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Physik II f¨ ur Materialwissenschaftler Elektrizit¨ at und Magnetismus

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Skript zur Vorlesung

Physik II f¨ ur Materialwissenschaftler Elektrizit¨ at und Magnetismus

11. Mai 2019

(2)

0 Einleitung

Elektrizit¨ at und Magnetismus spielen im t¨ aglichen Leben eine nicht zu untersch¨ atzende Rol- le. Es f¨ angt damit an, dass elektrische Wechselwirkung Materie und damit auch Materialien zusammenh¨ alt, und h¨ ort nicht damit auf, dass Elektrizit¨ at und Magnetismus die Grundvoraus- setzung f¨ ur Elektronik und moderne Kommunikation sind. In dieser Vorlesung werden einige Grundlagen zu der Thematik behandelt.

Die in Physik I (Mechanik) vorgestellten physikalischen und mathematischen Konzepte und Methoden werden als bekannt vorausgesetzt. Als das Skript zum ersten Mal erstellt wurde, war diese Vorlesung allerdings der Einstieg in die Physik. Deshalb kommt es hier und dort vor, dass manche Dinge, die schon in der Physik 1 erkl¨ art wurden, hier noch einmal sehr detailliert geschildert werden. Zudem wird die Abfolge und der Inhalt des Skripts nicht immer zu 100%

mit der Vorlesung ¨ ubereinstimmen. Der ¨ Uberlapp sollte in der Regel aber nicht sehr weit davon

entfernt sein.

(3)

1 Elektrostatik

1.1 Die elektrische Ladung

Die Elektrostatik behandelt die Eigenschaften ruhender Ladungen. Sie beschr¨ ankt sich damit auf station¨ are Systeme. Was bei der Gravitation die Masse ist, ist bei der Elektrostatik – sowie allgemein im Elektromagnetismus – die Ladung. Kr¨ afte zwischen Ladungen sind aller- dings nicht immer attraktiv sondern k¨ onnen auch repulsiv sein. Man unterscheidet zwei Typen von Ladungen, die per Konvention als ”positiv” bzw. ”negativ” bezeichnet werden. Gleiche Ladungen stoßen sich ab, ungleiche Ladungen ziehen sich an.

Wie so manch andere Gr¨ oße ist auch die Ladung quantisiert. Das bedeutet, dass Ladungen nur in ganzzahligen Vielfachen einer kleinstm¨ oglichen Einheit, der Elementarladung, vorkommen.

Diese Elementarladung wird in der Physik mit e abgek¨ urzt:

e = 1,602 · 10

−19

C

F¨ ur die Chemie, die Physik und die Materialwissenschaft relevant sind insbesondere die La- dungen f¨ ur das Proton und das Elektron:

Q

Proton

= +e Q

Elektron

= −e.

Das Proton wird oft als p oder p

+

gekennzeichnet, das Elektron mit e

. Die Ladung eines Atomkerns wird durch seine Kernladungszahl Z bestimmt, die angibt, wieviele Protonen im Kern vorhanden sind.

Q

Atomkern

= Ze.

Diese Gleichung ist strikt g¨ ultig. Bei Massen gilt dies im ¨ Ubrigen nicht ganz genau. Dank Einstein addieren sich die Massen der Protonen und Neutronen in einem Kern n¨ amlich (unter Abstrahlung von Licht, siehe auch Atombombe) zu einem Bruchteil weniger als die Summe seiner Teile. Ein ganz klein wenig Masse geht Atomen sogar durch chemische oder physikalische Bindungen verloren. Die Effekte sind allerdings so klein, dass sie f¨ ur die Praxis nicht hinreichend wichtig sind, als dass man Studenten der Ingenieurwissenschaften mit diesem Wissen bel¨ astigen sollte.

