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Archiv "Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation: Bundesweite Versorgung angestrebt" (18.04.2008)

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A830 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1618. April 2008 zum Gewebegesetz im März 2007.

Die Bereitschaft zur Organspende zu- gunsten anonymer Dritter beruhe im Wesentlichen auf der Überzeugung, dass das eigene Organ das Leben an- derer Menschen retten oder großes Leid lindern könne.

Anders als mit Organen darf mit Gewebezubereitungen Handel ge- trieben werden, wenn diese als Fer- tigarzneimittel zugelassen sind. Für die meisten Menschen mache es ei- nen Unterschied, ob gespendetes Gewebe über den Umweg einer

pharmazeutischen Weiterverarbei- tung, eventuell verbunden mit kom- merziellen Interessen, einem dia- gnostischen oder therapeutischen Nutzen zugeführt werde oder direkt Menschen helfe. Auf den Organ- spendeausweisen müssten Unter- schiede in der möglichen Verwen- dung von Organen und Geweben er- kennbar sein. Die derzeitige Form, die ein gemeinsames Kreuz für Or- gane und Gewebe zulasse, müsse geändert werden. Andernfalls könne die altruistische Organspende ge- fährdet sein, sobald die Problematik ins Bewusstsein der Bevölkerung gedrungen sei. Bis Ende 2008 muss

die Bundesregierung ohnehin einen Erfahrungsbericht zur Organspende vorlegen und bis zum 1. August 2010 auch über die Versorgung mit Geweben.

Nach welchen Kriterien diese al- lerdings bei Engpässen an die trans- plantierenden Kliniken verteilt wer- den sollten, ist unklar. Schließlich wäre es denkbar, dass künftig nicht alle kommerziellen Gewebeproduk- te universell verfügbar sein werden.

Wird deren Allokation dann über den Preis reguliert? Man hätte sich gewünscht, dass der Gesetzgeber zu dieser Frage Stellung nimmt. I Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

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eitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Gewebegesetzes gründeten am 1. August 2007 die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Universitätskliniken Leip- zig und Dresden die Deutsche Gesell- schaft für Gewebetransplantation mbH (DGFG). Sie ist die Nachfolge- gesellschaft einer ehemaligen Tochter- gesellschaft der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), die für die Koordination der Gewebespende zuständig war (DSO-G). Ziel des un- abhängigen, gemeinnützigen Netz- werks ist es, eine „bedarfsgerechte, si- chere, transparente sowie kostengün- stige Versorgung von Patienten mit Gewebetransplantaten zu gewährleis- ten“, erklärt der DGFG-Geschäftsfüh- rer Martin Börgel (Hannover).

Die neue Gesellschaft bewertet das Gewebegesetz ein halbes Jahr nach dessen Inkrafttreten positiv: „Die Regelungen zu Spendermeldungen, Gewebeherkunft und zur Verwendung waren längst überfällig“, betont der Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover, Holger Bau- mann. Befürchtungen, dass durch das Gesetz weniger gespendet werden könnte, hätten sich bislang nicht er- füllt. Insgesamt wurden im vergange- nen Jahr allein aus Banken des DGFG- Netzwerks 1 415 Gewebepräparate transplantiert (siehe Kasten).

Eine Schlüsselrolle bei den Gewe- betransplantationen kommt den Uni- versitätskliniken zu. Sie führen große Gewebebanken und transplantieren die meisten Gewebe. „Unser Ziel es,

an den Universitätskliniken ent- wickelte Spendestrukturen in die Fläche zu übertragen, um eine bundes- weite Versorgung mit Gewebespen- den zu sichern“, sagt Prof. Dr. med.

Detlev Michael Albrecht, Medizini- scher Vorstand am Dresdner Univer- sitätsklinikum.

Besonders erfolgreich sei der Auf- bau von Spendestrukturen in den neu- en Bundesländern. Dort werde durch großes Engagement aller Beteiligten der Bedarf an Spendegeweben bereits weitgehend gedeckt. In Mecklenburg- Vorpommern kommen beispielsweise 140 Spender von Augenhornhäuten auf eine Million Einwohner. „Würde überall so viel gespendet werden, könnte jeder in Deutschland wartende Patient eine Hornhaut bekommen“, meint Börgel.

