Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 51–52|
22. Dezember 2014 A 2251RANDNOTIZ
Wolfgang J. Mehlen
Hiermit möchte ich mich um die ausgeschriebene Stelle eines zweit- meinungsberechtigten Leistungser- bringers bewerben. Wie Sie den bei- gefügten Zeugnissen und Referen- zen entnehmen können, bin ich der ideale Kandidat für diesen Job.
Nach mehrjähriger Tätigkeit im gehobenen, nicht-technischen Dienst des Landes NRW, anschlie- ßendem Medizinstudium und Weiter- bildung zum Facharzt für Chirurgie,
habe ich neben einer wenig fundier- ten Erstmeinung – gefördert durch meine Chefärzte – auch die Fähig- keit erworben, diese im Rahmen ei- ner HSR (Horst-Seehofer-Rotation) ohne auftretenden Schwank- oder Drehschwindel in kürzester Zeit in das absolute Gegenteil zu revidieren, eine Fähigkeit, die heute in Zeiten des Trends zur Drittmeinung keines- falls zu unterschätzen ist!
Heutzutage ist eine Erstmeinung ohnehin völlig obsolet, man könnte ohne nachhaltigen Schaden darauf verzichten, die Zeitspanne zur Ent- scheidungsfindung würde hierdurch statistisch signifikant auf mindestens die Hälfte verkürzt!
Unter diesem Aspekt würde der Verzicht auf eine fundierte Erstmei- nung auch erhebliche personelle Ressourcen freisetzen. Ärztliche und pflegerische Mitarbeiter, welche bis- her lediglich über eine Erstmeinung verfügen, könnten freigestellt wer- den; die hierdurch frei werdenden ökonomischen Ressourcen (Manpo- wer) ließen sich sinnvoller in Verwal- tung und Management implementie- ren; die Optimierung der Verfahrens- abläufe würde nicht nur Geld spa- ren. Durch die Identifizierung aller Mitarbeiter mit einer gefestigten, kli- nikeigenen Zweitmeinung würde so- wohl die Zufriedenheit bei den Pa- tienten als auch bei den Mitarbeitern messbar gesteigert . . .
Zweitmeinung – Bewerbung
In der Auseinandersetzung um die sogenannten Übergangsgelder für die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin drohen nun personelle Konsequenzen an der KV-Spitze. Gegen die drei Vor- stände Dr. med. Angelika Prehn, Dr.
med. Uwe Kraffel und Burkhard Bratzke wurde in der KV-Vertreter- versammlung (VV) am 11. Dezem- ber ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.
Von den 35 anwesenden Mitglie- dern des Gremiums stimmten 21 (im Fall von Burkhard Bratzke 22) einem solchen Schritt zu. Ob es tat- sächlich zu einer Abwahl kommt, kann der KV-Satzung zufolge erst in einer weiteren VV-Sitzung ent- schieden werden (voraussichtlich am 19. Februar kommenden Jah- res). Die Hürde dafür ist vergleichs- weise hoch. Für die Einleitung des ÜBERGANGSGELD
Berliner KV-Vorstand droht Abwahl
Amtsenthebungsverfahrens reichte die einfache Mehrheit der anwesen- den Mitglieder, für eine Abwahl ist mindestens eine Zweidrittelmehr- heit erforderlich.
Die neuerliche Auseinanderset- zung um den seit 2011 schwelenden Konflikt wegen der widerrechtli- chen Auszahlung von Übergangs- geldern nach Ende der ersten Amts- periode des KV-Vorstands geht un- ter anderem auf den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom No- vember dieses Jahres zurück. Eine zunächst vom Landgericht Berlin nicht angenommene Klage gegen den KV-Vorstand sowie gegen den früheren VV-Chef Dr. med. Jochen Treisch wegen des Verdachts der Untreue hatte das Kammergericht nach einer Beschwerde der Berliner Staatsanwaltschaft nun doch zuge-
lassen. litt
Der Marburger Bund (MB) kriti- siert den Beschluss des Bundes - kabinetts vom 11. Dezember, den von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgelegten Entwurf eines
Tarifeinheitsgesetzes in die Bera- tungen des Bundestages einzubrin- gen: „Der Kabinettsbeschluss ist ein kapitaler Fehler. Nicht nur die 115 000 Mitglieder des Marburger Bundes, sondern Hunderttausende von Arbeitnehmern in anderen Ge- TARIFEINHEIT
Bestürzung über Kabinettsentscheidung
werkschaften werden diese Ent- scheidung als Angriff auf ihre grundgesetzlich verbrieften Rechte verstehen“, sagte der Erste Vorsit- zende des MB, Rudolf Henke.
Das Kabinett ignoriere damit nicht nur die Einwände von Gewerk- schaften wie dem MB, sondern auch von Verfassungsjuristen, Arbeits- rechtlern und Wirtschaftsinstituten.
Der MB hoffe jetzt auf die Beratun- gen im Deutschen Bundestag. „Die Bundesregierung hat heute bei vielen Menschen im ganzen Land Vertrauen zerstört, das sich nur dann wieder aufbauen lässt, wenn das Tarifein- heitsgesetz im Zuge der parlamenta- rischen Beratungen wieder komplett verschwindet“, stellte Henke klar.
Nach dem Gesetzentwurf (SPD) soll der Einfluss kleiner Gewerk- schaften mit einer Schlüsselstellung in einem Betrieb eingeschränkt wer- den. Überschneiden sich die Gel- tungsbereiche verschiedener Tarif- verträge, soll nur der Vertrag jener Gewerkschaft gelten, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat. hil Rudolf Henke:
Das Tarifeinheits- gesetz muss verschwinden.
Foto: Svea Pietschmann