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Archiv "Phäochromozytom: Klinik, Diagnostik und Therapie" (28.09.2001)

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A

A2502 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 39½½28. September 2001

D

er Begriff „Phäochromozytom“

geht auf den Berliner Patholo- gen Ludwig Pick (1868 – 1944) zurück, der Bezug auf die dunkelbrau- ne Farbe der Zellen bei Kontakt mit Chromsalzen nimmt (27). Dieses chrom- affine Gewebe findet sich vor allem im Nebennierenmark, aber auch extra- adrenal entlang des sympathischen Grenzstrangs, in den Karotiskörper- chen, sowie im Zuckerkandlschen Or- gan.

Entsprechend sind Phäochromozy- tome zu 85 bis 90 Prozent im Neben- nierenmark (intraadrenal) und zu cir- ca 10 bis 15 Prozent (bei Kindern bis zu 35 Prozent) in den Ganglien des sympathischen Nervensystems (ex- traadrenal) lokalisiert (21). Die von den extraadrenalen chromaffinen Zel- len ausgehenden Tumoren bezeichnet man als Paragangliome. Ein bilatera- les Auftreten findet sich in zehn Pro- zent der Fälle, bevorzugt bei Kindern und familiär gehäuft auftretenden Tu- moren.

Phäochromozytome entstammen Zellen neuroektodermalen Ursprungs.

Diese Zellen werden auch in Hypo- physe, Schilddrüse, Pankreas oder Lunge gefunden. Charakterisiert sind diese zumeist benignen Nebennieren- tumoren durch eine Überproduktion von Katecholaminen.

Eine exakte Inzidenzangabe dieser Tumoren ist nicht möglich. Die Häu- figkeit des Auftretens liegt bei ein bis zwei Fällen pro 100 000 Einwohnern.

Die Prävalenz bei Patienten mit dau- erhafter Hypertonie liegt bei 0,1 bis 0,3 Prozent (3, 34).

Das Phäochromozytom kann ent- weder sporadisch oder familiär auftre- ten. Die Mehrzahl der Phäochromozy- tome (circa 90 Prozent) sind sporadi- scher Natur. Die Koinzidenz von Phäochromozytomen mit anderen en- dokrinen Tumoren wurde 1932 erst- malig von Eisenberg und Wallerstein erwähnt (6), Glushien et al. entdeck-

ten 1953 eine meist familiäre Häufung der Erkrankung im Rahmen von Phakomatosen wie Neurofibromato- se Typ 1 (M. Recklinghausen), tuberö- ser Sklerose, Sturge-Weber- und be- sonders dem von-Hippel-Lindau-Syn- drom (VHLS) (14).

Eine familiäre Häufung besteht darüber hinaus besonders bei der mul- tiplen endokrinen Neoplasie (MEN) Typ 2. Es kommen aber auch familiär gehäufte Phäochromozytome ohne weitere Begleittumoren vor. Der hier zugrunde liegende genetische Defekt ist nicht bekannt.

Die Entartungsrate des Phäochro- mozytoms liegt bei insgesamt 15 bis 25 Prozent, bezogen auf extraadrenale Tumoren bei 29 bis 40 Prozent (26, 39).

Eine Tendenz zu maligner Entartung findet sich bei niedrigem Manifestati- onsalter, weiblichem Geschlecht, Tu- moren mit einer Größe von mehr als 5 cm sowie extraadrenaler Manifestati- on. Als Malignitätskriterien gelten lo- kal invasives Wachstum sowie Metasta- sierung an Orten, die ursprünglich frei von chromaffinem Gewebe sind (26).

Phäochromozytom

Klinik, Diagnostik und Therapie

Jochen Mundschenk

1

, Klaus D. Dieterich

1

,

Daniel Kopf

1

, Wolfgang Höppner

2

, Hendrik Lehnert

1

Zusammenfassung

Phäochromozytome sind in den meisten Fällen benigne adrenomedulläre Tumoren, die ver- mehrt die Katecholamine Adrenalin und Norad- renalin produzieren. Das Leitsymptom ist eine schwere Hypertonie in Kombination mit Kopf- schmerz, Schwitzen und Tachykardie. Die Be- stimmung von Normetanephrin/Metanephrin im Plasma und der Katecholamine im Urin be- sitzt die höchste Sensitivität der laborchemi- schen Verfahren. Phäochromozytome können sowohl sporadisch als auch familiär auftreten, wobei die Mehrzahl sporadischer Natur ist. Eine familiäre Häufung findet sich im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) Typ 2, dem von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHLS) und bei Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (Mor- bus Recklinghausen). Bei diesen hereditären Erkrankungen empfiehlt sich grundsätzlich eine

in früher Kindheit durchzuführende molekular- genetische diagnostische Abklärung sowie eine humangenetische Beratung. Der Tumor sollte möglichst laparoskopisch entfernt werden.

Beim malignen Phäochromozytom kann das Tu- morgewebe mit einer 131Jod-Therapie reduziert werden.

Schlüsselwörter: Phäochromozytom, MEN, von- Hippel-Lindau-Erkrankung, Neurofibromatose

Summary

Pheochromocytoma – Clinic, Diagnosis and Therapy

Pheochromocytomas are mostly benign adreno- medullary tumours and are characterized by an oversecretion of the catecholamines norepi- nephrine and epinephrine. They are characteriz-

ed by a severe hypotension, headache, sweating, and tachycardia. The determinations of normeta- nephrine/metanephrine in plasma and of cate- cholamins in urine are the most sensitive diagno- stic tools. Pheochromocytomas appear as single tumours as well as in association with hereditary familial diseases such as multiple endocrine neoplasia (MEN) type-2, von-Hippel- Lindau-disease and neurofibromatosis type 1.

