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Archiv "Versorgungsforschung: Richtungsweisende Förderinitiative" (30.04.2010)

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VERSORGUNGSFORSCHUNG

Richtungsweisende Förderinitiative

Vom Beschluss des 108. Deutschen Ärztetages, dass sich die Ärztekammern

aktiv mit einem eigenfinanzierten Programm in die Versorgungsforschung einbringen, sollte Signalwirkung ausgehen.

Peter C. Scriba, Christoph Fuchs

D

ie Bundesärztekammer (BÄK) führt auf der Grundlage eines Beschlusses des 108. Deutschen Ärztetages in Berlin (2005) ein Programm zur Förderung der Ver- sorgungsforschung durch. Bei ei- ner Laufzeit von sechs Jahren zielt diese Förderinitiative darauf ab, unter sich verändernden Rahmen- bedingungen konkrete Lösungen für eine verbesserte Patientenver- sorgung und somit auch für eine adäquate ärztliche Berufsausübung aufzuzeigen. Qualität und Unab- hängigkeit der von der BÄK geför- derten Versorgungsforschung könn- ten auch helfen, eine möglicher- weise weniger unabhängige Bera- tung der Politik in die Schranken zu weisen. Grundsätzlich bedarf es wegen der Vielfalt des Versor- gungsgeschehens im Gesundheits- wesen kontinuierlich detaillierterer Analysen, um steuernde Eingriffe ausreichend rational zu fundieren.

Der bemerkenswerte und rich- tungsweisende Beschluss des 108.

Deutschen Ärztetages in Berlin sollte einen Impuls zugunsten der

Versorgungsforschung sowohl für den Forschungszweig als auch für institutionelle Drittmittelgeber geben.

Die erhoffte Finanzierungslawi- ne vonseiten der Ministerien und der Krankenkassen hat auf sich warten lassen. Vielfältige Themen harren noch der Bearbeitung. Im- merhin kann die BÄK die jüngste Ausschreibung von „Studien in der Versorgungsforschung“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (1) auch als Erfolg für sich in dem Sinne verbuchen, dass sie dazu die „Initialzündung“

(2) gegeben hat.

Ergebnisse der

BÄK-Versorgungsforschung Mit der BÄK-Förderinitiative zur Versorgungsforschung werden gro- ße, finanziell aufwendige For- schungsvorhaben mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren (Typ-I-Pro- jekte) gefördert, aber auch kleinere Expertisen und Literaturreviews in Auftrag gegeben (Typ-III-Projek- te). Die Projekte der ersten dreijäh-

rigen Förderphase sind abgeschlos- sen. Zusätzlich zu diesen beiden Projektformen wurde der „Report Versorgungsforschung“ als soge- nanntes Querschnittsprojekt (Typ- II-Projekt) aufgelegt (3).

Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, die Ergebnisse der 17 Ein- zelprojekte der ersten Phase umfas- send darzustellen. Eine Übersicht kann man sich über die „Visitenkar- ten“ auf der Homepage der Bundes- ärztekammer (www.baek.de/versor gungsforschung) verschaffen.

Die Forschungsergebnisse aus diesen Projekten werden derzeit in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Sofern dies nicht im Deutschen Ärzteblatt erfolgt, gibt es dort eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Bezugsquellen für die veröffentlichten Ergebnisse können auf der Homepage der Bundesärzte- kammer eingesehen werden (siehe oben).

Deshalb sollen im Folgenden nur einige Beispiele aus den drei The- menfeldern „Implementierung von Leitlinien“, „Einfluss der Ökono-

Fotos: Vario Images

(2)

misierung der ärztlichen Leistung auf die Patientenversorgung“ und

„Wechselwirkungen zwischen arzt- seitigen Faktoren und Versorgungs- realität (physician factor)“ genannt werden.

Implementierung von Leitlinien

Die anfangs von der Ärzteschaft reserviert entgegengenommenen Leitlinien haben inzwischen zum Beispiel als Nationale Versorgungs- leitlinien Akzeptanz gefunden. In dem hier genannten Themenfeld geht es um die Untersuchung des Umsetzungsgrads und gegebenen- falls die Identifikation bestehender Defizite, etwa bei der Implementie- rung von Leitlinien.

