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Genetische Analyse der Hüft- und Ellbogengelenkdysplasie beim Deutschen Schäferhund

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Genetische Analyse der

Hüft– und Ellbogengelenkdysplasie beim Deutschen Schäferhund

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOCTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Tanja Julia Maria Kirchhoff aus Mainz

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil O. Distl

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil O. Distl

2. Gutachter: Prof. Dr. med. vet. habil I. C. Reetz

Tag der Mündlichen Prüfung: 02.06.2003

(3)

Meinen Eltern

(4)
(5)

1 Einleitung... 1

2 Literatur ... 3

2.1 Genetisch – statistische Verfahren für die Schätzung von genetischen Parametern und Zuchtwerten... 3

2.1.1 Modell der quantitativen Genetik... 3

2.1.2 Methoden zur Schätzung genetischer Parameter ... 5

2.1.3 Modelle zur Schätzung genetischer Parameter... 6

2.1.4 Korrelationen... 10

2.1.5 Zuchtwertschätzung ... 10

2.2 Hüftgelenkdysplasie (HD)... 13

2.2.1 Definition, Ätiologie und Pathogenese der Hüftgelenkdysplasie ... 13

2.2.2 Diagnose der HD... 15

2.2.3 Zuchtprogramm des SV auf HD-Freiheit ... 17

2.2.4 Systematische Einflussfaktoren auf die Ausprägung der Hüftgelenkdysplasie ... 19

2.2.5 Heritabilitätsschätzungen für die HD ... 20

2.3 Ellbogengelenkdysplasie (ED) ... 26

2.3.1 Krankheitsbilder der Ellbogengelenkdysplasie... 27

2.3.1.1 Fragmentierter Processus coronoideus medialis ... 27

2.3.1.2 Isolierter Processus anconaeus ... 28

2.3.1.3 Osteochondrosis dissecans humeri ... 29

2.3.1.4 Inkongruenz der Gelenkfläche ... 30

2.3.2 Röntgenologische Diagnose der ED ... 31

2.3.3 Systematische Einflussfaktoren auf die Ausprägung der Ellbogengelenkdysplasie... 36

2.3.4 Heritabilitätsschätzung für die ED ... 37

2.3.5 Zuchtprogramm des SV ... 40

2.4 Hilfsparameter in der ED-Diagnostik ... 41

2.5 Korrelation zwischen Ellbogengelenk – und Hüftgelenkdysplasie... 42

3 Genetische Analyse der Hüftgelenkdysplasie ... 43

(6)

3.1 Material und Methoden... 43

3.1.1 Struktur des Datenmaterials... 44

3.1.1.1 Deskriptive Statistik der HD-Befunde... 47

3.1.1.2 Verteilung der Tiere nach dem Pedigree... 50

3.1.2 Statistische Methoden... 53

3.1.2.1 Varianzanalyse ... 54

3.1.2.2 Schätzung von Varianzkomponenten ... 55

3.1.3 Zuchtwertschätzung ... 57

3.2 Ergebnisse ... 58

3.2.1 Systematische Einflüsse auf die HD ... 58

3.2.2 Schätzung genetische Parameter der Hüftgelenkdysplasie ... 61

3.2.3 Post–Gibbs–Analyse... 62

3.2.4 Zuchtwertschätzung ... 63

3.2.4.1 Genauigkeit der Zuchtwertschätzung... 64

3.2.4.2 Genetischer Trend der Zuchtwerte ... 65

3.2.5 Selektion der Nachkommen ... 68

3.2.5.1 Modell 2 (ohne maternalen Effekt) ... 68

3.2.5.2 Modell 3 (mit maternalen Effekt) ... 69

4 Genetische Analyse von klinisch relevanten Beurteilungskriterien der Ellbogengelenkdysplasie und Winkelmesswerten des Ellbogengelenks ... 71

4.1 Einleitung ... 71

4.2 Material und Methode... 72

4.2.1 Computergestützte Winkelmessmethode... 73

4.2.2 Wiederholbarkeit der Ellbogengelenksmessung ... 75

4.2.2.1 Ergebnisse der Wiederholbarkeitsprüfung ... 77

4.2.3 Statistische Methoden... 79

4.2.3.1 Varianzanalyse ... 79

4.2.3.2 Schätzung von Varianzen, Heritabilitäten und Korrelationen ... 82

4.2.3.3 Multivariate Zuchtwertschätzung... 83

4.2.4 Struktur des Datenmaterials... 84

4.2.4.1 Geschlechtsverteilung... 84

4.2.4.2 Wurfjahr – und Röntgenjahrverteilung ... 85

4.2.4.3 Wurfmonat ... 85

(7)