However, most of the pheochromocytomas appear as sporadic tumours. In the case of a hereditary disease a molecular genetic analysis in early childhood as well as genetic counseling is strongly recommended. The tumour should be removed laparoscopically. Malignant pheo- chromocytomas can be reduced with 131Iodine therapy.

Key words: pheochromocytoma, MEN, von- Hippel-Lindau-disease, neurofibromatosis

1Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten, Zentrum für Innere Medizin (Direktor: Prof. Dr. med. Hen- drik Lehnert), Universitätsklinikum Magdeburg

2Abteilung für molekulare Diagnostik, Institut für Hor- mon- und Fortpflanzungsforschung (Direktor: Prof. Dr.

med. Freimut A. Leidenberger) der Universität Hamburg

(2)

Pathogenetische Aspekte

Die Pathogenese der sporadischen Tu- moren ist bisher noch weitgehend unge- klärt. Phäochromozytome besitzen Re- zeptoren für zahlreiche Wachstumsfak- toren, unter anderem für IGF-1 und IGF-2. Weiterhin werden Somatosta- tin-Rezeptoren, vor allem die Subtypen SST 2A, SST 3 und SST 4 exprimiert (9, 28). Bei einigen dieser Tumoren wur- den mutierte Allele in der chromoso- malen Region 1p gefunden, verbunden mit einem Verlust der Heterozygotie (Loss Of Heterozygosity). Es ist denk- bar, dass solche durch Mutationen be- dingten Allelverluste Loci von Tumor- suppressorgenen betreffen und so eine Rolle bei der malignen Entartung des Tumors spielen. Weitere Allelverluste wurden auf den Chromosomen 1p, 3p, 17p, 22q und 23p gefunden (16, 20, 21).

Eine besondere Bedeutung im Rah- men familiärer Tumorformen kommt der multiplen endokrinen Neoplasie 2 (MEN 2) (1, 17, 25, 29) zu. Bei der MEN 2 treten autosomal dominant vererbte Neoplasien in verschiedenen endokri- nen Organen auf. Charakteristisch für MEN 2 ist das Auftreten eines me- dullären Schilddrüsenkarzinoms als Signaltumor. Das durchschnittliche Al- ter zum Zeitpunkt der Diagnose liegt zwischen der dritten und vierten Le- bensdekade. Ursache für diese Erkran- kung sind verschiedene Mutationen des ret-Protoonkogens auf Chromosom 10q11.2, einem für Wachstums- und Differenzierungsvorgänge relevanten Protoonkogen, dessen Genprodukt ein Tyrosinkinase-Rezeptor mit Tyrosin- kinase-Aktivität ist. Tierexperimentell konnte gezeigt werden, dass eine er- höhte Aktivität der Tyrosinkinase die Zellproliferation sowie die Differenzie- rung und Migration von Zellen aus der Neuralleiste stimuliert. Als physiologi- sche, stimulierende Liganden wurden der glial cell line-derived neurotrophic factor (GDNF) und Neurturin (NTN) identifiziert (4, 36).

Das RET-Protein bildet in Gegen- wart des Liganden GDNF einen Kom- plex mit einem weiteren Protein, dem GDNFa-1-Rezeptor (GFRA1). In die- sem Komplex liegen sowohl das RET- Protein als auch der GDNFa-Rezeptor zweifach vor. In entsprechender Form

wird für die Bindung von NTN als Kore- zeptor GFRA2 benötigt. Diese für Ty- rosinkinase-Rezeptoren typische Dime- risierung ist unter anderem Vorausset- zung für die Autophosphorylierung und die anschließende Übertragung des intrazellulären Signals. Bei der Dimeri- sierung der Rezeptoren sind Cystein- reste der extrazellulären cysteinreichen Domäne beteiligt. Durch verschiedene Mutationen im ret-Protoonkogen kommt es zu einer permanenten ligandenunab- hängigen konstitutiven Aktivierung des Rezeptors. Ein defektes Allel bezie- hungsweise ein mutationstragendes ret- Protoonkogen ist ausreichend, um zum

Phänotyp der Erkrankung zu führen (autosomal dominanter Erbgang).

Klinisch lassen sich bei einer MEN- 2-Erkrankung zwei Subtypen unter- scheiden. Der Typ MEN-2a (Häufigkeit circa 90 Prozent aller MEN-2-Formen) umfasst das medulläre Schilddrüsen- karzinom als Leittumor, uni- oder bila- terale Phäochromozytome (Häufigkeit des Auftretens 50 bis 60 Prozent), sowie einen primären Hyperparathyreoidis- mus bedingt durch eine Nebenschild- drüsenhyperplasie oder durch ein Ne- benschilddrüsenadenom (20 bis 30 Pro- zent). Der jeweilige Phänotyp und die Verlaufsform der Erkrankung insbe- sondere im Hinblick auf das medulläre Schilddrüsenkarzinom korrelieren mit dem spezifischen Mutationsort auf dem ret-Protoonkogen.

Weltweit finden sich bei MEN 2 in 90 Prozent, in Deutschland bei 99 Pro- zent aller bekannten Familien Muta- tionen im ret-Protoonkogen. Diese Mutationen liegen bei der MEN 2a in 85 Prozent der Fälle in der cysteinrei- chen Region des Exons 10 auf den Co- dons 609, 611, 618, 620 sowie des Exons 11 auf Codon 634. 66 Prozent der Patienten mit MEN 2a weisen letztgenannte Mutation auf. Phänoty- pisch zeigt sich hier eine hohe Wahr- scheinlichkeit, an einem Phäochromo- zytom zu erkranken.

