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Archiv "Lebertransplantation bei Virushepatitis: Neue Substanzen - neue Hoffnung?" (17.11.1995)

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Academic year: 2022

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Qualität von Bioprodukten nicht besser

„Bioprodukte" sind Produkten aus konventionellem Anbau nach ernährungsphysiologischen Kriteri- en kaum überlegen. Das ist das Er- gebnis einer Studie des Bundesinsti- tuts für gesundheitlichen Verbrau- cherschutz und Veterinärmedizin, in deren Verlauf die Ergebnisse aus 150 Vergleichsuntersuchungen zur Qualität ökologisch und konventio- nell erzeugter Lebensmittel ausge- wertet wurden.

Beantwortet werden sollte die Frage, ob „Bioprodukte", die zur Zeit rund ein Prozent der vermark- teten Lebensmittel ausmachen, von Verbrauchern zu Recht als gesünder, schmackhafter und umweltfreundli- cher produziert eingestuft werden.

In der Studie wurden folgende Pro- duktgruppen in bezug auf Pflanzen- schutzmittelrückstände, Umwelt- kontaminanten, sensorische Prüfun-

gen und Tierfütterungsversuche er- faßt: Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Obst, Wein, Bier, Backwaren, Milch, Fleisch, Eier und Honig sowie die daraus hergestellten Erzeugnisse.

Unterschiede waren noch am ehesten bei Gemüse und hier beim Nitratgehalt nachweisbar: Konven- tionell angebautes (mineralisch ge- düngtes) Gemüse wies in der Regel einen deutlich höheren Nitratgehalt auf als ökologisch erzeugtes, orga- nisch gedüngtes. Dies gilt insbeson- dere für Blatt-, Wurzel- und Knol- lengemüsearten. Gemüse aus ökolo- gischem Anbau enthielt tendenziell geringere Mengen an Rückständen zugelassener Pflanzenschutzmittel;

allerdings lagen auch die Werte bei konventionell angebauten Produk- ten fast ausschließlich unterhalb der gesetzlich festgesetzten Höchstmen- gen. EB sche Unterweisung in der Selbstun-

tersuchung einschließlich Üben an Si- likonmodellen und Demonstration am „lebenden Modell" mit Hilfe von zwei bis drei Freiwilligen, nach der

Abbildung 2: Die „Vertical-strip"-Methode, die linear von oben nach unten und umgekehrt erfolgt, erfaßt eine größere Brustregion und damit das gesamte Mammagewebe, das sich auf einen grob rechtwinke- ligen Bereich zwischen Clavicula, Mittellinie, fünfter Rippe und einer senkrechten Linie von der Axilla zur fünften Rippe erstreckt.

„Vertical-strip"-Methode nach Pen- nypacker (14, 15 und Abbildungen 1 und 2), visuelle Untersuchung vor dem Spiegel mit und ohne Anspan- nung des M. pectoralis major (Einzie- hungen, Vorwölbungen, Veränderun- gen der Hautoberfläche und der Brustwarzen), abschließend Palpati- on der Achselhöhlen.

Ergebnisse

Die Inanspruchnahme von Vor- sorgeuntersuchungen zur Früherken- nung des Brustkrebses ist bei zwei randomisierten Gruppen von 329 be- ziehungsweise 352 Frauen zwei bzw.

fünf bis sechs Jahre nach Seminarteil- nahme deutlich besser geworden (Rücklaufquote 64 nach zwei bezie- hungsweise 68 Prozent nach fünf Jah- ren). Die Inanspruchnahme der ärzt- lichen Untersuchung steigerte sich von 69 auf 85 Prozent nach zwei und auf 86 Prozent nach fünf bis sechs Jah- ren, die der Mammographie von 24 auf 46 Prozent beziehungsweise 62 Prozent, und zwei beziehungsweise

fünf bis sechs Jahre danach praktizier- ten 78 beziehungsweise 83 bis 84 Pro- zent die Selbstuntersuchung regel- mäßig — eine wesentliche Steigerung, ausgehend von den 14 Prozent vor Teilnahme an dem Präventivpro- gramm.

Diskussion

Eine Besserung der Akzeptanz von Krebsvorsorgeuntersuchungen setzt die persönliche Kontaktaufnah- me mit Zielgruppen voraus, anders ausgedrückt: Wir Ärzte müssen die Initiative ergreifen, denn die erfolg- versprechende Motivation zu nützli- chen und notwendigen Maßnahmen setzt die gründliche Information der angesprochenen Personen voraus.

