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Archiv "Diagnostik und Therapie der Moyamoya-Erkrankung" (04.05.2001)

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(1)

D

ie Pathogenese des ischämischen Hirninfarkts wird derzeit vorwie- gend durch steno-okklusive Ver- änderungen hirnversorgender Arteri- en auf dem Boden einer Atheroskle- rose bestimmt. Daneben existieren aber auch zahlreiche seltenere zere- brovaskuläre Erkrankungen, sowohl entzündlicher als auch bislang unge- klärter Ätiologie, welche zum Auftre- ten thrombembolischer oder hämody- namischer zerebraler Insulte führen können. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Moyamoya-Erkrankung,

der aufgrund ihrer niedrigen Inzidenz in Europa bislang nur wenig Aufmerk- samkeit zuteil wurde. Pathognomo- nisch für die Moyamoya-Erkrankung ist der spontane und langsame Ver- schluss zerebraler Arterien im Bereich der Hirnbasis, welcher oft nur inkom- plett durch eine Ausbildung „nebel- artiger“ („moyamoya“, japanisch für Nebel, Rauch) pathologischer Kollate- ralgefäße kompensiert werden kann.

Die große Bedeutung dieser Erkran- kung (trotz niedriger Inzidenz) liegt in der Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Form steno-okklusiver Erkran-

kungen handelt, bei der durch früh- zeitige Diagnose und neurochirurgi- sche Intervention eine Heilung erzielt werden kann und damit schwerwie- gende ischämische zerebrale Kompli- kationen vermieden werden.

Epidemiologie

Der Erstbeschreibung der Erkrankung im Jahre 1962 (28) folgten eine Reihe von Berichten aus der gesamten Welt, wobei die meisten Neuerkrankungen bis heute in Japan, China und Korea diagnostiziert werden.

Die Zahl der jährlichen Neu- manifestationen wird für Ja- pan mit circa 400 und mit ei- ner Inzidenz von 0,07 Prozent angegeben (33). In der westli- chen Welt wird die Häufigkeit der Erkrankung wesentlich niedriger beziffert, wobei zu- verlässige epidemiologische Daten nicht verfügbar sind.

Die Tabellezeigt 13 Patienten mit gesicherter Moyamoya- Erkrankung, die in den ver- gangenen drei Jahren in der eigenen Einrichtung behandelt wur- den. Deutlich wird hierbei die typische zweizeitige Inzidenz der Erkrankung im Kindes- (juvenile Form, unter 18 Jahren) und Erwachsenenalter (adulte Form, 30 bis 50 Jahre) mit Dominanz des weiblichen Geschlechts, wobei die klinische Manifestation im Kindesalter meist durch rezidivierende ischämi- sche Episoden und bei Erwachsenen durch spontane intrazerebrale Blutun- gen erfolgt. Sowohl die Altersvertei- lung der Erkrankung als auch deren beschriebene familiäre Häufung lassen seit geraumer Zeit an eine hereditäre beziehungsweise genetische Kompo- nente für das Auftreten von Moya- moya denken. So sind unter ande- rem bei diesen Patienten gehäuft das

Diagnostik und Therapie der

Moyamoya-Erkrankung

Zusammenfassung

Die Moyamoya-Erkrankung, als seltene, progre- diente, stenosierende beziehungsweise okklusi- ve zerebrovaskuläre Krankheit, tritt auch in Deutschland mit ungeklärter Häufigkeit sowohl bei Kindern unter 18 Jahren als auch bei Erwach- senen zwischen 30 und 50 Jahren auf. Bei ent- sprechenden anamnestischen und klinischen Hinweisen sollte insbesondere in diesen Alters- gruppen an Moyamoya gedacht werden. Die Er- krankung wird primär durch eine Fibrosierung der Intima der distalen Karotiden und sekundär durch die Ausbildung von pathognomonischen Kollateralgefäßen bestimmt. Das klinische Bild wird geprägt durch rezidivierende transitorisch ischämische Episoden und unspezifische Sym- ptome, etwa chronische Kopfschmerzen. Nach Diagnosesicherung durch funktionelle Metho- den und bildgebende Verfahren und bei Zeichen der zerebralen hämodynamischen Insuffizienz ist eine gezielte neurochirurgische Revaskulari- sierungsoperation indiziert. Hierdurch können die typischen, oftmals rezidivierenden ischämi- schen zerebralen Insulte vermieden werden, wodurch im weiteren Verlauf die definitive kli- nische Heilung der Erkrankung ermöglicht wird.