Eine Sonderstellung für den Verlauf der Erkrankung scheinen die seltenen Mutationen in der intrazellulären TK1- Domäne des RET-Rezeptors einzuneh- men (Exon 13: Codon 768 und 804;

Exon 14: Codon 844). Meist treten nur medulläre Schilddrüsenkarzinome auf (FMTC, familial medullary thyroid car- cinoma), deren klinischer Verlauf in der Regel milde ist. Phäochromozytome kommen dabei nicht oder selten vor. Ei- ne Ausnahme stellen offenbar die Mu- tationen in den Codons 790 und 791 (Exon 13) (Häufigkeit circa acht Pro- zent) dar. Medulläre Schilddrüsenkarzi- nome kommen in diesen Fällen mit ei- ner Penetranz von deutlich weniger als 100 Prozent vor, wo hingegen in einigen Fällen Phäochromozytome als erste Manifestation auftreten (29).

Der seltenere Subtyp MEN 2b ist in bis zu zehn Prozent aller MEN-2-Famili- en zu finden. Leitsymptom ist die Gang- lioneuromatose, die zu 100 Prozent vor- kommt und von den Lippen bis zum Rectum lokalisiert sein kann (5). Die frühe Manifestation eines medullären Schilddrüsenkarzinoms (Häufigkeit 60 bis 80 Prozent) ist charakteristisch. Da- neben finden sich Skelettveränderun- gen in Form eines marfanoiden Habitus in 80 Prozent der Fälle. In circa 60 Pro- zent der MEN-2b-Familien liegt eine Neumutation vor. In 95 Prozent der Fäl- le kommt es auf der Tyrosinkinase- Domäne des Exons 16 auf Codon 918 zu einem Aminosäureaustausch von Methionin zu Threonin. In drei bis fünf Prozent finden sich Veränderungen auf Codon 883 (Exon 15) und Codon 922 (Exon 16).

Beim von-Hippel-Lindau-Syndrom handelt es sich um eine hereditäre Erkrankung mit einer Inzidenz von

´ Tabelle 1CC´

Häufigkeit der Symptome beim Phäochromozytom

Symptome Häufigkeit (in %)

Hypertonie 90

– davon Dauerhypertonie 50–60 – davon intermittierende

Hypertonie 40–50

Kopfschmerzen 70–90

Schwitzen 60–70

Tachykardien 50–70

Tremor 40–50

Nervosität 35–40

Gewichtsverlust 30–60

Blässe 30–60

Pektanginöse Beschwerden 20–50

Übelkeit 15–40

Schwäche 5–20

(3)

1:35 000 bis 1:40 000, bei der klinisch das Auftreten einer Vielzahl von Läsio- nen imponiert. Charakteristisch sind zerebelläre Tumoren (Lindau-Tumo- ren), daneben Hämangioblastome, reti- nale Angiomatosis, Nierenzellkarzino- me, Zysten in verschiedenen parenchy- matösen Organen (Nieren, Pankreas, Nebenhoden) und Phäochromozytome mit einer Häufigkeit von etwa 15 bis 25 Prozent (Vorkommen nur bei VHLS Typ 2; kommt ein Phäochromozytom innerhalb der Erkrankung nicht vor, be- zeichnet man das VHLS als Typ 1). Das VHL-Tumorsuppressorgen ist in der chromosomalen Region 3p25-26 lokali- siert, wodurch ebenfalls eine moleku- largenetischer Nachweis möglich ist (10, 13).

Bei der Neurofibromatose (NF) Typ 1, dem klassischem Morbus Reck- linghausen, entwickelt sich ein Phäo- chromozytom in etwa ein bis zwei Pro- zent der Fälle. Auch hier ist die Ursache der Erkrankung eine Mutation des NF-1- Gens, das auf dem Chromosom 17q11-12 lokalisiert und als ein Tumorsuppressor- gen anzusehen ist (40). Umgekehrt findet sich bei fünf bis acht Prozent der Patien- ten mit Phäochromozytom eine Neurofi- bromatose.

Kürzlich wurden auch bei Patienten mit einem sporadischen Phäochromo- zytom Mutationen von SDHD, einem mitochondrialen Komplex-2-Gen, ge- funden (12). Zuvor wurden diese Keim- bahnmutationen bei hereditärem Para- gangliom beschrieben.

Klinische Symptome

In den meisten Fällen ist die Verdachts- diagnose bei offensichtlichen Sympto- men naheliegend. Im Vordergrund ste- hen Hypertonie (90 Prozent), Kopf- schmerzen (70 Prozent), Schweißaus- brüche (60 bis 70 Prozent) und Palpita- tionen (50 bis 70 Prozent). Es gibt je- doch auch immer wieder Fälle von kli- nisch sehr kryptisch verlaufenden Phäo- chromozytomen.

Das Leitsymptom des Phäochromo- zytoms ist meistens eine schwere Hy- pertonie. In etwa 50 bis 60 Prozent der Fälle handelt es sich dabei um eine Dauerhypertonie, eine intermittieren- de Hypertonie findet sich zu 40 bis 50

Prozent. Normotone Verläufe bei Pati- enten mit Phäochromozytom sind sel- ten.

Die typische Triade von Beschwerden (Kopfschmerzen, Schwitzen, Tachykar- dien) bei gleichzeitig bestehendem Hochdruck besitzt eine diagnostische Sensitivität für ein Phäochromozytom von nahezu 90 Prozent. Die Spezifität dieser Symptomatik liegt zwischen 60 und 70 Prozent. Bei intermittierendem Hochdruck kann es zu sehr langen sym- ptomlosen Intervallen mit krisenhaften Blutdruckanstiegen mit einer Dauer von bis zu 15 Minuten kommen.