Allein 1985 wurden in der Bundesre- publik Krebsbroschüren mit einem Gewicht von 400 Zentnern verteilt (1). Aber Aufklärungsschriften, Bro- schüren, medizinische Artikel in Illu- strierten, TV, Radio, so unterstützend diese auch sein mögen, haben bisher im Hinblick auf eine Motivation nur wenig gebracht: Sie alle sind unver- bindlich und zu nichts verpflichtend,

dies ist im übrigen auch eine interna- tionale Erfahrung.

Hinsichtlich des Bestrebens, eine hohe Beteiligung an den Seminaren zu erzielen, hat sich für uns die direk- te Kontaktaufnahme mit der jeweili- gen Vorsitzenden von Frauenverbän- den bei weitem am besten bewährt:

Deren Funktion als „Leitwolf" garan- tiert die entsprechende Motivation im Verband und damit ein Mitmachen bei solchen Programmen. Die gute Akzeptanz von Vorsorgemaßnahmen gegen den Brustkrebs auch noch nach fünf bis sechs Jahren läßt uns hoffen, daß die von uns eingeschlagene Stra- tegie auch weiterhin erfolgreich sein und eventuell Nachahmer finden wird (16, 17, 18).

Literatur beim Verfasser

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Gerhart Hilt

Internist und ehemaliger Chefarzt der Bayerwald Klinik

Fachklinik für Innere Medizin AHB-Klinik der BfA Berlin 93413 Cham-Windischbergerdorf Manfred Pilsak

Stationsarzt, Bayerwald Klinik

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Lebertransplantation bei Virushepatitis

Neue Substanzen - neue Hoffnung?

Michael P. Manns

D

ie Lebertransplantation ist eine aner- kannte Behandlungsmethode, die in der Bundesrepublik Deutschland in über 500 Fällen und weltweit in über 5 000 Fällen jährlich zur Lebensrettung oder Lebens- verlängerung eines Menschen beiträgt. Die Er- fahrungen der letzten 30 Jahre haben gezeigt, daß der Langzeiterfolg nach Transplantation entscheidend von der jeweiligen Grundkrank- heit abhängt, die zur Transplantation geführt hat. Die Wiederkehr der Grundkrankheit im transplantierten Organ ist oft für dessen Dys- funktion und somit für die Langzeitprognose verantwortlich. Sowohl beim akuten Leberver- sagen als auch beim chronischen Organversagen durch Leberzirrhose kann es zur Reinfektion kommen.

An den meisten internationalen und deut- schen Zentren geht man davon aus, daß Hepati- tisviren die Hauptursache für ein akutes Leber- versagen sind. Alle fünf bekannten Erreger der Virushepatitis (A bis E) kommen für das akute Leberversagen in Frage, wenngleich die Hepati- tisformen A und B dominieren. Die Hepatitis E kann bei uns in Ausnahmefällen Ursache des akuten Leberversagens sein. Dann hat der Pati- ent die Infektion bei einem kurz zurückliegen- den Aufenthalt in meist tropischen Endemiege- bieten erworben. Das Hepatitis-C-Virus wurde erst im Jahre 1989 entdeckt. Eine wesentliche Erkenntnis der letzten Jahre ist, daß dieses Vi- rus in Europa und Nordamerika kaum ein aku- tes Leberversagen auslöst. Japan scheint dabei eine Ausnahme zu bilden. In etwa 20 Prozent der Betroffenen wird ein akutes Leberversagen non A, non B, non C diagnostiziert. Die Rekur- renz einer Hepatitis auch bei diesen Patienten legt eine virale Genese nahe. Kandidaten sind HBsAg-negative Mutanten des Hepatitis-B-Vi- rus, das bisher kaum charakterisierte Hepatitis-

F-Virus und die kürzlich entdeckten Hepatitis- GB-Viren (16).