Schlüsselwörter: Moyamoya-Erkrankung, ze- rebrale Revaskularisation, zerebraler Blutfluss, Schlaganfall, hämodynamische Insuffizienz

Summary

Diagnosis and Therapy in Moyamoya Disease

Moyamoya disease represents a rare condition, leading to recurrent ischemic stroke due to progressive narrowing and occlusion of basal cranial vessels with secondary specific angio- genesis. Moyamoya may occur among juveniles under 18 as well as among adults between 30 and 50. Specific anamnestic hints and clinical features, for instance, transient ischemic attacks combined with a chronic headache lead to the proper diagnosis which has to be confirmed by functional tests and radiological examinations.

In cases of moyamoya with impaired cerebral hemodynamics definite treatment is possible when applying neurosurgical revascularization procedures.

Key words: moyamoya disease, cerebral revas- cularization, cerebral blood flow, ischemic stroke, hemodynamic compromise

Neurochirurgische Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Peter Schmiedek) des Universitätsklinikums Mannheim, Fakul- tät für Klinische Medizin der Universität Heidelberg, Mannheim

Peter Horn Peter Vajkoczy Peter Schmiedek

a b

Abbildung 1: Kernspintomographische Befunde bei Moya- moya-Erkrankung. a) Pathologische Gefäße im Bereich der perforierenden Arterien, b) beginnende Grenzzoneninfar- zierung auf dem Boden der hämodynamischen Insuffizienz

(2)

humane Leukozytenantigen B51, ein bestimmtes Antigenmuster (DR/DQ- Typ; B51-DR4-Assoziation) und ein möglicher chromosomaler Defekt nach- weisbar (1).

Pathologie und Pathophysiologie

Die für die Moyamoya-Erkrankung charakteristischen Veränderungen der zerebralen Gefäße werden in primäre und sekundäre vaskuläre Läsionen ein- geteilt.

Die primäre Läsion besteht in einem fibrösen Umbau der Intima unbekann- ter Ätiologie, welche am distalen Ab- schnitt der Karotiden beginnt und sich, besonders in der Frühphase, auf die vorderen Anteile des Circulus arterio- sus Willisii ausweitet. So kommt es zu

einer progredienten exzentrischen Ver- lagerung und letztendlich Einengung des betroffenen Gefäßlumens, wobei eine Verdrehung und Faltung der La- mina elastica interna bei gleichzeitiger Degeneration der Tunica media zu be- obachten ist. Sehr viel seltener können diese Veränderungen auch im hinteren zerebralen Stromgebiet (1, 15, 35) und an extrakraniellen Gefäßen (Arterien der Lunge, der Niere und des Pan- kreas) (6) nachgewiesen werden. In circa zehn Prozent der Fälle beginnt die Erkrankung unilateral, um in mehr als 75 Prozent der Patienten nach drei Jah- ren beide Seiten zu befallen (20). Bei den eigenen Patienten fand sich zum Zeitpunkt der Vorstellung in drei Fäl- len eine einseitige Manifestation der Erkrankung (Tabelle).

Als sekundäre Moyamoya-Läsio- nen werden die neu gebildeten Kolla-

teralgefäße bezeichnet, welche einer kritischen Minderung der zerebralen Perfusion entgegen wirken sollen. Die- se formen in der Frühphase der Er- krankung in ihrer Gesamtheit ein in- trazerebrales Kollateralsystem, wel- ches aus den typischen netzartigen

„Moyamoya-Gefäßen“, entsprechend einem Rete mirabile, und erweiterten leptomeningealen Gefäßen besteht.