Die Ladung ist also eine strikte Erhaltungsgr¨ oße. Selbst auf kurzen Zeitskalen kommt es nicht

zu Schwankungen, wie z.B. bei der Energie, die in Folge der Unsch¨ arferelation, auch in einem

abgeschlossenen System nicht erhalten ist. So kann bei einer Vakuum-Fluktuation zwar sowohl

Energie als auch ein e

erzeugt werden, allerdings wird mit dem e

auch immer gleichzeitig

sein Antiteilchen erzeugt. Letzteres heißt Positron oder e

+

.

(4)

Zusatzwissen: Auch wenn das Positron in diesem Kurs keine große Rolle spielen wird, soll dennoch kurz etwas zu seiner Historie und seiner Verwendung gesagt werden. Achtung natur- wissenschaftliche Allgemeinbildung! Das Teilchen wurde von dem britischen Physiker Paul Dirac 1928 aus rein theoretischen Betrachtungen vorhergesagt. In seiner Gleichung konnten L¨ osungen mit negativer Energie nicht wegdiskutiert werden und diese L¨ osungen verhielten sich genau wie Elektronen, allerdings mit entgegengesetzter Ladung. Vier Jahre sp¨ ater gelang der experimentelle Nachweis der e

+

in der kosmischen Strahlung. Antimaterie, insbesondere das e

+

, ist also keine Science Fiction sondern gibt es wirklich. Positronen entstehen in einer Reihe von Prozessen, so zum Beispiel beim Zerfall von Atomkernen. Solange sie auf kein e

treffen, sind sie stabil und zerfallen oder zerstrahlen nicht. Dadurch finden sie bei bildge- benden Verfahren sowohl in der Medizintechnik (Positron-Emissions-Topographie bzw. PET Scan) sinnvolle Anwendung als auch in der Materialwissenschaft (Positron-Annihilation- Spektroskopie zur zerst¨ orungsfreien Untersuchung von Materialdefekten).

1.2 Das Coulomb Gesetz

Das coulombsche Gesetz beschreibt die Kraft zwischen zwei Punktladungen oder, etwas all- gemeiner, zwischen zwei kugelsymmetrischen Ladungsverteilungen. Wie auch im newtonschen Gesetz ist die Kraft F

2→1

, die eine Ladung Q

1

durch eine andere Ladung Q

2

erf¨ ahrt, invers proportional zu dem Quadrat des Abstand r

12

der Ladungen, sodass

F

2→1

= 1 4π ε

0

Q

1

· Q

2

r

122

· r

12

r

12

. (1.1)

Hierbei ist

ε

0

= 8,854 · 10

−12

C

2

N · m

2

die elektrischen Feldkonstante und r

12

= r

1

− r

2

. Beachten Sie bitte bei Gleichung (1.1) insbe- sondere, dass es ein anderes Vorzeichen hat als das newtonsche Gravitationsgesetz.

Elektrische Kr¨ afte sind sehr viel st¨ arker als die Gravitation. Als einfachen Vergleich kann man das Verh¨ altnis der St¨ arke der anziehenden Gravitationskraft F

G

zwischen zwei Protonen und der abstoßenden elektrischen Coulombwechselwirkung F

C

bilden:

|F

G

| = G m

2p

r

212

|F

C

| = 1 4πε

0

e

2

r

122

→ |F

C

|

|F

G

| = 1 4πε

0

e

2

r

122

· r

221

Gm

2p

= 1,24 · 10

36

.

Die Coulombkraft zwischen zwei Protonen der Ladung +e ist somit um einen Faktor 10

36

st¨ arker (man sagt auch 36 Gr¨ oßenordnungen st¨ arker) als die Gravitationen zwischen ihnen. F¨ ur zwei Elektronen w¨ are das Verh¨ altnis sogar noch drei Millionen mal gr¨ oßer. Warum unsere Welt nach dem F¨ ohnen im Winter, wenn unsere Haare elektrisiert in die H¨ ohe stehen (also nicht bei mir, aber bei Ihnen!), nicht v¨ ollig aus den Fugen ger¨ at, ist also gar nicht so leicht zu verstehen.