Evaluation der Anwendung von Leitlinien am Beispiel der Leitlinie zu MRSA: Die Leitlinie des Robert- Koch-Instituts (RKI) zur Kontrolle von Stämmen des Methicillin-resis- tenten Staphylococcus aureus (MRSA) hat einen weiteren Anstieg dieser Infektionen nicht verhindern kön- nen. Angaben untersuchter Kranken- häuser zur Struktur- und Prozess- qualität sowie eine Validierungsstu- die und Querschnittuntersuchungen vor Ort ergaben, dass die Kranken- häuser die Leitlinien relativ gut um- gesetzt haben und teilweise mehr Präventionsmaßnahmen durchfüh- ren, als durch die Leitlinien vorge- geben sind. Die Studie bestärkt die protektive Rolle der Dekolonisation mit Mupirocin und antiseptischer Ganzkörperwaschung. Diese Er- gebnisse weisen also auf einen mög- lichen Überarbeitungsbedarf der Leitlinie hin (I. Chaberny, Hanno- ver, P. Gastmeier, Berlin).

Qualitätsverbesserung der anti- thrombotischen Behandlung bei chronischem Vorhofflimmern: Die Verbesserung der Leitlinienkonfor- mität durch Fortbildung mit oder ohne computergestützten Behand- lungsalgorithmus im Vergleich zu Kontrollen ohne Intervention war geringer als erwartet. Die Com pu - ter assistenz wurde von den Ärzten paradoxerweise als hilfreich emp- funden (C. H. Gleiter, Tübingen).

Messbarkeit der „De-facto-Com- pliance“ kardiovaskulärer Leitlini- en: Hier zeigte sich eine adäquate Leitlinienkenntnis (perzeptive Com - pliance) bei nur etwa 40 Prozent der Ärzte (postalische Befragung zur Leitlinienkenntnis). Überraschen- derweise fand man keinen Behand- lungsunterschied bei Ärzten mit adäquater Leitlinienkenntnis ge- genüber Ärzten mit inadäquater.

(W. Höpp, I. Schubert, Köln).

Leitlinien-Implementierungs- Studie Asthma: Diese Studie zeigt, dass sowohl bei Ärzten als auch bei Medizinischen Fachangestellten ein Wissenszuwachs mit einer Verhal- tensmodifikation bewirkt werden kann. Diese Zunahme ist bei Kin- derärzten bei hohem Ausgangswert nicht signifikant, bei Hausärzten schon deutlicher und bei Medizini- schen Fachangestellten erheblich (M. Butzlaf, M. Redaélli, N. Ko- neczny, Witten/Herdecke).

Implementierung der S3-Leitli- nie zu ambulant erworbener Pneu- monie (CAPNETZ): Durch die ak- tive Implementierung kann die leit- liniengerechte Behandlung von Pa- tienten erhöht werden. Ein signifi- kanter Einfluss auf die Letalität wurde allerdings nicht beobachtet

(T. Welte, Hannover, T. Schäfer, Lübeck).

Schon diese wenigen Beispiele zeigen höchst unterschiedliche, manchmal enttäuschende Ergebnis- se in Zusammenhang mit der Implementierung von Leitlinien.

Methodisch interessant ist die Un- terscheidung von perzeptiver und De-facto-Compliance, also von der Kenntnis und Anwendung der Leit- linien. Künftig wird die Wirkung von Leitlinien auf die tatsächliche Versorgung eine noch stärkere Be- achtung im Sinne von Qualitätsfor- schung erfahren müssen.

Einfluss der Ökonomisierung Mehr als in früheren Jahrzehnten müssen Ärzte bei ihrem Handeln an ökonomische Konsequenzen den- ken. Das lenkt ihre Aufmerksam- keit stärker als früher von der ei- gentlichen Versorgungstätigkeit ab.

Kürzel wie DRG (Diagnosis Relat - ed Groups) und G-BA (Gemeinsa- mer Bundesausschuss) haben für die stationäre und die ambulante Medizin wegweisende und ein- schränkende Bedeutung erlangt.

