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Virushepatitis – mit mehr Testen in Richtung Elimination

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Academic year: 2022

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FORUM

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ARS MEDICI 162016

Die Krankheitslast der Virus- hepatitis geht weit über die Leber hinaus. Hepatitis C (HCV) führt zu einer Entzün- dung der Leber, häufig folgt danach ein langsam verlau- fender Vernarbungsprozess.

Doch das Virus, das durch Blut übertragbar ist, kann beinahe jedes Organ des menschlichen Körpers befallen und stellt einen relevanten Risikofaktor für Diabetes mellitus, Depression, Arterio- sklerose und malignes Lymphom dar.

Die häufigsten extrahepatischen Sym - ptome sind Müdigkeit, Konzentra - tionsstörungen und Gelenkschmerzen.

Durch eine erfolgreiche Hepatitis-C- Therapie können die erwähnten Folgen und Symptome meist behoben respek- tive deren Auftreten verhindert wer-

den. In der Schweiz sterben jährlich mehr Personen an den Folgen einer chronischen Virushepatitis als an den Folgen von HIV.

Dies könnte verhindert werden. Mit den neuen hochwirksamen und gut verträglichen direkt wirksamen antivi- ralen Substanzen gegen Hepatitis C (DAA) werden Heilungsraten von über 90 Prozent erzielt, und es gibt kaum mehr medizinische Kontraindikatio- nen. Zusammen mit den Erkenntnissen des systemischen Charakters von Hepa - titis C führte dies zu einem Para - digmenwechsel: Die Guidelines der US-amerikanischen Gesellschaften für Hepatologie und Infektiologie empfeh- len seit Oktober 2015, alle Betroffenen zu behandeln, unabhängig von Leber- schaden oder allfälligen Symptomen (www.hcvguidelines.org).

Hepatitis B kann sehr effizient durch konsequente Impfung der Säuglinge respektive Jugendlichen sowie der un- geimpften Immigranten verhindert werden. Auf Behandlungsebene zeich- net sich eine ähnliche Entwicklung der Medikamente ab wie für Hepatitis C, sodass in einigen Jahren eine chroni- sche Hepatitis-B-Infektion auch dauer- haft eliminiert werden könnte.

Derzeit kostet eine HCV-Therapie in der Schweiz zwischen 30 000 und 150 000 Franken. Aufgrund der be- fürchteten Kostenexplosion hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Einsatz der DAA auf Patienten mit mit- telschwerem oder weiter fortgeschritte- nem Leberschaden limitiert. Dies führt in der Sprechstunde regelmässig dazu, dass der behandelnde Arzt dem Betrof- fenen sagen muss, dass er noch keine Therapie erhalten kann, weil die Leber noch zu wenig geschädigt sei.

Doch im Vergleich zu HIV ist die Ver- sorgungslage nicht nur bezüglich des limitierten Einsatzes der Medikamente bedenklich. Aufgrund der vorhan - denen epidemiologischen Zahlen und darauf basierenden Schätzungen wird davon ausgegangen, dass in der Schweiz weniger als die Hälfte der 80 000 chro- nisch infizierten Hepatitis-C-Betroffenen

Virushepatitis – mit mehr Testen in Richtung Elimination

Hinsichtlich des Testens weist die Versorgung von Patienten mit chronischer Hepatitis B und C in der Schweiz eine erhebliche Lücke auf. Das will eine Kampagne der Schweizerischen Hepatitis-Strategie mit einer Online-Risikoabschätzung für Betroffene ändern.

PHILIP BRUGGMANN

Gratisflyer und -poster für die Kam - pagne in Deutsch, Französisch und Ita- lienisch können unter info@hepatitis- schweiz.ch bestellt werden.

