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Archiv "Versorgungsforschung: Mit gebremster Kraft in die nächste Förderphase" (21.05.2010)

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A 964 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 20

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21. Mai 2010

VERSORGUNGSFORSCHUNG

Mit gebremster Kraft in die nächste

Förderphase

Es gab einen Rückblick auf bereits Geleistetes und einen Ausblick darauf, was bei einer Verlängerung der Förderinitiative Versorgungsforschung

der Bundesärztekammer möglich wäre.

R

ichtig ums Geld für die Ver- sorgungsforschung wird es im nächsten Jahr, auf dem 114. Deut- schen Ärztetag in Kiel, gehen. Bis dahin soll die Bundesärztekammer (BÄK) eine Konzeption zur Fortent- wicklung der Förderinitiative ein- schließlich eines Finanzierungsrah- mens erstellen – so lautet das zu- stimmende Votum des diesjährigen Ärztetages zum Beschlussantrag des BÄK-Vorstands. Gleichzeitig halten die Delegierten „eine Fortsetzung der Bemühungen um eigene Beiträ- ge zur Versorgungsforschung für er- forderlich und befürworten eine im Lichte der bisherigen Erfahrungen angepasste Fortsetzung“.

Ärztlich relevante Aspekte Im Jahr 2011 läuft die sechsjährige Förderinitiative zur Versorgungs- forschung aus, die der 108. Deut- sche Ärztetag 2005 beschlossen hatte und die eine jährliche Förde- rung von Projekten zur Versor- gungsforschung durch die BÄK in Höhe von 750 000 Euro vorsah.

Angesichts kritischer Stimmen im Vorfeld, die sich gegen eine weitere finanzielle Belastung durch die För- derung der Versorgungsforschung ausgesprochen hatten, legte der BÄK-Vorstand den Delegierten ei- nen Beschlussantrag vor, der nie- mandem wehtat und der gleichzei- tig die Tür für eine zweite Förder- phase weit offen hielt. Diese sollte

– hier kam man den Kritikern ent- gegen – „finanziell an die Möglich- keiten der Bundesärztekammer an- gepasst und damit enger als bisher ausgestaltet werden“. Zudem soll- ten ärztlich relevante Versorgungs- aspekte – ohne Einbuße an Wissen- schaftlichkeit – bei der Formulie- rung der Forschungsfragen mehr im Vordergrund stehen.

Wo dann die Schwerpunkte künftiger Versorgungsforschungs- förderung durch die BÄK liegen würden, lässt sich gleichfalls dem Beschlussantrag des Vorstands ent- nehmen. Hier werden insbesondere die Bearbeitung wichtiger Themen- felder auf Fachsymposien, die die Basis für Buchpublikationen (Re- port Versorgungsforschung) bilden, und durch zeitnah zu erstellende wissenschaftliche Expertisen ge- nannt. Und auch in dem von Prof.

Dr. med. Peter C. Scriba, Vorsitzen- der des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK, vorgelegten Rechen- schaftsbericht über die Förderinitia- tive zur Versorgungsforschung wird dieser Weg bereits angedeutet. Als Leiter der „Ständigen Koordinati- onsgruppe Versorgungsforschung“

bei der BÄK zog Scriba eine positi- ve Bilanz der bisher vorliegenden Ergebnisse der ersten Förderphase (dazu dessen gemeinsam mit dem BÄK-Hauptgeschäftsführer Prof.

Dr. med. Christoph Fuchs verfasste ausführliche Darlegung im DÄ,

Heft 17/2010). Einschränkend merk- te er jedoch an, dass bei den ori- ginären Forschungsprojekten (Typ- I-Projekte) der Mittelbedarf ver- gleichsweise hoch sei und die BÄK rasch an die Belastungsgrenze stoße. Zudem eigneten sich diese Projekte auch nicht unbedingt als wissenschaftliche Argumentations- hilfe in der aktuellen gesundheits- politischen Diskussion, da von der Projektausschreibung bis zur Er- gebnispublikation mindestens drei Jahre verstreichen würden.

Dagegen sieht Scriba die Typ-II- Projekte, bei denen auf Symposien das vorliegende wissenschaftliche Material zu aktuellen Themen zu- sammengetragen und in der Folge als „Report Versorgungsforschung“

Versorgungsforschung TOP II

Die Versorgungsforschung ist auch jenseits der Wissenschaft bei der Ärzteschaft auf größeres Verständnis gestoßen.