F¨ ur die Kraft, die mehrere Punktladungen oder gar ganze Ladungsverteilungen auf eine Pro-

beladung aus¨ uben, gilt das Superpositionsprinzip (1.2). Gegeben sei eine Ansammlung von n

(5)

Punktladungen Q

i

am Ort r

i

, wobei i = 1, 2, ..., n ist. Man betrachtet nun eine dieser n La- dungen mit Index j. Die Kraft, welche diese Ladung Q

j

aufgrund der restlichen n − 1 Ladungen erf¨ ahrt, betr¨ agt dann:

F

j

= X

i6=j

F

i→j

= X

i6=j

1 4πε

0

Q

i

· Q

j

r

ji2

· r

ji

r

ji

. (1.2)

Das Zeichen P

i6=j

bedeutet hier, dass ¨ uber alle Ladungen i = 1, ..., n summiert wird, mit Ausnahme von j, weil eine Ladung sich selbst schließlich nicht anziehen kann. F

i→j

ist die Kraft, welche die i’te Ladung auf die j’te Ladung aus¨ ubt.

Dank des Superpositionsprinzips kann man ausrechnen, wie groß die Kraft einer gegebenen Ladungsverteilung auf eine Probeladung ist. Dazu diskutieren wir jetzt zwei Beispiele.

Beispiel 1: Berechnung der Gleichgewichtslage von Ladungen Gegeben seien zwei Ladungen:

Q

1

= −5 · e r

1

= (0, 0, 0) Q

2

= −3 · e r

2

= (10, 0, 0) nm.

Gibt es eine Stelle r

3

= (x

3

, y

3

, z

3

), an der die Kraft auf eine dritte Ladung Q

3

verschwindet?

(1) (2) (3)

Abb. 1.1: Die Ladungen Q

1

und Q

2

befinden sich auf der x-Achse, Q

1

direkt im Ursprung.

Fall (1): Q

3

liegt außerhalb der x-Achse. Fall (2): Q

3

liegt auf der x-Achse sehr weit rechts von Q

2

. Fall (3): Q

3

liegt auf der x-Achse sehr weit links von Q

1

.

Gesucht ist also eine Position des Kr¨ aftegleichgewichts. Zum Auffinden der L¨ osung suchen wir zun¨ achst einmal nach Symmetrien in der Problemstellung. Das Abklopfen nach Symmetrien f¨ allt anf¨ anglich schwer, genauso wie Einheiten oder Aufr¨ aumen, kann aber sp¨ ater unser Leben ungemein erleichtern.

Da beide Prim¨ arladungen positiv sind und auf der x-Achse liegen, w¨ urde ein von null verschie- dener Wert der y oder z Komponente (Fall 1) unserer Probeladung

1

sofort zu einer Anziehung hin bzw. Abstoßung weg von der x-Achse f¨ uhren, je nachdem ob Q

3

positiv oder negativ ist.

Damit kann die Gleichgewichtsposition nur auf der x-Achse selbst liegen und das Gleichgewicht lediglich metastabil sein. Ist x

3

> 10 nm kann die Summe der Kr¨ afte nur nach “rechts” wirken und f¨ ur x

3

< 0 nur nach “links” wenn Q

3

negativ ist und jeweils in die andere Richtung f¨ ur Q

3

> 0. Deshalb k¨ onnen etwaige Gleichgewichtspositionen nur im Bereich 0 < x

3

< 10 nm liegen.

Um unser Leben zu vereinfachen, w¨ ahlen wir uns ein neues Einheitensystem, in dem die Elementarladung auf eins gesetzt wird (macht ja auch Sinn!), nm die Einheit der L¨ ange ist

1Der Begriff der Probeladung oder auch Testladung soll suggerieren, dass die (in einem Experiment) plat- zierte Ladung so klein ist, dass sie nicht zu einer wesentlichen ¨Anderung der vorgegebenen Ladungen oder Ladungsverteilung f¨uhrt.