Noch führt die DGFG kein einheit- liches Gewebespenden-Register. Dem Gewebegesetz zufolge müssen jedoch transplantierte Gewebe künftig zentral erfasst und ihre Herkunft genau doku- mentiert werden. Alle Kliniken sind angehalten, ihre Gewebespenden und Transplantationen zunächst an das Paul-Ehrlich-Institut zu melden. Im Herbst will die DGFG dann die erste bundesweite Übersicht vorstellen. I Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR GEWEBETRANSPLANTATION

Bundesweite Versorgung angestrebt

Zahlen und Fakten zur Gewebespende

>Die DGFG betreute 2007 mehr als 2 500 Gewebespenden, hauptsächlich Augenhornhäute (1 222). Außerhalb des DGFG-Netzwerks werden jährlich etwa 6 000 Augenhornhäute verpflanzt, bei einem geschätzten Bedarf von 8 000 bis 10 000 jährlich.

>Etwa 30 000 Transplantationen von Knochen, Knorpeln, Sehnen und Faszien erfolgen jährlich in Deutschland. Innerhalb des DGFG-Netzwerks haben 112 Menschen 2007 muskuloskelettales Gewebe gespendet, aus dem mehr als 5 000 Transplantate generiert wurden.

>Circa 150 Herzklappentransplantate werden jährlich in Deutschland verpflanzt; der Bedarf liegt je- doch bei 400. Innerhalb des DGFG-Netzwerks wurden 2007 bundesweit 292 Herzklappen gespendet und 68 transplantiert.

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cherheit, die mit der Regelung ge- schaffen worden sei. Ein wichtiger Aspekt sei zudem die Chancen- gleichheit, ein Organ zu erhalten, so- wie die organisatorische Trennung von Organspende und Vermittlung.

Lilie hob außerdem die im TPG fest- gelegte Richtlinienkompetenz der

BÄK für alle wichtigen Kriterien von Spende und Transplantation, einschließlich der Hirntoddiagnostik, hervor. Im TPG seien zudem klar die Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Spende und ein Verbot des Or- ganhandels festgelegt.

Über die Bekämpfung des Organ- handels wird allerdings seit Kurzem wieder heftig diskutiert. Dass jegli- che Form der Kommerzialisierung von Organspenden abzulehnen sei, darin ist man sich einig. Das betonten 2007 auch die Delegierten des 110.

Deutschen Ärztetages in Münster.

Die EU-Kommission sieht eben- falls eine ihrer wesentlichen Aufga- ben in der Bekämpfung des „illega- len“ Organhandels, dessen Gefahren sie andererseits jedoch als nicht allzu hoch einschätzt: „Zwar hat die straf- rechtliche Verfolgung bisher keine

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uch wenn in Deutschland in den vergangenen Jahren die Zahl der Organspenden kontinuier- lich gestiegen ist, kann immer noch nicht allen Patienten geholfen wer- den. Nach wie vor sterben im Durch- schnitt an jedem Tag drei Patienten, die auf der Warteliste stehen, weil für sie nicht rechtzeitig ein Spenderor- gan zur Verfügung steht. Rund 12 000 Schwerkranke hoffen nach Angaben der Deutschen Stiftung Or- gantransplantation (DSO) auf ein neues Organ.

Doch wie kann dem immer noch existierenden Organmangel begeg- net werden? Ob eine Änderung des seit elf Jahren geltenden Transplanta- tionsgesetzes (TPG) die richtige Lö- sung ist, bleibt umstritten. Der dama- lige Nationale Ethikrat schlug bei- spielsweise im letzten Jahr ein Stu- fenmodell vor, das Elemente einer Erklärungsregelung mit einer Wider- spruchsregelung verbindet. Die Zu- stimmung zur Organspende sollte bei Ausstellung eines Führerscheins oder einer elektronischen Gesund- heitskarte auf diesen Dokumenten gespeichert werden (dazu Kasten

„Klärungsbedarf“).

Bisher gilt in Deutschland die er- weiterte Zustimmungsregelung. Da- nach ist nur derjenige, der zu Lebzei- ten zugestimmt hat, auch potenziel- ler Organspender (Organspendeaus- weis). Die Angehörigen können nach dem mutmaßlichen Willen des Ver- storbenen entscheiden, wenn sich dieser nicht geäußert hat. Nach der Widerspruchslösung dürfen Organe dann entnommen werden, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten nicht aus- drücklich widersprochen hat.