Dies wirkt sich auf die Versor- gungsdichte, die in dividuellen Ge- sundheitsleistungen (IGeL) und an- dere Bereiche aus, wie die folgen- den Projektbeispiele zeigen.

Demografischer Wandel und Auf- rechterhaltung der Gesundheits- versorgung in Mecklenburg-Vor- pommern: Auf der Grundlage der traditionellen Landesbettenplanung und auf der Basis der Datensätze nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz wur den mittels kleinräumiger Be- völkerungsprognose im Land Meck- lenburg-Vorpommern Voraussagen für die Anzahl der Behandlungstage im Jahr 2020 gemacht. Für die Pa- tientengruppe vom 50. bis zum 65.

Lebensjahr sowie vom 75. bis zum 85. Lebensjahr steigt die Zahl der Behandlungstage im Vergleich zum Bedarf im Jahr 2005 deutlich, wo- hingegen sie bei den jüngeren Jahr- gängen sinkt. Dies ist im städti- schen Bereich mit 15 bis 25 Prozent deutlicher als in den sehr unter- schiedlich abschneidenden Land- kreisen. Empfohlen wird eine Ge- schlechts- und Altersadjustierung der Bedarfsprognosen (P. Schuff- Versorgungsforschung ist die wis-

senschaftliche Untersuchung des Versorgungsgeschehens von Einzel- nen und der Bevölkerung mit ge- sundheitsrelevanten Produkten und Dienstleistungen unter Alltagsbedin- gungen.

Die wichtigste Aufgabe dieses grundlagen- und anwendungsorien-

tierten fachübergreifenden For- schungsgebiets ist zu fragen, wie weit die Versorgung des Einzelnen in Kran- kenhaus oder Praxis vom möglichen Optimum abweicht. Das Leitbild der

„lernenden Versorgung“ trägt dazu bei, Optimierungsprozesse zu fördern und Risiken zu vermindern (www.ba ek.de/versorgungsforschung).

WAS IST VERSORGUNGSFORSCHUNG?

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Werner, G. Doblhammer-Reiter, Rostock).

Dasselbe Bundesland, Mecklen- burg-Vorpommern, verfügt über be- völkerungsrepräsentative Daten zur Morbidität und zur Inanspruchnah- me niedergelassener Ärzte (SHIP- Studie). Mit Angaben der Kassen- ärztlichen Vereinigung Mecklen- burg-Vorpommern wurde der Wie- derbesetzungsbedarf in Praxen bis zum Jahr 2020 ermittelt. Alters - assoziierte Erkrankungen nehmen in diesem Zeitraum zum Teil erheb- lich zu. Gleichzeitig scheiden bis 2020 circa 40 Prozent der Hausärz- te aus. Sowohl die Morbiditätslast als auch das Alter der Hausärzte zeigen erhebliche regionale Unter- schiede. Die Anzahl der Arztkon- takte wird für Urologen, Internisten und Hausärzte voraussichtlich um zehn bis 20 Prozent zunehmen, wo- hingegen bei Gynäkologen ein Rückgang um zwölf Prozent pro- gnostiziert wird. Für die allgemein- und fachärztliche Versorgung emp- fiehlt es sich, die Veränderung der Inanspruchnahme in die regionale und nationale Bedarfsplanung mit einzubeziehen (W. Hoffmann, U.

Siewert, K. Fendrich, Greifswald).

Einfluss von DRG und Disease- Management-Programmen (DMP) auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mel- litus Typ 1: Bei Kindern und Ju- gendlichen mit Typ-1-Diabetes ver- änderten sich nach der DRG- und DMP-Einführung die stationären Aufenthaltshäufigkeiten nur ge- ringfügig (geringer Anstieg), die ambulanten Kontakte nahmen zu.

Outcome-Indikatoren wie HbA und Hypoglykämien waren verän-1c

dert, Ketoazidosen unverändert.

Ungünstige Verläufe fand man im Pubertätsalter und bei Migrations- status. (A. Icks, R. Holl, Düsseldorf).

