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Archiv "Gesundheitsreform: Bonustarife inzwischen mehr nachgefragt" (22.04.2005)

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rst zögerlich haben die Kranken- kassen von den mit der Gesund- heitsreform 2004 installierten neu- en Wettbewerbselementen und originär privatversicherungsrechtlichen Tarif- möglichkeiten Gebrauch gemacht. Zu- nehmend bieten sie den Versicherten Bonussysteme, Selbstbehalttarife oder Beitragsrückerstattungen an. Dabei sind diese Elemente der Tarifgestaltung innerhalb des gesetzlichen Systems (GKV) nicht völlig neu. Bereits vor der Gesundheitsreform 2004 hatte § 30 Ab- satz 2 SGB V den Krankenkassen ein- geräumt, Ermäßigungen oder Boni bei den Zuzahlungen zum

Zahnersatz in der Sat- zung zu verankern, wenn Bemühungen des Versi- cherten zur Gesunder- haltung der Zähne er- kennbar waren und te- stiert (im Checkheft) wurden. Durch das GKV-Modernisierungs-

gesetz (GMG) sind die Möglichkeiten zur Vergabe von Boni, zum Erlass der Praxisgebühren und zur Rücker- stattung spürbar ausgeweitet worden.

§ 65a SGB V implementiert die bisher für die private Krankenversicherung (PKV) typischen Bonussysteme und Rabatte auch in der GKV, die direkt beim Versicherten ansetzen.

Versicherungstheoretisch und rechts- systematisch gibt es folgende Spielarten:

Bonus für gesundheitsbewusstes Ver- halten (§ 65a Absatz 1 SGB V); Ermäßi- gung oder teilweise Erlass der Praxisge- bühr bei Teilnahme an einer so genann- ten hausarztzentrierten Versorgung, bei der Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm bei bestimmten chronischen Krankheiten (Disease-Man- agement-Programme) oder innerhalb

der Integrierten Versorgung (§ 65a Ab- satz 2 SGB V). Nach Maßgabe § 65a Absatz 2 sind Boni für gezielte betrieb- liche Gesundheitsförderungsmaßnah- men möglich.

Außerdem gestattet das GMG den Krankenkassen, für die Gruppe der frei- willig Versicherten das Instrument des Selbstbehaltes (§ 53 SGB V) oder der Beitragsrückerstattung (§ 54 SGB V) einzusetzen. Bei solchen Tarifgestaltun- gen ist die Höhe der durch die Kranken- kassen zu tragenden Kosten variabel.

Seit dem 1. Januar 2004 sind Koope- rationen zwischen Gesetzlicher und pri- vater Krankenversiche- rung insoweit gestattet, als die Krankenkassen aktiv werden können bei der Vermittlung privater Zusatzversicherungsver- träge (§ 194 Absatz 1a SGB V). Bei dieser von der privaten Kranken- versicherung eher skep- tisch beurteilten Möglichkeit einer Ta- rifgestaltung wurden bis Jahresmitte 2004 bereits mehr als 250 000 Zusatz- versicherungsverträge abgeschlossen, ermittelte das Wissenschaftliche Insti- tut des PKV-Verbandes in Köln.

Informationslücken

Dabei gibt es noch zahlreiche Wissens- und Informationslücken bei breiten Kreisen der gesetzlich und freiwillig Versicherten der Krankenkassen. Auf- schluss über die Akzeptanz, das Mei- nungsspektrum und die konkrete Ent- scheidungs- und Handlungsweise der Versicherten gab kürzlich das Wissen- schaftliche Institut des AOK-Bundes- verbandes (WidO), Bonn, in einer re-

präsentativen Umfrage, an der sich im Rahmen des so genannten WidO-Moni- tors rund 3 000 Personen ab 18 Jahren beteiligten. Dabei wurden in der schrift- lichen Befragung wenig Details zur Ausgestaltung der Offerten der Kassen und deren Tarifvariationen unterbrei- tet. Deshalb sind die Kenntnisse der Versicherten noch wenig detailliert und konkret ausgeprägt. Die Umfrage unter Leitung von Klaus Zok ergab:

Jeder zweite gesetzlich Versicherte sieht Bonusprogramme der Kranken- kassen, bei denen auch Varianten mit ei- nem Eigenanteil der Versicherten kom- biniert werden, als vorteilhaft an. Jeder zweite Befragte bewertet die Angebote unentschlossen bis gleichgültig bezie- hungsweise negativ.