Nach Ansicht von Prof. Dr. jur.

Hans Lilie, dem Vorsitzenden der Ständigen Kommission Organtrans- plantation der Bundesärztekammer (BÄK), hat sich das deutsche Trans- plantationsgesetz bewährt. Dazu zähle an erster Stelle die Rechtssi-

Nachweise erbracht, doch es ist mög- lich, dass international agierende kri- minelle Organisationen die lukrati- ven Möglichkeiten erkannt haben, die sich aus der Lücke zwischen An- gebot und Nachfrage ergeben, und mehr Druck auf Menschen ausüben, die in extremer Armut leben, damit diese ihre Organe verkaufen.“ Der Organhandel in Europa bewege sich allerdings nach aktuellen Schätzun- gen auf relativ niedrigem Niveau. (1) Nach Ansicht des CDU-Europa- abgeordneten Dr. med. Peter Liese verharmlost die Europäische Kom- mission das Thema Organhandel in

„unverantwortlicher Weise“. Gerade die schwächsten Menschen in ärme- ren Ländern setzten sich hohen medi- zinischen Risiken aus, damit reiche Menschen in den Industrieländern ein Organ bekämen.

Die Bundesärztekammer kriti- siert, dass der Begriff „illegaler Or- ganhandel“ zumindest missverständ- lich sei. Er suggeriere nämlich die Existenz eines „legalen Organhan- dels“. Organhandel sei aber generell verboten. Dass die EU-Kommission, gerade vor dem Hintergrund der schwachen Datenlage, die Bekämp- fung des Organhandels zu einem ih- rer wichtigsten Ziele erkläre, lasse vermuten, „dass es sich hier um eine politische Absichtserklärung mit dem Ziel der Durchführung be- stimmter ordnungspolitischer Vor- stellungen handelt“.

Weniger kritisch sieht Liese die Absicht der Europäischen Kommis- sion, noch in diesem Jahr eine Richtlinie zur Qualität und Sicher- heit von Organspenden und -trans- plantationen vorzulegen. Der Ge- sundheitsausschuss hat sich am 26.

März einstimmig für den entspre- chenden Entwurf ausgesprochen.

Danach soll beispielsweise vermie- den werden, dass Krankheitserreger wie HIV oder Hepatitisviren vom Spender auf den Empfänger über- tragen werden. Außerdem sollen eu- ropaweit die besten Methoden ein- geführt werden, um die Verfügbar- keit von Organen zu erhöhen.

Diese Ansätze werden von den Europaabgeordneten unterstützt. „Ein hoher Standard zugunsten der Pati- enten ist in jedem Fall wünschens- wert und noch nicht in allen europä- TRANSPLANTATIONSMEDIZIN IN EUROPA

Export des Mangels

Nach Ansicht der Bundesärztekammer kann dem Organmangel durch EU-weite Regelungen nicht wirksam begegnet werden.

Rechtssicherheit und Chancen- gleichheitbei der Organverteilung sind wesentliche Merk- male des deutschen Transplantations- gesetzes.

Foto:Laif

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em deutschen Transplantati- onsgesetz (TPG) zufolge dür- fen Herztoten nur dann Organe ent- nommen werden, wenn der Hirntod eindeutig festgestellt worden ist oder wenn seit dem Herzstillstand mindestens drei Stunden vergangen sind. Um den chronischen Mangel von Spenderorganen einzudämmen, empfehlen einige Transplantionsme- diziner, den Zeitpunkt der Organent- nahme deutlich vorzuverlegen – so wie es in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Spanien, Belgien und den USA bereits möglich ist.

Dort kann mit der Organentnahme zehn Minuten nach den Nulllinien- EKG begonnen werden, ohne dass vorab der Hirntod festgestellt wor- den sein muss. Nach den Vorgaben des „Maastricht-Protokolls“ von 1995 (benannt nach dem Uniklini- kum der niederländischen Stadt, wo seit den 80er-Jahren Spenderpro- gramme mit Herztoten laufen) klas- sifiziert man diese „Organspender ohne schlagende Herzen“ (Non- Heart-Beating-Donors, NHBD) wie folgt:

>Herzstillstand bei Ankunft in der Klinik (I)

>Spender nach erfolgloser Reani- mation (II)

> Spender, bei denen der Herz- stillstand erwartet wird nach Unter- brechung lebenserhaltender Maß- nahmen (III)

> Herzstillstand bei Hirnstamm- Tod (IV) sowie

> Herzstillstand bei einem sta- tionären Patienten (V).