Leistungsbegrenzung und Leis- tungsangebote in Arztpraxen: Zwei westdeutsche Regionen (Lübeck und Freiburg im Breisgau) wurden verglichen, um die Häufigkeit von Leistungsbegrenzungen und dem An gebot beziehungsweise der Nach- frage von individuellen Gesund- heitsleistungen zu ermitteln. Die postalische Befragung von Versi- cherten der Gmünder Ersatzkasse

ergab, dass bei 41 Prozent der in der Studie eingeschlossenen ambulan- ten Patienten eine IGeL angeboten (insbesondere von Augenärzten und Gynäkologen) oder von ihnen selbst nachgefragt worden war. 20 Prozent der Befragten gaben an, bei mindes- tens einem dieser Arztbesuche eine medizinische Leistung oder eine schriftliche Verordnung nicht er- halten zu haben, und zwar vor al- lem bei Orthopäden, praktischen/

Allgemeinärzten und Augenärz- ten. 43 Prozent dieser Patienten wurde die abgelehnte Leistung als IGeL angeboten. Dieses Vorgehen lässt aus der Sicht der Autoren einen transparenten IGeL-Katalog, erstellt durch eine neutrale Instanz, wün- schenswert erscheinen (H. Raspe, S. Richter, Lübeck).

Einschluss- und Prozessqualität im DMP Diabetes mellitus Typ 2:

Zum Stand der Versorgung in die- sem DMP erfolgte eine zweimalige telefonische Befragung von jeweils 500 am DMP teilnehmenden und 500 nicht daran teilnehmenden GKV-Versicherten. Zusätzlich wur- den hausärztliche, anonymisierte Daten von 2 000 Patienten ausge- wertet. DMP-Teilnehmer erhalten häufiger eine Diabetesschulung, re-

gelmäßige Konsultationen, jährli- che Überweisungen zum Augen- arzt, Überweisungen zum Diabeto- logen, jährliche Fußuntersuchungen und den Diabetespass. Die Auswer- tung der hausärztlichen Patienten- daten steht noch aus. Bei DMP-Pa- tienten findet man in den Projekter- gebnissen insgesamt einen begrenzt positiven Effekt auf die Versor- gungsqualität (H. Kaduszkiewicz, H. van den Bussche, Hamburg).

„Physician Factor“

Welchen Einfluss haben das Befin- den und die Motivierung von Ärz- ten auf das Behandlungsgesche- hen? Dies ist die Fragestellung des dritten Themenfelds.

Anreize für die Niederlassung von Ärzten: Bei einer Analyse der Anreizwirkungen von monetären und nichtmonetären Merkmalen auf die Niederlassungsentschei- dung von Ärzten zeigte sich, dass das einflussreichste Merkmal das monatliche Nettoeinkommen war.

Darüber hinaus sind die Anzahl der zu leistenden Bereitschaftsdienste und das Schul- und Betreuungsan- gebot für die Kinder wichtig. Mit der Methode des „discrete choice model“ können alle Merkmale zu

Die Herausgeberschaft für die Gesamtreihe „Report Versorgungsforschung“

haben Prof. Dr. Bärbel-Maria Kurth, Mitglied des Vorstands des Wissenschaft- lichen Beirats, sowie die Autoren dieses Beitrags übernommen.

REPORT VERSORGUNGSFORSCHUNG

Band 1 (2008): Monitoring der ge- sundheitlichen Versorgung in Deutschland. Konzepte, Anforderun- gen, Datenquellen, B.-M. Kurth (Hrsg.), Deutscher Ärzte-Verlag, Sym- posium „Zur Bildung von Netzwerken für ein kontinuierliches Monitoring der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland“ am 12. Dezember 2006.

Band 2 (2009): Arbeitsbedingungen und Befinden von Ärztinnen und Ärz- ten. Befunde und Interventionen, F.-W. Schwartz/P. Angerer (Hrsg.), Deutscher Ärzte-Verlag, Symposium am 10. Februar 2009.

Band 3 (2010, in Druck):

Die Versorgung psychisch kranker alter Menschen.

Bestandsaufnahme und Herausforderung für die Versorgungsforschung, G.

Stoppe (Hrsg.), Symposium am 21. Okto- ber 2009.

Band 4 (2011, in Planung)

„Transition“ – spezielle Versorgungsanforderun- gen in der medizinischen Betreuung beim Übergang vom Kin- des- und Jugendalter zum Erwachse- nenalter.