Manifestationen und Sekundärkom- plikationen, die auf das Vorliegen eines Phäochromozytoms hinweisen, sind:

❃Vorliegen einer ungewöhnlich schweren Retinopathie bei Hypertonie,

❃therapierefraktäre Hypertonie,

❃paradoxe Blutdruckanstiege unter antihypertensiver Therapie, besonders unter Beta-Blockern,

❃Manifestationen eines Hochdrucks unter Therapie mit trizyklischen Anti- depressiva oder eine schwere sympto- matische Hypotonie bei Therapie mit a-Blockern.

Grundsätzlich aber muss bei allen Patienten mit einer schwer einstellba- ren Hypertonie an ein Phäochromozy- tom gedacht werden. Differenzialdia- gnostisch müssen von einem Phäochro- mozytom eine Hyperthyreose, Angst- erkrankungen (Panikattacken), eine Therapie mit Monoaminoxidase-Hem- mern (Tyramin-Effekt), Kopfschmer- zen anderer Genese, eine Alkoholent- zugssymptomatik sowie auch das ab- rupte Absetzen einer Clonidin Thera- pie abgegrenzt werden.

Andere sekundäre Hypertoniefor- men wie Nierenarterienstenose, Hyper- cortisolismus oder Conn-Syndrom müs- sen in Betracht gezogen und abgeklärt werden (20) (Tabelle 1).

Diagnostik

Biochemische Diagnostik

Als Screeningverfahren mit einer hohen Sensitivität von je nach Studie 85 bis 95 Prozent wird die Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im 24- Stunden-Urin eingesetzt (8, 15, 19, 20)

(Grafik). Diese Untersuchung sollte nach Möglichkeit zweimal durchgeführt werden. Die Bestimmung der basalen Katecholaminkonzentration im Plasma ist als Screeningverfahren nicht von Be- deutung. Lediglich ein Noradrenalin- Ruhewert von über 2 000 ng/l ist ein ein- deutiger Hinweis auf ein Phäochromo- zytom. Bei einem positiven Ergebnis des Screeningverfahrens, insbesondere aber bei Grenzwerten, wird zur Bestäti- gung der Diagnose ein dynamisches Testverfahren angewendet. Dabei wird der so genannte Clonidintest als Sup- pressionstest durchgeführt. Clonidin ist ein zentral wirksamer präsynaptischer a-2-Agonist, der unter physiologischen Bedingungen zu einem Abfall der sym- pathikoton vermittelten Katecholamin- freisetzung in der Peripherie führt. Nach Abnahme eines Ruhewerts werden 300 µg Clonidin oral appliziert und nach ei- ner Ruhezeit von 180 Minuten wird eine erneute Blutentnahme durchgeführt.

Bei Patienten mit einem Phäochromo- zytom kommt es zu keiner Abnahme der Katecholaminsekretion im Plasma, während dies bei Normalpersonen in der Regel der Fall ist.

Aktuelle Daten weisen auch auf eine große prädiktive Bedeutung der Be- stimmung der Plasma-Metanephrine unter Ruhebedingungen (Abnahme 15 Minuten nach Legen einer Flexüle) beim liegenden Patienten hin (7, 8). Die Sensitivität der Messung für Normeta- nephrin beziehungsweise Metanephrin im Plasma lag in einer aktuellen Unter- suchung bei 97 Prozent (8).

Eine weitere diagnostische Hilfe ist die Bestimmung von Chromogranin A, das mit einer Sensitivität von 85 Pro- zent bei den Patienten ebenfalls erhöht ist. Die Spezifität liegt aber nur bei 74 Prozent, da auch andere neuroendokri- ne Tumoren Chromogranin A produ- zieren können.

Ein selektiver Venenkatheter mit seitengetrennter Blutentnahme zur Ka- techolaminbestimmung unter anderem aus den Nebennierenvenen ist bei nega- tivem MIBG-Szintigramm (in circa 10 bis 15 Prozent der Fälle ist ein falsch ne- gativer Befund möglich) und/oder un- zureichendem respektive nicht eindeu- tigem CT oder MRT indiziert.

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei der Bestimmung der Katechol- A

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amine eine Reihe von Medikamenten mit den Testergebnissen interferieren.

So beobachtet man erhöhte Katechol- aminwerte bei Einnahme von Methyl- dopa, L-Dopa, Theophyllin, Tetrazykli- nen und auch Alkohol sowie bei einem Clonidinentzug. Erniedrigte Konzen- trationen finden sich bei Reserpin und Alpha-Methylparatyrosin. Diuretika, Calciumanatgonisten, ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Antagonisten be- einflussen die Testergebnisse nur ge- ring. Grundsätzlich sollte man eine an- tihypertensive Therapie bis auf die zu- letzt genannten Stoffklassen möglichst über einen Zeitraum von 14 Tagen ver- meiden.

Zusammenfassend kann festgehal- ten werden, dass die Bestimmung von Normetanephrin/Metanephrin im Plas- ma sowie der Katecholamine im Urin unter Berücksichtigung einer adäqua-

ten antihypertensiven Medikation die höchste Sensitivität unter den laborche- mischen Verfahren besitzen. Der Clo- nidintest zeigt vor allem für grenzwerti- ge Befunde eine hohe Spezifität.

