Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 21|
24. Mai 2013 A 1041GRAFIK
In der Magnetresonanztomographie diagnostizierte Läsionen im Verlauf von 36 Monaten (gadoliniumverstärkte Bildgebung)
tungen bereits für die Erstlinien- Behandlung randomisiert worden:
Alle erhielten Dexamethason (40 mg/d für vier Tage und bei Nichtansprechen bis zu sechs sol- cher Zyklen im Abstand von einer bis vier Wochen), 62 von ihnen zu- sätzlich Rituximab (375 mg/m2 wö- chentlich für vier Wochen). Primä- rer Endpunkt war ein anhaltendes Ansprechen nach sechs Monaten, definiert als Thrombozytenzahlen von ≥ 50 × 109/l. Das erreichten im Rituximab-Arm 58 % der Patien- ten, im Kontrollarm nur 37 % (p = 0,02). Auch nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von zwei- einhalb Jahren war Rituximab im Vorteil, was die Zeit bis zum Rezi- div (p = 0,03) und die Zeit bis zum
Einsatz einer Rescue-Therapie be- traf (p = 0,007). Es gab keine bis- lang nicht bekannten Nebenwirkun- gen der Medikamente, Ereignisse vom Grad 3 oder 4 waren unter Ri- tuximab etwas häufiger (p = 0,04).
Fazit: Die Erstlinien-Behandlung mit Rituximab zusätzlich zu Korti- kosteroiden führt zu höheren An- sprechraten und zu einer längeren Dauer des Ansprechens als die Ste- roidtherapie allein. Rituximab ist in Europa nicht für die Behandlung der ITP zugelassen. Josef Gulden
Gudbrandsdottir S, et al.: Rituximab and dexa- methasone vs dexamethasone monotherapy in newly diagnosed patients with primary im- mune thrombocytopenia. Blood 2013; 121:
1976–81.
In der Behandlung von Patienten mit multipler Sklerose (MS) kön- nen mit den derzeit verfügbaren Medikamenten sechs verschiedene immunmodulatorische Strategien verfolgt werden. Es erscheint der- zeit unwahrscheinlich, dass mit ei- ner Monotherapie alle Aktivitäten der Erkrankung ausreichend behan- delt werden können. Theoretisch wäre hierfür eine Kombinationsthe- rapie eher geeignet.
In der vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke finanzierten Phase-III-Studie Com- biRx wurden nun randomisiert und doppelblind bei 1 008 Patienten mit
schubförmig remittierender MS Wirksamkeit und Verträglichkeit von Interferon ß-1a (IFN) einmal wöchentlich i. m plus Glatiramer- acetat (GA, 20 mg/Tag) (n = 499) im Vergleich zu einer Monotherapie mit IFN (n = 250) oder GA (n = 259) über drei Jahre untersucht.
Der primäre Endpunkt, die Re- duktion der jährlichen Schubrate (ARR), wurde durch die Kombina- tion und GA allein signifikant stär- ker gebessert als mit IFN allein.
GA allein senkte das Risiko einer Exazerbation um 31 % im Ver- gleich zu IFN allein (p = 0,027), GA plus IFN verringerte das Exazerba- tionsrisiko im Vergleich zu IFN al- lein um 25 % (p = 0,022). Die jähr- liche Schubrate war aber in dieser Studie in allen drei Gruppen überra- schend niedrig. Die Kombina - tionstherapie verlangsamte die Krankheitsprogression – gemessen anhand der Expanded Disability Status Scale (EDSS) – nicht stärker als die jeweilige Monotherapie, au- ßerdem hatte sie keinen zusätzli- chen Einfluss auf den MSFC-Score (Multiple Sclerosis Functional Composite). Im MRT allerdings waren bei Kombinationstherapie seltener neue Läsionen und insge-
samt weniger Läsionen zu sehen als mit beiden Monotherapien (Gra- fik). Beim 65. Annual Meeting der American Academy of Neurology im März 2013 in San Diego wurden Daten aus der Extensionsphase vor- gestellt, in die 84,4 % der Patienten übernommen wurden. Im Durch- schnitt waren die Patienten 3,9 Jah- re in der Studie. Die Wirksamkeit war in allen drei Gruppen weiterhin nachzuweisen. Auch über die län- gere Behandlungsdauer hatte die Kombination keinen Vorteil im Ver- gleich zur Monotherapie.
Fazit: Die Kombination der zwei häufig eingesetzten Medikamente IFN und GA verringerte die Schub- rate von Patienten mit MS nicht stärker als die jeweilige Monothe- rapie über einen Zeitraum von drei Jahren. Auch in der Extensions- phase war die ARR in der Kombi- nations- und GA-Gruppe niedriger als in der IFN-Gruppe. Die Schub- rate fiel im Verlauf der Studie auf sehr niedrige Werte, so dass die vergleichende Interpretation der Schubraten als schwierig anzuse- hen ist.
Nach Aussage von Prof. Dr. med.
Dr. Sven Meuth erscheint die Stu- die jedoch– gerade im Hinblick auf die aktuell zur Verfügung oder kurz vor der Zulassung stehenden Medi- kamente – überholt. Es erhebe sich die Frage, warum die Studie über- haupt aufgelegt wurde.
Allerdings sei zu beachten, wann die Studie initialisiert wur- de, denn zu diesem Zeitpunkt gab es weniger Therapiealternativen.
Meuth ist der Ansicht, dass eine Kombinationstherapie mit IFN + GA – unabhängig vom Ergebnis dieser Studie – sowohl aus ökono- mischer Sicht, aber auch unter dem Aspekt der Belastung des Patienten (10 Injektionen pro Woche) unrea- listisch ist. Dr. rer. nat. Susanne Heinzl MULTIPLE SKLEROSE
Eine Kombination ist nicht besser als die Monotherapie
durchschnittl. Zahl der Läsionen
Monate
–– Interferon + Glatirameracetat
--- Interferon
... Glatirameracetat 2
1,5
1
0,5
0
0 6 12 18 24 30 36
modifiziert nach: Ann Neurol 2013; DOI: 10.1002/ana.23863
1. Lublin FD et al. Randomized study com - bining Interferon and Glatiramer Acetate in Multiple Sclerosis. Ann Neurol 2013; e-pub before print DOI: 10.1002/ana.23863.
2. Lublin FD et al. Relapse Activity in the Com- biRx Trial: Blinded, 7-Year Extension Re- sults. S01.002
3. Wolinsky J et al. MRI Outcomes in CombiRx:
Blinded, 7-Year Extension Results. S01.003