Als Spender nach Herzstillstand kämen zum Beispiel infrage: Men- schen im Koma, nach Schlaganfall oder Herzinfarkt, Querschnitts- gelähmte und Unfallopfer. Auch Schwerkranke, deren Tod zwar nicht unmittelbar bevorsteht, die ihre Le- bensqualität aber nicht mehr akzepta- bel finden, könnten als NHBD in Be- tracht kommen. Voraussetzung für die planmäßige Organspende ist, dass der Betroffene oder seine Angehöri- gen dem Verzicht auf lebenserhalten-

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ischen Ländern vorhanden. Wir müs- sen allerdings aufpassen, dass keine übertriebenen Belastungen für die Krankenhäuser mit der Richtlinie verbunden sind“, sagte Liese. Auch die SPD-Gesundheitsexpertin, Dag- mar Roth-Behrendt, bezeichnete die Pläne der Kommission als „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Ein- zelstaatlich unterschiedliche Vorga- ben, wie die Zustimmungs- oder Wi- derspruchsregelung, sollten jedoch nicht angetastet werden, so die Abge- ordneten. Ländervergleiche hätten gezeigt, dass die unterschiedlichen Lösungsmodelle keinen Einfluss auf die Spendenbereitschaft der Bevöl- kerung hätten, betonte Liese.

Trotz der bundesweit geltenden erweiterten Zustimmungslösung va- riierten selbst innerhalb Deutsch- lands die Spenderzahlen regional mitunter sehr stark. Für sinnvoller halten es die Abgeordneten, Trans- plantationskoordinatoren an den Krankenhäusern einzuführen.

Die Bundesärztekammer vermu- tet, dass durch die EU-Richtlinie weitreichende Eingriffe in die Struk- tur der Transplantationsmedizin der einzelnen Mitgliedstaaten vorge- nommen werden sollen, die lediglich zu einer Überbürokratisierung führ- ten (www.bundesaerztekammer.de/

downloads/STN_EU_Organspende.

pdf). Das unterschiedliche Ausmaß des Organmangels in den EU-Mit- gliedstaaten sei strukturbedingt und unabhängig davon, wie die Trans- plantationsmedizin jeweils etabliert, gesetzlich geregelt und von der Be- völkerung akzeptiert sei. Der Aus- tausch eines nicht ausreichend vor- handenen Gutes führe aber nicht zu einer Behebung des Mangels, son- dern nur zu seiner Verschiebung.

„Eine so ausgerichtete EU-Initia- tive wäre fehlorientiert und könnte im Zweifel den Export von Organen aus Mitgliedstaaten ohne etablierte Transplantationsmedizin befördern.

Man kann nicht einfach ein Herz in Athen entnehmen und in Helsinki transplantieren“, sagte der Hauptge- schäftsführer der BÄK, Prof. Dr.

med. Christoph Fuchs, in Brüssel.

Darüber hinaus erscheine die Ein-

führung einer EU-weiten Warteliste für Organe unter anderem aus phy- siologischen Gründen, beispielswei- se wegen der begrenzten Ischämie- zeit der Organe, nicht praktikabel.

Ein positives Beispiel für eine grenzüberschreitende Kooperation bei der Vermittlung von postmortal gespendeten Organen ist die Tätigkeit von Eurotransplant (ET). „Seit nun- mehr vier Jahrzehnten hat sich dieses System bewährt“, sagte Bundes- gesundheitsministerin Ulla Schmidt anlässlich der ET-Jubiläumsfeier im vergangenen Jahr. Auf eine Gesetzes- lücke weist allerdings die BÄK hin.

Danach fehlt eine eindeutige Rege- lung zur transplantationsmedizini- schen Behandlung von Patienten, die nicht in der Europäischen Union und nicht im Eurotransplant-Verbund an- sässig sind und darüber hinaus keine Angehörigen mit Aufenthaltsrecht in Deutschland haben (Non-ET-Resi- dents).

