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Archiv "Herbstkongreß in Grado eröffnet: Rationelle Medizin nicht zu Lasten der Patienten" (31.08.1978)

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

die innere Medizin, die Psychiatrie und Pädiatrie unter den am wenig- sten Begünstigten zu finden waren.

Eine Zeitlang war der Zusammenhalt innerhalb des Berufsstandes stark genug, um dem Versuch der Behör- den, die verschiedenen Gruppen ge- geneinander auszuspielen, zu wi- derstehen. Später wurde dann dem Berufsstand die Gleichmacherei aufgezwungen mit dem sofortigen Ergebnis, daß viele Röntgenologen auswanderten, hauptsächlich in die USA, und daß Bewerber für Karrie- ren in HNO und klinischer Chemie plötzlich rar wurden. Die Regierung mußte eine Reihe von Tricks anwen- den, um mit dieser selbstverschul- deten, künstlichen Mißverteilung der Ärzte fertig zu werden.

Gegen Ende der fünfziger Jahre scheiterten die Gehaltsverhandlun- gen zwischen den Krankenhausbe- hörden der Stadt Göteborg und dem schwedischen Ärztebund, und die Ärzte unternahmen einen Teilstreik, indem sie nur noch in ihren Praxen arbeiteten und nur die Notambulan- zen der Krankenhäuser intakt ließen.

Die Öffentlichkeit war auf der Seite der Ärzte und erhielt eine perfekte private Behandlung! Es war ein glänzender Sieg der Ärzte und zu- gleich ein Pyrrhussieg.

Politiker der Regierung und des Ver- bandes der Provinzen einigten sich darauf, solch eine Niederlage nie wieder hinzunehmen. Sie entschlos- sen sich, die „Produktion" von Ärz- ten in Schweden derart zu erhöhen, daß der Zusammenhalt innerhalb des Berufsstandes und seiner „Ge- werkschaft" schließlich so ge- schwächt würde, daß er in zukünfti- gen Verhandlungen keinen Wider- stand mehr bieten könne. Es wurde allmählich eine Vervierfachung der Zulassung zu medizinischen Hoch- schulen erreicht, indem man drei neue medizinische Fakultäten zu den bereits existierenden drei hinzu- errichtete und die Klassengröße ver- doppelte. Dieses Manöver fiel mit dem stark angewachsenen Verlan- gen nach höherer Bildung unter den Arbeitern zusammen, deren verbes- serte ökonomische Verhältnisse nun

den Stand erreicht hatten, wo die Eltern glaubten, daß ihre Kinder nicht ihre eigenen früheren Schwie- rigkeiten zu ertragen haben, son- dern „etwas Besseres" werden soll- ten.

Die Regierung fand in diesem Vor- haben einen energischen und star- ken Verfechter in dem Anatomiepro- fessor Bror Rexed, unserem derzei- tigen (1976) Generaldirektor des rie- sigen neuen Amtes für Gesundheit und Wohlfahrt (dieses Amt ist eine Erweiterung der früheren soliden Struktur des Amtes für Gesundheits- wesen). Es war während der letzten Jahre seine unangenehme Aufgabe, den jungen zukünftigen Ärzten, die er selbst dazu ermuntert hatte, Me- dizin zu studieren, zu erklären, daß es nicht in seiner Macht stände, ih- nen notwendigerweise auch irgend- eine bezahlte Stellung nach ihrer Ausbildungszeit zu sichern. Die gi- gantische Welle des Optimismus der sechziger Jahre war an den ökono- mischen Realitäten zerschellt.

Um diese Situation ein wenig in den Griff zu bekommen, kämpfte Komi- tee um Komitee mit Plänen, um Wei- terbildungsplätze für die Massen neuer Ärzte bereitzustellen, die von den Universitäten drängten. Wäh- rend dies in früheren Jahren sehr wenig Probleme gestellt und der

„Markt" sich selbst reguliert hatte, mußte nun eine gewaltige bürokrati- sche Regulierung organisiert wer- den, um mit dieser Sache fertig zu- werden, mit oder ohne Computer.