Diese neuen Arterien entspringen hauptsächlich dem vorderen Anteil des Circulus arteriosus Willisii und weisen ihrerseits pathologische Ge- fäßwandveränderungen auf, welche als rupturgefährdet angesehen und für die im Erwachsenenalter beobachteten in- trazerebralen Blutungen verantwort- lich gemacht werden (37). Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es dann zur Ausbildung extra-intrakrani- eller Anastomosen. Die Ausbildung

´ Tabelle 1C´

Demographische und klinische Daten sowie die angewandte Operationstechnik der behandelten Patienten mit Moyamoya-Erkrankung

Patient Alter Geschlecht Symptomatik Manifestation Operation

Technik Postoperativer Follow-up

unilateral bilateral unilateral bilateral Verlauf (Jahre)

A 5 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2,2

B 7 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2

C 7 m TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2

D 7 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2

E 15 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. Dyskinesien 2,2

F 28 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 1,5

+ PRIND

G 35 w TIA + + STA-MCA 1 x PRIND 2

+ PRIND + Aphasie

H 37 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2,3

+ PRIND

I 42 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 0,5

J 44 w TIA + + STA-MCA regelrecht 3

+ PRIND + Aphasie

K 45 m TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 0,5

+ Amaurosis fugax

L 46 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2,5

M 58 w TIA + + STA-MCA + ind. Rev. regelrecht 2

TIA, transitorisch ischämische Attacke; PRIND, prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit; STA-MCA, direkte Revaskularisierungsoperation; ind. Rev., indirekte Revaskularisierung

(3)

der Kollateralen aus dem extrakraniel- len System erfolgt jedoch meist nur sehr verzögert, da Schädelkalotte, Hirnhäute und Subarachnoidalraum erst überwunden werden müssen. Es ist diese zeitliche Verzögerung bei der Ausbildung suffizienter extra-intra- kranieller Kollateralen, die für das Auftreten rezidivierender ischämi-

scher Episoden und damit für die klini- sche Manifestation der Erkrankung verantwortlich ist.

Wesentlich für die klinische Manife- station ist das Alter des Patienten (22), da der zerebrale Perfusionsbedarf streng altersassoziiert ist. So beträgt der normale zerebrale Blutfluss bei Kin- dern unter fünf Jahren das 2- bis 2,5-fa- che und bei 10- bis 15-Jährigen noch cir- ca das 1,3-fache des Blutflusses Er- wachsener. Aufgrund des erhöhten ze- rebralen Perfusionsbedarfs im Kindes- alter erfolgt die Manifestation der Er- krankung bei jungen Patienten bei glei- chem morphologischen Bild oftmals früher und schwerwiegender als bei äl- teren. Mit zunehmendem Alter kann der dann abnehmende Perfusionsbe- darf zur Besserung der ischämischen Episoden oder sogar zur zeitweisen Re- mission führen.

Klinische Manifestation

Die Manifestation der Moyamoya-Er- krankung umfasst neben rezidivieren- den transitorisch ischämischen Episo- den (TIA, zu 80 Prozent motorische Defizite) eine Reihe unspezifischer Symptome, welche im Kontext mit Al- ter, Ausprägung und Begleitumständen als richtungsweisend für die Diagnose- stellung gelten (18).

Bei der juvenilen Form geht den transienten oder permanenten Defizi- ten oftmals eine Periode von Hyperven- tilation, Fieber oder aktiver körperli- cher Betätigung voraus. In selteneren Fällen kann sich die Erstmanifestation aber auch auf Kopfschmerzattacken, die meist morgens auftreten und von Übelkeit begleitet werden, zerebrale

Krampfanfälle (fokal oder primär gene- ralisiert) oder unwillkürliche, meist choreiforme Bewegungsstörungen, welche durch körperliche Anspannung, emotionalen Stress oder Schreien aus- lösbar sind, beschränken (34). Die oft- mals transiente und unspezifische klini- sche Manifestation der Erkrankung er- fordert eine hohe Aufmerksamkeit der Familie und des behandelnden Arztes.

Bei den in unserer Klinik behandelten Patienten mit juveniler Moyamoya-Er- krankung (Tabelle)erfolgten diagnosti- sche Untersuchungen auf-

grund rezidivierender TIA, welche zur Manifestation sen- sorischer und motorischer Halbseitenstörungen führten.