Die Pathogenese des akuten Leberversagens ist bisher kaum verstanden. Konservative Thera- pieverfahren zur Therapie des akuten Leberver- sagens sind nicht überzeugend. Der Pathophysio- logie der Leberregeneration und den für die Re- generation entscheidenden Wachstumsfaktoren fällt eine Schlüsselrolle zu. Dabei scheint eine un- verändert hohe Produktion des Hepatozyten- wachstumsfaktors „HGF" mit einer ungünstigen Prognose verbunden zu sein, wogegen ein Abfall der HGF-Spiegel im Blut eine Heilung anzuzei- gen scheint (5). Diesen Erkenntnissen wird für die Transplantationsindikation in Zukunft eine Bedeutung zukommen. Einige virale Faktoren sind prognostisch aussagefähig. Hierzu gehören Mutationen im Prä-Core und Enhancer-Bereich des Hepatitis-B-Virus-Genoms, eine Hepatitis- A-Infektion in höherem Lebensalter und eine Hepatitis-E-Infektion bei Schwangeren. Die ätiologisch ungeklärte Hepatitis non A, non B (=

non A, non B, non C, non D, non E, vielleicht Hepatitis F?) und vor allem Doppelinfektionen (zum Beispiel HBV plus HCV und HBV plus HDV) sind ebenfalls mit einer ungünstigen Pro- gnose assoziiert. Mit einer Reinfektion des Spen- derorgans muß zwar auch beim akuten viralen Leberversagen gerechnet werden, sie tritt jedoch häufiger bei Lebertransplantation wegen chroni- schem Organversagen auf. Hier ist die Reinfekti- on die Regel, wenn keine Prophylaxemaßnah- men betrieben werden.

Problem:

Rückkehr der Grundkrankheit

Während bei genetischen Leberkrankhei- ten wie dem M. Wilson oder der Hämochroma- tose durch die Transplantation der genetische

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Defekt geheilt wird und eine Rückkehr der Grundkrankheit nicht befürchtet werden muß (11), stellt die Rückkehr der Grundkrankheit bei allen chronischen Virushepatitiden (B, C, D) ein großes klinisches Problem dar. Vor allem bei der Hepatitis B beeinflußt die Reinfektion die Prognose entscheidend. Virushepatitiden sind heute die häufigste Ursache für eine Lebertrans- plantation bei Leberzirrhose. Mitte der achtzi- ger Jahre hatten viele Zentren eine Lebertrans- plantation bei Leberzirrhose auf dem Boden ei- ner Hepatitis B abgelehnt, wenn vor Transplan- tation noch eine Virusproduktion nachweisbar war. In letzter Zeit nimmt jedoch der relative Anteil der viralen Leberzirrhosen am Trans- plantkollektiv wieder deutlich zu. Diese Ent- wicklung begründet sich auf folgende Fakten:

0 die Reinfektion tritt nicht bei jedem Pati- enten auf;

O es stehen erste Maßnahmen zur Verfü- gung, um die Reinfektion zu vermeiden und zu therapieren;

© vor allem junge Menschen sind von vira- len Zirrhosen betroffen, das Durchschnittsalter liegt zwischen 40 und 50 Jahren.

Diesen aktuellen Entwicklungen hat sich kürzlich eine Single Topic Conference der Ame- rikanischen Gesellschaft zum Studium von Le- berkrankheiten gewidmet (AASLD) (7).

Getrennte Betrachtungsweisen notwendig

Die Situation muß für die verschiedenen Hepatitisviren B, D, und C getrennt betrachtet werden. Die Analyse der weltweiten Ergebnisse hat gezeigt, daß die postoperative Gabe von An- ti-HBs-Immunglobulinen die Reinfektion ver- hindern oder zumindest verzögern kann, wenn die Virusreplikation vor Transplantation gering ist. Das bedeutet, daß die HBV-DNA mit der Hybridisationstechnik unter 1 pg/ml liegen soll- te. Es hat sich gezeigt, daß die Reinfektion re- gelmäßig bei chronisch replizierender Hepatitis B (HBV-DNA über 1 pg/ml/HBeAg positiv), seltener bei chronischer, gering replizierender Hepatitis B (HBV-DNA unter 1 pg/ml/Anti- HBe-positiv) und noch seltener bei chronischer Hepatitis D auftritt. Noch seltener erfolgt die Reinfektion beim akuten Leberversagen durch Hepatitis B oder D.

Als Erklärung wird herangezogen, daß der chronischen Hepatitisinfektion Defekte im Immunsystem zugrunde liegen, während beim akuten Leberversagen eine überschießende Im-

munreaktion für den hyperakuten Verlauf ent- scheidend ist. Beim akuten Leberversagen B sind HBsAg und HBV-DNA oft nicht mehr im Serum nachweisbar. Die geringere Reinfekti- onsrate bei Hepatitis D im Vergleich zur alleini- gen akuten und chronischen Hepatitis B wird auf die supprimierende Wirkung des Hepatitis- D-Virus auf die Hepatitis-B-Infektion zurück- geführt. Bei Reinfektion kommt es zunächst zum isolierten Nachweis von Hepatitis-D-RNA und Antigen. Eine Entzündung der Spenderle- ber erfolgt erst, wenn die Hepatitis B wieder- kehrt.

