische Ab- klärung in der Hand des Einweisers.

Die Betrachtung eines Beispiels aus der Klinik für Urologie der Univer- sität zu Köln der Jahre 1988 bis 1993 mag dies verdeutlichen.

Verantwortung für die Diagnostik Die meisten Tumoren der Niere werden sonographisch als Zufallsbe- fund entdeckt, da sie meist asympto- matisch und relativ klein (< 6 cm) sind. Die Diagnose „solide Raumfor- derung der Niere" erfordert als Stan- dardtherapie die Nierenfreilegung und bei entsprechendem malignen Befund eine radikale Tumornephrek- tomie. Von der Enukleation bei peri- pheren und kleinen Tumoren oder bei Vorliegen einer Einzelniere abgese- hen, gibt es zur Freilegung und zur Nephrektomie zur Zeit keine Alter- nativen. Welche Mindest-Diagnostik muß präoperativ vorliegen und kann

ambulant erfolgen, und welche Dia- gnostik ist zwar sinnvoll, aber ohne Konsequenz für den stationären Auf- enthalt? Hier lassen sich zwei Grup- pen bilden.

I. Absolut notwendige Diagno- stik (Zufallsbefund Nierentumor):

- Sonographie mit Befunddoku- mentation

- CT-Abdomen - Röntgen-Thorax - EKG

- Basislabor (Blutbild, Gerin- nung, Elektrolyte, Retentionswerte)

II. Möglicherweise sinnvolle Diagnostik ohne wesentlichen Ein- fluß auf das stationäre therapeutische Vorgehen

- Urogramm - CT-Thorax/-Kopf - Angiographie - Tumormarker

Untersuchungen der Gruppe II können in Ausnahmen auch bei sono- graphisch entdecktem kleinen asymp- tomatischen Nierentumor - zum Bei- spiel CT-Kopf 4-> Cerebrale Filiae - durchaus Einfluß auf die weitere The- rapie haben, jedoch werden sie an der Einweisungsdiagnose und an der Nie- renfreilegung mit der Notwendigkeit einer Diagnosesicherung und wahr- scheinlichen Nephrektomie nur sel- ten etwas ändern.

Das zeit- und kostenintensive

„Staging" wurde seit 1993 an der Kli- nik für Urologie der Universität zu Köln sowohl in der prästationären als auch in der poststationären Phase in die Verantwortung des Einweisers gegeben. Für die Klinik hatte dies ei- ne entsprechende Reduktion der Ko- sten und der stationären Liegezeit zur Folge. Für die Einweiser bedeutet dies neben einem erhöhten Aufwand eine erhöhte Verantwortlichkeit dem Patienten gegenüber und somit eine stärkere Patientenbindung. Mit an- deren Worten ist der Einweiser kraft seiner Kompetenz und Kenntnis der individuellen Situation des Patienten Dreh- und Angelpunkt für die Pati- entenkarriere bezogen auf die Ein- weisungsdiagnose. Diese Konzentra- tion auf den kompetenten Arzt seines Vertrauens wird vom Patienten be- grüßt.

„Diagnostische Kosten" für die Klinik während eines stationären Aufenthalts entstehen durch

A-2798 (24) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 42, 20. Oktober 1995

(2)

POLITIK

—Untersuchungen (Gruppe A), die für eine Diagnosefindung oder Therapie unumgänglich sind und die nur stationär durchgeführt werden können (zum Beispiel Mediastino- skopie, Ureteroskopie, Herzkathe- ter)

— Notwendige Untersuchungen (Gruppe B), die ambulant hätten durchgeführt werden können (zum Beispiel Röntgen-Thorax, Kolosko- pie, Urogramm, CT, Gastroskopie)

—Wiederholungsuntersuchungen (Gruppe C), zum Beispiel „Kon- troll"-Labor, „Kontroll"-EKG, „Kon- troll"-Lungenfunktion, „Kontroll"- Sonographie, „Kontroll"-Urogramm

Problematisch sind die Katego- rie B und vor allem Kategorie C. Un- tersuchungen der Kategorie B sollten nach Rücksprache mit den Einwei- sern in den ambulanten Bereich ver- legt werden. Jeder Kliniker kann ei- ne Vielzahl von Untersuchungen nennen, die aus Routine wiederholt werden, obwohl Normalbefunde oder eindeutige Befunde bereits bei stationärer Aufnahme des Patienten vorliegen. Argumente hierfür sind oft Rationalisierungen wie „Kontrol- le", „höhere Qualitätsanforderun- gen" oder mangelnde „Aktualität".

Die Entscheidung, ob eine Kontroll- untersuchung sinnvoll oder notwen- dig ist, hängt von der Grunderkran- kung beziehungsweise der möglichen Therapiekonsequenz ab. So gilt für die operativen Fachgebiete, daß ein Großteil (60 bis 80 Prozent) der sta- tionären Patienten mit der Indikati- on zur elektiven Operation eingewie- sen wird. Im Fall von Standarddia- gnosen (zum Beispiel Prostatahyper- plasie, Cholelithiasis) ist die Thera- pieentscheidung bereits ambulant durch den Einweiser gefallen, so daß die Klinik letztlich die Funktion des Erfüllungsgehilfen darstellt. Dieser untergeordneten Stellung bezüglich der Entscheidung zu einer sta- tionären Therapie muß sich das Krankenhaus „bewußt" werden. Um so wichtiger erscheinen die Einrich- tung eines telefonischen Beratungs- services und regelmäßiger lokaler Fortbildungsangebote der Klinik für die einweisenden Kollegen, damit im Vorfeld die diagnostischen Anforde- rungen nichtdirektiv abgeklärt wer- den können (4, 7).