20 Prozent gegen Bonus-Tarife

54,3 Prozent der gesetzlich Versicherten antworteten: „finde ich gut“ beziehungs- weise „finde ich sehr gut“. 25,3 Prozent der Befragten hatten keine feste Mei- nung; jeder Fünfte (19,2 Prozent) lehnt ein Bonusprogramm ab. Jüngere Mit- glieder der Kassen sind dagegen aufge- schlossener als ältere. Bei den unter 30- Jährigen liegt die Zustimmung bei 64,2 Prozent. Kranke, vor allem chronisch Kranke, sind an Bonusprogrammen we- niger interessiert (48,8 Prozent).

Das AOK-Instiut führt dies auf die noch unzureichende Information zum Zeitpunkt der Befragung zurück (Au- gust 2004). Jeder zweite Befragte gab an, „schlecht“ oder „sehr schlecht“ in- formiert zu sein. 28 Prozent der gesetz- lich Versicherten meinten, „gut“ oder sogar „sehr gut“ unterrichtet zu sein.

Informationen und Ratschläge wer- den zumeist über die Medien vermittelt (70 Prozent). Jeder Zweite hat über Anzeigen oder über die Werbung der Krankenkassen etwas über Bonuspro- gramme gehört. Ein Drittel der Befrag- ten (34,5 Prozent) berichtete, von der für sie zuständigen Krankenkasse direkt angesprochen worden zu sein.

Fast die Hälfte der bisher noch nicht eingeschriebenen Befragten (45,4 Pro- zent) erklärte, Bonusprogramme seien für sie nicht attraktiv beziehungsweise lohnten sich finanziell nicht. Mehr über solche Programme wissen zu wollen, P O L I T I K

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A1098 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 16⏐⏐22. April 2005

Gesundheitsreform

Bonustarife inzwischen mehr nachgefragt

Die Auswertung einer Umfrage des AOK-Forschungsinstituts gibt Aufschluss über die Akzeptanz von Tarifvariationen.

Bis Mitte 2004 haben die Kranken-

kassen mehr als 250 000 private Zusatzversicherungen

vermittelt.

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wünschten 38,6 Prozent der GKV-Versi- cherten. 37,1 Prozent gaben den relativ hohen Aufwand bei der Anmeldung und Einschreibung als Grund für ihr Desin- teresse an. 34,4 Prozent nehmen nicht an solchen Programmen teil, weil sie sich für so etwas nicht interessieren.

Auch auf die verschiedenen Zusatz- versicherungsangebote der Kassen, die hier in Bezug auf die private Kranken- versicherung als Versicherungsvermitt- ler auftreten, reagierten die Befragten bisher eher zurückhaltend. 30 Prozent der Befragten waren an Zusatzversi- cherungen interessiert, 29 Prozent an- worteten „teils interessiert“, und mehr als 38 Prozent lehnten solche ab. Die Nachfrage nach Zusatzversicherungen steigt bei höherem Einkommen (mehr als 3 000 Euro Haushaltseinkommen:

36,4 Prozent).

Zusatztarife aus einer Hand

Bei der Frage, ob Zusatzversicherungen bei einer Krankenkasse oder aber bei ei- nem Unternehmen der privaten Kran- kenversicherung besser abzuschließen sind, votierten die meisten der Befrag- ten zugunsten der gesetzlichen Kassen.

77,5 Prozent wollen als Anbieter die Krankenkassen den privaten Kranken- versicherungen vorziehen. 24,2 Prozent nennen eine private Krankenversiche- rung dagegen als „Partner“ für den Ab- schluss von Zusatztarifen. 17 Prozent ist der Anbieter eher gleichgültig. 34 Pro- zent, die eine Privatassekuranz als An- bieter von Zusatzversicherungen wäh- len, sagten, sie hätten bei dieser Versiche- rung „mehr Sicherheit und Vertrauen“.

