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Archiv "Prävention: Das Ende der Hoffnung: Vitamine schützen nicht vor Krebs" (05.01.2009)

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M E D I Z I N R E P O R T

D

ie Ergebnisse aus zwei ran- domisierten Studien mit mehr als 50 000 Teilnehmern er- schüttern erneut den in der US-Kul- tur tief verwurzelten Glauben an die segensreichen Wirkungen antioxi- dativer Vitamine. Nach den Publi- kationen im Amerikanischen Ärzte- blatt (JAMA) haben weder Vitami- ne C und E noch Selen eine krebs- präventive Wirkung. Für Selen wurde sogar ein tendenzieller Anstieg der Diabetesrate gefunden. Die Hoff- nung, dass Vitamine vor Krebs schützen, gründete sich auf zwei Stu- dien, die in den 1990er-Jahren been- det wurden. Beide hatten eigentlich ergeben, dass die eingesetzten Vita- mine das Krebsrisiko erhöhen, wur- den dann aber in Subgruppenanaly- sen ins Gegenteil umgedeutet.

Die erste Studie war der „Alpha- Tocopherol, Beta-Carotene Cancer Prevention (ATBC) Trial“, den das US-National Cancer Institute zu- sammen mit der finnischen Gesund- heitsbehörde zwischen 1985 und 1993 an Rauchern durchgeführt hat- te. Doch statt die Raucher vor Tu- moren zu schützen, erhöhte Beta- karotin das Lungenkrebsrisiko. Vita- min E hatte keine Wirkung (New England Journal of Medicine 1994;

330: 1029–35). Eine Subgruppen- analyse ergab dann jedoch, dass Vi- tamin E das Risiko auf ein Prosta- takarzinom um 32 Prozent senkte.

(Dies konnte übrigens später auf ei- nen Bias zurückgeführt werden:

Teilnehmer im Selen-Arm waren bei einem auffälligen PSA-Test sel-

Jetzt sind die Ergebnisse im Ein- zelnen im Amerikanischen Ärzteblatt nachzulesen (JAMA 2009; 301: doi:

10.1001/jama.2008.862). Wie Scott Lippman vom M. D. Anderson Can- cer Center in Houston und Mitarbei- ter berichten, erhöhte Vitamin E das Prostatakrebsrisiko tendenziell um 13 Prozent (Hazard-Ratio [HR] 1,13;

0,95–1,35). Für Selen wurde ein An- stieg um vier Prozent (HR 1,04;

0,87–1,24) gefunden. Die Kombina- tion beider Substanzen erhöhte das Risiko auf ein Prostatakarzinom um fünf Prozent (HR 1,05; 0,88–1,25).

Für Selen wurde außerdem ein um sieben Prozent erhöhtes Risiko auf eine Diabeteserkrankung gefunden (relatives Risiko 1,07; 0,94–1,22).

Vor diesem Hintergrund erklärt sich der vorzeitige Abbruch der Studie.

Die tendenzielle Erhöhung eines Krebs- und Diabetesrisikos hätte bei anderen Substanzen möglicherweise dazu geführt, dass das National Can- cer Institute von der Einnahme abrät.

Die Empfehlung (auf der Homepage der Studie) lautet indes, dass man keinesfalls mehr als ein Multivitamin zur selben Zeit einnehmen sollte. Den Teilnehmern wurde zudem angeboten, Finasterid einzunehmen, das nach ei- ner Studie aus dem Jahr 2003 die Rate der Prostatakrebsfälle um 25 Prozent gesenkt hatte. Wegen der gleichzeitig beobachteten erhöhten Rate von High- Grade-Tumoren hat sich diese Emp- fehlung jedoch nicht durchgesetzt.

Die zweite, jetzt publizierte Stu- die ist die Physicians Health Study II. An ihr beteiligten sich 14 641 tener zur Biopsie geschickt worden,

BJU Int 2003; 91: 608–12).

Die zweite Studie war der „Nutri- tional Prevention of Cancer Trial“.

An dieser Studie hatten zwischen 1983 und 1991 insgesamt 1 312 Pa- tienten mit Hautkrebs in der Vorge- schichte teilgenommen. Die Therapie mit 200 µg Selen sollte hier das er- neute Auftreten von Hauttumoren verhindern. Am Ende war deren Rate, wenn auch nicht signifikant, um zehn Prozent (Basaliome) und 14 Prozent (Spinaliome) gestiegen.

Aber glücklicherweise zeigte eine Subgruppenanalyse ein um 52 Pro- zent vermindertes Risiko auf Prosta- takarzinome.

Geringe Zunahme an Diabetes und Prostatakarzinomen Die beiden Studien veranlassten das National Cancer Institute zum „Se- lenium and Vitamin E Cancer Pre- vention Trial“ (SELECT). An 400 Orten in den USA, Puerto Rico und Kanada wurden rund 35 000 Männer im Alter ab 50 Jahren auf vier Stu- dienarme randomisiert. Sie nahmen entweder 400 IU Vitamin E oder 200 µg Selen oder beide Präparate oder Placebo ein. Ursprünglich war eine Studiendauer von sieben Jahren geplant. Im Oktober wurde die Studie nach 5,46 Jahren vorzeitig abgebro- chen. Das Ziel, die Rate der Prosta- takarzinome zu senken, war nicht er- reicht worden. Es deutete sich sogar ein leichter Anstieg der Krebsrate an.