Eine Patientin entwickelte darüber hinaus im weiteren Verlauf ihrer Erkrankung in- termittierend unwillkürliche, alternierende Dyskinesien, deren Ausprägung mit der emotionalen Beanspruchung korrelierten.

Die adulte Form der Moyamoya-Erkrankung ma- nifestiert sich in Asien in der Regel durch spontane intra- zerebrale Blutungen im Be- reich der Seitenventrikel oder durch intraventrikuläre Blutungen, wohl auf dem Bo- den der Ruptur von Mikro-

aneurysmen im Bereich der pathologi- schen Moyamoya-Gefäße (32). Im Gegensatz hierzu jedoch wurden die eigenen Patienten im Erwachsenen- alter durch chronische Kopfschmer- zen und rezidivierende TIA sympto- matisch (Tabelle). Typisch hingegen waren häufige Berichte der Familien- angehörigen über neuropsychologi- sche Veränderungen im Sinne eine Abnahme der täglichen Belastbarkeit, einer Veränderung der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens, sowie ei- ner allgemeinen intellektuellen Beein- trächtigung (19).

Untersuchungsmethoden und Diagnosestellung

Das diagnostische Prozedere umfasst sowohl laborchemische und morpho- logische als auch funktionelle Metho- den, welche neben der morphologi- schen Diagnose auch eine Abschät- zung der hämodynamischen Beein- trächtigung des Hirnparenchyms er- lauben (31).

Kraniale Computertomographie und Kernspintomographie

Die Befunde der kranialen Computer- tomographie (CCT) können sehr varia- bel ausfallen und von einem Normalbe- fund bis zu multiplen Hypodensitäten

a b c d

Abbildung 2: Charakteristische angiographische Befunde bei der Moyamoya-Erkrankung.

Pathologische Gefäßneubildungen („Moyamoya-Gefäße“) im Bereich der Karotisbifurkation mit

„nebelartigem“ Erscheinungsbild; b) laterale und d) anterior-posteriore Projektion; a) und c) zeigen angiographische Normalbefunde in den entsprechenden Projektionen

A. temporalis superficialis

frontaler Ast

parietaler Ast

Hautschnitt

Abbildung 3: Lagerung des Patienten zur Durchführung ei- ner kombinierten Revaskularisierungsoperation. Darge- stellt sind der Verlauf des frontalen und des parietalen Asts des Spendergefäßes (A. temporalis superficialis), die ent- sprechende Schnittführung sowie die Lokalisation der Kra- niotomie (gestrichelte, schwarze Linie)

(4)

im Bereich der vaskulären Grenzzonen reichen (17). Des Weiteren kann eine zerebrale Atrophie mit Erweiterung in- nerer und äußerer Liquorräume zur Darstellung kommen. Im Falle einer in- trazerebralen Blutung bei Moyamoya ist diese meist lateral, in Nähe der Seitenventrikel lokalisiert. Die MRT bietet darüber hinaus die Möglichkeit, besonders infarktgefährdetes Hirnpar-

enchym mithilfe spezieller Untersu- chungssequenzen (zum Beispiel perfu- sionsgewichtete Aufnahmen) qualitativ darzustellen. Die für die Erkrankung typischen Moyamoya-Gefäße können in der MRT vereinzelt als „flow void“- Phänomene (Flussartefakte) zur Dar- stellung kommen (Abbildung 1).

Elektroenzephalographie

Bei Kindern mit Moyamoya-Erkran- kung kann im EEG das pathognomoni- sche „rebuild up“-Phänomen beobach- tet werden. In bis zu 75 Prozent der päd- iatrischen Patienten kommt es 20 bis 60 Sekunden nach Beendigung einer Hy- perventilationsphase zum Auftreten von „high-voltage slow waves“, welche im Gegensatz zu den normalen „slow waves“ nach Hyperventilation (so ge- nanntes „build up“) irregulär und von sehr niedriger Frequenz sind. Dieses Phänomen wird als Zeichen einer se- kundären Reduktion der regionalen Hirnperfusion (rCBF) mit Hypoxämie nach Hyperventilation interpretiert (10, 12).