Molekulargenetische Diagnostik Aufgrund der Identifizierung des ver- antwortlichen Onkogens mit Nachweis der spezifischen Mutationen bei einer MEN, können Genträger durch eine DNA-Analyse genetisch eindeutig iden- tifiziert werden (25, 29), sodass aufwen- dige jährliche Kontrolluntersuchungen bei Nichtbetroffenen entfallen können.

Da das Phäochromozytom in circa 15 Prozent der Fälle als Erstmanifestation einer MEN-2-Erkrankung auftreten kann, sollte auf jeden Fall eine moleku- largenetische Untersuchung im Rahmen eines Familienscreening bei Patienten

mit Phäochromozytomen erfolgen. Da- her ist nach heutigem Erkenntnisstand bei jedem Phäochromozytompatienten und jedem vermeintlich sporadischen medullären Schilddrüsenkarzinom eine molekulargenetische Diagnostik und humangenetische Beratung hinsichtlich einer MEN-2-Erkrankung dringend in- diziert. Bei auffälliger Familienanam- nese sollte jede MEN-assoziierte Er- krankung eine Indikation für eine gene- tische Diagnostik darstellen.

Aufgrund des frühen Auftretens me- dullärer Schilddrüsenkarzinome im Rah- men des MEN-2-Syndroms ist eine mo- lekulargenetische Untersuchung vor dem fünften Lebensjahr erforderlich.

Bei der wesentlich selteneren, aber ag- gressiveren Form im Rahmen einer MEN 2b, sollte diese innerhalb betroffe- ner Familien so früh wie möglich, am be- sten schon im ersten Lebensjahr erfol- Grafik

Vorgehensweise für Diagnostik und Therapie

(5)

gen. Dem von-Hippel-Lindau-Syndrom liegt eine Mutation auf einem Tumor- suppressorgen zugrunde, welches dem Chromosom 3p25 zugeordnet werden kann. Der für VHLS codierende Ab- schnitt umfasst 3 Exons. In circa 20 Pro- zent der VHL-Familien findet sich we- der eine Deletion noch eine Mutation, circa 27 Prozent der Familien weisen Missense-Mutationen (hierdurch Ein- bau einer anderen Aminosäure), eben- falls circa 27 Prozent, Nonsense-Muta- tionen (resultiert in Stoppkodon und da- durch verkürztem Protein) und circa 20 Prozent größere Keimbahnmutationen auf. Beim Typ 2 (Vorliegen eines Phäochromozytoms) überwiegen Mis- sense-Mutationen. (10).

Lokalisationsdiagnostik

Die Darstellung des Nebennierenmarks und seinen Tumoren erfolgt mithilfe konventioneller radiologischer und spe- zifischer szintigraphischer Verfahren.

Hierzu stehen grundsätzlich folgende bildgebende Methoden zur Verfügung (Grafik):

❃Sonographie,

❃Computertomographie (CT),

❃Magnetresonanztomographie (MRT),

123J-Methyljodobenzylguanidin- (MIBG-)Szintigraphie,

❃Octreotide-Szintigraphie.

Als bildgebende Untersuchungen sind vor allem die Computertomographie mit einer Sensitivität von 95 Prozent ab einer Tumorgröße von mehr als 1 cm sowie die MIBG-Szintigraphie von Bedeutung (32, 33). Die Vorteile der Magnetresonanzto- mographie (MRT) liegen gegenüber dem CT in einer möglichen Anwendung auch bei Schwangeren, dem Verzicht auf Kontrastmittel sowie einer gewissen Dif- ferenzierung (Adenom/Karzinom/Meta- stasen) adrenaler Tumoren (38). Die Sensitivität liegt bei circa 90 Prozent (höher bei intraadrenaler, niedriger bei extraadrenaler Lokalisation), die Spezi- fität bei 70 bis 80 Prozent (35, 37). Die Bedeutung der Sonographie liegt vor al- lem in der raschen Verfügbarkeit und ihrem Einsatz als Screeningverfahren.

Für die MIBG-Szintigraphie wird heute wegen der hohen Gammastrahlen- emission vorwiegend 123Jod-markiertes MIBG verwendet, zumal hierbei auch

10 mCi, mit einer Strahlenbelastung ver- gleichbar 0,5 mCI 131Jod-MIBG, appli- ziert werden können. Da etwa zehn Pro- zent aller Phäochromozytome des Er- wachsenen und circa 35 Prozent der Phäochromozytome bei Kindern primär extraadrenal liegen, muss eine Szintigra- phie obligat durchgeführt werden. Die szintigraphische Methode ist zudem außerordentlich effizient in der Nachsor- ge zur Erfassung von Rezidiven und Me- tastasen bei einem malignen Phäochro- mozytom.

MIBG wird von den peripheren sym- pathischen Nervenendigungen und dem Nebennierenmark über einen spezifi- schen und hochaffinen sowie ATP-und Natrium-abhängigen Typ-1-Carrier auf- genommen. Im Nebennierenmark sowie in Phäochromozytomen wird ein signifi- kanter Anteil des MIBG auch in das in- travesikuläre Kompartment transpor- tiert. Daneben besteht ein nichtspezifi- scher energieunabhängiger Aufnahme- prozess über Diffusion. Dieser unspezifi- sche Aufnahmemechanismus ist verant- wortlich für die dabei beobachtete Hin- tergrundaktivität.

Bei der Szintigraphie ist es sehr wich- tig, die thyreoidale Aufnahme des freien

123Jod zu verhindern. Diese geschieht ge- wöhnlich durch eine einwöchige Thera- pie mit Perchlorat (Beginn der Gabe: ein bis zwei Tage vor MIBG-Applikation, dann Fortführung für circa sechs Tage nach Applikation).