Bei der Hepatitis C stellt sich die Situation komplett anders dar. Erst seit kurzer Zeit ist be- kannt, daß die Reinfektion praktisch immer in- nerhalb der ersten vier Wochen nach Transplan- tation auftritt. Maßnahmen zur Prophylaxe und Therapie der Reinfektion stehen nicht zur Ver- fügung. Darüber hinaus sind der klinische Ver- lauf und somit die Prognose der Reinfektion noch unklar. Die bisher verfügbaren Ergebnisse der verschiedenen Zentren sind zum Teil wider- sprüchlich. Es scheint jedoch, daß die Prognose der Hepatitis-C-Reinfektion günstiger ist als bei Hepatitis B. Eine Indikation zur Transplanta- tion wird durch die regelmäßige Reinfektion nicht in Frage gestellt. Der bei uns häufige HCV-Genotyp-Ib, der schlecht auf Interferon antwortet, scheint sich auch durch einen ungün- stigen Verlauf nach Transplantation auszuzeich- nen. Die Hepatitis-C-bedingten Leberzirrhosen stellen heute den größten Anteil der Transplan- tationskandidaten in den meisten Zentren Eu- ropas und Nordamerikas dar.

Die Hepatitis B hat sich zu einer Modeller- krankung mit Vorreiterrolle entwickelt, da die- ses Virus am besten analysiert werden kann und hier Möglichkeiten zur Prophylaxe und Thera- pie der Reinfektion bereits zur Verfügung ste- hen und zunehmend entwickelt werden. Ausge- hend vom Zentrum in Hannover (10) wurde zunächst in Europa und dann auch in vielen Tei- len der USA Anti-HBs-Hyperimmunglobulin zur Prophylaxe der Reinfektion eingesetzt (13, 14). Anti-HBs-Hyperimmunglobulin kann die Reinfektion verhindern oder aufschieben. Es handelt sich um polyklonales menschliches Se- rum von immunisierten Normalpersonen. Die Therapie ist sehr teuer, ihre Wirkungsmechanis- men sind unzureichend verstanden, und der Ef- fekt ist nicht sicher.

Es wurde der Konsens erzielt, daß Patienten mit niedriger Virusreplikation (HBV-DNA un- ter 1 pg/ml, Anti-HBe negativ) Transplantati-

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onskandidaten sind, daß Patienten mit deutlich nachweisbarer HBV-Replikation (HBV-DNA über 1 pg/ml) nur im Rahmen von Studien mit neuen Konzepten zur Prophylaxe der Reinfekti- on einer Transplantation zugeführt werden soll- ten. Aktuelle Forschungen untersuchen den Einfluß von postoperativer Immunsuppression und Anti-HBs-Prophylaxe auf Virusreplikation, Mutantenentwicklung und Reinfektion. Das Bundesministerium für Forschung und Techno- logie (BMFT) fördert einen Forschungsverbund zur Analyse der klinischen Relevanz von Hepa- titis-B-Virus-Mutanten (17). Mehrere Teilpro- jekte befassen sich dabei mit der Bedeutung von Hepatitis-B-Mutanten für die Reinfektion nach Lebertransplantation.

Tritt eine Reinfektion ein, so stehen thera- peutisch außer einer Retransplantation kaum Perspektiven zur Verfügung. Interferon hat ent- täuscht und ist in der Therapie der Reinfektion nicht wirksam (12). Wegen seiner immunstimu- lierenden beziehungsweise immunmodulieren- den Eigenschaften muß vielmehr eine verstärk- te Abstoßungsreaktion befürchtet werden. Be- sonders ungünstig ist der klinische Verlauf, wenn bei rekurrierender Hepatitis B eine fibro- sierende cholestatische Hepatitis auftritt. Dann beträgt die Überlebenszeit kaum mehr als sechs Monate.

Nukleosidanaloga in der Therapie vielversprechend

Interessante therapeutische Ansatzpunkte bieten die neuen Nukleosidanaloga. Sie haben keine erkennbare direkte Wirkung auf das Im- munsystem, eine negative Beeinflussung der To- leranz gegenüber dem Spenderorgan braucht daher nicht befürchtet zu werden. Ferner haben Studien der jüngsten Vergangenheit gezeigt, daß die Nebenwirkungen auch bei Langzeitgabe ge- ring beziehungsweise tolerabel sind.

