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A1074 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 16½½½½20. April 2001
Bereits in den 60er-Jahren wurde erkannt, dass Inhalts- stoffe der pazifischen Eibe zytostatische Eigenschaften besitzen. Da diese Eibe je- doch sehr langsam wächst und die Konzentration des wirksamen Taxols in der Rin- de nur gering ist, dauerte es bis Anfang der 90er-Jahre, dass ausreichende Wirkstoff- mengen von Paclitaxel (Ta- xol®, Bristol-Myers Squibb) und Docetaxel (Taxotere®, Aventis) für Studien zur Ver- fügung standen. Bereits 1992 erhielt Paclitaxel die FDA- Zulassung zur Behandlung
des metastasierten Ovarial- karzinoms. Später kamen weitere Indikationen hinzu.
Docetaxel wurde im Novem- ber 1995 zunächst in Europa zur Behandlung des metasta- sierten Mammakarzinoms zu- gelassen (die FDA zog später nach). Docetaxel wie Paclita- xel waren dabei bis vor kur- zem nur bei Versagen einer Anthrazyklin-basierten Che- motherapie indiziert.
Kürzlich erreichte der Her- steller Aventis eine Indika- tionserweiterung: Docetaxel darf jetzt – in Kombination mit Doxorubicin – als First-
Line-Therapie beim metasta- sierten oder lokal fortge- schrittenen Mammakarzinom eingesetzt werden. Diese er- weiterte Zulassung ist die Konsequenz aus den Daten der Studie TAX 306, die bis- her nur als Abstract erschie- nen ist (Proc Amer Soc Clin Oncol 1999; 18: 485), deren Er- gebnisse in Hannover von Dr.
Peter Dall (Universität Düs- seldorf) vorgestellt wurden.
In der randomisierten Pha- se-III-Studie erhielten 429 chemotherapie-naive Patien- tinnen entweder 50 mg/m2 Doxorubicin plus 75 mg/m2 Docetaxel (AT-Schema) oder 60 mg/m2 Doxorubicin plus 600 mg/m2Cyclophosphamid (AC-Schema), die frühere Standardtherapie in dieser Indikation. Obwohl die Frau- en im AT-Ast häufiger eine viszerale Beteiligung hatten, häufiger an Leber- oder Lun-
genmetastasen erkrankt wa- ren und bei denen häufiger drei oder mehr Organe befal- len waren – alle drei Faktoren sprechen für eine schlechtere Prognose des Kollektivs –, waren die Ansprechraten (wenigstens fünfzigprozenti- ger Rückgang der Metasta- sen) mit 60 versus 47 Prozent signifikant besser. Auch die Zeit bis zum erneuten Fort- schreiten der Erkrankung war mit 37 versus 32 Wochen signifikant verlängert.
Allerdings: Unter dem AT- Schema kam es häufiger zu einer schweren Neutropenie (Grad 3 und 4) und zur poten- ziell lebensgefährlichen febri- len Neutropenie. Die Zahl der toxischen Todesfälle stieg jedoch nicht, und die Kardio- toxizität war aufgrund der niedrigeren Doxorubicindo- sis geringer (Herzinsuffizienz drei versus vier Prozent unter AT versus AC; ein versus drei Todesfälle).
Das AT-Schema bedeutet nur eine Palliation. Eine ku- rative Chance besteht in die- sem Stadium zurzeit nicht. Es ist noch nicht klar, ob das neue AT-Schema die Überle- benszeit gegenüber dem AC- Schema verbessert. Die höhe- re Zahl der Patientinnen oh- ne Progression nach 18 Mo- naten (28 versus 19 Prozent) lässt jedoch hoffen.
Die Nachbeobachtungszeit ist noch zu kurz für eine Be- wertung. Dennoch: Der schnelle Wirkungseintritt von Docetaxel gibt nach Ansicht von Prof. Jörn Hilfrich (Han- nover) den Ausschlag für das AT-Schema, welches nicht die einzige First-Line-Therapie beim metastasierten Mam- makarzinom ist.
Bei den meisten Frauen wird zunächst eine Hormon- behandlung durchgeführt, da sie schonender ist als die Chemotherapie. Nachteilig ist, dass sie nur sehr langsam anspricht. Bei einer rasch progredienten Erkrankung kommt sie nach Ansicht Hilf- richs häufig zu spät. In die- sem Fall sei eine sofortige Chemotherapie mit dem AT- Schema als „Salvage-Ver- such“ indiziert. Rüdiger Meyer
Docetaxel bei Mammakarzinom
Jetzt First-Line-Therapie bei Metastasierung
Unternehmen
´ TabelleC´
Zulassung von Taxanen in Deutschland
Indikation Paclitaxel Docetaxel
Ovarialkarzinom • First line: –
fortgeschrittenes Ovarialkarzinom oder Resttumor (> 1 cm) bei Z. n. Lapa- rotomie in Kombination mit Cisplatin
• Second-line:
Nach Versagen einer platinhaltigen Standardtherapie
Mammakarzinom • Second line: • Second line:
Monotherapie nach Versagen Monotherapie mit lokal fortgeschrit- einer anthracyclinhaltigen tenem oder metastasiertem Karzinom Standardtherapie, oder wenn eine a) deren Tumor resistent ist, oder anthracyclinhaltige Therapie nicht mit progredienter Erkrankung
angezeigt ist nach Chemotherapie,
b) deren Tumor während einer adjuvanten Chemotherapie rezidiviert.
Die vorherige Chemotherapie sollte ein Anthracyclin enthalten haben.
• First line:
Kombination mit Doxorubicin zur Behandlung mit lokal fortgeschrit- tenem oder metastasiertem Brustkrebs ohne vorausgegangene Chemotherapie
Nicht-kleinzelliges • Second line: • Second line:
Bronchialkarzinom Fortgeschrittene Erkrankung: Fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges in Kombination mit Cisplatin, für die Bronchialkarzinom nach Versagen potenziell kurative chirurgische einer vorausgegangenen Chemotherapie Maßnahmen und/oder Strahlentherapie
nicht angezeigt sind