Beim Erwachsenen werden etwa 3 bis 10 mCi 123Jod-MIBG intravenös appli- ziert, anschließend erfolgen Ganzkör- peraufnahmen nach 6 h, 24 h und 30 h.

Nach 24 h sind 55 Prozent und nach vier Tagen 90 Prozent der injizierten Radio- aktivität renal eliminiert.

Neben der MIBG-Diagnostik besteht die Möglichkeit der Szintigraphie mit

111Indium-markiertem Octreotid, einem langwirksamen Somatostatinanalogon, welches besonders in der Diagnostik zahlreicher endokriner Tumoren (neu- roendokrine Pankreastumoren, Karzi- noide, Gastrinome, medulläre Schilddrü- senkarzinome) verwendet wird (17). Da manche malignen Phäochromozytome aufgrund von Entdifferenzierungen MIBG-negativ sind, wird zur Detektion und Therapieplanung die Octreotid- Szintigraphie zunehmend eingesetzt. Zu- sammenfassend kann festgestellt wer-

den, dass für die bildgebende Diagnostik obligat ein Schnittbildverfahren (CT oder MR) und die MIBG-Szintigraphie durchgeführt werden. Für die OP-Pla- nung ist dabei ein CT oder MR sicher un- verzichtbar. Die Octreotid-Szintigraphie erfolgt fakultativ.

Therapie

Die Therapie der Wahl ist die chirurgi- sche, möglichst laparoskopische, Entfer- nung des Tumors (24). Dabei ist zu be- denken, dass diese Operation erst dann durchgeführt werden kann, wenn eine ausreichend lange und suffiziente medi- kamentöse Therapie mit a-Blockern er- folgt ist. Die wesentlichen Behandlungs- ziele sind die Behandlung und Präventi- on hypertensiver Krisen, die präoperati- ve Blutdruckkontrolle, postoperativ die Verhinderung eines drastischen Blut- druckabfalls durch Hypovolämie respek- tive infolge desensibilisierter adrenerger Rezeptoren. Mittel der Wahl ist Phen- oxybenzamin, ein irreversibler nicht- selektiver a-Rezeptor-Antagonist, der über die Blockade vor allem von a1-ad- renergen Rezeptoren die Katecholamin- induzierte Vasokonstriktion aufhebt und zur Vasodilation der Arteriolen und Ve- nen führt. Die Dosierung erfolgt ein- schleichend über 14 Tage mit initial zwei- mal 10 mg/die, Steigerungen sollten un- ter engmaschiger Blutdruckkontrolle mit 10 mg/die bis zu einer Dosis von 150 mg/die, verteilt auf vier tägliche Gaben, vorgenommen werden.

An Nebenwirkungen können Tachy- kardie, orthostatische Hypotonie, Mio- sis, gastrointestinale Beschwerden und eine verstopfte Nase auftreten. Eine An- schwellung der Nasenschleimhaut gilt dabei als Hinweis auf eine effektiv durch- geführte a-Rezeptoren-Blockade.

Alternativ kann Prazosin eingesetzt werden. Prazosin ist selektiv wirksam an a1-Rezeptoren, wirkt an der glatten Ge- fäßmuskulatur vasodilatierend und zeigt keine Reflextachykardie. Die Dosierung ist einschleichend mit 0,5 mg abends vor- zunehmen und kann bis auf 20 mg/die ge- steigert werden.

Es gibt nur wenige Indikationen für die Gabe eines b-Rezeptorenblockers wie zum Beispiel Propranolol. Eine b- Blockade darf nur nach ausreichend lan- A

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ger Applikation eines a-Rezeptoren- blockers eingeleitet werden, da es auf- grund der „Demaskierung“ von a-Re- zeptoren bei Blockade peripherer vaso- dilatorischer b-Rezeptoren zu einem ausgeprägten paradoxen Blutdruckan- stieg kommen kann. Die zumeist benötigte Tagesdosis für zum Beispiel Propranolol liegt bei drei- bis viermal 10 mg (22).

Ein weiteres Medikament, das vor al- lem bei der Dauerbehandlung bei in- operablem beziehungsweise malignem Phäochromozytom eingesetzt wird, ist a-Methylparatyrosin, welches die Tyro- sin-Hydroxylase zu mehr als 90 Prozent kompetitiv inhibiert. Dieses Medika- ment wird in einer Dosis von 1 bis 4 g pro Tag verabreicht und führt zu einem etwa 50- bis 80-prozentigen Abfall der Kate- cholaminsynthese und in einem ähnlich hohen Prozentsatz zu einer Normalisie- rung der Blutdruckwerte. Die wichtigste Nebenwirkung ist eine Sedation.

Bei vielen Patienten treten unabhän- gig von der kompletten a-Rezeptor- blockade intraoperativ Blutdruckspitzen mit systolischen Werten über 200 mm Hg auf. Gründe dafür sind die durch Anästhesie und Operation ausgelöste Aktivierung des sympathischen Nerven- systems sowie die direkte Manipulation am Tumor. Diese intraoperativen Episo- den können sehr gut durch Applikation von 2 bis 5 mg Phentolamin i.v. oder durch Nitroprussid-Natrium (0,5 bis 10 µg/kg/min) kontrolliert werden.

Nach der Entfernung des Tumors und mit Ausschaltung der venösen Drainage tritt häufig eine Hypotonie als Folge der abrupt verminderten Katecholaminse- kretion auf. Die Behandlung besteht hier in einer raschen Auffüllung des Plasmavolumens durch physiologische Kochsalzlösung und kolloidhaltige Lö- sungen.