Bisher haben sich die transplanta- tionsmedizinischen Zentren mit Eu- rotransplant darauf verständigt, dass der Anteil von Non-ET-Residents auf der Warteliste für Lebern und thora- kale Organe auf fünf Prozent der Transplantationen postmortaler Or- gane vom Vorjahr beschränkt sein soll. „Diese Selbstverpflichtung bie- tet aufgrund der fehlenden Regelung im Transplantationsrecht die einzige, auf einem breiten Konsens beruhende Orientierung“, erklärte Lilie. Ihre Nichtbeachtung würde die Trans- plantationsmedizin und die Organ- spendebereitschaft der Bevölkerung unter Umständen erheblich beein- trächtigen.

„Es bleibt allerdings Aufgabe des Gesetzgebers, Empfängerkriterien unter Berücksichtigung staatsbürger- schafts-, aufenthalts- und sozialver- sicherungsrechtlicher Vorschriften zu entwickeln. Wir brauchen eine Klarstellung der gesetzlichen Rege- lungen, um den betroffenen Ärzten und Patienten die nötige Sicherheit zu geben und das Vertrauen in die postmortale Organspendebereit- schaft zu stärken“, so Lilie. I Gisela Klinkhammer Literatur: 1. Pühler W et al.: Zur Mitteilung der EU-Kommission zu Organspende und -trans- plantation (KOM [2007] 275 endg). MedR Schriftenreihe Medizinrecht 2007; 25: 584–9.

„Herztote“

NON-HEART-BEATING-DONORS

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1618. April 2008 A833

T H E M E N D E R Z E I T

Im Rahmen der freiwilligen Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sollen auch Patientenerklärungen wie etwa der Or- ganspendeausweis unterstützt werden. Eine gesetzliche Neuregelung der Organspende be- trifft daher auch die Ausgestaltung der eGK. So hatte der damalige Nationale Ethikrat sich An- fang 2007 für die Widerspruchsregelung aus- gesprochen, die eine Organspende immer er- laubt, sofern der Betroffene zu Lebzeiten oder posthum seine Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen. Außerdem hatte er angeregt, die Erklärung zur Organspende, wie sie heute mit dem Organspendeaus- weis dokumentiert wird, auf der eGK zu speichern. Noch weiter ging Mitte 2007 die bayerische Sozialministerin, Christa Stewens: In der Zeitung „Die Welt“ plädierte sie für eine „Erklä- rungspflicht“ jedes Versicherten: „Zu den Pflichtangaben auf der elektronischen Gesund- heitskarte sollte eine Auskunft darüber gehören, ob der Besitzer der Karte bereit ist, nach seinem Tod Organe zu spenden oder nicht. Hierzu sollte es drei Optionen geben:

‚Ja‘, ‚Nein‘, ‚Weiß nicht‘“.

Doch nicht überall stoßen diese Vorschläge auf uneingeschränkte Zustimmung. Prof. Dr. jur.

Hans Lilie, der Vorsitzende der Ständigen Kom- mission Organtransplantation der Bundesärzte- kammer (BÄK), hält den Vorschlag des Ethikrats, Informationen über die Bereitschaft zur Organ- spende auf der Gesundheitskarte zu speichern, aus datenschutzrechtlicher Sicht „für höchst fragwürdig“. Zwar hatte der Deutsche Ärztetag bereits 2005 beschlossen, das Bundesgesund- heitsministerium (BMG) aufzufordern, „für die

Ausgabe der eGK die Möglichkeit einer Willens- erklärung zur Organspende auf freiwilliger Basis intensiv zu prüfen“. Nach Auffassung der Bundesärztekammer sollten die entsprechen- den Daten beziehungsweise die Hinweise auf das Vorliegen eines Organspendeausweises je- doch keinesfalls im Notfalldatensatz gespeichert werden, wie es das Fachkonzept des BMG für die Testphase der eGK vorsieht. Begründung:

Die Willenserklärung zur Organspende ist für Notärzte bei der präklinischen Erstversorgung irrelevant. Außerdem könnte eine Vermischung

der Bereiche Organspende und Notfallmedizin beim Patienten zu Irritationen führen und in der öffentlichen Diskussion mehr Schaden anrich- ten als nützen. Die Ständige Kommission Or- gantransplantation und auch die BÄK plädieren deshalb dafür, den Hinweis auf einem hinterleg- ten Organspendeausweis gegebenenfalls in ei- nem neu einzurichtenden Fach „Organspende“

abzulegen.

