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Was können und sollen wir den Patienten zukünftig anbieten?

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BERICHT

ARS MEDICI 22 2013

1119 Anlässlich der UEG-Week 2012

setzte sich in der Opening Session Dr. Jean Frédéric Colombel, Lille, mit den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auseinander, die sich in den nächsten Jahren weltweit zu einem dringenden Pro- blem entwickeln könnten – und die damit zu Recht gleich zum Auftakt der UEG-Week Thema waren.

CHRISTINE MÜCKE

Schon jetzt liegt die Prävalenz in Nord- amerika und einigen europäischen Ländern bei 1 Prozent, mit einer stei- genden Rate an Morbus-Crohn- Erkran kun gen. Steigende Inzidenzen sind auch in Japan, Südkorea, Austra- lien, Neuseeland sowie in Teilen von In- dien und China zu verzeichnen. Der Experte befasste sich mit der Frage, welche Optionen heute angeboten wer- den und welche wichtigen Trends zu verzeichnen sind. Zunächst einmal in- teressierte ihn die Patientenperspek- tive. In einer europäischen Umfrage unter fast 5000 Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen lit- ten 63 Prozent an Morbus Crohn (CD) und 33 Prozent an Colitis ulcerosa (CU). 18 Prozent warteten mehr als fünf Jahre auf eine Dia gnose, 64 Pro- zent bedurften bereits in dieser Zeit einer Notfallintervention, 53 Prozent beklagten, dass sie wichtige Aspekte nicht diskutieren konnten, und 21 Pro- zent gaben an, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung diskriminiert wurden.

Problematik oft unterschätzt

Der Einfluss der Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit wurde bis anhin häu- fig unterschätzt. Aktuelle Zahlen zei- gen, dass von den CD-Patienten unter den 40- bis 59-Jährigen fast 25 Prozent der Betroffenen eine Invalidenrente be- ziehen, unter den 60- bis 67-jährigen sind es über 40 Prozent. Unter den CU- Patienten beziehen schon im Alter zwi- schen 30 und 39 an die 8 Prozent eine solche Rente. Auch die Mortalität der Erkrankungen ist höher als gedacht, wie eine dänische Studie jüngst zeigen konnte. Die Mortalität ist in den ersten 5 Jahren nach Diagnose erhöht, auf mittlere und lange Sicht bei CU um 10 Prozent und bei CD um 50 Prozent;

wobei der Wert bei CU in den letzten 30 Jahren gesenkt werden konnte, bei CD jedoch nicht.

Mögliche Erklärungsansätze sind viel- fältig. Ob regelmässige endoskopische Kontrollen oder eine medikamentöse Prophylaxe tiefer Venenthrombosen – die Guidelines würden leider nicht ausreichend befolgt, bedauerte der Ex- perte. Auch die Therapieadhärenz nehme erfahrungsgemäss im Laufe der Jahre ab, und es sei festzustellen, dass die aktuellen Therapiealgorithmen den natürlichen Verlauf der Erkrankung nicht wirklich verändern konnten, so der Referent weiter. Behandeln wir zu spät?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Was können und sollen wir den Patienten zukünftig anbieten?

20. United European Gastroenterology Week Amsterdam, 20. bis 24. Oktober 2012

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Adalimumab 40 mg wöchentlich Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen Plazebo

> 5 2 bis < 5

< 2 17

4/23 14/25 9/14 9/36 9/26 14/31 16/111 45/121 50/112 56*

64*

25 35

45

14 37*

45*

Anteil der Patienten (%)

Dauer der Behandlung (Jahre)

p < 0,05 versus Plazebo

Quelle: nach Schreiber S et al., JCC 2012

Abbildung: In der CHARM-Studie erreichten Patienten, die in den ersten beiden Jahren ihrer Erkrankung Adalimumab erhielten, deutlich häufiger eine klinische Remission.

Morbus Crohn:

Höhere Remission durch frühe Anti-TNF-Behandlung

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Aktuelle Entwicklungen

Pariente et al. schlagen vor, CD als pro- gressive Erkrankung zu begreifen und sich nicht allein auf die Entzündung zu fokussieren, sondern bereits zum Zeit- punkt der Diagnose das Fortschreiten der Erkrankung und dadurch bedingte Schädigungen zu hemmen. Anstelle einer sym ptomatischen Behandlung könnte in Analogie zu den Rheumato- logen auch hier das Treat-to-Target- Konzept immer mehr an Bedeutung ge- winnen. Das Ziel könnte zum Beispiel die endoskopisch nachweisbare Hei- lung sein. Die ACCENT-Studie konnte deutlich belegen, dass die Crohn-Pa- tienten mit endoskopisch belegter Hei- lung in Woche 10 und 54 oder zumin- dest zu einem dieser beiden Zeitpunkte deutlich seltener hospitalisiert oder operiert werden mussten als diejenigen, die zu keinem Zeitpunkt eine endosko- pisch nachweisbare Heilung erreichten.

Deutlich bessere klinische Ergebnisse für Patienten mit endoskopisch nach- weisbarer Heilung beschreibt auch die ACT-Studie, in der Infliximab bei Patienten mit CU verabreicht wurde.

Patienten, die in Woche 8 einen endo- skopisch nachweisbaren Heilungsscore von 0 oder 1 erzielten, waren am Ende deutlich häufiger in klinischer Remis- sion (p < 0,0001).