Peter C. Scriba

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21. Mai 2010 A 965 veröffentlicht wird, als geeignete Ba-

sis für die Ärzteschaft, sich gerade auch zu politischen Themen fundiert äußern zu können. Diese Projekte seien kostengünstiger als originäre Forschung, hätten aber einen hö- heren Multiplikatoreffekt. Auch die als Typ-III-Projekte bezeichneten Literaturreviews und Expertisen er- möglichten eine kurzfristige Bear- beitung enger umschriebener kon- kreter Fragestellungen. Als beispiel- haft bezeichnete Scriba den im Deutschen Ärzteblatt erschienenen wissenschaftlichen Beitrag „Finan- zierung von Arzneimittelstudien durch pharmazeutische Unternehmen und die Folgen“, der auf ein großes öf- fentliches Interesse gestoßen sei.

Scriba sieht es als Verdienst der BÄK-Förderinitiative an, dass die Versorgungsforschung grundsätz- lich an Anerkennung gewonnen und auch „jenseits der Wissenschaft bei der klinisch-praktischen Ärzte- schaft auf größeres Verständnis ge- stoßen ist“. Selbst im Koalitions- vertrag der neuen Bundesregierung würden deren Bedeutung aner- kannt und ein systematischer Aus- bau dieses Forschungsbereichs an- gekündigt. Positiv zu vermerken sei zudem die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung an - gekündigte Förderung der Versor- gungsforschung mit 54 Millionen Euro. Scriba: „Die Förderinitiative der BÄK kann zu Recht als ganz wesentlicher Beitrag im Sinne einer ,Initialzündung‘ dieser positiven Entwicklung betrachtet werden.“

Seine zusammenfassende Bewer- tung der Förderinitiative: „Die durch die Ärzteschaft selbst gesteckten Ziele der Förderung der Versor- gungsforschung wurden bereits zu weiten Teilen erreicht.“

Die vorweggenommene Selbst- beschränkung bei der Planung der nächsten Förderphase wird ihren Teil mit dazu beigetragen haben, dass sich bei den Delegierten nur vereinzelter Widerstand gegen eine weitere Finanzierung durch die Ärzteschaft regte. So brachte Dr.

med. Bernhard Lenhard mit weite- ren Delegierten aus Rheinland- Pfalz einen Antrag auf Aussetzung des Projekts ein. „Was ist denn der Nutzen all dieser Projekte für die

Ärzteschaft?“, fragte er die Dele- gierten. Dies müsse erst zweifels- frei geklärt sein, bevor man über ei- ne Fortsetzung der Förderung ent- scheiden könne.

„Gut ausgegebenes Geld“

Unterstützung fand er bei Dr. med.

Joachim Calles, Bayern, der bereits 2009 auf dem Deutschen Ärztetag in Mainz mit einem ähnlichen Antrag auf externe Evaluation gescheitert war. „Kein Mensch hat etwas dage- gen, Einzelprojekte, die von Bedeu-

tung sind, aus Mitteln der Ärzte- schaft zu bezahlen“, betonte Calles.

Er wende sich aber gegen das Gieß- kannenprinzip, mit dem auch vieles an wissenschaftlicher Expertise ge- fördert werde, was man bereits mit gesundem Menschenverstand erken- ne. Zum Teil seien es Selbstver- ständlichkeiten, die es da zu lesen gebe. „Ein ,Weiter-so-wie-bisher‘

darf es nicht geben“, forderte Calles.

Dr. med. Günther Jonitz, BÄK- Vorstand und Präsident der Ärzte- kammer Berlin, hielt dagegen: „Um glaubhaft zu sein, braucht man mehr als das persönliche Erleben.“

Für die gesundheitspolitische Dis- kussion benötige man wissen- schaftlich belastbare Daten und Fakten. „Wenn wir dem Vorstands- antrag nicht zustimmen, dann schießen wir uns aus der Diskus- sion heraus“, mahnte Jonitz. „Als eine Investitionsentscheidung zu- gunsten eines bis dahin vernach- lässigten Forschungszweiges“, be- zeichnete BÄK-Vizepräsidentin Dr.

med. Cornelia Goesmann, die bei diesem Tagesordnungspunkt die Sitzungsleitung übernommen hatte, die Förderinitiative. Die dafür auf- gewendeten Mittel seien gut ausge- gebenes Geld. Forschungsergebnis- se bildeten die Grundlage für eine ernstzunehmende Politikberatung.

Unterstützung für die Weiterfüh- rung Förderung der Versorgungs- forschung kam in der Debatte zu TOP II noch von weiteren Vor- standsmitgliedern. Dr. med. Andre-

Seinen persönlichen Beitrag zur Versorgungsforschung wollte er gleich persönlich leisten.

Ulrich Schwantes überreichte dem BÄK-Vorstand einen Fünfeuroschein.

Bernard Lenhard will erst zweifelsfrei geklärt sehen, welchen Nutzen die Versorgungsforschung bringt, bevor er der Verlängerung der Förderung zustimmt.

