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Archiv "Psychotherapeutische Versorgung: Vielgestaltige Verbandslandschaft" (02.06.2000)

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eit dem 1. Januar 1999 sind Psychologische Psychothera- peuten und Kinder- und Ju- gendlichenpsychotherapeuten in die kassenärztliche Versorgung integriert.

Eine zunächst unüberschaubare An- zahl Berufsverbände und Fachgesell- schaften begleitet diesen Prozess.

Grundsätzlich gibt es zwei Lager:

In den Verbänden der ehemaligen

„Erstattungspsychotherapeuten“ sind die nichtärztlichen Psychotherapeuten organisiert, die vor der Integration nicht über Behandlungsverträge in die ambulante Versorgung eingebunden waren; ihre Kosten wurden direkt von den Krankenkassen erstattet. Dieses Lager – heute zusammengeschlossen in der Allianz psychotherapeutischer Berufs- und Fachverbände (Allianz) mit rund 9 000 Mitgliedern (siehe Ka- sten) – stand dem Integrationsmodell immer skeptisch gegenüber. Entspre- chend kritisch ist auch ihre Einstellung gegenüber dem System der kas- senärztlichen Versorgung. Sie bedau- ern den Verlust ihrer Unabhängigkeit.

„Unser Ideal wäre eine ,Kassen- psychotherapeutische Vereinigung‘, auch wenn das zurzeit unrealistisch ist“, erklärt Karin Flamm vom Deut- schen Psychotherapeutenverband (DPTV), dem „Sprachrohr“ der Alli- anz. Der DPTV, erst nach der Integra- tion im April 1999 gegründet, umfasst 3 750 Psychologische Psychothera- peuten unabhängig von der Kassenzu- lassung. Die Psychologischen Psycho- therapeuten seien zudem in den Ver- treterversammlungen der kassenärzt- lichen Körperschaften nicht ausrei- chend vertreten, meint Flamm, da höchstens zehn Prozent der Delegier- ten aus den Reihen der Psychologen gestellt werden können.

Das andere Lager bilden die Ver- bände der ehemaligen „Delegations- psychotherapeuten“, die vor der Inte- gration die ambulante Versorgung in Kooperation mit den Kassenärzten gewährleistet haben. Hierzu gehö- ren Psychologische Psychotherapeu- ten, die nach den Psychotherapie- Richtlinien arbeiten, und ärztliche Psychotherapeuten. Verbündet haben sie sich in der Arbeitsgemeinschaft der Richtlinienverbände (AGR), die rund 12 000 Mitglieder umfasst. Die AGR hat, im Gegensatz zur Allianz, die In- tegration befürwortet; einzelne Ver- bände wirkten aktiv am Psychothera- peutengesetz mit.

Desolate Finanzierung

„Die Integration steht jetzt auf- grund einer desolaten Finanzierungs- politik vor dem Scheitern“, erklärt Hans-Jochen Weidhaas, Bundesvor- sitzender der Vereinigung der Kas- senpsychotherapeuten, einem der vier berufspolitisch aktiven Verbände der AGR. Der 1984 gegründete Ver- band umfasst ausschließlich Psycho- logische Psychotherapeuten, davon zwei Drittel Verhaltenstherapeuten.

Die Finanzierung, die sich als unzu- reichend herausgestellt hat und viele psychotherapeutische Praxen in ihrer Existenz gefährdet, ist für alle psy- chotherapeutischen Verbände der Grund zu sagen, die Integration sei misslungen. Sie kritisieren einhellig, dass der im Urteil des Bundessozial- gerichtes vom 25. August 1999 ge- nannte Punktwert von 10 Pfennig für genehmigungspflichtige zeitgebunde- ne psychotherapeutische Leistungen nicht umgesetzt wurde.

Während die Verbände in der Forderung einer angemessenen Fi- nanzierung an einem Strang ziehen, gibt es in anderen Bereichen, die die Integration mit sich gebracht hat, deutliche Differenzen: hinsichtlich der Anerkennung der Gutachterver- fahren und in Fragen der geplanten Kammern.

