zur PEG geben soll, muß daher auch vorher informiert sein über den Ver- sorgungsplan für die Ernährung die- ses Patienten und über die Dokumen- tation der bisherigen Nahrungsauf- nahme. Er darf sich nicht mit Hinwei- sen des Arztes oder Pflegepersonals begnügen, die lauten könnten: „Selbst bei Wasser verschluckt sich die Pati- entin, und beim Essen hustet sie und bekommt dadurch Essen in die Lun- ge, da ist die Gefahr der Aspiration und damit der Lungenentzündung.
Auch Joghurt schluckt sie nicht her- unter. Sie verweigert oder nimmt nur wenig und schwierig, es kann ja auch niemand stundenlang füttern.“
Mögliche Folgen
Betreuer und Arzt müssen sich die Konsequenzen bewußt machen, die die PEG für alte Menschen mit sich bringt:
– Der Kalorienbedarf wird per PEG erfüllt, normale Ernährung kann entfallen.
– Normale Nahrung wird entfal- len, weil Ernährung ohne Füttern ge- sichert ist. Zuwendung und Nachden- ken sind im Zeitplan nicht enthalten.
– „Zufüttern“ erfolgt meist nicht, weil wegen der täglichen Zufuhr von bereits 1 500 bis 2 000 Kalorien per PEG der Mengenaustausch berech- net, also zusätzliche Zeit aufgewandt werden müßte.
Deshalb wird der vielleicht halb- seitig gelähmte, vielleicht sprach- gelähmte, aber meistens gemütsbe- wegte PEG-versorgte Betreute häufig
mit sprachloser Wahrnehmung seiner eigenen Hilflosigkeit im Bett liegen und
– zusehen müssen, wie zum Nachbarpatienten jemand kommt, Essen bringt, Geschirr abräumt, eini- ge Worte spricht. Zu ihm kommt nie- mand;
– durch die stetig tropfende PEG Völlegefühl erhalten;
– mit der Zeit das Gefühl für Hunger und Sättigung verlieren und unter Umständen trotz Völlegefühl Angst haben zu verhungern;
– seine Darmtätigkeit infolge der leicht verdaulichen PEG-Nahrung schnell verlieren;
– sein Mund wird mangels Benut- zung trocken, bleibt geöffnet, wird da- durch noch trockener;
– seine Mund-, Zungen- und Kie- fermuskulatur verkümmert, die Spra- che wird schwer verständlich.
Folge:
– Der alte Mensch wird immer einsamer.
– Hilfe zum Essen und Trinken als wichtigsten Moment im Leben des desorientierten Menschen entfällt.
– Der PEG-versorgte Mensch verliert die wichtigsten Möglichkei- ten, Zustimmung oder Ablehnung zu äußern.
– Geruchs- und Geschmackssinn verkümmern.
– Der alte kranke Mensch wird zwangsernährt.
Der Betreuer muß in jedem Ein- zelfall den sachlichen Kontakt zum Arzt und den Pflegeleistenden her- stellen sowie die tatsächlichen und medizinischen Gegebenheiten ein-
schließlich etwaiger Kontraindikation bei diesem Patienten abklären. Viel- leicht wird er auf seine Nachfragen vom Arzt hören: „Ich bin überzeugt davon, daß die Patientin nicht schlucken kann. Sie verweigert das Essen. Wir können sie doch nicht ver- hungern lassen.“
Da der Arzt für die Rechtferti- gung des Eingriffs, der den Tatbe- stand der Körperverletzung erfüllt, die Einwilligung braucht und der Be- treuer diese erteilen muß, wenn der Patient dazu selbst nicht in der Lage ist, muß der Arzt von sich aus das nöti- ge Wissen vermitteln. Die Einwilli- gung zur Legung einer PEG ist keine reine Formsache, sondern eine wichti- ge Entscheidung mit rechtlichen Kon- sequenzen, mag der Eingriff noch so routiniert oder komplikationslos sein.
Ärzte und Betreuer müssen alles tun, um die letzte Lebenszeit eines Men- schen im hohen Alter oder mit irre- versiblen Hirnschäden mit den ge- wohnten Annehmlichkeiten auszu- statten. Das gilt auch für die Sterbe- phase.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-805–808 [Heft 14]
Anschriften der Verfasser Rechtsanwältin Alix Hubert-Fehler Gemarkenstraße 9 51069 Köln Rechtsanwältin Dr. Angela Hollmann Auf der Welle 53 31157 Sarstedt
A-808 (40) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998
T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE
Impfstoff gegen Ebola-Virus entwickelt
Bisher waren alle Versuche fehlgeschlagen, einen Impf- stoff gegen das gefährliche Ebola-Virus zu finden. Zwei US- Forschern ist dies nun möglicherweise mit einem „gentechni- schen Trick“ gelungen: Sie machten den Impfling zum Impf- stoffhersteller. Zunächst bauten Gary Nabel (Universität Michigan, Ann Arbor) und Anthony Sanchez (CDC, Atlan- ta) einen Teil des Virusgenoms in ein Stück ringförmiger bakterieller DNA (Plasmid) ein. Das Plasmid injizierten sie dann in die Muskulatur von Meerschweinchen. Die DNA dringt in die Zellen der Tiere ein, die daraufhin das Genpro- dukt des Virusgens, den eigentlichen Impfstoff, produzierten
und ins Blut freisetzten. Dort wurde das Genprodukt vom Immunsystem des Meerschweinchens als fremd erkannt und durch Antikörper und T-Zellen bekämpft. Damit die Immunantwort ein sinnvolles Ziel hat, wählten die Experten das für einen Bestandteil der Virusoberfläche: ein Glykopro- tein, mit dem der Erreger die Zellen des Organismus befällt.
Bei Meerschweinchen und Mäusen war der Versuch be- reits erfolgreich. Nach einer Exposition mit dem Ebola-Vi- rus erkrankte keines der Tiere an dem sonst tödlich verlau- fenden hämorrhagischen Fieber (Nature Medicine 1998; 4:
37-42). Wann es erste Versuche beim Menschen geben kann, ist derzeit unklar. Die Sicherheitsanforderungen sind bei gentechnischen Vakzinen sehr hoch. Es muß unter anderem ausgeschlossen werden, daß die fremden Gene Krebserkran-
kungen auslösen. RM