(6)

(warum nicht?). Zudem k¨ onnen wir e

2

/(4πε

0

nm

2

) als Einheit der Kraft w¨ ahlen, sodass wir den l¨ astigen Vorfaktor 1/(4πε

0

) hier nicht brauchen. In unserem neuen Einheitensystem wenden wir nun das Superpositionsprinzip an, wobei ein Strich an den Variablen klarstellen soll, dass wir in dem neuen Einheitensystem arbeiten. Oben haben wir festgestellt, dass 0 < x

03

< 10.

F

0Q

1→Q3

= −F

0Q

2→Q3

−5e · Q

3

4πε

0

· (r

3

− r

1

)

|r

03

− r

01

|

3

= +3e · Q

3

4πε

0

· (r

3

− r

2

)

|r

03

− r

02

|

3

(1.3) Durch die Betragsstriche ist das K¨ urzen der Br¨ uche allerdings nur erlaubt, wenn wir uns ¨ uber die Vorzeichen der Summanden im Klaren sind. Deshalb gilt hier:

(x

03

− x

02

)

|x

03

− x

02

|

3

= −1

(x

03

− x

02

)

2

, (1.4)

da der linke Term negativ ist nach unseren Annahmen. Wie bereits oben diskutiert liegt Q

3

auf der x-Achse, weshalb wir von r auf x wechseln.

1 4πε

0

· 5e · Q

3

(x

03

− 0)

2

= 1 4πε

0

· 3e · Q

3

(x

03

− 10)

2

5

x

032

= 3

x

032

− 20 · x

03

+ 100 3 · x

032

= 5 · x

032

− 100 · x

03

+ 500 x

032

− 50 · x

03

+ 250 = 0.

Wir erhalten die L¨ osungen x

03

≈ 5,635 bzw. x

03

≈ 44,365. Da unser L¨ osungsweg aber voraus- gesetzt hat, dass 0 < x

03

< 10 und wir L¨ osungen außerhalb dieses Wertebereichs mit Sym- metriegr¨ unden verworfen haben, gilt nur die erste der beiden L¨ osung. Es sei angemerkt, dass sich die Gleichgewichtsposition einer Ladung im Feld mehrerer anderer Ladungen in der Regel nicht analytisch berechnen l¨ asst. Dies liegt daran, dass man die Gleichungen f¨ ur die Gleichge- wichtskoordinaten nur selten auf eine quadratische Form reduzieren kann. Andernfalls muss das Problem numerisch gel¨ ost werden. In Hausaufgaben oder Klausuren beschr¨ anken wir uns aber in aller Regel auf Probleme, die sich durch Ausnutzen der Symmetrie sowie der Anwendung des coulombschen Gesetzes und Vektoraddition l¨ osen lassen.

Beispiel 2: Kraft eines homogen geladenen Drahtes auf eine Punktladung

Bisher wurden nur diskrete Ladungen untersucht. Das Superpositionsprinzip gilt aber auch bei kontinuierlichen Ladungsverteilungen. Im folgenden Beispiel soll daher die Kraft berech- net werden, die ein auf der z-Achse liegender, unendlich langer Draht mit homogener Linien- Ladungsdichte λ auf eine Testladung q aus¨ ubt, siehe Abb. 1.2. Dazu aber zun¨ achst zu dem Begriff Ladungsdichte.