Während dieses Prozesses fand die Regierung heraus, daß sie nun ein Instrument besaß, um die Ärzte nicht nach ihren eigenen Präferenzen, sondern eher nach denen des Mini- steriums zu verteilen, indem man die Ausbildungsmöglichkeiten (und Ka- näle) eng oder weit hielt, abhängig von den mathematischen Berech- nungen der Planungsgruppe. Bis jetzt hat dies eine starke Betonung der Psychiatrie, der Langzeitbe- handlung und der Allgemeinpraxis bedeutet mit einer konsequenten Vernachlässigung der klinisch-so-

• Fortsetzung auf Seite 1947

Herbstkongreß in Grado eröffnet

Rationelle Medizin nicht zu Lasten der Patienten

Rund einhundert Millionen DM werden Jahr für Jahr dadurch ge- spart, daß eine Vielzahl Dialyse- Patienten nicht mehr im Kranken- haus, sondern zu Hause dialysiert werden; denn die Heimdialyse ist um etwa 40 Prozent billiger als die Klinikdialyse. Das unterstrich Dr.

med. h. c. Klaus Ketzler, der Vor- sitzende des Kuratoriums für Heim-Dialyse, Neu Isenburg, in ei- nem Vortrag anläßlich der Eröff- nung des XII. Seminarkongresses der Bundesärztekammer in Grado am 20. August. Ketzlers Aufgabe war es — dem Generalthema des Kongresses „Rationelle Diagno- stik und Therapie" entsprechend

—, am Beispiel der Dialysetherapie Möglichkeiten der Rationalisie- rung im Gesundheitswesen darzu- stellen.

Das Kuratorium für Heim-Dialyse, ein privater Verein, im wesentli- chen auf Initiative von Ketzler ent- standen, hat seit 1970 bewiesen, was hier möglich ist. Der Verein betreut heute rund ein Drittel der Dauerdialysepatienten in der Bun- desrepublik Deutschland. Deren Zahl steigt rapide: von 745 Ende 1970 über heute 7000 bis zu schät- zungsweise 14 000 bis 15 000 in- nerhalb der nächsten fünf Jahre.

Würden heute nicht nur ein Drittel, sondern zwei Drittel aller Dialyse- patienten Heimdialyse betreiben können, könnten bis zu 250 Millio- nen DM schon jetzt jährlich ge- spart werden, schätzt Ketzler.

Doch auch dann ist Dialyse eine besonders teure Behandlung; Ko- sten, die zudem nur für einen klei- nen Kreis aufgewendet werden.

Aber, so Ketzler vor den Ärzten in Grado, wenn heute so viel von So- lidargemeinschaft die Rede sei, dann könne doch Fürsorge für Kranke nicht von der Höhe der Be- handlungskosten abhängig ge- macht werden. Eine Feststellung,

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 35 vom 31. August 1978 1923

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Kinderunfälle:

Deutschland hält traurigen Rekord

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

die die Grenzen jedes Kostenden- kens berührt. Heimdialyse ist nicht nur „billiger" als Klinikdialyse, sondern erleichtert auch die Re- habilitation des Patienten. Damit setzte sich in Grado der Präsident der Ärztekammer Baden-Württem- berg, Dr. med. Dietrich Maiwald, der bei der Kongreßeröffnung den Vorstand der Bundesärztekammer vertrat, auseinander: Ob es mit Diagnostik und Therapie eigent- lich genug sei, und ob nicht heute die möglichst vollständige Rehabi- litation dazugehöre, fragte Mai- wald. Doch das war eine nur mehr rhetorische Frage. Maiwald setzte sich nachdrücklich dafür ein, daß der Arzt sich intensiv auch um Rehabilitation kümmere. Dies sei für ihn wie für den Patienten eine

„Charakterfrage". Aber nicht nur das. Angesichts einer drohenden Ärzteschwemme habe eine solche Erweiterung des Tätigkeitsfeldes auch existenzielle Bedeutung. Ei- ne Charakterfrage sei freilich ehenso die vom Arzt verlangte Wirtschaftlichkeit, erklärte Mai-

■kald. Allerdings darüber hinaus auch eine Frage des nötigen Wis- sens. Das gelte es in der Fortbil- dung „von Berlin bis Grado" so- fort zu vermitteln.

