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Archiv "Frage der Woche an . . . Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärzte­kammer Hessen" (07.07.2014)

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plexität der medizinischen Prognosen Entscheidungen über die gesund- heitliche Eignung eines Beamten- bewerbers mit erheblichen Un - sicherheiten verbunden sind. Dies gelte nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hin- blick auf den medizinischen Fort- schritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden könnten heute noch nicht mit in die Prognoseentschei- dung einbezogen werden. Vielfach seien auch die Wechselwirkung und damit die Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwer - wiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht.

Ferner weist das Bundesverwal- tungsgericht darauf hin, dass nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die vorzeitige Dienstunfähig- keit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen sei, die man im Zeitpunkt der Einstel- lungsentscheidung hätte vorhersa- gen können. Regelmäßig gehe die

vorzeitige Dienstunfähigkeit viel- mehr auf erst nachträglich eingetre- tene Umstände zurück. Eine ent- sprechende Prognosebeurteilung setze zudem eine hinreichende Tat- sachenbasis voraus. Eine bei einem Bewerber zum Zeitpunkt der Ein- stellungsuntersuchung vorhandene gesundheitliche Eignung könne im Hinblick auf künftige Entwicklun- gen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden könne, dass mit über- wiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Alters- grenze auszugehen sei.

Entscheidend für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bleibt folglich weiterhin eine Prognose dahingehend, ob der Bewerber bis zum Erreichen der Altersgrenze vor- zeitig dienstunfähig werden wird.

Allerdings wird nun nicht mehr eine mit an Sicherheit grenzende Wahr- scheinlichkeit als Maßstab für diese Prognose zugrunde gelegt. Maßge- bend ist jetzt vielmehr eine überwie-

gende Wahrscheinlichkeit. Damit haben sich die Anforderungen an die von dem Amtsarzt zu treffende Prognose erheblich zugunsten der Bewerber verändert. Im Ergebnis sind damit die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in ein Beamtenverhält- nis reduziert worden.

Diese neue Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkungen für diejeni- gen Bewerberinnen und Bewerber, die sich in Zukunft um eine Aufnah- me in das Beamtenverhältnis bemü- hen. Auch diejenigen, bei denen in der Vergangenheit ein Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhält- nis abgelehnt worden ist, haben vor dem Hintergrund dieser geänderten Rechtsprechung des Bundesverwal- tungsgerichts nun die Möglichkeit, einen neuen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis zu stellen, wenn sie jetzt das gesetzlich festge- legte Einstellungshöchstalter noch nicht überschritten haben.

Die Gutachter- und Schlichtungsstelle der Landesärztekammer Hessen hat 2013 keinen Anstieg der Anträge wegen vermeintlicher Behand- lungsfehler registriert: Nach 983 Anträgen im Jahr 2012 belief sich ihre Zahl 2013 auf 902 Anträge. Davon bejahte die Gutachter- und Schlich- tungsstelle 126 Behandlungsfehler von Ärzten in Klinik und Praxis.

In der Berichterstattung über die Behandlungsfehlerstatistik der Ärztekammern ist immer wieder von „Ärztepfusch“ die Rede.

Ist das ein passender Begriff?

Von Knoblauch zu Hatzbach: Nein. Fehler passieren überall. Behand- lungsfehler wiegen besonders schwer, da Patienten davon betroffen sind. Obwohl jeder Fehler ein Fehler zu viel ist, lassen sich auch in der Medizin Komplikationen nicht immer verhindern. Auf Unvermögen oder Unachtsamkeit zurückzuführende Fehler wie ein vergessener Tupfer oder eine falsche Spritze sind allerdings die Ausnahme. Die meisten Fäl- le, die der Gutachter- und Schlichtungsstelle der Landesärztekammer Hessen vorgetragen werden, zeigen, dass Fehler vielfältige Ursachen haben können.

Die Komplikationen reichen von unerwünschten Begleiterscheinungen von Krankheiten bis hin zu Problemen, die nicht vermeidbar waren. Von

„Ärztepfusch“ zu sprechen, wäre daher nicht nur unredlich, sondern wür- de in die falsche Richtung führen. Auch bedroht die wertende Falschaus-

sage „Pfusch“ ein ungetrübtes Vertrauens- verhältnis zwischen Ärzten und Patienten.

Tatsächlich geht es der Ärzteschaft um Transparenz und Aufklärung. Die Daten und Ergebnisse der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen werden ausgewertet, um gezielt die Strategien zur Fehlervermeidung weiterentwickeln zu können.

Bei der Schwere der durch Behandlungsfehler hervorgerufenen Schäden gilt es zu differenzieren: So handelte es sich bei zwei der ins- gesamt 126 festgestellten Behandlungsfehler um Bagatellschäden, vor - übergehende leichte bis mittelschwere Schäden lagen in 56 Fällen vor, und zwölf Schäden wurden als schwer, aber nicht dauerhaft festgestellt.

Leichte bis mittelschwere Dauerschäden lagen in 39 Fällen, schwere Dauerschäden in zehn Fällen vor. In sieben Fällen führten Behandlungs- fehler zum Tod der Patienten.

Wie von der Bundesärztekammer dargestellt, müssen Behandlungs- fehler zudem im Vergleich zur Gesamtzahl der etwa 18 Millionen Behandlungsfälle in den Krankenhäusern und mehr als 700 Millionen Behandlungsfälle allein im ambulanten Bereich in Deutschland gesehen werden. Damit bewegt sich die Zahl der festgestellten ärztlichen Behandlungsfehler weit unter dem Promillebereich. JF

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen

Dr. Frank Schulze Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Münster

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 27 I 7. Juli 2014

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