Tabelle:

Wichtigste Risikofaktoren für die Infektion mit Hepatitis B oder C

Personen mit derzeitigem oder früherem i.v. oder pernasalen Drogenkonsum

HIV- und HBV-positive Personen

schwangere Frauen sowie Kinder von HCV- oder HBV- positiven Müttern

alle Personen mit Jahrgängen 1950 bis 1985 (nur Hepatitis C)

ehemalige und derzeitige Gefängnisinsassen

Personen mit Tattoos/Piercings, die unter ungenügend sterilen Bedingungen appliziert wurden

Personen mit Manicure/Pedicure-Behandlungen unter ungenügend sterilen Bedingungen

Dialysepatienten

Migranten aus Hochprävalenzländern*

Empfänger von Blutprodukten in der Schweiz vor 1992

Patienten mit (zahn-)medizinischen Eingriffen in Regionen mit ungenügenden Hygienestandards

Patienten mit erhöhten Transaminasen oder unklaren chronischen Leberschäden

ungeschützter Sexualkontakt mit Hepatitis-B-infizierten Personen oder mit Personen mit unbekanntem Hepatitis-B-Status

* Hochprävalenzländer: > 60-jährige Personen aus Italien und Spanien; Personen, die in Ländern wie Russland, China, Pakistan, Indien, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Syrien, Ägypten, Libyen, Tunesien, Marokko oder Nigeria geboren/aufgewachsen sind

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getestet sind. Dies ist einerseits auf die fehlenden spezifischen Symptome zurückzuführen, andererseits auch auf das mangelnde Bewusstsein und Wis- sen über diese Epidemie und deren Risikofaktoren.

Die Schweizerische Hepatitis-Strategie (Kasten) hat sich daher zum Ziel gesetzt, das Wissen bezüglich Virus - hepatitis und Risiken (Tabelle)für eine Ansteckung in der Allgemeinbevölke- rung zu verbessern. Die diesjährige Kam- pagne bietet eine Online-Risikoabschät - zung auf www.hepatitis-schweiz.ch an, die in wenigen Minuten absolviert wer- den kann.

Grundsätzlich braucht es für eine Hepatitis-C-Ansteckung Blut-zu-Blut- Kontakt. Hepatitis B ist zusätzlich sexuell über Schleimhautkontakt an- steckbar (wie HIV). Nebst den bekann- ten Risikofaktoren Bluttransfusionen vor 1991, Dialyse, intravenösem oder pernasalem Drogenkonsum sind auch ungenügend steril durchgeführte Tat- toos, Piercings, Manicure oder Pedicure weniger gut bekannte Risikofaktoren.

Bei Hepatitis C besteht eine starke Häufung der Fälle für die Jahrgänge 1950 bis 1985, mit einer Kumulation bei den Sechziger-Jahrgängen. Es emp- fiehlt sich daher, Personen mit diesen Jahrgängen einmal im Leben auf Hepa- titis-C-Antikörper zu testen.

PD Dr. med. Philip Bruggmann Chefarzt Innere Medizin

Arud Zentren für Suchtmedizin 8005 Zürich

E-mail: p.bruggmann@arud.ch

Schweizerische Hepatitis-Strategie

Zur Bekämpfung der zunehmenden Belastung der öffentli- chen Gesundheit durch die Folgen von Virushepatitis hat sich aus privater Initiative ein Netzwerk von über 80 Persönlich- keiten aus allen betroffenen Bereichen (Patienten, Medizin, Politik, Behörden, Kostenträger, Privatwirtschaft) zusam- mengetan, das eine Hepatitis-Strategie für die Schweiz ent- wickelt und umsetzt.

Die Vision des Netzwerks ist die Elimination viraler Hepatitis in der Schweiz bis 2030. Mit ihren ehrgeizigen Zielen ist das Netzwerk Schweizer Hepatitis-Strategie nicht allein.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedete im Mai 2016 ihre Hepatitis-Strategie, die ebenfalls die Elimina- tion der viralen Hepatitis zum Ziel hat.

Die privat initiierte Schweizerische Hepatitis-Strategie strebt eine Private-Public-Partnership mit dem BAG an, um gemein- sam und kosteneffizient vorzugehen. Das Netzwerk hat bisher über 1500 Stunden unentgeltliche Arbeit für diese Sache geleistet.

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