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Archiv "Krebs durch Vitamin-K-Prophylaxe?: Praktische Probleme" (18.03.1994)

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Academic year: 2022

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MEDIZIN

Als Nervenarzt berührt mich das angesprochene Thema zwar nur peri- pher — jedoch erscheint mir der Hin- tergrund so wichtig, daß ich folgende Fragen formulieren möchte:

1. Durch wen wurden eigentlich die zahlreichen Anrufe beunruhigter Eltern und Ärzte ausgelöst, das heißt, wer hat die angesprochene Problematik einer breiten Öffentlich- keit zugänglich gemacht? — Es ging doch offenbar von einer ARD-Maga- zinsendung aus; wir müssen uns wohl darauf einstellen, daß immer häufi- ger eine Erstinformation über medi- zinische Sachverhalte nicht mehr über Fachpublikationen an uns ge- langt sondern über die Massenmedi- en und daß diese Informationen gleichzeitig ungefiltert an Patienten und Angehörige gelangen.

2. Wann und wie (und von wem) werden Eltern über Notwendigkeit und Risiken einer Vitamin-K-Pro- phylaxe aufgeklärt? — Eine solide wis- senschaftliche Information, wie sie dankenswerterweise in dem Artikel geliefert wird, nützt zunächst einmal dem Arzt und nur ihm. Er muß den Eltern/Müttern seine Kenntnisse so weitervermitteln, daß diese zwischen den beiden Risiken das — nach sub- jektiver Einschätzung — kleinere in Kauf nehmen: hier die Blutungen durch den Vitamin-K-Mangel des Frühgeborenen, dort die vage Mög- lichkeit einer höheren Krebsgefähr- dung. Die Juristen weisen uns Ärzte wohl zu recht darauf hin, daß wir un-

sere Schularbeiten in Sachen Patien- tenaufklärung generell ungern und ziemlich nachlässig machen.

3. Ganz allgemein: Wer ist in Kli- niken für Anordnung und Durchfüh- rung von sogenannten Routinemaß- nahmen zuständig, und wie werden Patienten/Angehörige über deren Notwendigkeiten und Risiken infor- miert? — Es wird hier viel an das Pflege- personal delegiert, das die weitrei- chenden Konsequenzen nicht gänz-

DISKUSSION

Zu dem Beitrag von

Professor Dr. med. Ulrich Göbel und Mitarbeitern

in Heft 1-2/1993

lich überblicken kann, und im schlech- testen Fall dem Patienten ein Infor- mationsblatt in die Hand drückt.

Dr. Bernhard Kleineidam Nervenarzt — Psychotherapie Chefarzt an der Klinik Hainerberg Altenhainer Straße

61462 Königstein/Ts.

Schlußwort

Die erste Frage betrifft die In- formation der Presse über relevante medizinische Fragen. Grundsätzlich ist bei Bekanntwerden neuer Daten von allgemeinmedizinischer Rele- vanz eine rasche Diskussion und Meinungsbildung in den Fachkreisen anzustreben, um eine Konsensbil- dung über die notwendigen Konse- quenzen für Empfehlungen hinsicht- lich präventiver, diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen zu er- reichen. Bei der Vitamin-K-Krebs- diskussion ist dieser Prozeß mit ab- schließenden koordinierten Stellung- nahmen des Bundesgesundheitsam- tes, der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- heilkunde und der Arzneimittelkom- mission der Deutschen Ärzteschaft in zügiger Weise innerhalb von weni- gen Monaten nach der Publikation der Daten von Professor Golding er- folgt. Ursache für eine noch raschere Information durch die öffentliche Presse war die Tatsache, daß münd- lich vorgetragene Daten von Profes- sor Golding bereits nach deren Vor- stellung auf dem Jahrestreffen der British Paediatric Association im März 92 durch die öffentliche Presse aufgegriffen wurden; dies geschah lange vor der endgültigen Auswer-

tung und Publikation der Ergebnisse im British Medical Journal. Verbind- liche Stellungnahmen des Bundesge- sundheitsamtes und der Ärzteschaft sind jedoch nur nach Publikation zi- tierbarer Daten in medizinischen Fachzeitschriften möglich.

Die zweite und dritte Frage be- trifft die Problematik der Aufklärung der Eltern über Routinemaßnahmen in der Neugeborenenperiode, in der die Vitamin-K-Prophylaxe nur eine von verschiedenen Routinemaßnah- men ist. Raum für eine Information der Eltern über derartige Routine- maßnahmen besteht im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersu- chungen, der Geburtsvorbereitungs- kurse und nicht zuletzt über ein In- formationsblatt der Eltern bei Auf- nahme der werdenden Mutter zur Entbindung. Für die Düsseldorfer Universitäts-Frauenklinik — wie auch andere Kliniken — ist ein ausführli- ches Informationsblatt erarbeitet worden, in dem die Eltern über die anstehende Vitamin-K-Prophylaxe informiert und aufgefordert werden, im Falle des Nichteinverständnisses dies dem Geburtshelfer oder der Hebamme mitzuteilen.

Da bei der empfohlenen gene- rellen oralen Vitamin-K-Prophylaxe keinerlei Beeinträchtigung des Kin- des oder potentielle Langzeitneben- wirkungen zu erwarten sind, er- scheint der Verzicht auf eine schrift- liche Einverständniserklärung wei- terhin gerechtfertigt. Bei kranken Neugeborenen, für die auch heute noch die Indikation zu einer parente- ralen Vitamin-K-Prophylaxe gegeben sein kann, liegt insofern eine andere Situation vor, als es sich hierbei nicht um eine generelle Prophylaxe, son- dern um die notfallmäßige Abweh- rung einer akuten Blutungsbedro- hung für individuell erkrankte Kin- der handelt. Somit ist bei diesen Kin- dern die Vitamin-K-Gabe als Teil der Behandlung anzusehen, für die die Eltern ein generelles Einver- ständnis gegeben haben.

Prof. Dr. med. Ulrich Göbel Priv.-Doz. Dr. med.

Rüdiger von Kries

Kinderklinik und Poliklinik der Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5 • 40225 Düsseldorf

Krebs durch

Vitamin-K-Prophylaxe?

Praktische Probleme

A-756 (58) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 11, 18. März 1994

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