AKTUELL

„Einweiser" und

diagnostische „Wringe"

Der Einweiser stellt aufgrund seiner Kompetenz die Indikation zur stationären Therapie, da diese zu ein- greifend, belastend oder komplex ist, daß sie ambulant nicht durchgeführt werden kann. Er führt die notwendige Diagnostik prästationär durch. Im Idealfall fand bei unklaren Fällen eine Befundsichtung in der Klinikambu- lanz statt. Die prästationäre Bera- tungsfunktion einer Ambulanz, in der sich Patienten auf Veranlassung des niedergelassenen Kollegen informie- ren und vorliegende Befunde gesich- tet werden können, ist von großer Be- deutung (4). Sie stellt für die stationä- re Phase einen kostensenkenden Fak- tor dar, da stationäre Untersuchungen eventuell vermieden werden können.

Isolierte Kostenrechnungen, wie sie für eine Praxis üblich und notwendig sind, sind für eine Klinikambulanz nur eingeschränkt sinnvoll.

Das Krankenhaus betrachtet den Einweiser vom Marketingaspekt als

„Großkunden" und ist verpflichtet, einen optimalen Service (vertikales Marketing) zu bieten (5, 6, 7). Die Wiederholung von bereits erfolgten Untersuchungen kommt demnach ei- nem Anzweifeln der Kompetenz des Einweisers gleich. Als Konsequenz für die Klinik ergibt sich, von einer optimalen Befundsituation bei einem elektiv eingewiesenen Patienten aus- zugehen. Die oft automatisch ablau- fende „Routine" (Labor, EKG, Tho- rax, Sonographie, Lungenfunktion, Konsiliarische Untersuchungen) er- scheint unter Berücksichtigung obi- ger Überlegungen häufig überflüssig.

Unter diesen Voraussetzungen wird verständlich, daß der Patienten- aufnahme, das heißt dem ersten Kon- takt Arzt 4—> Patient besondere Be- deutung zukommt Hier werden das weitere Vorgehen für den stationären Aufenthalt geplant und eine eventuell fehlende Diagnostik eingeleitet. Ein treffender Begriff hierfür ist die dia- gnostische Triage. Welche prakti- schen Probleme ergeben sich für die diagnostische Triage bei Aufnahme eines Patienten? Erfahrungsgemäß werden Patienten am späten Vormit- tag oder am Nachmittag durch eher unerfahrene Assistenzärzte zumeist

nach dem OP-Programm aufgenom- men. Dies führt zu Nachmittagsar- beit, Fehlern im OP-Plan des näch- sten Tages, eventuell überflüssigen Untersuchungen, fehlerhafter Bewer- tung ambulanter Befunde und wird nicht zuletzt dem Ausbildungsauftrag der Klinik nicht gerecht. Die Abwe- senheit der erfahrenen Fach- und vor allem Oberärzte bei Patientenaufnah- me stellt demnach ein entscheidendes organisatorisches Hemmnis dar. Die diagnostische Triage kann nur durch einen Oberarzt erfolgen, der auf- grund seiner fachlichen Kompetenz für den weiteren Aufenthalt des Pati- enten maßgebend ist. Die verbreitete Delegation der diagnostischen Triage an unerfahrene Assistenten führt zu unnötigen Kosten und Turbulenzen im stationären Betrieb.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-2798-2800 [Heft 42]

Literatur

1. Baugut G, Schmitz RM: Methodik zur Kal- kulation hausindividueller Fallkosten für den Vergleich mit standardisierten Fallpau- schalen. das Krankenhaus 1993; 4: 170.

2. Bourmer HR: Gesundheitsreform fordert Chefärzte — Vom Halbgott zum Ab- teilungsmanager?, Dt Ärztebl 1993; 90:

A-1874 (Heft 25-26).

3. Clade H: Kooperation statt Konkurrenz:

aber wie?, Dt Arztebl 1995; 92: A-571-572 (Heft 9).

4. Klotz Th, ZumM J, Engelmann U. Die neue Bedeutung der Polikliniken im Rah- men des Gesundheitsstrukturgesetzes. Arzt und Krankenhaus 1995; 2: 56.

5. Nierhoff G: Vor- und nachstationäre Be- handlung im Krankenhaus — Erste Gedan- ken und Aspekte. führen und wirtschaften im Krankenhaus 1993; 1: 26.

6. von Kempski C, Winter J, Thess U, Steiner M: Qualitäts- und Zeitmanagement im Krankenhaus. führen und wirtschaften im Krankenhaus 1994; 1: 31.

7. Riegl G: Vertikales Klinik-Marketing unter GSG-Bedingungen. führen und wirtschaf- ten im Krankenhaus 1994; 3: 206.

8. Wuttke R: Durch Bettenabbau zur Sanie- rung des Krankenhauses. führen und wirt- schaften im Krankenhaus 1994; 1: 16.

9 Zink KJ, Schubert HJ, Fuchs AE: Umfas- sendes Qualitätsmanagement im Kranken- haus. führen und wirtschaften im Kranken- haus 1994; 1: 26.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Theodor Klotz Dr. med. Axel Heidenreich Prof. Dr. med. Udo Engelmann Klinik für Urologie

der Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln

A-2800 (26) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 42, 20. Oktober 1995

Referenzen

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