Wie bei Massen auch, kann man eine r¨ aumliche (elektrische) Ladungsdichte oder Raumla- dungsdichte ρ(r) definieren, die besagt, wieviel Ladung ∆Q (statt Masse) in einem Volumen- element ∆V , das am Ort r zentriert sei, vorhanden ist. Also

ρ(r) ≡ ∆Q

∆V ausgewertet am Ort r. (1.5)

(7)

Als Beispiel betrachten wir eine Kugel mit Ladung Q und Radius R. Da sich ihr Volumen zu V = 4πR

3

/3 ergibt, ist die mittlere Dichte ρ = Q/V = 3Q/4πR

3

. Ist die Ladungsdichte konstant, herrscht die soeben berechnete Ladungsdichte ¨ uberall lokal vor. Analog kann man eine Oberfl¨ achenladungsdichte σ(r) einf¨ uhren, wenn die Ladung sich, wie z.B. bei Metallen der Fall, prim¨ ar auf der Oberfl¨ ache tummelt:

σ(r) ≡ ∆Q

∆A ausgewertet am Ort r, (1.6)

wobei ∆A ein Oberfl¨ achenelement ist. Bei einer Metallkugel w¨ are somit die Gesamtladung Q = 4πσR

2

homogen ¨ uber die Oberfl¨ ache verteilt. Ganz analog dazu, das haben Sie sich vielleicht schon gedacht, gibt es auch die Linien-Ladungsdichte

λ(r) ≡ ∆Q

∆l ausgewertet am Ort r, (1.7)

die besagt, wieviel Ladung ∆Q auf einem Draht-Segment der L¨ ange ∆l residiert, wobei der Draht als infinitesimal d¨ unn gen¨ ahert ist. Die Einheiten der entsprechenden Ladungsdichten ergeben sich zwanglos aus ihren Definitionen, so z.B. [λ] = C/m.

dz r

r2+ z2

Abb. 1.2: Darstellung eines Drahtes, der in kleine Elemente zerlegt ist und auf der z-Achse liegt, sowie einer Punktladung im Abstand r.

Zur¨ uck zu unserem homogen geladenen Draht, f¨ ur den die Ladungsdichte auf der z-Achse konstant sei, sodass λ(z) = λ

0

. Da der Draht als unendlich lang gen¨ ahert ist, w¨ ahlen wir f¨ ur unsere Rechnung ein Koordinatensystem, in dem unsere Testladung in die xy-Ebene liegt, sodass r = (x, y, 0) ist. Wenn wir den Draht nun in kleine Segmente der L¨ ange ∆z zerlegen, sodass z(n) = n∆z und die Ladung eines Segmentes λ∆z, wirkt jedes Drahtelement mit der Kraft

∆F

n→q

= qλ∆z 4πε

0

r − z(n)e

3

|r − z(n)e

3

|

3

(1.8)

auf die Probeladung q.

Bevor wir die einzelnen Beitr¨ age zur Gesamtkraft aufaddieren, stellen wir fest, dass die resul- tierende Gesamtkraft keine Komponente in z Richtung haben kann, da sich die entsprechenden Beitr¨ age der Segmente +n und −n gegenseitig ausl¨ oschen. Die verbleibende Komponente der Gesamtkraft zeigt also parallel zu r. Somit ergibt sich die Gesamtkraft F auf q zu

F

q

= qλr 4πε

0

lim

∆z→0

X

n=−∞

∆z 1

p r

2

+ z(n)

23

. (1.9)

(8)

In der Mathematik haben wir (hoffentlich) gelernt, dass man Summen wie in Gleichung (1.9) als Integral

2

F

q

= qλr 4πε

0

Z

−∞

dz 1

√ r

2

+ z

23

(1.10) ausdr¨ ucken kann.

Selbst wenn wir das Integral nicht l¨ osen k¨ onnten, w¨ urden wir dennoch einiges lernen, in- dem wir das Integral entdimensionalisieren. Dazu dr¨ ucken wir z in Einheiten von r aus, da r schließlich die einzige charakteristische Gr¨ oße der Einheit L¨ ange im gegebenen Problem ist.

Jede andere Wahl ist sozusagen v¨ ollig unmotiviert. Also substituieren wir z

0

= z/r, dz = r · dz

0

,

sodass

F

q

= qλ 4πε

0

· r

r

2

Z

−∞

dz

0

1

√ 1 + z

023

| {z }

IntegralIist einheitenlos!

