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Archiv "Ebola-Epidemie: Auf der Suche nach der Achillesferse des Virus" (03.11.2000)

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ie Gegend scheint ideal zu sein für Epidemien. HIV und Malaria ha- ben sich bereits in dem Gebiet um die 450 000-Einwohner-Stadt Gulu im Norden Ugandas eingenistet. Jetzt ist Ebola noch hinzugekommen. Dass es in der Region zu wenige Krankenhäuser gibt, könnte im Falle von Ebola von Vorteil sein. Denn bei bisherigen Aus- brüchen waren es immer Kliniken mit miserablen Hygieneverhältnissen, die das Virus in die Bevölkerung getragen haben.

Bis Freitag letzter Woche hatten offi- zielle Stellen in Uganda 182 Ebola-Infi- zierte und 64 Tote gezählt. Wenn typi- sche Symptome wie Fieber, blutige Durchfälle und Blutungen in die Haut ausgebrochen sind, dauert es meist noch eine Woche, bis 50 bis 80 Prozent der Infizierten tot sind. Was den Ärzten bleibt, ist Neuansteckungen zu verhin- dern; jeder Tropfen Körperflüssigkeit enthält große Mengen des Virus. Ebola und andere hämorrhagische Fieber sor- gen mit jedem Ausbruch dafür, dass sich die Motivation der Forscher erneu- ert, dem Virus auf die Spur zu kommen.

Diesmal haben Experten der amerika- nischen Centers of Disease Control erstmals ein mobiles Diagnoselabor mitgebracht, mit dem ein Verdacht auf Infektion einige Tage schneller be- stätigt oder widerlegt werden kann. Die Proben werden anschließend in Labors rund um die Welt analysiert. Auch Tiere werden gefangen, denn eine Frage drängt besonders: Wo verbirgt sich das Virus zwischen zwei Ausbrüchen? Es gilt als sicher, dass Ebola eigentlich ein Tier- parasit ist, niemand weiß jedoch in wel- cher Spezies.

Bislang gab es für diese Suche nur knapp ein halbes Dutzend Gelegenhei- ten. Erstmals wurde Ebola 1976 im

Kongo und im Sudan identifiziert, den Nachbarn Ugandas. Es dauerte dann aber 20 Jahre, bis das Virus in 2 000 Ki- lometer Entfernung an der Elfenbein- küste und in Gabun die nächste große Epidemie auslöste.

Doch in diesen 20 Jahren hat sich das Arsenal der Forscher enorm verbessert.

„Fast alle Details, die wir heute über das Virus wissen, haben wir seit 1996 heraus- gefunden“, schildert der Virologe Prof.

Hans-Dieter Klenk von der Universität Marburg. Dazu gehört auch die Er- kenntnis, dass selbst der von der WHO

als das „aggressivste aller menschlichen Viren“ eingestufte Erreger nicht unbe- siegbar ist. „Wir wissen heute, dass es Menschen gibt, denen das Virus nichts anhaben kann“, sagt Klenk.

Forscher hatten anlässlich der Epide- mie in Gabun Angehörigen von Opfern Blut entnommen, die ihre mit Ebola in- fizierten Familienmitglieder mit bloßen Händen gepflegt hatten. Doch zu ihrer Überraschung fand die Ärztegruppe um Eric Leroy und Alain Georges vom Centre International de Recherches Mé- dicales in Franceville, Gabun, 24 Perso- nen, die den Kontakt mit Ebola ohne Schaden überstanden haben.

Anhand von Blutproben versuchen die Forscher jetzt nachzuvollziehen, was die Glücklichen geschützt hat (Lancet 2000; 355: 2210). So wie es aussieht, fällt die Entscheidung über Leben und Tod gleich zu Beginn der Infektion. Offenbar versucht das Virus, das Immunsystem seiner Opfer zu lähmen – doch bei den Überlebenden hatte die Abwehr laut und schnell Alarm schlagen können.

Eine Gruppe um Christopher Basler und Peter Palese von der Mount Sinai School of Medicine in New York hat be- reits eines der Ebola-Proteine identifi- ziert, das das Immunsystem zu sabotie- ren scheint. In einer vorgezogenen In- ternet-Ausgabe der „Proceedings“ der Nationalen Akademie der Wissen- schaften der USA schildern sie, dass das Protein die Produktion von Interfero- nen blockiert: „Wenn diese Hemmung erfolgreich ist, kann sich das Virus ohne große Gegenwehr im Körper ausbrei- ten“, schildert Klenk, dessen Marbur- ger Gruppe ebenfalls an der Arbeit be- teiligt war.

Amerikanische Forscher haben be- reits einen Verdacht, welches der sieben Ebola-Proteine die oft tödlichen Blutun- gen verursacht. Ursache scheint das Gly- coprotein zu sein, das die Hülle des Virus bildet und mit dem es sich an die Zellen seiner Opfer bindet, bevor es in sie ein- dringt. Unter anderem befällt das Virus auch die Endothelzellen auf der Innen- wand der Blutgefäße. Wenn sich dort das Hüllprotein anreichert, scheint es die Zellen schließlich so schwer zu schädi- gen, dass sie den Kontakt zueinander verlieren und undicht werden (Nature Medicine 2000; 6: 886).

Der jetzige Ausbruch demonstriert den Wissenschaftlern, dass sie unter Zeitdruck arbeiten: „Es sieht so aus, als seien Epidemien von Ebola und ver- wandten Viren in Afrika häufiger, als wir dachten“, sagt Klenk. Die Analyse der Virus-Bestandteile soll deshalb schnell eine Achillesferse identifizieren, gegen die sich Medikamente entwickeln lassen.

Zumindest eine Substanz hat in Tierver- suchen durchaus vielversprechend abge- schnitten, doch noch gibt es keine Tests an Menschen. Ähnlich ist die Lage bei Impfstoffen. Mäuse und Affen haben mehrere US-Forschergruppen bereits mit experimentellen Vakzinen gegen Ebola schützen können. Klaus Koch P O L I T I K

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A2912 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 44½½½½3. November 2000

Ebola-Epidemie

Auf der Suche nach der Achillesferse des Virus

Weltweit arbeiten Wissenschaftler an der genetischen Identifizierung des hochinfektiösen Erregers.

Was den Ärzten bleibt, ist Neuansteckungen zu

verhindern. Foto: ap

Medizinreport

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