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21. Mai 2010 as Crusius, Präsident der Ärzte-

kammer Mecklenburg-Vorpommern:

„Man braucht Beweise, die man staatlichen Stellen vorlegen kann.“

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze, Präsident der Landesärztekammer Sachsen: „Eine Aussetzung können wir uns nicht leisten. Eine Beteili- gung der Ärzte ist wichtig, um ge- stalten zu können.“

Prof. Dr. med. Ulrich Schwantes, Brandenburg, brachte seine Unter- stützung für die künftige Förderung der Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer besonders überzeugend zum Ausdruck. Vom Rednerpult aus überreichte er einen Fünfeuroschein als seinen persön- lichen Beitrag für die nächste För- derphase an den BÄK-Präsidenten, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe.

Höher würde die Belastung für je- den Arzt im Verlauf der nächsten drei Jahre nicht ausfallen.

Zugriff auf Routinedaten In einem weiteren Entschließungs- antrag forderten die Delegierten ei- ne gesetzliche Regelung, mit der alle von den Krankenkassen er- hobenen Leistungs- und Abrech- nungsdaten für die Zwecke der Versorgungsforschung zugänglich gemacht werden. Die verstärkte wissenschaftliche Nutzung von Rou- tinedaten ermögliche aussagefähi- gere Ergebnisse der Versorgungs- forschung. Zuvor hatte Prof. Dr.

med. Thomas Mansky von der Technischen Universität Berlin über einige Ergebnisse seiner Ex- pertise zur „Notwendigkeit eines

ungehinderten Datenzugangs (. . .) für ärztliche Körperschaften“ refe- riert. Ein Ergebnis: „Bei der Zu- sammenführung und Auswertung von Routinedaten sind wir weit hin- ter dem zurück, was möglich wäre.

Über Abrechnungsdaten der Kran- kenversicherung sind Diagnosen, Prozeduren, Heil- und Hilfsmittel- verbrauch, Arzneiverordnungen, To- deszeitpunkte, Pflegestufe und an- dere Informationen längst verfüg- bar.“ Die Krankenkassen seien der- zeit bereits in der Lage, die Daten sektorenübergreifend auszuwerten.

Mansky: „Es kann nicht sein, dass diese Daten von einer Seite mono- polisiert verarbeitet werden.“ Eine Datenzusammenführung auf Bundes- ebene sei zwar nach § 303 SGB V bereits vorgesehen, aber von den GKV-Vertragspartnern noch nicht realisiert. Demnach wäre die Bun- desärztekammer nicht direkt, son- dern nur indirekt durch die Förder-

initiative Versorgungsforschung über hochschulangehörige Projektneh- mer zugangsberechtigt. Die vorge- legte Expertise zeige anhand von Beispielen auf, in welcher Weise die Daten von der BÄK genutzt werden könnten. Ziel sei es, die BÄK in die Lage zu versetzen, nicht nur zu reagieren, sondern zu agieren. Mansky: „Agieren können Sie nur, wenn Sie die Daten haben.

Wenn Sie im richtigen Moment die richtigen Analysen haben wollen, brauchen Sie das geeignete Instru- mentarium. Lassen Sie sich das nicht aus der Hand nehmen.“

Ein wenig auf die falsche Fährte geführt wurden einige Delegierte vom dritten Vortragenden zu diesem TOP II. Prof. Dr. rer. biol. hum.

Hans-Konrad Selbmann, Vorsitzen- der der Ständigen Kommission für Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, referierte über den grundsätzlichen Nutzen von Leitlinien zur Verbesserung der Qua- lität in der Medizin. Die Umsetzung von Leitlinien im ärztlichen Alltag und deren Auswirkungen auf die Er- gebnisqualität waren zwei Schwer- punkte der BÄK-Versorgungsfor- schungsförderung. Einige Delegierte nahmen dies zum Anlass, sich über die Notwendigkeit und den Nutzen von Leitlinien in der ärztlichen Ver- sorgung auszutauschen. Dies war im Rahmen dieses TOPs wenig zielfüh- rend, zeigte aber deutlich, dass noch immer reichlich Aufklärungsbedarf über die Erstellung und Verwendung von Leitlinien besteht. ■

Thomas Gerst Plädoyer für einen Zugriff

auf Routinedaten für ärztliche Körperschaften. Thomas Mansky:

„Agieren können Sie nur, wenn Sie die Daten haben.“

„Vom Glanz und von den Grenzen ärztlicher Behand- lungsleitlinien“

berichtete Hans- Konrad Selbmann.

Sein Dank galt der BÄK-Förderinitiative:

„Sie haben die Leitlinienentwicklung in Deutschland vorangebracht.“

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