Das Zentralinstitut für die kas- senärztliche Versorgung (ZI), Köln, hat ein Forschungsprojekt gestartet, das geeignete Indikatoren für die Be- darfsplanung der psychotherapeuti- schen Versorgung ermitteln soll. Das vom Bundesministerium für Gesund- heit und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung geförderte Projekt soll Aufschluß darüber geben, in wel- chem Umfang Psychotherapieange- bote vorgehalten werden müssen, da- mit die Zahl der unversorgten Thera- piebedürftigen möglichst klein bleibt.
In mehreren Regionen der Bun- desrepublik werden Daten über das psychotherapeutische Angebot, die Nachfrage und den fachlich definier- ten Bedarf erhoben. Daß nach regio- nalen Aspekten differenziert werden muß, belegen die Resultate einer Vor- studie der Koordinationsstelle für die psychotherapeutische Versorgung in Koblenz („Koblenzer Modell“): Im Bereich der Kassenärztlichen Verei- nigung Koblenz wurde festgestellt, daß ein Versorgungsungleichgewicht zwischen städtischen und ländlichen Gebieten besteht. Zudem befanden sich in der ambulanten psychothera- peutischen Versorgung Praxisformen mit unterschiedlichen Behandlungs- kapazitäten und einem differenten Leistungsspektrum. Selbst wenn man das Therapieangebot zur hauptsächli- chen Planungsgrundlage machen wollte, würde es daher nicht ausrei- chen, lediglich die Anzahl der Anbie- ter zu berücksichtigen.
Daher wird man Vorschläge erar- beiten, die von der bisher praktizierten Bedarfsplanung abweichen, bei der die fachgruppenspezifischen Arzt-Ein- wohner-Relationen das wesentliche Planungskriterium darstellen. Die im ambulanten Bereich Psychotherapie praktizierenden Ärzte und Psycholo- gen sind in unterschiedlichem Maß psychotherapeutisch tätig. Die Spezia- lisierung auf verschiedene Therapie- verfahren (zum Beispiel: Verhaltens-
therapie, Psychoanalyse, tiefenpsycho- logische Therapie) sowie die Präferenz für unterschiedliche Therapieformen (Kurzzeittherapie, Langzeittherapie, Gruppentherapie) erschweren die Be- darfsplanung zusätzlich. Das jeweils verfügbare Angebot muß also sowohl nach quantitativen als auch nach quali- tativen Aspekten analysiert werden.
Darüber hinaus sind Untersuchungen über die Nachfrage- und Bedarfssitua- tion erforderlich, um Aussagen über eine Unter- oder Überversorgung tref- fen zu können.
Kooperation mit KVen Dank der Kooperationsbereit- schaft und des Engagements der Kas- senärztlichen Vereinigungen Bayern, Koblenz, Nordrhein und eventuell Südbaden und Mecklenburg-Vorpom- mern ist es möglich, das Projekt auf breiter Datenbasis durchzuführen. Sie richten zur Zeit Koordinationsstellen für die psychotherapeutische Versor- gung ein, die dem Forschungsprojekt zur Ermittlung der Angebots- und Nachfragesituation dienen. Den Pati- enten bieten sie zunächst einen Ser- vice an. Sie vermitteln Behandler be- ziehungsweise Behandlungstermine, um den nicht selten langwierigen Suchprozeß zu verkürzen. Damit Bedarfsplanung nicht vom „grünen Tisch“ aus erfolgt, sondern in enger Zusammenarbeit mit der Berufsgrup- pe, die die Versorgung in diesem Be- reich gewährleistet, wird auf die Mit- arbeit der Psychotherapeuten am For- schungsprojekt besonderer Wert ge- legt. Kommunikation, Koordination und Kooperation aller an der psycho- therapeutischen Versorgung Beteilig- ten sind für das Gelingen des Vorha- bens zentrale Voraussetzung. Die An- fänge sind vielversprechend.
Dr. phil. Ingbert Weber, Zentralinstitut für die kassen- ärztliche Versorgung, Köln A-2604 (28) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 41, 11. Oktober 1996
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