Nur fast jedes zweite Krankenkas- senmitglied (44 Prozent) weiß genauer Bescheid, welche Zusatzversicherun- gen ihre Krankenkasse anbietet bezie- hungsweise vermittelt. Der Kenntnis- stand wächst bei Mitgliedern mit relativ hohem Einkommen und überdurch- schnittlicher Bildung. Im August 2004 hatten 6,7 Prozent der Kassenmitglie- der eine private Zusatzversicherung über ihre Krankenkasse bei einem PKV-Unternehmen abgeschlossen.

Zusätzlichen Krankenversicherungs- schutz wünscht sich jedes zweite gesetz- lich versicherte Mitglied (49,9 Prozent).

In den neuen Bundesländern sind es 43,2

Prozent. Diese geben an, mehrere priva- te Zusatzversicherungspolicen für den Krankheitsfall abgeschlossen zu haben.

Ganz oben beim Abschluss von Zu- satzversicherungen rangiert die Aus- landsreisekrankenversicherung mit 32,7 Prozent. An zweiter und dritter Stelle werden Krankenhaustage- und Kran- kentagegeldversicherungen genannt (24 beziehungsweise 24,5 Prozent). An vier-

ter und fünfter Stelle stehen Zusatztari- fe für den Zahnersatz (14,4 Prozent) und die Versicherung bei Wahl eines Ein- oder Zweibettzimmers oder der Wahl des Arztes im Krankenhaus (11,5 Prozent). Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

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A1100 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 16⏐⏐22. April 2005

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ängige Diagnosen – sagen wir mal ein banaler Schnupfen oder eine Sprunggelenksdistorsion – bewältigen wir mit unserem medizinisch geschulten Stammhirn. Kompliziertere, auch seltenere Erkrankun- gen erfordern verschärftes medizinisches Brüten und Sinnieren, um über Parallelen des Alltäglichen die Komplexität des Unbekannten zu erfas- sen. Dies lässt sich ohne gedanklichen Kraftaufwand auch auf andere Ge- biete übertragen, beispielsweise das Kreditwesen. Insbesondere vor der Niederlassung sind Begriffe wie Kontokorrent und Vorfälligkeitsent- schädigung meist unbekannte Pathologika.Auch ich musste mich mit den betriebswirtschaftlichen Seiten des Arztberufes auseinander setzen und versuche noch heute, die sinistren Seiten des Kreditwesens über Paralle- len im Alltag zu ergründen. Vor kurzem bin ich aber bei meinem

wöchentlichen Literaturstudium an meine Grenzen gestoßen (bdi aktu- ell 3–2005): Die BKK Heilberufe hat ihre kreditgebende Bank auf eine Entschädigung über 391 Millionen Euro verklagt, weil sie ihr vor vier Jahren einen Kredit über 113 Millionen gewährt hatte. Dieser Vorgang gebärdet sich nun überhaupt nicht wie ein profaner Schnupfen. Ich stelle mir das so vor, dass ich mir eine Pizza zum Mittag bestelle und vier Wo- chen später den Pizzabäcker verklage, weil er meine Arzthelferinnen hat leer ausgehen lassen. Nein, dieser Vergleich hinkt. Vielleicht so: Ich mie- te mir ein Fahrzeug, fahre es gegen die Wand und verklage den Auto- händler auf Schadenersatz – sowohl für das Fahrzeug als auch für die Wand, in vierfacher Höhe, versteht sich. Nein, ich habe immer noch das Gefühl, dass einige Leser des Deutschen Ärzteblattes die Stirn in schrä- ge Falten legen. Der Vergleich ist noch nicht griffig genug. Auf ein Neues:

Ich stelle mir einen brandneuen Computertomographen in die Praxis und fordere dann von der Herstellerfirma den vierfachen Anschaffungs- preis als Entschädigung. Ich weiß nämlich gar nicht, wie so ein Ding funktioniert, noch kann ich mit den kleinen schwarz-weißen Bildchen etwas anfangen.

So ungefähr könnte man das Verhalten der BKK medizinisch erklären. Obwohl – wundern tut mich das überhaupt nicht. Sind die Krankenkassen doch schon seit Jahrzehnten gewohnt, für ihre Erkrankungen an- dere in Regress zu nehmen. Hätten die Banker mal ei- nen von uns gefragt . . . Dr. med. Thomas Böhmeke

Kredit

Weitere Informationen im Internet: www.aerzteblatt.de/

plus1605

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