A 1368 Deutsches Ärzteblatt
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9. Juli 2010MAMMAKARZINOM
Konzepte mit Docetaxel ersetzen Anthrazykline
Immer neue Kombinationen aus Chemo- und zielgerichteter Therapie werden geprüft, um die Verträglichkeit für die Patientinnen zu verbessern.
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atientinnen mit Brustkrebs haben anscheinend keinen prognostischen Nachteil, wenn die Anthrazyklin-haltigen Therapien teil - weise oder ganz durch Docetaxel oder eine Docetaxel-Kombination ersetzt werden. In Studien im Ver- gleich mit den bisherigen Standards zeigten diese Strategien eine ver- gleichbare Effektivität bei zum Teil besserer Verträglichkeit.Eine sequenzielle Behandlung mit Epirubicin plus Cyclophospha- mid, gefolgt von Docetaxel (EC- Doc), war bei Patientinnen mit Lymphknotenbefall (N > 3) genauso effektiv, aber weniger toxisch als das Standardschema nach Levine (1) mit Epirubicin plus 5-Fluorou- racil (5-FU) und Cyclophosphamid (FEC). „Auf Basis der Ergebnisse der Phase-III-Studie ADEBAR* ha- ben wir einen sehr guten Hinweis auf gleichwertige Überlebensdaten von FEC und EC-Doc, aber eine höhere Toxizität von FEC“, resü- mierte Prof. Dr. med. Wolfgang Janni (Düsseldorf). „Sowohl die hämatolo- gische als auch die nichthämatologi- sche Toxizität war im FEC-Arm si - gnifikant höher als im EC-Doc-Arm.“
Insgesamt 1 502 Patientinnen mit Brustkrebs und mehr als drei axillä- ren Lymphknotenmetastasen wurden randomisiert und erhielten entweder
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vier Zyklen des sequenziellen Anthrazyclin-Docetaxel-Regimes EC-Doc (90 mg/m2 Epirubicin plus 600 mg/m2 Cyclophosphamid für 21 Tage, gefolgt von vier Zyklen Doce- taxel 100 mg/m2 für 21 Tage) oder●
sechs Zyklen der hochdosierten Polychemotherapie FEC (60 mg/m2Epirubicin an Tag 1 und 8 und 500 mg/m2 5-FU an Tag 1 und 8 so- wie 75 mg/m2 Cyclophosphamid an Tag 1 bis 14, alle vier Wochen).
Das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant (p = 0,99).
Wegen der höheren Toxizität waren supportive Maßnahmen wie eine antibiotische Therapie, Wachstums- faktor G-CSF und Erythropoetin aber im FEC-Arm häufiger notwendig.
Nutzen-Risiko-Bewertung der Anthrazykline
Die Ergebnisse der dritten Analyse der BCIRG-006-Studie zeigen, dass eine Anthrazyklin-freie Therapie für Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs möglich ist (3). Bisher hatten sich die Anthrazykline auf- grund einer Verbesserung des Rück- fallrisikos in der adjuvanten Thera- pie in den letzten Jahren etabliert.
Dieser Benefit geht allerdings mit einer erhöhten Kardiotoxizität ein- her. Das war die Rationale, in der BCIRG-006-Studie ein Anthrazy- klin-freies Schema zu testen.
In der dreiarmigen Studie wur- den HER2-positive Patientinnen mit frühem Mammakarzinom und axillärem Lymphknotenbefall im Standardarm mit Doxorubicin/ Cy- clophosphamid, gefolgt von Doce- taxel (ACT), behandelt. ACT wurde entweder gegen Doxorubicin/Cy- clophosphamid/Docetaxel und Tras - tuzumab (AC-TH) oder Docetaxel/
Carboplatin und Trastuzumab (TCH) getestet. TCH erwies sich als si - gnifikant besser wirksam als ACT.
Die Progressionshäufigkeit unter- schied sich in den Gruppen AC-TH und TCH nicht signifikant. Bemer- kenswert war aber, dass in der TCH-Gruppe signifikant weniger
kongestive Kardiomyopathien auf- traten (21 versus 4; p < 0,001). Die linksventrikuläre Auswurffraktion als Zielparameter für die Funktio- nalität des Herzens war in der TCH- Gruppe über den gesamten Zeit- raum der Auswertung von vier Jah- ren besser als in den beiden Ver- gleichsarmen.
Nach Meinung von Dr. Dennis Slamon (University of California, Los Angeles, USA) untermauern diese Ergebnisse die seit langem bestehende Expertenansicht, dass Anthrazykline häufig umgangen wer - den können – insbesondere bei Pa- tienten mit kardialer Vorschädigung.
Vor allem bei diesen Patienten soll- te nach Angabe von Slamon nur noch das TCH-Schema eingesetzt werden, bei allen anderen kann es als eine äquivalente Alternative zu Anthrazyklin-haltigen Regimen in Erwägung gezogen werden.
Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs profitieren von einem Beginn der Trastuzumab-Therapie bereits zusammen mit der Taxan - sequenz der Chemotherapie. Nach fünf Jahren wurde bei ihnen eine um 25 Prozent bessere Rate an krank- heitsfreiem Überleben erreicht als bei den Patientinnen, die erst im An- schluss an die Taxansequenz Trastu- zumab bekamen (84,2 Prozent ver- sus 79,8 Prozent, p = 0,019) (4). In der Studie erhielten 3 505 Patienten zunächst vier Zyklen AC (q 21d), gefolgt Paclitaxel (wöchentlich über drei Monate).
Das Protokoll sah außerdem die anschließende Gabe von Trastuzu- mab über 52 Wochen, den Verzicht auf Trastuzumab beziehungsweise die gleichzeitige Gabe von Trastu- zumab ebenfalls über 52 Wochen vor. „Auf der Basis dieser positi- ven Nutzen-Risiko-Analyse kann nur empfohlen werden, Trastuzumab bereits zusammen mit dem Taxan zu verabreichen“, konstatierte Prof. Dr.
med. Wolfgang Eiermann (Mün-
chen). ■
Dr. rer. nat. Annette Junker
*ADEBAR = Adjuvant Treatment of Breast Cancer Patients With Extensive Lymph Node Involvement
San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2009: „Neue Therapieperspektiven bei der Thera- pie des frühen und metastasierten Mamma-Ca“
in Dresden, Firma Sanofi-Aventis
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Literatur im Internet:www.aerzteblatt.de/lit2710
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9. Juli 2010LITERATURVERZEICHNIS HEFT 27/2010, ZU:
MAMMAKARZINOM
Docetaxel kann
Anthrazykline ersetzen
Immer neue Kombinationen aus Chemo- und zielgerichteter Therapie werden geprüft, um die Verträglichkeit für die Patientinnen zu verbessern.
LITERATUR
1. Levine, et al.: JCO 16, No. 8, 1998, 2651–8.
2. Janni, et al.: Poster Discussion 6; A603;
SABCS 2009.
3. Slamon, et al.: General Session 5; A62;
SABCS 2009.
4. Perez, et al.: General Session 6; A80;
SABCS 2009.
5. Ewertz, et al.: General Session 1; A18;
SABCS 2009.
6. Kwan, et al.: General Session 1; A17;
SABCS 2009.