Zerebrale Angiographie

Für die Diagnosestellung entschei- dend ist die Durchführung einer kon- ventionellen zerebralen Panangiogra- phie oder MR-Angiographie, welche eine, in der Regel bilaterale, hochgra- dige Stenosierung oder Okklusion der distalen Aa. carotis interna, der Aa.

cerebri anterior und der Aa. cerebri

media zeigt. Darüber hinaus kommen die basalen Moyamoya-Gefäße, die Kollateralisierungswege und die ex- tra-intrakraniellen Anastomosen zur Darstellung (Abbildung 2). Aufgrund dieser charakteristischen Veränderun- gen der zerebralen Gefäßarchitek- tur kann insbesondere bei der juveni- len Moyamoya-Erkrankung bereits eine Klassifizierung anhand des angio- graphischen Bildes erfolgen (30), wel- che erste Hinweise auf die hä-

modynamischen Verhältnisse gibt.

Funktionelle Untersuchungen der regionalen Hirnperfusion Bei symptomatischen Patien- ten mit Moyamoya-Erkran- kung liegt ein chronischer, zerebraler hämodynamischer Stress vor, welcher mithilfe nicht invasiver quantitativer rCBF-Untersuchungsmetho- den nachweisbar ist (21). Für diesen Nachweis kommen die Positronenemissionstomo-

graphie (PET) und die Xenon-ver- stärkte CCT zur Anwendung, die der quantitativen, regional aufge- lösten Messung der regionalen Hirn- perfusion und Ermittlung der zere- brovaskulären Reservekapazität, als wichtigstem Parameter für die Beur- teilung der hämodynamischen Insuffi- zenz, dienen (3). Hierdurch sind zum einen die topographische Darstellung infarktgefährdeten Parenchyms und zum anderen die Identifizierung be- sonders gefährdeter Patienten mög- lich. So fand sich bei sieben unserer er- wachsenen Moyamoya-Patienten un- ter Ruhebedingungen eine Hypo- perfusion frontaler und temporaler Hirnareale von 33 ⫾ 18 ml/100g/min (normative Werte: 55 ⫾ 15 ml/100g/

min).

Die Ermittlung der zerebrovas- kulären Reservekapazität ergab bei allen Patienten pathologische Werte (unter 30 Prozent des Ausgangs- werts). Derartige Aussagen zum hä- modynamischen Status der Patienten ermöglichen eine genauere Planung der operativen Therapie und bilden unter anderem die Grundlage für die Abschätzung des Erfolgs der neu- rochirurgischen Revaskularisierungs- operationen. Auf die Durchführung der quantitativen rCBF-Messungen wurde bei den behandelten Kindern verzichtet, da sich aus den klinischen und angiographischen Befunden die Indikation zur operativen Therapie eindeutig ableiten ließ und die zur Durchblutungsmessung notwendige Sedierung der Kinder nicht gerecht-

fertigt erschien. ✁

A. temporalis superficialis STA-MCA M. temporalis

F. Sylvii

„lay on“

Abbildung 4 a: Intraoperative Aufnahme nach Herstellung einer direkten STA-MCA Anastomose und eines „lay on“-Bypasses. Der STA-MCA-Bypass wurde im Bereich der Sylviischen Fissur (F. Sy- lvii) unter Verwendung des frontalen Asts der A. temporalis superficialis angelegt. Der präparier- te M. temporalis (gepunktete, gelbe Linie) wird im weiteren Verlauf zur Schaffung der Myosynan- giose dem Kortex aufgelegt. Der Rand der Kraniotomie ist ebenfalls dargestellt (gestrichelte, gel- be Linie). b) Vergrößerte Darstellung einer direkten MCA-STA-Anastomose, welche durch die An- lage von Einzelknopfnähten in End-zu-Seit-Technik geschaffen wird.