Die Allianz und die Richtlinien- verbände unterscheiden sich deutlich in der Bewertung der Gutachterver- fahren, die seit rund 30 Jahren ange- wendet werden. Anlass für die derzeit geführte Diskussion ist eine Praxis- studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass das Gutachterverfahren „weder zweckmäßig noch verhältnismäßig“

ist (Köhlke 2000*). 75 Prozent der be- fragten Psychotherapeuten disqualifi- zierten das Verfahren als ein Instru- ment, das „primär Formulierungsge- schick und nicht Therapiequalität“ er- fasst. Die Allianz fordert, das Gutach- terverfahren durch „angemessenere Verfahren“ zu ersetzen. Den „dem System der kassenärztlichen Ver- sorgung nahe stehenden Verbänden“

wirft der DPTV vor, sich „auffallend ruhig zu verhalten“, weil „ihren Funk- tionären die Gutachtertätigkeit ein hohes Nebeneinkommen einbringt“.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psy- chosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT), der berufspolitische Ver- band von psychologischen und ärztli- chen Psychoanalytikern, fürchtet da- gegen – wie die übrigen Richtlinien- verbände – um die Einhaltung der Psychotherapie-Richtlinien: Die Qua- lität der Versorgung leide, wenn die Gutachterpflicht abgeschafft würde, meint DGPT-Vorsitzende Anne-Ma- rie Schlösser. „Das Gutachterverfah- ren“, sagt sie, „ wird überwiegend von schlechter ausgebildeten Therapeu- ten abgelehnt.“

„Berufsgruppen driften unnötig auseinander”

Der Bundesverband der Vertrags- psychotherapeuten (BVVP), organi- siert in der AGR, vertritt Psychologi- sche Psychotherapeuten und ärztliche Psychotherapeuten mit Zulassung zu

A-1509

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 22, 2. Juni 2000

Psychotherapeutische Versorgung

Vielgestaltige

Verbandslandschaft

Eine Vielzahl psychotherapeutischer Berufsverbände bemüht sich seit In-Kraft-Treten des Psychotherapeutengesetzes um die Integration in das System der kassenärztlichen Versorgung.

S

*Die Studie ist im Internet verfügbar unter:

www.bbpp.de (Rubrik Berufspolitik anklicken)

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etwa gleichen Teilen. Der BVVP hält neue Kammern (siehe auch Deutsches Ärzteblatt, Heft 4/2000), zu denen ärzt- liche Psychotherapeuten keinen Zu- gang haben, für ungünstig. „Die beiden Berufsgruppen driften unnötig ausein- ander“, glaubt Pressesprecher Dr.

Frank Roland Deister. Entsprechend der „interdisziplinären Tradition der Psychoanalyse“ versucht auch die DGPT die Interessen von Ärzten und Psychologen zu vereinen. Die beiden Verbände fordern, bei der Namensge- bung neuer Kammern auf klare Begriff- lichkeiten zu achten: nicht „Psychothe- rapeutenkammer“, sondern „Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsycho- therapeuten“ sei angemessen.

„„G Geeffä ähhrrd duunng g d deerr ä

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Dafür tritt auch die „Ständige Konferenz ärztlicher psychotherapeu- tischer Verbände“ ein: 14 Verbände, die sich zusammengeschlossen haben, um zu verhindern, dass „die so ge-

nannte Integration zur Gefährdung, wenn nicht gar Vernichtung der ärzt- lichen Psychotherapie führt“, erklärt Dr. med. Friedrich Neitscher, Vereini- gung Psychotherapeutisch Tätiger Kassenärzte. Sie fürchten die Konkur- renz der neu integrierten Psycholo- gen. Im Rahmen des vergangenen Deutschen Ärztetages forderten sie, die Begriffe „ärztlicher Psychothera- peut“ und „Psychologischer Psycho- therapeut“ voneinander abzugrenzen:

Wenn nur von Psychotherapeuten die Rede sei, setze sich in den Köpfen fest, dass damit Psychologen gemeint seien.