. (1.11)

Wir kennen somit zwar noch keinen Vorfaktor, daf¨ ur aber die Gesetzm¨ aßigkeit f¨ ur die Kraft zwischen einer Punktladung und einem unendlich langen Draht mit homogener Ladungsdichte:

Der Betrag der Kraft f¨ allt invers proportional zum Abstand ab – und nicht wie bei Punkt- ladungen mit seinem Quadrat. Aber Hand aufs Herz: Das war Ihnen aufgrund einer heimlich durchgef¨ uhrten Einheitenanalyse bereits von Anfang an bewusst. Oder?

Bleibt noch das Integral I zu l¨ osen. Entweder sind wir richtig gut in Mathe und sehen, dass die Substitution z

0

= sinh(y) uns weiterhilft, oder wir haben ein sagenhaft gutes Ged¨ achtnis und erinnern uns daran, dass z

0

/ √

1 + z

02

die Stammfunktion des Integranden ist, oder wir kramen – ganz altmodisch – irgendwelche geerbten bzw. auf Flohm¨ arkten k¨ auflich erworbenen Integraltabllen hervor oder wir befragen das Internet z.B. unter www.integralrechner.de oder www.wolframalpha.com. Das Ergebnis ist wie so oft eine Zahl zwischen 1/(2π) und 2π. Um genau zu sein I = 2. Damit haben wir als sch¨ on kompaktes Endergebnis

F

q

= qλ 2πε

0

· r

r

2

. (1.12)

Nachbetrachtungen zu Beispiel 2

Implizit haben wir zwei wichtige N¨ aherungen vorgenommen: R

Draht

r und r L

Draht

. Idealisierungen dieser Art sind wichtig, da man sonst quasi nichts analytisch ausrechnen k¨ onnte.

Zudem ist die Rechnung nur g¨ ultig, wenn der k¨ urzeste Abstand zu dem Draht r sehr viel gr¨ oßer ist als der Abstand r

q−end

zwischen q und dem n¨ aheren Drahtende.

F¨ uhrende Korrekturen zu der eben durchgef¨ uhrten Rechnung h¨ atten im schlimmsten Fall die Ordnung ε

1

= R

Draht

/r bzw. ε

2

= r

q−end

/L

Draht

. Unsere Idealisierung bewirkt also einen kontrollierbaren Fehler. Sprich, wir sollten in einem geeignet durchgef¨ uhrten Experiment – sei es im miefigen Labor oder etwas eleganter in-silico, also numerisch mit Hilfe einer Computer- simulation – je n¨ aher an unsere analytische L¨ osung kommen desto kleiner ε

1

und ε

2

sind.

Auch wichtig: Man sollte sicherstellen, dass die Summe bzw. das Integral definiert ist. H¨ atten wir eine Funktion integriert, die f¨ ur große z mit lediglich mit 1/z (wie die potenzielle Ener- gie) – oder langsamer verschwindet – w¨ are das Integral divergiert. Das muss zwar nicht weiter

2Wir schreiben das Differenzial, alsodz, direkt hinter dem Integralsymbol. Diese Schreibweise birgt Vorteile bei mehrdimensionalen Integralen.

(9)

schlimm sein, wenn man kein Problem damit hat, Differenzen zwischen zwei verschiedenen Un- endlichs zu bilden. Mathematische Puristen sehen zuweilen eine solche Differenzbildung jedoch als problematisch an.

Schlussendlich: Wie macht man das mit der Symmetrie systematisch? Wir wenden eine Sym-

metrieoperation an – in diesem Fall eine Spiegelung des Drahts an der xy Ebene, die die La-

dungsverteilung auf sich selbst abbildet. Damit muss auch der Kraftvektor auf die Probeladung

nach der Spiegelung wieder derselbe sein wie vor der Spiegelung. Spiegelung des Kraftvektors

an der xy-Ebene: (F

x

, F

y

, F

z

) → (F

x

, F

y

, −F

z

). Weil beide Vektoren aber identisch sein m¨ ussen

folgt F

z

=

!