T H E M E N D E R Z E I T

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auf dem Land niederzulassen, ist kaum umkehrbar. Neben der Höhe des Einkommens wäre eine famili- enfreundliche Planung der zu leis- tenden Bereitschaftsdienste für die Steuerung der Niederlassungsbe- reitschaft auf dem Land, von größ- ter Bedeutung (H.-H. König, O.

Günther, Leipzig).

Wechselwirkung der Qualität des Arbeitslebens von Klinikärzten mit der Qualität der Patientenversor- gung: Aus München kommt der Nachweis, dass sich Qualität und Leistung der ärztlichen Arbeit durch Arbeitsfreude steigern lassen.

Durchgeführt wurde eine mehrjäh- rige Kohortenstudie mit Fragebo- generhebungen zur Arbeitssituation und zum gesundheitlichen Befinden von Ärzten an bayerischen Kran- kenhäusern. Ein zweiter Teil bein- haltet eine Intervention mit Analyse und gezielter Optimierung der Ar- beitssituation in einem Koopera - tionskrankenhaus. Arbeitsmenge, Zeitdruck und Unterbrechungen so- wie Informationsprobleme belasten die Klinikärzte, von denen 13 Pro- zent außerdem über Mobbing be- richteten und zehn Prozent kritische Depressionswerte aufwiesen. Die Intervention zielte auf ein systema- tisches Vorgesetzten-Feedback und die Vermeidung von Arbeitsunter- brechungen ab. Die Befragung der Patienten ergab eine stärkere Zu- friedenheit auf der Interventionssta- tion im Vergleich zur Kontrolle.

Die Studie bestätigt den Einfluss des Befindens von Ärzten auf die tatsächliche Versorgungsqualität.

Darüber hinaus zeigen sich erste positive Ergebnisse von Interven- tionen zur Verbesserung des Ärzte- befindens (P. Angerer, J. Glaser, F.

Pedrosa Gil, München).

Karriere- und Lebensplanung von Medizinstudierenden und an- gehenden Ärzten: Der Berliner Re- formstudiengang schneidet im Ver- gleich zum Regelstudiengang bes- ser ab, was die Studienzufrieden- heit und das Belastungsempfinden bei Studienanfängern und bei Stu- dierenden im praktischen Jahr (PJ)

tel die Absicht, später eine prakti- sche ärztliche Tätigkeit auszuüben.

Etwa 40 Prozent der PJler schließen eine anschließende Auslandstätig- keit nicht aus. Die Wertschätzung des Privatlebens gegenüber dem Berufsleben nimmt im Verlauf des Studiums zu (A. Kuhlmey, S. Dett- mer, Berlin).

Ausstiegstendenzen aus der ku- rativen Tätigkeit bei ärztlichen Be- rufsanfängern: Eine weitere Studie befasste sich mit den Berufsein- stiegsproblemen und den Berufs- ausstiegstendenzen in verschiede- nen Ländern Europas und in den USA. Die vergleichende Studie kommt unter anderem zu dem Er-

gebnis, dass dort die Häufigkeit des endgültigen Ausstiegs aus der Wei- terbildung oder aus dem Beruf eher gering ist und gleichzeitig der Be- darf an Ärzten und die Stellenzahl für Ärzte zunehmen. Aufgrund ih- rer gering gehaltenen Ausbildungs- kapazität setzen ein zelne Länder daher in großem Umfang auf eine Immigration von Ärzten (van den Bussche, H., Hamburg).

Die Projekte der zweiten Förder- phase (4) sowie einer nachgehen- den begrenzten Ausschreibung wei- terer Typ-I-Projekte sind noch nicht abgeschlossen. Alle Forschungs- vorhaben und Auftragnehmer sind über die jeweiligen „Visitenkarten“

auf der Homepage der Bundesärzte- kammer (www.baek.de/versorgungs forschung) einsehbar.