a b

Abbildung 5: Angiographische Befunde nach Revaskulari- sierung. a) Präoperative laterale Darstellung der geschlän- gelt erscheinenden A. temporalis superficialis. b) Post- operative Dokumentation des Bypasses in identischer Pro- jektion. Deutlich zu erkennen ist die Auffüllung von intra- zerebralen Gefäßen im Bereich des Stromgebiets der A. ce- rebri media über die Anastomose.

a b

(5)

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind eine Reihe von fokalen und syste- mischen Erkrankungen, hierbei insbe- sondere Meningitis, tuberkulöse Me- ningitis, Down-Syndrom, Spätfolgen nach Bestrahlung der Schädelbasis, Tumorkompression der Zerebralarte- rien, Arteriovenöse Malformationen, polyzystische Nierenerkrankung, eosi- nophiles Granulom, Fanconi-Anämie und ideopathische Dyskinesien (2, 13, 14, 23, 25, 27). Bei Erwachsenen sollte darüber hinaus zunächst eine arterio- sklerotische Grunderkrankung ausge- schlossen werden (4). Richtungswei- send können eine Reihe von Begleit- bedingungen sein, die mit einem gehäuften Auftreten von Moyamoya assoziiert sind. Hierzu zählen die rena- le Hypertension auf dem Boden einer Nierenarterienstenose, intrazerebrale Aneurysmen, primäre pulmonale Hy- pertension, Tortikollis und Wachs- tumsstörungen (5, 9, 16, 32) .

Therapie

Bis zum heutigen Zeitpunkt existiert keine Möglichkeit der definitiven me- dikamentösen Therapie der Moya- moya-Erkrankung (11, 24, 36). Die einzige effektive Therapie zur Verhin- derung irreversibler ischämischer Ver- änderungen besteht daher derzeit in einer chirurgischen Revaskularisie- rung des minderperfundierten Par- enchyms. Die neurochirurgische Be- handlung repräsentiert somit die unumgängliche Behandlungsstrategie bei Moyamoya-Patienten mit Zeichen der zerebrovaskulären Insuffizienz und rezidivierenden TIA (26).

Bei den zur Anwendung kommen- den operativen Techniken kann grundsätzlich zwischen direkten und indirekten Anastomosen unterschie- den werden. Bei der Anlage direkter Anastomosen wird ein extrazerebral gelegenes Spendergefäß (A. tempora- lis superficialis [STA], [Abbildung 3], A. occipitalis, A. meningea media) mit einem kortikal, also auf der Hirnober- fläche gelegenen Empfängergefäß (in der Regel einem distalen Abschnitt der A. cerebri media) direkt anasto-

mosiert (7, 11; Abbildung 4 b). Am häufigsten angewendet wird hierbei der Standard-Bypass STA-M2/M3- MCA, dessen Anlage in zehn von 13 der eigenen Patienten möglich war (Tabelle). Indirekte Anastomosen um- fassen zum Beispiel das einfache Auf- legen von Dura mater (Encephalodu- rosynangiose, EDS), des M. tempora- lis (so genannte Encephalomyosyn- angiose, EMS), oder von Kopfschwar- tengefäßen (Encephaloarteriosynan-

giose, EAS, „lay on“-Bypass) auf die Arachnoidea mit sekundärem Aus- sprossen von Kollateralgefäßen (8, 17, 29; Abbildung 4 a). Darüber hinaus sind eine Reihe von Modifizierungen dieser grundlegenden Methoden be- schrieben worden, wobei sich eine Kombination indirekter und direkter Techniken sowie die verbesserte Ence- phaloduroarteriosynangiose (EDAS), als alleinige indirekte Methode, in der Vergangenheit als ausreichend effek- tiv erwiesen haben. In der eigenen Klinik kommt besonders bei Kindern die Kombination von direkter und indirekter Revaskularisierung zur An- wendung (Tabelle). Die definitive Auswahl der operativen Methode ist von anatomischen Verhältnissen, kli- nischer Symptomatik sowie funktio- nellen Befunden abhängig und muss für jeden Patienten neu entschieden werden.