−F

z

bzw. F

z

= 0. Somit k¨ onnen wir uns bei der Berechnung der Kraft auf die

Vektorkomponenten senkrecht zur z-Achse konzentrieren.

(10)

1.3 Das elektrische Feld

1.3.1 Das elektrische Feld allgemeiner Ladungsverteilungen

Im letzten Abschnitt wurde das Coulomb Gesetz eingef¨ uhrt, mit dem sich die elektrostatischen Kr¨ afte zwischen Ladungen berechnen lassen. Mit Hilfe des Superpositionsprinzip k¨ onnen auch kompliziertere Anordnungen systematisch untersucht werden.

Eine vorhandene Ladungsverteilung bewirkt eine Kraft auf eine zus¨ atzliche Probeladung, welche proportional zur Probeladung ist. Um die Wirkung einer Ladungsverteilung unabh¨ angig von der Probeladung beschreiben zu k¨ onnen, f¨ uhrt man das elektrische Feld ein. Es ist definiert als Coulomb-Kraft F pro Ladung q:

E := F

q ⇔ F = E · q (1.13)

Die Kraft, die eine eine Ladung in einem elektrischen Feld erf¨ ahrt, ist also gegeben durch die Ladung q multipliziert mit dem vorhandenen elektrischen Feld. Setzt man die Formel f¨ ur die Coulomb-Kraft (1.2) ein, so ergibt sich:

E(r) = 1 q

X

i

1 4πε

0

Q

i

· q

|r − r

i

|

2

· r − r

i

|r − r

i

|

= X

i

1 4πε

0

Q

i

|r − r

i

|

2

· r − r

i

|r − r

i

| . (1.14)

Das elektrische Feld E(r) definiert also die Coulomb-Kraft, welche eine Einheitsladung (nicht zu verwechseln mit Elementarladung!) erfahren w¨ urde, wenn sie sich im Punkt r bef¨ ande. Da das elektrische Feld (1.14) mathematisch ¨ aquivalent zur Coulomb-Kraft ist, gilt auch hier das Superpositionsprinzip. Das elektrische Feld hat die Einheit Volt pro Meter, [E] = V/m.

Man kann (Sie k¨ onnen!) zeigen, dass die Komponenten des elektrischen Feldes kontinuierliche Funktion der Ortskoordinaten sind und auch ¨ uberall differenzierbar, außer an den Stellen, an denen Punktladungen sitzten - dort divergiert das elektrische Feld. Positive (negative) Ladungen sind Quellen (Senken) des elektrischen Feldes, wie in Abbildung 1.3 dargestellt.

Abb. 1.3: Positive Ladungen sind Quellen, negative Ladungen Senken des elektrischen Felds.

Wie sich aus Gleichung (1.14) ablesen l¨ asst, ist die Richtung des elektrischen Feldes so defi- niert, dass es in Richtung der Kraft zeigt, die auf eine positive Probeladung ausge¨ ubt w¨ urde.

Das elektrische Feld gibt also die Richtung an, in welche sich eine positive Probeladung aufgrund der resultierenden Kr¨ afte bewegen w¨ urde.

Zur Visualisierung des elektrischen Feldes, welches jedem Punkt r einen Vektor zuordnet,

werden oft Feldlinien verwendet. Es handelt sich hierbei um gedachte Linien, welche die auf

Abbildung

Abb. 1.1: Die Ladungen Q 1 und Q 2 befinden sich auf der x-Achse, Q 1 direkt im Ursprung.
Abb. 1.2: Darstellung eines Drahtes, der in kleine Elemente zerlegt ist und auf der z-Achse liegt, sowie einer Punktladung im Abstand r.
Abb. 1.3: Positive Ladungen sind Quellen, negative Ladungen Senken des elektrischen Felds.

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