Klinische Erfahrungen liegen vor allem für Ganciclovir, Famciclovir und Lamivudine vor.

Es konnte ein gewisser Effekt für Ganciclovir nachgewiesen werden, jedoch steht bisher noch keine orale Therapieform zur Verfügung. Fam- ciclovir konnte erstmals bei einem Patienten mit fulminanter Reinfektion in Kombination mit Prostaglandin E2 eingesetzt werden (4).

Dabei normalisierten sich die Transaminasen, die HBV-DNA wurde negativ, und HBeAg serokonvertierte zu Anti-HBe. Dieser Patient ist inzwischen über zwei Jahre unter einer Dau- ertherapie mit Famciclovir. Er hat wieder sei-

nen Beruf aufgenommen, und die Transamina- sen sind konstant normal, die HBV-DNA bleibt negativ.

Weitere Patienten wurden inzwischen mit zum Teil gutem Ergebnis an verschiedenen Zen- tren behandelt (3, 8). Im Rahmen einer offenen Pilotstudie werden weltweit zur Zeit an 15 Zen- tren 38 Patienten wegen einer Hepatitis-B-Re- infektion mit Famciclovir therapiert (1). Bei 27 dieser Patienten stand die HBV-DNA-Analyse zur Verfügung. Bei 15 von 27 Patienten kam es zu einer über 80prozentigen Reduktion der HBV-DNA-Konzentration im Serum. Bei neun von 27 Patienten wurde die HBV-DNA mit der Hybridisierungstechnik negativ. Dies bedeutet, daß die HBV-DNA unter 1 pg/ml gesenkt wur- de. Bei drei dieser neun Patienten wurde die HBV-DNA sogar mit PCR negativ, alle blieben HB sAg-positiv.

Sieben Patienten werden inzwischen über ein Jahr behandelt, ohne daß größere Nebenwir- kungen aufgetreten sind. Die genaue Analyse zeigt, daß ein erfolgreiches Ansprechen auf die- se Therapie vor allem dann eintritt, wenn die Transaminasen vor Therapiebeginn hoch sind.

HBV-DNA Spiegel vor Therapiebeginn, die La- tenz zwischen Transplantation und Reinfektion sowie zwischen Reinfektion und Therapiebe- ginn scheinen dagegen von untergeordneter Be- deutung zu sein.

Auch zu Lamivudine, ebenfalls ein Nukleo- sidanalogon, liegen bereits klinische Erfahrun- gen zur Behandlung der Reinfektion vor (15).

Mit dieser Substanz werden ähnlich gute Ergeb- nisse erzielt wie mit Famciclovir, wenngleich die Erfahrungen bisher an weniger Patienten ge- sammelt wurden.

Eine abschließende Wertung dieser Nu- kleosidanaloga zur Behandlung der Hepatitis- B-Reinfektion ist bisher nicht möglich, ebenso- wenig ein Vergleich dieser Medikamente. Fam- ciclovir und Lamivudine scheinen beide bei ei- nem großen Teil der Patienten mit Hepatitis-B- Reinfektion wirksam. Während Lamivudine möglicherweise eine stärkere antivirale Wir- kung zufällt, hat Famciclovir eine zusätzliche Wirkung gegen Herpesviren vorzuweisen. Bei- de Substanzen können oral eingenommen wer- den, und die Verträglichkeit scheint sehr gut zu sein.

Dies ist wichtig, wenn man die schwerwie- genden Nebenwirkungen betrachtet, die beim klinischen Einsatz von Fialuridin (FIAU) zur Behandlung der chronischen Hepatitis B auftra- ten. Diese zum Teil fatalen Nebenwirkungen

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waren durch eine Beeinträchtigung mitochon- drialer DNA bedingt, eine noch nicht bekannte Arzneimittelnebenwirkung. Die Degeneration mitochondrialer DNA wurde beim Einsatz von Famciclovir und Lamivudine bisher nicht beob- achtet (15). Da es sich bei diesen Transplantati- onspatienten mit Reinfektion um oft schwerst- kranke Patienten ohne therapeutische Perspek- tive handelt, ist die Beurteilung von therapieas- soziierten Nebenwirkungen zum Teil schwierig.