Eine persistierende Hypertonie weist vor allem auf einen Resttumor und/oder Metastasen, eine vorbestehende essenzi- elle Hypertonie oder eine Hypertonie aufgrund struktureller Gefäßwandadap- tationen bei lang bestehendem Phäo- chromozytom hin.

In einer hypertensiven Krisensituati- on können Nitroprussid-Natrium, begin- nend mit 0,5 bis 1,5 mg/kg/min oder Ura- pidil (10 bis 30 mg/h) verabreicht werden (Tabelle 2).

Das maligne Phäochromozytom ist eine der schwersten Komplikationen bei dieser Tumorerkrankung (26). Eine Entartung findet sich bei circa 10 bis 15 Prozent aller Patienten mit einem Phäo- chromozytom. Wichtigstes Malignitäts- kriterium sind Metastasen in Organen, die frei von chromaffinem Gewebe sind.

Häufigster Metastasierungsort ist das Skelettsystem (circa 45 Prozent), gefolgt von Leber (circa 35 Prozent), Lymph- knoten (circa 35 Prozent), ZNS (circa 10 Prozent), Pleura und den Nieren (circa 5 Prozent). Die mittlere Überlebenszeit eines Patienten mit einem malignen Phäochromozytom liegt postoperativ bei etwa 5,5 Jahren, wobei Verläufe zwi- schen einem Monat und 17 Jahren mit- geteilt wurden.

Das symptomatisch orientierte The- rapieprinzip beruht auf einer Reduktion des Tumorgewebes durch operative, ra- diotherapeutische und chemotherapeu- tische Maßnahmen und auf der Blocka- de der endokrinen Aktivität des nicht- operablen Tumors oder vorhandener Metastasen. Postoperativ steht die The- rapie mit 131Jod-MIBG an erster Stelle, dabei muss das szintigraphische Spei- cherverhalten des Tumors berücksich- tigt werden. Da das Radionuklid-Up- take des Tumorgewebes hoch ist, können Dosen zwischen 80 und 250 mCi als Ein- zeldosen mit einer kumulativen Dosis von 800 bis 2 000 mCi gegeben werden.

Kriterien für eine 131Jod-MIBG-Be- handlung sind:

❃keine Behandlungsmöglichkeit mit anderen Maßnahmen, insbesondere nach Ausschöpfung aller operativen Möglichkeiten,

❃erwartete Überlebenswahrschein- lichkeit ohne Therapie von mindestens einem Jahr,

❃sehr gute Aufnahme des Tracer, so- dass mindestens 20 rad/mCi appliziert werden können,

❃Tracer-Aufnahmen möglichst aller bekannten Tumoren.

Nach bisherigem Kenntnisstand ist bei etwa 40 bis 50 Prozent aller Patienten, die sich einer MIBG-Therapie unterzogen, eine partielle Tumorverkleinerung oder eine deutliche Reduktion der Katechol- aminfreisetzung zu erwarten (23).

Eine Vollremission unter dieser The- rapie wurde bisher nicht beschrieben.

An Nebenwirkungen werden Panzyto- penie, daneben auch Hypothyreose und Nebenniereninsuffizienz beobachtet.

Neben der radiotherapeutischen Be- handlung besteht auch die Möglich- keit einer externen Strahlentherapie

von Skelettmetastasen zur Stabilisierung und Prävention pathologischer Fraktu- ren.

Bei fehlender oder inadäquater Spei- cherung des Radionuklids muss die In- dikation für den Einsatz einer zytostati- schen Behandlung gestellt werden. Dar- über hinaus sollte chemotherapeutisch behandelt werden, wenn trotz nachge- wiesener Speicherung die Gabe von

131Jod-MIBG nicht zu einer wenigstens partiellen Remission nach Applikation von fünf bis sechs Therapiezyklen ge- führt hat (26).

Chemotherapeutisch kann bei fortge- schrittenen metastasierenden Tumoren das so genannte „Averbuch-Schema“, die Gabe von Cyclophosphamid, Vincri- stin und Dacarbazin, eingesetzt werden (2).

Diese Therapie besitzt eine große Bedeutung in der Behandlung des an- sonsten therapierefraktären malignen Phäochromozytoms und sollte nach Ausschöpfen der anderen Therapiemo-

´ Tabelle 2CC´

Präoperative medikamentöse Behandlung des Phäochromozytoms

Behandlungsziel Medikamentöse Maßnahme

Präoperative Blutdruckkontrolle Phenoxybenzamin, Prazosin, Labetalol, a-Methyl- paratyrosin, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer Behandlung und Prävention Phentolamin, Natriumnitroprussid, Calcium- hypertensiver Krisen antagonisten

Behandlung und Prävention von b-Rezeptorenblocker (nur nach effektiver Arrhythmien a-Rezeptorblockade), Lidocain, Amiodaron

(7)

A

A2510 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 39½½28. September 2001

dalitäten an einem erfahrenen Zentrum durchgeführt werden.

In der Erprobung ist die Gabe von So- matostatin, das antiproliferative Effekte in der Behandlung zahlreicher neuro- endokriner Tumoren zeigt. Aufgrund der häufigen Expression der Subtypen sst 2A, sst 3 und sst 4 auf das Tumorgewe- be kann eine Behandlung mit langwirksa- men Analoga sinnvoll sein, indiziert ins- besondere dann, wenn operatives Debul- king und die kumulative Dosis der MIBG-Therapie ausgeschöpft sind oder MIBG-negative Tumoren vorliegen.

Nachsorge

Aufgrund der Rezidivgefahr sporadi- scher Phäochromozytome und der Mög- lichkeit der Entwicklung eines malignen Phäochromozytoms ist postoperativ ei- ne systematische Nachsorge zwingend erforderlich. Die Nachsorgeuntersu- chungen sollten postoperativ zunächst in einem Abstand von drei bis sechs Mona- ten und dann einmal jährlich erfolgen.