Auch die Zahl der Diabeteserkran- kungen war tendenziell erhöht.

PRÄVENTION

Das Ende der Hoffnung: Vitamine schützen nicht vor Krebs

Zwei der bislang größten Langzeitstudien kommen zu dem Schluss, dass weder die Vitamine C und E noch das Spurenelement Selen das Karzinomrisiko senken.

A20 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 1–2⏐⏐5. Januar 2009

In den USA nehmen mehr als die Hälfte aller Erwachsenen Vitaminpräparate und/oder Nahrungs- ergänzungsmittel ein.

Foto:Michael Peters

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 1–2⏐⏐5. Januar 2009 A21

T H E M E N D E R Z E I T

männliche US-Ärzte im Alter über 50 Jahre, von denen 1 307 eine Krebs- diagnose in der Vorgeschichte hatten.

Sie nahmen über einen Zeitraum von durchschnittlich acht Jahren entwe- der Vitamin E (400 IU alle zwei Tage) oder Vitamin C (500 mg täglich) ein.

Beide Vitamine konnten sie weder vor einem Prostatakarzinom noch vor anderen Krebserkrankungen schützen (JAMA 2009; 301: doi:10.1001/jama.

2008.862).

Für Vitamin E errechnen Michael Gaziano vom Brigham and Wo- men’s Hospital in Boston und Mit- arbeiter eine Hazard-Ratio von 0,97 (0,85–1,09), also einen Rückgang um drei Prozent. Für alle Krebsdia- gnosen zusammen gab es einen An- stieg um vier Prozent (HR 1,04;

0,95–1,13). Auch Vitamin C schütz- te nicht vor Krebs: Hazard-Ratio 1,01 (0,92–1,10) auf die Gesamt- krebsrate und 1,02 (0,90–1,15) für das Prostatakarzinom.

Es erscheint nahezu ausgeschlos- sen, dass beide Studien eine protekti- ve Wirkung übersehen haben. Wer al- lerdings denkt, dass damit die Hypo- these einer krebspräventiven Wir- kung endgültig vom Tisch ist, sieht sich nach der Lektüre des Editorials eines Besseren belehrt (JAMA. 2009;

301: doi: 10.1001/jama.2008.863).

Peter Gann von der Universität von Illinois in Chicago spricht sich dafür aus, dass den beiden jetzt publi- zierten Studien der ersten Generatio- nen Studien einer weiteren Generati- on folgen könnten. Dort würden die Vitamine dann – vielleicht nach Durchführung von Gentests – gezielt an jene Patienten verordnet werden, denen sie auch nützten. Der Glaube an die Vitamine scheint auch unter Wis- senschaftlern in den USA unerschüt- terlich zu sein. Dabei hatten frühere Studien auf eine erhöhte Rate von Herzinsuffizienzen nach Einnahme von Selen und Vitamin E hingewie- sen (JAMA 2005; 293: 1338–47).

Eine im letzten Jahr publizierte Metaanalyse fand sogar eine leicht (aber signifikant) erhöhte Mortalität (JAMA 2007; 297: 842–57), die zu- vor schon für höhere Dosierungen des antioxidativen Vitamins beschrie- ben worden war (Annals of Internal Medicine 2005; 142: 37–46). n Rüdiger Meyer

N

ach § 8 der Arzneimittelricht- linie (AMR) sind Ärzte ver- pflichtet, vor einer Verordnung von Medikamenten zu prüfen, ob statt- dessen eine nicht medikamentöse Therapie in Betracht kommen kann.

Ein schlichter Austausch einer me- dikamentösen durch eine alternative Therapie ist jedoch meist nicht zweckmäßig. Ärzte, die auf ganz- heitliche Behandlungen Wert legen, wenden mit Erfolg Arzneimittel in Kombination mit nicht medika- mentösen Maßnahmen an. Die per- sönliche Zuwendung, das gehörte und das gesprochene Wort sowie die physikalische Therapie stehen dabei gleichrangig neben der Arzneiver- ordnung. Die Phytotherapie bietet gerade in solchen Fällen eine Opti- on, die verlässlich für den Arzt,

schonend für die Patienten und wirt- schaftlich für die Krankenkassen ist.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Neufassung des Arzneimittelge- setzes (AMG) 1976 verfügt, dass die Phytotherapie als „besondere The- rapierichtung“ erhalten werden soll, dass ihre Wirksamkeit nicht nur an- hand üblicher Prüfmethodik zu be- weisen ist und dass sie als Konkur- renz zur Therapie mit synthetischen Arzneimitteln anzusehen ist (1).

Durch die Arbeit der Kommissi- on E, die die Einhaltung dieser Vor- gaben gewährleisten soll, wurde von mehreren Zehntausend registrierten pflanzlichen Fertigarzneimitteln ein ausgewählter Teil (Tabelle) nach gültigem AMG zugelassen. Diese Präparate unterliegen in vollem Um- fang der Arzneimittelüberwachung, PHYTOTHERAPIE

Eine erhaltenswerte Alternative

Pflanzliche Heilmittel sind fast immer von der Erstattung ausgeschlossen. Dadurch findet Phytotherapie beim Apotheker oder in Selbstmedikation statt. Eine nützliche Behandlungsmethode läuft Gefahr, beim Arzt für wertlos erklärt zu werden.

Foto:mauritius images

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