Zur Beurteilung der Verträglichkeit kann aber mit gewissen Einschränkungen auf die Erfah- rungen aus großen internationalen Phase-III- Multicenterstudien zur Therapie der chroni- schen Hepatitis B zurückgegriffen werden. Fam- ciclovir ist inzwischen für die Behandlung von Herpesinfektionen, zum Beispiel Herpes zoster, ein zugelassenes Medikament. Für Lamivudine wird die Zulassung zur Behandlung von HIV-in- fizierten Patienten erwartet.

Diese ersten erfolgversprechenden Ansätze zur Behandlung der Hepatitis-B-Reinfektion mit den neuen Nukleosidanaloga haben zur Ent- wicklung von neuen Konzepten zur Prophylaxe der Hepatitis-B-Reinfektion geführt. Solche Protokolle haben zum Ziel, diesen oft jungen Pa- tienten mit Leberzirrhose bei noch replizieren- der Hepatitis B die Perspektive der Transplanta- tion zu eröffnen, da sie sonst nach internationa- lem Konsens als nicht transplantabel eingestuft werden (2). Es muß abgewartet werden, ob Pati- enten, die nach diesen Protokollen prätransplant HBV-DNA-negativ werden, ähnlich gute Ergeb- nisse vorweisen können wie Patienten, die spon- tan prätransplant HBV-DNA-negativ sind. Ein Protokoll aus England ist in diesem Sinne sehr ermutigend (6). Bei wenigen Patienten wurde nach alleiniger Gabe von Lamivudine ohne gleichzeitige Gabe von AntiHBs keine Reinfek- tion beobachtet.

Die Erfahrungen mit diesen neuen Nukleo- sidanaloga haben bei der chronischen Hepatitis B ohne Transplantation gezeigt, daß die HBV- DNA im Serum unter Therapie entscheidend gesenkt werden kann, daß dieser Effekt aber nach Therapieende nicht anhält. Dies dürfte be- deuten, daß bei der Behandlung der Reinfektion die Medikamentengabe dauerhaft sein müßte.

Ein Therapieendpunkt ist schwer zu definieren.

Andererseits dürfte der Effekt einer prophylak- tischen Gabe vor Transplantation dadurch nicht beeinflußt werden und diesen Patienten eine hoffnungsvolle Perspektive eröffnen.

Es darf die Hoffnung ausgesprochen wer- den, daß diese erfolgversprechenden Ansätze

zur Behandlung der Hepatitis-B-Reinfektion und zur Prophylaxe der Reinfektion die Pro- gnose der Lebertransplantation bei Hepatitis B wesentlich verbessern. Gleiches kann auch für die Hepatitis D erwartet werden. Bei der Hepa- titis C stehen wir noch am Anfang. Hier ist es wichtig, daß wir den natürlichen Verlauf der Hepatitis-C-Reinfektion sorgfältig analysieren und auch Pathogenese und Prognose besser verstehen. Diese Erkenntnisse sowie die Erfah- rungen, die wir durch die neuen Entwicklungen zur Behandlung der chronischen Hepatitis B gewinnen, werden sicherlich auch unser Bemühen um eine Verbesserung der Prophy- laxe und Therapie der Hepatitis-C-Reinfektion unterstützen.

Während unklar ist, welchen Stellenwert die neuen Nukleosidanaloga für die Behandlung der chronischen Virushepatitiden haben wer- den, eröffnen sie vor allem für immunsuppri- mierte Patienten Perspektiven und somit Hoff- nung. Die geschilderte Transplantsituation ist dabei nur ein Modell für die Behandlung einer Virusinfektion beim immunsupprimierten Pati- enten. Interferon zeigt eine nur unzureichende Wirkung beim immunsupprimierten Patienten.

Andere Beispiele sind die Behandlung extrahe- patischer Erkrankungen, die durch eine Virus- hepatitis bedingt sein können. Hierzu gehören Panarteriitis nodosa, membranoproliferative Glomerulonephritis und die gemischte Kryoglobulinämie. Bei diesen Patienten ist oft die Senkung der Virusreplikation für die klini- sche Beschwerdesymptomatik entscheidend (ei- gene unpublizierte Befunde). Die Erfahrungen mit den neuen Nukleosidanaloga könnten somit therapeutische Perspektiven über den Trans- plantationsbereich hinaus eröffnen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-3232-3238 [Heft 46]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Michael P. Manns Direktor der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie

Zentrum Innere Medizin

Medizinische Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Straße 8 30623 Hannover

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