DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FÜR SIE GELESEN Schutzimpfungen
niquä der Tagung des Deutschen Grünen Kreuzes 1984) stellen dar- auf ab, besonders gefährdete Ziel- gruppen zu impfen (Indikations- impfungen) und darüber hinaus die epidemische Ausbreitung durch Impfung der Teilnehmer an Gemeinschaftseinrichtungen zu verhindern.
Indikationsimpfungen sollten durchgeführt werden bei Säuglin- gen,
• die in Gemeinschaftseinrich- tungen leben, weil dadurch eine epidemische Ausbreitung verrin- gert werden kann;
• die unter ungünstigen Verhält- nissen leben, zum Beispiel in kin- derreichen Familien mit engem Wohnraum (insbesondere Flücht- lings- und Gastarbeiterfamilien) wegen besonders hoher Infek- tionsgefährdung;
• bei denen Keuchhusten eine besondere Gefährdung darstellt, zum Beispiel bei Grundleiden im Bereich der Atemwege (Bron- chiektasen, Mukoviszidose) oder der Kreislauforgane (angeborene Herzfehler, ausgenommen Herz- rhythmusstörungen).
Ausgenommen werden sollten auch Kinder mit zerebralen Stö- rungen.
Eine Grundimmunisierung umfaßt drei intramuskuläre Injektionen im Abstand von jeweils vier bis sechs Wochen, meist als Kombi- nationsimpfung DPT. Hinsichtlich der Injektionsmenge sind die An- gaben der Hersteller zu beachten.
Eine Grundimmunisierung sollte nicht vor dem dritten Lebensmo- nat und nicht nach dem 12. Le- bensmonat begonnen werden. Ei- ne Auffrischimpfung mit einer Do- sis erfolgt ein Jahr nach der Grundimmunisierung. Kinder jen- seits des zweiten Lebensjahres sollen nur noch in begründeten Ausnahmefällen gegen Keuchhu- sten geimpft werden.
Voraussetzung ist die Impffähig- keit, die dann gegeben ist, wenn
die Impfung Leben und Gesund- heit nicht in besonderem Maße gefährdet.
Diese Impfempfehlung läßt für den Arzt einen weiten Ermessens- spielraum: Unter der Vorausset- zung, daß im Laufe der Säuglings- und Kleinkinderzeit jedes Kind einmal in eine Gemeinschaftsein- richtung aufgenommen werden kann, ist in der augenblicklichen Situation auch eine generelle Ba- sisimpfung gegen Keuchhusten gerechtfertigt. So ist mancherorts die Durchimpfungsrate wieder auf 60 Prozent und höher angestie- gen.
Kontraindikationen
Wichtig ist der Ausschluß von Kontraindikationen durch sorgfäl- tige Anamnese und Untersu- chung. Kontraindikationen beste- hen bei akuten Erkrankungen jeg- licher Art: banale Infekte, Durch- fall, Inkubation, Schädel-Hirn- Traumen, nach operativen Eingrif- fen, Immundefizienz, angeborene Schäden des zentralen Nervensy- stems, Anfallsleiden (auch in der Familie), Nierenerkrankungen, Diabetes, Herzinsuffizienz, Herz- fehler und Zyanose. Bei Allergi- kern ist Vorsicht geboten, zu- nächst sollte man die Verträglich- keit mit 0,1 ml prüfen.
Komplikationen
Über 90 Prozent der Komplikatio- nen betreffen die Funktion oder die Substanz des ZNS. Die Neben- wirkungsrate des seit fünf Jahren in der Bundesrepublik verwende- ten Impfstoffes beträgt für vor- übergehende Störungen 1:56 000, für bleibende Schäden einschließ- lich Todesfolge (1:333 000) 1:136 000. Die tatsächliche Kom- plikationsrate liegt wesentlich niedriger, da wir keine Möglich- keiten haben, zufällige Enzepha- lopathien anderer Genese von Impfschäden zu trennen. ❑ Literatur im Sonderdruck,
zu beziehen über den Verfasser.
Osler-Manöver deckt Pseudohypertonie auf
Die Autoren beschreiben ein ein- faches Verfahren am Krankenbett (von den Autoren auch „Osler-Ma- növer" genannt), das Patienten mit echter Hypertonie von Patien- ten unterscheidet, deren Blut- druck fälschlicherweise aufgrund übermäßiger Sklerose der großen Arterien erhöht ist („Pseudohy- pertonie").
Bei diesem Verfahren wird die Tastbarkeit der pulslosen Arteria radialis und der Arteria brachialis distal zu einem Verschluß der je- weiligen Arterie durch Manschet- te oder durch manuelle Kompres- sion eingeschätzt. Wenn die puls- losen Arterien deutlich tastbar sind, dann ist der Patient Osler- positiv, bei kollaptischen Arterien ist er Osler-negativ.
24 ältere Hypertoniker wurden entweder als Osler-positiv (n = 13) oder Osler-negativ (n = 11) einge- stuft und deren intraarterieller Druck, die arterielle Compliance sowie systemische hämodynami- sche Parameter gemessen.
Patienten mit Pseudohypertonie (Osler-positiv) hatten fälschlicher- weise erhöhte Manschetten-Blut- druckwerte mit einer Differenz von 10 zu 54 mm Hg zwischen Manschette und intraarteriellem Druck. Die arterielle Compliance war bei Osler-positiven Patienten niedriger und korrelierte mit dem Unterschied zwischen Manschet- te und intraarteriellem Druck. Dies weist daraufhin, daß, je unbeweg-
licher die Arterie, desto ausge- prägter der Grad an Pseudohyper- tonie ist. Pseudohypertonie tritt bei älteren Patienten häufig auf und wird mit abnehmender arte- rieller Compliance und fortschrei- tender Sklerose der großen Arte- rien schwererwiegend. Dpe
Messerli, F. H. et al.: Osler's Maneuver and Pseudohypertension, The New England Jour- nal of Medicine 312 (1985) 1548-1551.
Dr. F. H. Messerli, Ochsner Clinic, 1514 Jeffer- son Hwy., New Orleans, LA 70121, U.S.A.
2624 (48) Heft 37 vom 11. September 1985 82. Jahrgang Ausgabe A