Report Versorgungsforschung Um die für die Versorgungsfor- schung nutzbaren und regulär erho- benen Daten geht es im Band 1 der Reihe „Report Versorgungs - forschung“. Im „Monitoring der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland“ (Kurth 2008) werden Konzepte eines kontinuierlichen

Versorgungsmonitorings vorgestellt, die Vernetzungsmöglichkeiten unter- schiedlicher Daten, Anforderungen an die Qualität der Daten sowie deren Einsatzmöglichkeiten für die Qualitätsmessung erläutert. Ange- sichts des Nutzens der bei den Kas- sen vorliegenden Versorgungsdaten forderte der Deutsche Ärztetag 2008, existierende Datenmonopole für die wissenschaftliche Analyse und für wichtige Aufgaben der Standesver- tretung zu öffnen. Dies ist eine Aus- einandersetzung, die die Aufmerk- samkeit der Politik finden sollte (5).

In Band 2 der Reihe wird das Thema „Physician Factor“, also im weitesten Sinne der Einfluss des Faktors „Arzt“ auf die Qualität der Patientenversorgung, aufgegriffen.

Hintergrund für die thematische Befassung ist die Erkenntnis, dass die Versorgungsqualität nicht nur von den Fähigkeiten der Ärzte, son- dern entscheidend auch von ihrer Bereitschaft und ihren Möglich - keiten zum Engagement abhängt.

Dieses setzt Wohlbefinden und Gesundheit voraus. Die Schaffung gesundheitsförderlicher Arbeitsbe- dingungen für Ärzte ist somit ein

Die Versorgungsforschung hat durch die Förderung der

Bundesärztekammer ihre Methodik verbessert,

ihr Ansehen vermehrt und neue Erkenntnisse gewonnen.

(5)

zentrales Thema der Versorgungsfor- schung (Schwartz, F.-W., Angerer, P.:

Arbeitsbedingungen und Befinden von Ärztinnen und Ärzten – Befunde und Interventionen, 2010).

Band 3 der Reihe befasst sich mit dem Problem der „Versorgung psy- chisch kranker alter Menschen“ und schließt neben zentralen Themen, wie Demenz, auch weniger diskutierte Themen, wie etwa die hohe Suizidrate älterer Menschen, ein. Es werden Schwachstellen in der Gesamtversor- gung, wie Über-, Unter- und Fehlmedi- kation, sowie die weitgehend fehlende psychotherapeutische Versorgung im höheren Lebensalter aufgezeigt und der Handlungsbedarf im Sinne einer Empfehlung an die politischen Ent- scheidungsträger deutlich gemacht (Stoppe, G., Hrsg.). Der Band wird Mitte 2010 erscheinen.

Für den Band 4 ist ein Symposium zum Thema „Spezielle Versorgungsan- forderungen in der medizinischen Be- treuung beim Übergang vom Kindes- und Jugendalter zum Erwachsenenalter („Transition“) in Vorbereitung.

Mit diesen Bänden zur Versorgungs- forschung hat die Bundesärztekammer einen Weg gefunden, das wissenschaft- liche Material zu aktuellen und auch für die Gesundheitspolitik wichtigen Themen umfassend zusammenzutra- gen und sich auf dieser Basis, gerade auch zu politischen Themen, fundiert zu äußern.

Expertisen und Literaturreviews Enger umschriebene konkrete Frage- stellungen lassen sich durch die Typ- III-Projekte bearbeiten. Bisher wurden zehn Expertisen – von denen die meis- ten bereits abgeschlossen sind (siehe Übersicht unter www.baek.de/versor gungsforschung) – unter anderem zu folgenden Themen in Auftrag gegeben:

Einfluss der pharmazeutischen In- dustrie auf die wissenschaftlichen Er- gebnisse und die Publikation von Arz- neimittelstudien

Möglichkeiten zur Prävention und Früherkennung von Kindesvernachläs- sigung und -misshandlung für Ärzte (und Zahnärzte)

Evaluation der Ärztezufriedenheit bezüglich beruflichen Stressniveaus und medizinischer Ausbildung

Adjustierung der Risikofaktoren von Pro gnosemodellen zur Hochrechnung

der Patientenanzahl bis zum Jahr

2020 Notwendigkeit eines ungehin-

derten Zugangs zu sozial- und krankheitsbezogenen Versicherten- daten für die Bundesärztekammer und andere ärztliche Körperschaf- ten sowie wissenschaftliche Fach- gesellschaften zur Optimierung der ärztlichen Versorgung.