Innerhalb der ersten Tage nach der Operation erfolgt die systemische An-

tikoagulation mittels Heparin, wel- ches im weiteren Verlauf durch einen Thrombozytenaggregationshemmer (Aspirin, Clopidogrel) ersetzt wird, dessen Einnahme lebenslang fortge- führt werden sollte. Circa sechs bis acht Wochen nach dem ersten operati- ven Eingriff ist bei bestehender In- dikation die operative Revaskulari- sierung der Gegenseite möglich. Bei neun der eigenen Patienten wurde die entsprechende Operation beidseitig

durchgeführt, während in vier Fällen aufgrund der klinischen Symptomatik sowie der bildgebenden und funk- tionellen Befunde bis dato lediglich einseitige Revaskularisierungsopera- tionen erfolgten (Tabelle).

Therapieerfolg und Nachbetreuung

Als Maß für den Erfolg der durchge- führten Operation gilt die Remission der transitorischen ischämischen Epi- soden. So konnte bei elf der 13 Patien- ten in einem Nachbeobachtungszeit- raum zwischen sechs und 36 Monaten eine vollständige Remission erreicht werden. Neben der klinischen Beur- teilung des postoperativen Verlaufs erfolgt sowohl die morphologische als auch die funktionelle Dokumentation der erfolgreichen Revaskularisierung.

Bei allen Patienten zeigte die im Rahmen der Nachsorgeuntersuchun- Normalbefund präoperativ 24 Monate postoperativ Abbildung 6: Verbesserung des regionalen zerebralen Blutflusses nach operativer Revaskularisie- rung. Darstellung des Ruheblutflusses (in ml/100g/min) vor und nach Anlage eines beidseitigen STA- MCA-Bypasses. Präoperativ: deutliche bilaterale Reduktion des rCBF im Versorgungsgebiet der A. ce- rebri media und der A. cerebri anterior bei diskret erhöhtem rCBF im posterioren Stromgebiet. 24 Monate postoperativ: signifikant verbesserter rCBF im Bereich des vorderen Stromgebiets beider- seits mit normalisiertem kortikalem und subkortikalem Durchblutungsmuster. Zum Vergleich darge- stellt ist auch ein Normalbefund.

(6)

gen durchgeführte Angiographie eine deutlich verbesserte Perfusion der entsprechenden Hemisphäre (Abbil- dung 5). Diese Befunde korrelierten, neben der klinischen Besserung, mit den ebenfalls erhobenen funktionel- len Befunden. So fand sich bei der quantitativen Messung des rCBF ein Anstieg der Ruhedurchblutung im Be- reich initial ischämiegefährdeter Hirn- areale. Des Weiteren konnte eine deutliche Verbesserung der zerebro- vaskulären Reservekapazität nachge- wiesen werden (Abbildung 6). Dar- über hinaus zeigen alle Patienten mit juvenilem Moyamoya bis zum heuti- gen Zeitpunkt eine normale körperli- che und geistige Entwicklung, und sechs der acht erwachsenen Patienten können am Berufsleben teilnehmen.

Zusammenfassend lässt sich fest- stellen, dass die Durchführung einer chirurgischen Revaskularisierungs- operation bei entsprechender Indika- tion die einzige effektive kurative Therapie der Moyamoya-Erkrankung darstellt. Hierdurch kann dem Auftre- ten rezidivierender ischämischer Er- eignisse und schwerer neuropsycholo- gischer Defizite vorgebeugt werden.

Der Gesamterfolg der entsprechen- den Therapiemaßnahmen ist dabei entscheidend von der rechtzeitigen Diagnosestellung abhängig. Dies je- doch kann nur durch eine enge Zu- sammenarbeit der an der Behandlung dieser Patienten beteiligten Spezial- fächer erreicht werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 1190–1195 [Heft 18]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Peter Horn Neurochirurgische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim

E-Mail: Peter.Horn@nch.ma.uni-heidelberg.de

In einer vergleichenden Studie wurde zur Detektion von Läsionen im Dünndarm der Einsatz einer neu entwickelten Videokapsel mit einer Enteroskopie ver- glichen. Dabei wurden im Tierversuch bei Hunden neun bis dreizehn röntgen- dichte farbige Perlen von 3 bis 6 mm Durchmesser in die Dünndarmschleim- haut genäht. Später wurden neun Enteroskopien und 23 Videokapsel-Un- tersuchungen in randomisierter Reihen- folge durchgeführt. Mithilfe der Video- kapsel wurden mehr Perlen identifiziert als durch die Enteroskopie (p < 0,001).