Denn die Speicherung einer Erklärung zur Or- ganspende auf der eGK – sowohl im Notfallda- tensatz als auch im sogenannten Patientenfach – wäre problematisch. Der Organspendeausweis als rechtswirksame Erklärung erfordert die elek- tronische Signatur des Patienten, und es muss sichergestellt werden, dass dieser seine Patien- tenerklärung jederzeit verändern kann. Letzteres wäre bei einer Speicherung im Notfalldatensatz

jedoch nicht möglich, weil jede Änderung des Datensatzes die qualifizierte Signatur eines Arz- tes erfordert. Für eine Speicherung der Patienten- erklärung im Notfalldatensatz spricht letztlich nur, dass auf die Daten (im Unterschied zu den im Patientenfach abgelegten Daten) ohne Einga- be einer PIN zugegriffen werden kann.

Für nahezu sämtliche Bereiche der eGK gilt nämlich das 2-Schlüssel-Prinzip: Zugriff auf Daten wird nur dann gewährt, wenn sich eGK und elektronischer Heilberufsausweis (HBA) wechselseitig authentifiziert haben. Eine Aus-

nahme ist das Patientenfach: Auf dieses kann der Versicherte auch ohne HBA zugreifen. Allerdings ist dafür aus Sicherheitsgründen als zweiter Schlüssel eine gesonderte Signaturkarte (oder eine eGK mit integrierter Signatur) und eine PIN-Eingabe durch den Versicherten erforder- lich. Wird die Patientenerklärung zur Organ- spende dort abgelegt, ergibt sich das Problem der Autorisierung des Datenzugriffs bei einwil- ligungsunfähigen Patienten.

Darüber hinaus gibt es Stimmen, die die gesetzlichen Regelungen des § 291 a Abs. 8 SGB V zur eGK mit einem grundsätzlichen Wi- derspruch behaftet sehen. Die Verwendung von Informationen, die außerhalb der Versorgung des Patienten liegen, wird nach Auffassung des Rechtsexperten Dr. Gerrit Hornung (Kassel) durch die in diesem Paragrafen formulierte

Verbotsnorm ausgeschlossen. Danach dürfen die Daten nicht „zu anderen Zwecken als denen der Versorgung der Versicherten“ verwendet werden. Das verhindere Anwendungen wie den Organspendeausweis. Heike E. Krüger-Brandt de Maßnahmen ausdrücklich zustim-

men. Ist dies der Fall, kann der Herz- stillstand provoziert werden.

Die Organvermittlungszentrale Eu- rotransplantat hatte schon 1998 mit- geteilt, dass der Herzstillstand für zehn Minuten ein „Äquivalent zum Hirntod“ sei. Die Bundesärztekam- mer ist anderer Meinung. Kriterien für einen Therapieabbruch (ein- schließlich Reanimation) ließen sich nicht standardisieren. Dass der Herz-

stillstand nicht als sicheres Todeszei- chen gelten könne, belege jede auch nur vorübergehend erfolgreiche Rea- nimation, heißt es in einem Beschluss des 110. Deutschen Ärztetages 2007.

In den USA müssen dagegen seit Kurzem alle Kliniken, denen grundsätzlich die entsprechenden Ressourcen für die Rekrutierung von NHBD zur Verfügung stehen, dafür sorgen, dass sie bestimmte Standards für diese Form der Organspende ein-

halten (NEJM 2007; 357/3: 209).

Möchte sich eine Klinik nicht an der Organspende nach Herzstillstand be- teiligen, muss sie aktiv widerspre- chen und die Gründe dafür erklären.

In den USA stammen acht Prozent der postmortalen Organspenden von NHBD; in der Schweiz liegt der An- teil bei elf Prozent. Nach Schätzun- gen ließe sich dadurch die Zahl der Transplantationen um 25 bis 42 Pro- zent erhöhen. Die Organe von NHBD nehmen ihre Funktion zwar oft verzögert auf, funktionieren im Langzeitverlauf aber ähnlich gut wie Organe von Hirntoten. I Dr. med. Vera Zylka-Menhorn/

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

ORGANSPENDEAUSWEIS UND GESUNDHEITSKARTE

Klärungsbedarf

Organspender

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