Im Vordergrund steht dabei die Bestim- mung der Katecholamine im 24-Stun- den-Urin, der Plasma-Metanephrine, Chromogranin A sowie die Durch- führung einer Abdomen-Sonographie.

Im Rahmen einer MEN 2 kommt dem im Pentagastrintest stimulierten Calcito- nin nach Thyreoidektomie eine beson- dere Bedeutung zur Erfassung von Rezi- diven beziehungsweise Spätmetastasen zu. Grundsätzlich ist die enge und inter- disziplinäre Zusammenarbeit der in der Behandlung dieser Erkrankung erfahre- nen Kollegen entscheidende Vorausset- zung für den langfristigen therapeuti- schen Erfolg.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 2502–2510 [Heft 39]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Hendrik Lehnert Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Zentrum für Innere Medizin

Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten Medizinische Fakultät

Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg

E-Mail: hendrik.lehnert@medizin.uni-magdeburg.de

Über eine umfangreiche Metaanalyse, die das relative Risiko, ein kolorektales Karzinom zu entwickeln bei Frauen analysierte, die irgendwann einmal ora- le Kontrazeptiva eingenommen hatten, berichtet eine spanische Forschergrup- pe. Es zeigte sich, dass die „Pille“ das Kolonkarzinomrisiko um 16 bis 19 Pro- zent zu senken vermochte. Über welche Mechanismen dieser protektive Defekt realisiert wird, kann nur spekuliert wer- den. Die Autoren empfehlen trotzdem,

alle Frauen, die orale Kontrazeptiva oder eine postmenopausale Östrogen- substitutionstherapie erhalten, auf die- sen positiven Effekt bezüglich einer Kolonkarzinomprävention hinzuwei-

sen. w

Fernandez E, Vecchia C L, Balducci, A et al.: Oral contra- ceptives and colorectal cancer risk: A metaanalysis. Br J Cancer 2001: 84: 722–727.

Dr. E. Fernandez, Institut Catala d’Oncologia, L’Hospitalet, Avenue Gran Via s/n km 27, 08907 Barcelona, Spanien.

„Pille“ schützt vor Dickdarmkrebs

Referiert

Mycophenolatmofetil verbessert die durch Calcineurin-Inhibitoren verursach- te Nierenfunktionsstörung, den Blut- druck und die Harnsäurekonzentration nach Lebertransplantationen, ist aber als Monotherapie mit einem erhöhten Ab- stoßungsrisiko vergesellschaftet.

Fast alle lebertransplantierten Pati- enten erhalten als immunsuppressive Basistherapie einen der beiden Calci- neurin-Inhibitoren (CNI) Ciclosporin oder Tacrolimus. Aktuelle Studien mit Mycophenolatmofetil an nierentrans- plantierten Patienten deuten darauf hin, dass dieses für T- und B-Lympho- zyten spezifische Immunsuppressivum aufgrund seines andersartigen Neben- wirkungsspektrums sogar Azathioprin überlegen sein könnte. Schlitt et al. von der Medizinischen Hochschule Hanno- ver randomisierten zur Überprüfung der Wirksamkeit von Mycophenolatmo- fetil 28 lebertransplantierte und mit CNI (allein, mit Steroiden oder mit Azathioprin) vorbehandelte Patienten in zwei Gruppen: Innerhalb der Studi- engruppe wurde die bestehende CNI- Therapie sukzessive durch eine Be- handlung mit maximal zweimal 1 000 mg Mycophenolatmofetil täglich ersetzt (Azathioprin, wenn vorhanden, wurde abgesetzt). Die Kontrollgruppe behielt ihre individuellen Therapieschemata bei.

Nach sechs Monaten zeigte sich die verbesserte Nierenfunktion in der Studi- engruppe in erster Linie durch die signi-

fikant größere Senkung der mittleren Kreatinin-Konzentration um 44,4 µmol/l gegenüber 3,1 µmol/l in der Kontroll- gruppe. Zusätzlich konnte auch der Blutdruck und die Harnsäurekonzentra- tion signifikant gesenkt werden. Auf den erhöhten Cholesterin- und Triglycerid- spiegel hatte die Medikation mit Myco- phenolatmofetil keinen Einfluss, viel- mehr litten acht der 14 Studienpatienten an den Nebenwirkungen von Myco- phenolatmofetil: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, Appetitmangel, Pruritus und brüchige Fingernägel. Gra- vierender schien sich jedoch die Ein- buße an immunologischer Sicherheit auszuwirken: Insgesamt zeigten drei der acht Patienten, die Mycophenolatmofe- til allein erhielten, eine akute, reversible Abstoßungsreaktion (die anderen sie- ben Patienten aus dieser Gruppe hatten ihre zusätzliche Steroidmedikation be- halten). Trotz der eindrucksvollen posi- tiven Wirkung im Sinne einer direkten und indirekten Verbesserung bei Nie- renfunktionsstörung ist, so die Autoren, eine Monotherapie mit Mycophenolat- mofetil bei lebertransplantierten Patien- ten noch nicht zu empfehlen. goa Schlitt H J et al.: Replacement of calcineurin inhibitors with mycophenolate mofetile in liver-transplant patients with renal dysfunction: a randomised controlled study. Lancet 2001; 357:587–591.

Hans J. Schlitt, Klinik für Abdominal- und Transplantations- chirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, 30623 Han- nover.

Mycophenolatmofetil nach Lebertransplantationen

Referiert

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