Aus Bund und Ländern
Entschädigung für Arzneimittel-Opfer
BERLIN. Das Bundeska- binett hat eine Regelung zur Entschädigung für die Opfer des größten DDR-Arznei- mittelskandals beschlossen.
Mehr als 2 300 Frauen, die sich Ende der Siebzigerjah- re durch ein Medikament mit dem Hepatitis-C-Virus infizierten, sollen nach An- gaben des Bundesgesund- heitsministeriums noch in diesem Jahr eine einmalige Entschädigung sowie monat- liche Rentenzahlungen er- halten. Die Frauen waren nach Durchführung einer An- ti-D-Immunprophylaxe mit Hepatitis infiziert worden.
Die Prophylaxe sollte bei Frauen, deren Blut Rhesus- negativ ist, Gesundheitsschä- den durch eine Unverträg- lichkeit mit dem Blut ihrer neugeborenen Kinder ver- hindern.
Der Gesetzentwurf sieht Einmalzahlungen von 7 000 DM bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von zehn Prozent vor. Je nach Minde- rungsgrad kann die Einmal- zahlung 30 000 DM betragen.
Die Rente soll je nach Er- werbsfähigkeit zwischen 500 und 2 000 DM im Monat lie- gen. Bund und Länder teilen sich die Kosten jeweils zur Hälfte, wobei die neuen Län- der mit Berlin 37,6 Prozent und die alten Länder 12,4 Prozent des Gesamtbetrags
übernehmen. afp
Andrea Fischer: Armut bedroht Gesundheit
KÖLN. Anlässlich eines Symposiums zum zehnjäh- rigen Bestehen des Gesun- de-Städte-Netzwerks beklagte Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer Defizite in der Gesundheitsversorgung sozial Benachteiligter. Sie wies dar- auf hin, dass für die Gesund- heitsförderung neben ausrei- chender medizinischer Ver- sorgung auch in Deutschland für weite Bevölkerungskrei-
se eine umfassende Verbesse- rung der Lebensbedingungen nötig sei. Armut stelle längst kein Randphänomen mehr dar, und viele Studien beleg- ten den Zusammenhang von sozialer Schichtung und Ge- sundheit. Bestehende Maß- nahmen zur Gesundheitsför- derung würden immer noch eher von Menschen aus guten sozialen Verhältnissen in An- spruch genommen.
Insbesondere die große Zahl der Kinder und Jugend- lichen in der Armutsbevölke- rung sei erheblichen Gesund- heitsgefährdungen ausgesetzt.
Hierzu kündigte die Ministe- rin an, einen speziellen Kin- dersurvey durchzuführen, der detailliert über den Gesund- heitszustand, die gesundheit- liche Versorgung und die ge- sundheitsrelevanten Lebens- weisen von Kindern und Ju- gendlichen Aufschluss geben soll. IW
Kammer darf rügen
BERLIN. Verstöße gegen die ärztliche Berufsordnung kann die Ärztekammer Ber- lin seit kurzem auch durch eine Rüge ahnden. Sie soll zum Einsatz kommen, wenn Ärzte die Berufspflichten nur geringfügig verletzt haben.
Die Rüge kann mit der Auf- lage verbunden werden, bis zu 10 000 DM an eine ge- meinnützige Einrichtung zu zahlen.
Dr. med. Gerhard Ander- sen, Geschäftsführer der Ärz- tekammer Berlin, erklärte gegenüber der dortigen Kam- merzeitung, das neue Rüge- recht schaffe mehr Flexibi- lität. Bislang habe man ent- weder eine Ermahnung durch den Vorstand aussprechen
oder ein Berufsgerichtsver- fahren anstrengen können.
Letzteres lasse sich kaum zeitnah einsetzen und greife nur bei schweren Verfehlun- gen. Ein ähnliches Rügerecht wie nun in Berlin gebe es be- reits in einigen anderen Bun-
desländern. EB
A-502 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 9, 3. März 2000
S P E K T R U M NACHRICHTEN
KARLSRUHE. Cannabis kann unter Umständen straf- frei als Therapeutikum einge- setzt werden. Das Bundes- verfassungsgericht wies chro- nisch kranke Kläger darauf hin, dass sie beim Bundesin- stitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Berlin, ei- ne Sondererlaubnis beantra- gen können. Ein Antrag sei nicht von vornherein aus- sichtslos, weil die medizini- sche Versorgung der Bevöl- kerung ein öffentlicher Zweck sei, der eine Erlaubnis recht- fertige, so die Begründung.
Bisher hatte das Bun- desinstitut die Anträge auf ei- ne Cannabis-Therapie mit dem Argument abgelehnt, das In- teresse daran sei nur indivi- dueller Art.
Im Dezember 1999 hatten sechs Schwerkranke darauf- hin mit Verfassungsbeschwer- den versucht, Marihuana le- gal als Therapeutikum konsu- mieren zu dürfen. Ihnen war ärztlich bescheinigt worden, dass Cannabis ihre Leiden
(HIV, multiple Sklerose, Tou- rette-Syndrom, Hepatitis C, schwere Migräne und Epi- lepsie) lindern könnte. An- ders als Methadon, Morphium und Codein kann Cannabis nicht verschrieben werden;
wer es sich auf dem Schwarz- markt besorgt, macht sich
strafbar. ER
MedNet Maligne Lymphome gestartet
KÖLN. Das medizinische Kompetenznetzwerk Maligne Lymphome hat Mitte Januar seine Arbeit aufgenommen – eines von neun überregiona- len Netzwerken zu spezifi- schen Krankheitsbildern, die in einer Ausschreibung des Bundesministeriums für Bil- dung und Forschung (BMBF) 1999 als Förderprojekte er- mittelt worden waren. Das Netzwerk soll neue Wege und Strukturen entwickeln, um wissenschaftliche Erkenntnis- se rasch in die Patientenver- sorgung zu integrieren und ein professionelles Qualitätsma- nagement für die Behandlung von Lymphomerkrankungen aufzubauen, sagte der Spre- cher des Netzwerkes, Prof. Dr.
med. Volker Diehl, Universi- tät zu Köln.
Das MedNet Maligne Lymphome wird vom BMBF jährlich mit rund fünf Millio- nen DM über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert (Informationen im Internet:
www.lymphome.de). In dem Netzwerk sind Kliniker, Pa- thologen, Informatiker, Bio- metriker und niedergelassene Ärzte zu einem interdiszi- plinären Verbund zusammen-
geschlossen. KBr
Zusätzliche Belastungen im Jahr 2000 (nach Schätzungen der Krankenkassen – in Millionen DM)
1 900
Unterstützung von Verbraucher-
organisationen sowie von Patienten bei Behandlungs- fehlern
= 10
Absenkung der Zuzahlung
bei stationärer Rehabilitation
= 60
Wegfall Mindestbeitrag
für freiwillig versicherte Rentner
= 100
Einführung Zahnprophylaxe,
Gesundheits- förderung, Selbst-
hilfegruppen
= 630
Ausnahme- regelungen für
Krankenhaus
= 800 bis 1 000
Quelle: Dr. Rainer Hess, KBV, Köln, Januar 2000
Gesamtbelastung
Einführung ambulanter Soziotherapie
= 125
Mit rund 1,9 Milliarden DM werden die gesetzlichen Krankenkassen voraussicht- lich allein in diesem Jahr zusätzlich belastet – eine Folge der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen „GKV-Gesundheitsreform“. Einerseits wurden neue Leistun- gen eingeführt (etwa: Soziotherapie und Förderung von Selbsthilfegruppen), andererseits die Pflichtzuzahlungen der Versicherten reduziert. ✮