Die Sensibilität der Kapsel wurde mit 64 Prozent, die der Enteroskopie mit 37 Prozent, die Spezifität mit 92 Prozent

beziehungsweise 97 Prozent berechnet.

Auch eine Identifizierung von Haaren, verschlucktem Plastikmaterial, Ulzera- tionen, submukösen Schwellungen und Parasiten (Würmer) war mit der Video- kapsel eindeutig möglich. Die Autoren schließen, dass die Videokapsel mehr pathologische Befunde im Dünndarm zu erkennen vermag als ein Enteroskop, dessen Reichweite zudem begrenzt ist.w Appleyard M, Fireman Z, Swain P et al.: A randomized - trial comparing wireless capsule endoscopy with push enteroscopy for the detection of small-bowel lesions.

Gastroenterology 2000; 119: 1431–1438.

Dr. Paul Swain, Department of Gastroenterology, Royal London Hospital, Whitechapel Road, Whitechapel, London E11BB, England.

Filmkapsel oder Enteroskopie bei Dünndarmerkrankungen

Referiert

Thromboembolien nach Hüfttotalendo- prothesen treten meist erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf.

Besonders gefährdet scheinen Frauen sowie Patienten mit einem Körper- massenindex (BMI) von 25 und mehr zu sein. Als schützend erwies sich die schon am zweiten postoperativen Tag begin- nende Mobilisierung, pneumatische Beinkompression bei Normalgewichti- gen (BMI < 25) und eine prophylakti- sche Warfarin-Therapie nach Entlas- sung. Dies ergab eine statistische Aus-

wertung der Daten von 297 Patienten im Alter von mindestens 65 Jahren, die in- nerhalb von drei Monaten nach Einset- zen einer Hüfttotalendoprothese wegen Thromboembolien erneut stationär be- handelt werden mussten. goa White R H et al.: Predictors of rehospitalization for sympto- matic venous thromboembolism after total hip arthro- plasty. N Engl J Med 2000; 343: 1758–1764.

Richard H. White, Division of General Medicine, Depart- ment of Medicine, University of California, Davis, Sacra- mento, USA.

Prädiktoren für Thromboembolien nach Hüfttotalendoprothese

Referiert

Eine kontrollierte prospektive Studie er- gab, dass bei einem akuten Myokardin- farkt die perkutane Koronarangioplastie mit Stenteinlage der alleinigen Angio- plastie auch im Langzeitverlauf überle- gen ist. Die Autoren schlossen 88 Patien- ten mit akutem Myokardinfarkt in ihre Studie ein, die Hälfte wurde nur mittels Angioplastie rekanalisiert, die andere Hälfte erhielt zusätzlich eine Stenteinla- ge. Innerhalb von knapp zwei Jahren kam es in der Stentgruppe signifikant seltener zum Tod (9 Prozent versus 18 Prozent), zum Reinfarkt (2 Prozent ver- sus 9 Prozent) oder zur Notwendigkeit der erneuten Intervention (16 Prozent

versus 34 Prozent). Auch die Rehospita- lisierungsrate wegen instabiler Angina pectoris oder Reinfarkt war hier niedri- ger (14 Prozent versus 23 Prozent). Die- se Daten zeigen, so die Autoren, dass die Vorteile des Stents nicht nur in der Früh- phase nach perkutaner Intervention bei akuten Infarktpatienten bestehen, son- dern auch im langfristigen Verlauf nach-

weisbar sind. acc

Scheller B et al.: Long-term follow-up of a randomized study of primary stenting versus angioplasty in acute myo- cardial infarction. Am J Med 2001; 110: 1–6.

Dr. B. Scheller, Kardiologische Abteilung, III. Medizinische Klinik, Universität des Saarlandes, 66421 Homburg/Saar.

PTCA mit Stent bei akutem Herzinfarkt

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