Frühe Intervention, enge Kontrolle Früh im Krankheitsverlauf gibt es ein Window of Opportunity, das genutzt werden sollte. «Das heisst, die Dia - gnose sollte möglichst früh gestellt, und es sollte so früh wie möglich eine Be- handlung eingeleitet werden. Und zwar mit dem Besten, was wir haben», un- terstrich der Experte.

Diesen Aspekt belegen Daten der CHARM-Studie mit Adalimumab, die den Impact der Krankheitsdauer auf die Wirksamkeit der Behandlung bei Patienten mit CD untersuchte. Patien- ten, bei denen bereits früh – Erkran- kungsdauer unter 2 Jahre – eine Thera- pie eingeleitet worden war, erzielten deutlich bessere Resultate als dieje - nigen, bei denen die Erkrankung bei Therapiebeginn bereits seit mindestens 5 Jahren bestand. Ebenfalls von den Rheumatologen stammt das Konzept der engen Kontrolle, das heisst des kon- sequenten Monitorings des Therapieer- folgs. Der Einfachheit halber werden dafür zunehmend Biomarker wie bei- spielsweise das CRP eingesetzt. Dass besser kontrollierte Patienten bessere Ergebnisse erzielen, belegen wiederum Daten der ACT-Studie, die zeigen konn - ten, dass klinische Response und Mukosaheilung bei den Patienten mit höheren Konzentrationen des Wirk-

stoffs im Blut deutlich besser ausfielen.

Dieses Konzept bedarf der Bestätigung durch weitere Studien. Zur guten Kon- trolle gehört es natürlich auch, die Sicherheit der Therapien im Auge zu behalten.

Betreuung in spezialisierten Zentren Ein weiteres Konzept, das erwähnt werden muss, betrifft das Profiling.

«Wir müssen die beste Therapie für jeden einzelnen Patienten finden, bis anhin waren wir dafür häufig auf unser klinisches Gespür angewiesen.» In Zu- kunft werden mehr und mehr hand- feste Kriterien zur Verfügung stehen wie zum Beispiel persönliche Charakte- ristika, Phänotypen der Erkrankung, serologische, genetische und bakterio- logische Daten. Und last, but not least müssen wir uns mit kommenden, neuen Optionen vertraut machen. Für die Behandlung der CU seien einige Substanzen zu erwarten, die viel Anlass zu Hoffnung gäben, aber die Behand- lung auch viel komplexer machten, so Colombel.

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt zur Optimierung der Versorgung ist nach Meinung des Referenten die Be- treuung in Zentren, in denen ein Team von Experten, bestehend aus Ärzten, Krankenschwestern, Diätassistentin- nen, Psychologen und Sozialarbeitern, in enger Verbindung zu Pathologie, Chir urgie, Radiologie und Pädiatrie, zur Verfügung steht, die auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen spe - zia lisiert sind. Noch weiter ginge ein Zusammenschluss in Zentren für im- munvermittelte Erkrankungen – zur Nutzung aller Ressourcen wird es un- umgänglich werden, sich zukünftig bestmöglich zu vernetzen. «Und nicht zuletzt müssen wir die Kommunikation mit den Patienten verbessern, sie in Entscheidungen einbeziehen, um durch eine verbesserte Akzeptanz eine verbes- serte Adhärenz und letztlich bessere Ergebnisse zu erzielen», unterstrich Colombel abschliessend. Christine Mücke

MUSIC-Studie: Korrelation zwischen Plasmakonzentration und endoskopischer Response

In der MUSIC-Studie profitierten Patienten mit aktivem Morbus Crohn von einer Behandlung mit Certolizumab Pegol (CZP). Verbesserungen der endoskopisch nachweisbaren Läsionen waren bereits in Woche 10 zu verzeichnen und hielten im Allgemeinen bis Woche 54 an. Retrospektiv wurden nun von Colombel et al. der Zusammenhang zwischen dem Plasmalevel von Certolizu- mab Pegol und endoskopisch nachweisbarem Ansprechen sowie die Remission untersucht. Ein- geschlossen in diese Subanalyse waren 89 Erwachsene, die bereits länger als 3 Monate an Mor- bus Crohn erkrankt waren und in 2 oder mehr Segmenten signifikante endoskopisch nachweis- bare Läsionen sowie einen Crohn’s Disease Activity Score (CDEIS) ≥ 8 aufwiesen. Sie erhielten subkutan 400 mg CZP in Woche 0, 2 und 4 zur Induktion und danach alle 4 Wochen bis Woche 54.

Bei zu geringer Wirksamkeit oder einem Verlust derselben konnte nach Woche 10 die Frequenz auf alle 2 Wochen verkürzt werden. Die Plasmakonzentrationen wurden in Woche 8 und Woche 54 gemessen und Quartilen zugeteilt. Die endoskopisch nachweisbare Response (Abnahme des CDEIS > 5) und Remission (CDEIS < 6) wurde in Woche 10 und 54 ermittelt. Bei 45 Patienten konnten die Plasmakonzentrationen in Woche 8 und bei 18 in Woche 54 ermittelt werden. Dabei zeigten diejenigen mit höheren Plasmakonzentrationen höhere endoskopisch nachweisbare Response- beziehungsweise Remissions raten, so das Fazit der Autoren. Gut 2012; 61 (Suppl 3): A81.

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ARS MEDICI 22 2013

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