Der Vorstand der Bundesärzte- kammer hat überdies entschieden, mehrere Typ-III-Projekte zur ärztli- chen Bedarfsplanung auszuschrei- ben. Die hier genannten Expertisen und Literaturreviews haben sich als sehr hilfreiches Instrument erwie- sen, um kurzfristig in politisch rele- vanten Diskussionen mit wissen- schaftlich fundierten Argumenten Stellung beziehen zu können.

Ziele wurden erreicht

Die durch die Ärzteschaft selbst ge- steckten Ziele der Förderung der Versorgungsforschung wurden be- reits zu weiten Teilen erreicht: Posi- tiv zu bewerten ist das große Inter - esse der Fachkreise an den Aus- schreibungen. Dies wird unter ande- rem erkennbar an den 175 Antrags- skizzen, die auf die Ausschreibung der ersten Förderphase eingereicht wurden. Von den besonders qualifi- zierten Skizzen betrafen 40 Prozent den ambulanten Bereich, mehr als 40 Prozent bezogen den ambulanten und den stationären Sektor über- greifend in die Betrachtung ein.

Zudem hat die Versorgungsfor- schung grundsätzlich an Anerken- nung und Differenziertheit ihrer eigenen Methoden gewonnen. Die grundlagennahe Versorgungswis- senschaft hat sich konstruktiv in das BÄK-Programm eingebracht und bei der außergewöhnlich transpa- renten und zugleich konstruktiven Begutachtung sowie bis hinein in die anschließende Förderung und Durchführung der Projekte mitge- wirkt. Dies hat zur wissenschaftli- chen Anerkennung der Förderinitia- tive der Bundesärztekammer ent- scheidend beigetragen.

Erfreulicherweise findet die Versorgungsforschung gerade jetzt Zugang zu einer deutlich großzü - gigeren staatlichen Forschungsför- derung („Initialzündung“). Wahr-

nehmbar ist eine bessere Kooperati- on der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften und der Bun- desärztekammer. Es gibt kaum ein medizinisches Fachgebiet, in dem die Versorgungsforschung nicht auf Interesse stößt. Dabei sind die Be- reiche am fortgeschrittensten, in denen die Methoden zur Quali- tätsmessung am besten entwickelt sind. Die Bemühungen um Quali- tät im Rahmen der BÄK und die erreichte Qualität sind sichtbarer geworden.

Die Demonstration der wissen- schaftlichen Kompetenz der ärztli- chen Selbstverwaltung ist gelun- gen. Die Förderinitiative der Bun- desärztekammer zur Versorgungs- forschung hat zu einer typischen Win-win-Situation geführt: Die Bundesärztekammer zeigt, dass sie ihre Aussagen auf eine wissen- schaftlich anerkannte Fundierung gründet. Die Versorgungsforschung hat durch die Förderung der Bun- desärztekammer ihre Methodik ver- bessert, ihr Ansehen vermehrt und neue Erkenntnisse gewonnen.

❚Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2010; 107(17): A 812–6

LITERATUR

1. Bundesministerium für Bildung und For- schung (BMBF): Richtlinien zur Förderung von Studien in der Versorgungsforschung.

Bundesanzeiger Nr. 21 vom 9. 2. 2010.

2. Hoppe J-D: Öffentliche Einladung an die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Dtsch Arztebl 2010; 107(8): A 310–1.

3. Bäsler F, Fuchs C, Scriba P C: Förderung der Versorgungsforschung durch die Bun- desärztekammer. Bundesgesundheitsbl-Ge- sundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2006;

49: 130–6.

4. Scriba P C, Berger J: Versorgungsfor- schung: Die Förderinitiative der Bundesärz- tekammer. Dtsch med Wochenschr 2007;

132: 1424–6.

5. Schwartz F W, Scriba P C: Versorgungsfor- schung und Politikberatung. Gesundh ökon Qual manag 2004; 9: 161–6.

Anschrift der Verfasser Prof. Dr. med. Peter C. Scriba

Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer und der Ständigen Koordinationsgruppe Versorgungsforschung Prof. Dr. med. Christoph Fuchs

Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages

Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin

T H E M E N D E R Z E I T

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