Zusätzlich zu der desolaten Ho- norarsituation haben die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, or- ganisiert in den Richtlinienverbän- den, besondere Probleme seit In- Kraft-Treten des Psychotherapeuten- gesetzes: der Mangel an zugelassenen fachkompetenten Therapeuten für Kinder- und Jugendliche. Die 1 300 Mitglieder der Vereinigung Analyti- scher Kinder- und Jugendlichenpsy- chotherapeuten führen etwa 90 Pro- zent der Therapien mit dieser Gruppe

durch. Für die Unterversorgung ver- antwortlich macht Pressesprecher Pe- ter Lehndorfer das Fehlen einer se- paraten Bedarfsplanung. Gesetzlich vorgeschrieben bilden Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ge- meinsam mit (ausreichend vielen) Er- wachsenentherapeuten eine Arzt- gruppe in der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Fast alle Planungsgebiete in den alten Bundesländern seien daher – trotz Unterversorgung mit Kinder- und Ju- gendlichenpsychotherapeuten – für Neuzulassungen gesperrt.

Die Verbandslandschaft der Psy- chotherapeuten wirkt unübersicht- lich. Das liegt zum einen an der häufi- gen Vermischung von Fachgesell- schaft und Berufsverband und den zum Teil widerstreitenden Fachrich- tungen innerhalb der Psychotherapie.

Wenige Verbände, wie der BVVP und die DGPT, halten die Interessen von Ärzten und Psychologen für gemein- same, andere stehen einander fast feindlich gegenüber. Was sie vereint, ist der Kampf um angemessene Ho-

norare. Petra Bühring

A-1512

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 22, 2. Juni 2000

Psychotherapeutische Berufs- und Fachverbände

Arbeitsgemeinschaft der Richtlinienverbände (AGR)

Berufsverband der psychologischen Psycho- analytiker in der DGPT

Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (BVVP)

Deutscher Fachverband für Verhaltenstherapie Deutsche Gesellschaft für Analytische Psycho- logie

Deutsche Gesellschaft für Analytische Psycho- therapie und Tiefenpsychologie

Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefen- psychologie (DGPT)

Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft Deutsche Psychoanalytische Vereinigung Deutscher Arbeitskreis für Gruppenpsycho- therapie und Gruppendynamik

Verband für integrative Verhaltenstherapie Vereinigung analytischer Kinder- und Jugend- lichenpsychotherapeuten (VAKJP)

Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten

Allianz psychotherapeutischer Berufs- und Fachverbände Arbeitsgemeinschaft für Verhaltens- modifikation

Berufsverband der Kinder- und Jugend- lichenpsychotherapeuten

Deutsche Fachgesellschaft für tiefenpsycho- logisch fundierte Psychotherapie

Deutsche Gesellschaft für psychologische Schmerzforschung und -therapie Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie Deutsche Psychologische Gesellschaft für Gesprächspsychotherapie

Deutscher Psychotherapeutenverband (DPTV)

Gesellschaft für Neuropsychologie Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose

Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP)

Verband Psychologischer Psychotherapeuten im BDP

Ständige Konferenz

ärztlicher psychotherapeutischer Verbände Allgemeine Ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie Berufsverband der Ärztlichen Psychoanalytiker in der DGPT Berufsverband der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

Berufsverband der Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin Deutschlands

Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie Deutsche Gesellschaft für Ärztliche Hypnose und Autogenes Training

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

Deutsche Gesellschaft für Klinische Psychotherapie und Psychosomatische Rehabilitation

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde

Deutsche Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin Gesellschaft für Psychotherapie, Psychosomatik und medizi- nische Psychologie

Sektion Ärzte im Deutschen Fachverband für Verhaltens- therapie

Vereinigung Psychotherapeutisch Tätiger Kassenärzte (VPK) Vereinigung der Leitenden Ärzte psychosomatisch-psychothe- rapeutischer Krankenhäuser und Abteilungen in Deutschland

Referenzen

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