Dieser Forderung entspricht denn auch das Thema dieses Herbst- kongresses in Grado. Dessen wis- senschaftlicher Leiter, Prof. Dr.

med. Heinz Losse, Direktor der Medizinischen Poliklinik der Uni- versität Münster, wies darauf hin, daß es „viele Möglichkeiten gibt, unser ärztliches Handeln ohne Nachteil für den Patienten ratio- nell zu gestalten". Losse erinnerte in diesem Zusammenhang nach- drücklich daran, daß am Beginn ärztlichen Tuns immer noch die Anamnese und die körperliche Un- tersuchung zu stehen haben. Ra- tionalisierend wirke außerdem auch eine Verbesserung des Infor- mationsflusses. Außerdem müsse der Arzt sich selbstkritisch immer wieder die Frage stellen, ob die diagnostischen Informationen, die etwa von der Medizintechnik er- langt werden, überhaupt von the- rapeutischer Relevanz sind. NJ

Zielkonflikt durch Kostendämpfung

Einen „Zielkonflikt zwischen der angestrebten finanziellen Stabili- tät im Gesundheitswesen und dem Abbau der Arbeitslosigkeit" dia- gnostizierte das „Wissenschaftli- che Institut der Ortskrankenkas- sen (WIdO)", Bonn-Bad Godes- berg, in einer Analyse der Be- schäftigungssituation im Gesund- heitswesen der Bundesrepublik Deutschland. Danach arbeiteten im Jahr 1976 etwa 1,7 Millionen Berufstätige in den verschieden- sten Berufen und Einrichtungen des Gesundheitswesens. Damit ist nach der WIdO-Studie bereits je- der 15. Erwerbstätige im Gesund- heitswesen (im weitesten Sinne) beschäftigt. Ohne die große Auf- nahmefähigkeit dieses Teilarbeits- marktes wäre die Zahl der Arbeits- losen im Jahr 1975 schätzungs- weise um 135 000 höher gewesen.

Andererseits hat die Personalver-

46 253 verletzte Kinder und 1156 Altersgenossen, die als Radfah- rer oder Fußgänger im Straßen- verkehr starben: Mit dieser Jah- resbilanz 1976, dem letzten sta- tistisch erfaßten Jahr, hält die Bundesrepublik einen traurigen Rekord. Von 100 000 Kindern werden beispielsweise in Schwe- den vier getötet (bei uns neun) und 68 verletzt (bei uns 348)

mehrung zweifellos den expansi- ven Kostentrend im Gesundheits- wesen verstärkt. Einen Kompro- miß zwischen dem Zielkonflikt der Kostenstabilisierung und der Ver- meidung von Arbeitslosigkeit sieht das Ortskrankenkasseninstitut darin, den Personalbedarf in den Mangelbereichen (öffentlicher Ge- sundheitsdienst, Rehabilitation, ambulante Krankenpflege und sonstige soziale Dienste) zu dek- ken. Darüber hinaus sollten in Zu- kunft gezielt regionale Versor- gungslücken geschlossen werden.

Eine stabilitätsgerechte Entwick- lung der Zahl der Berufstätigen im Gesundheitswesen wäre nur dann erreicht, wenn bis 1980 die Zahl der Beschäftigten nur noch um 0,4 Prozent oder 6000 jährlich steigt.

Andererseits müsse nach Ansicht des Instituts der Dienstleistungs- sektor jährlich 200 000 bis 300 000 Erwerbspersonen aus dem produ- zierenden Gewerbe und der Land- wirtschaft aufnehmen. Der Ge- sundheitssektor müsse in Zukunft weitgehend „arbeitsmarktneutral"

sein. Die noch nicht ausreichende Zahl von Ausbildungsstellen für Gesundheitsberufe verringern auch automatisch Wachstums- möglichkeiten im Gesundheitswe- sen. Ein Konflikt zwischen der An- gebotsentwicklung bei Ärzten, Pharmazeuten und Psychologen und dem Bedarf des Gesundheits- wesens ist nach Ansicht des Go- desberger Instituts nicht auszu- schließen. HC

DAK entläßt

ihren „Finanzchef"

Die Deutsche Angestellten-Kran- kenkasse (DAK), Hamburg, hat auf Beschluß des Vorstandes den Lei- ter des Finanzressorts, Alfred Sontheimer, mit sofortiger Wir- kung suspendiert. In der offiziellen Begründung heißt es, Sontheimer habe sich an Geschäften beteiligt,

„die nach Auffassung des Vor- standes nicht im Einklang mit sei- nen dienstlichen Obliegenheiten stehen". Finanzielle Interessen der

1924 Heft 35 vom 31. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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