4.2.4.4 Röntgenalter ... 86

4.2.4.5 Wurfgröße ... 87

4.2.4.6 Lagerung... 87

4.2.4.7 Beugungswinkel... 88

4.2.5 Pedigree... 88

4.3 Ergebnisse der genetischen Analyse von klinisch relevanten Beurteilungskriterien der ED ... 90

4.3.1 Deskriptive Statistik der ED–Befunde ... 90

4.3.1.1 Isolierter Processus anconaeus ... 90

4.3.1.2 Fragmentierter Processus coronoideus medialis ulnae ... 91

4.3.1.3 Osteochondrosis dissecans ... 91

4.3.2 Deskriptive Statistik der Punktevarianten... 91

4.3.3 Systematische Einflüsse auf den offiziellen ED-Befund und die Punktevarianten für ED ... 94

4.3.4 Univariate Varianz und Heritabilitätsschätzung der offiziellen ED– Befunde und der Punktevarianten... 97

4.3.5 Bivariate Varianz- und Heritabilitätsschätzung der Punktevarianten ... und des ED-Befundes ... 101

4.3.6 Multivariate Schätzung der Varianz, Heritabilität und Korrelation des offiziellen ED–Befundes und der Punktevarianten ... 104

4.3.7 Zuchtwertschätzung ... 105

4.4 Ergebnisse der genetischen Analyse der Winkel des Ellbogengelenks als indirekte Merkmale der ED... 107

4.4.1 Deskriptive Statistik der Winkelmessungen ... 107

4.4.2 Systematische Einflüsse auf die Winkelmessung ... 108

4.4.3 Univariate Schätzung der Varianzen und Heritabilitäten der Winkelmessung... 112

4.5 Ergebnisse der multivariaten Analyse der Winkelmessungen und dem offiziellen ED-Befund... 113

4.5.1 Zuchtwertschätzung ... 114

5 Genetische Korrelation zwischen Ellbogen– und Hüftgelenkdysplasie ... 119

5.1 Material und Methode... 119

5.2 Ergebnisse ... 122

(8)

6 Diskussion ... 123

6.1 Hüftgelenkdysplasie ... 123

6.1.1 Systematische Einflussfaktoren ... 123

6.1.2 Genetische Effekte... 124

6.1.3 Zuchtwerte ... 127

6.1.4 Selektionsmaßnahmen ... 128

6.2 Ellbogengelenkdysplasie... 130

6.2.1 Systematische Einflussfaktoren ... 131

6.2.2 Heritabilitäten ... 134

6.2.3 Genetische Korrelationen... 135

6.2.4 Zuchtwertschätzung ... 136

6.3 Wiederholbarkeit der Ellbogengelenksmessung ... 138

6.4 Schlussfolgerungen für die Zucht auf HD- und ED- Freiheit... 138

7 Zusammenfassung... 141

8 Summary ... 144

9 Literaturverzeichnis ... 147

(9)

1 Einleitung

Gelenkserkrankungen junger Hunde, die nicht durch ein primäres Trauma oder durch eine Infektion hervorgerufen werden, sind meist auf Wachstumsstörungen oder erbli- che Fehlbildungen zurückzuführen. Neben der Hüftgelenkdysplasie (HD) steht in jüngster Zeit auch die Ellbogengelenkdysplasie (ED) im Blickpunkt tierzüchterischer Interessen. Beide Krankheitsbilder stellen multifaktoriell bedingte Krankheiten dar, die neben genetischen auch durch Umwelteffekte wie Ernährung, Haltung, Training und Geschlecht beeinflusst werden.

Ziel der Studie ist die populationsgenetische Analyse der Hüftgelenk- und Ellbogen- gelenkdysplasie sowie die Schätzung genetischer Parameter für diese beiden Er- krankungen an der Population des Deutschen Schäferhundes (DSH) in Deutschland.

Ebenfalls soll die Bedeutung verschiedener Umwelteinflüsse unter Berücksichtigung der genetischen Faktoren auf die Entstehung und Ausprägung der HD und ED fest- gestellt werden. Die Kenntnis von Art und Größe der Umweltfaktoren ist für die Schätzung und die Bewertung der genetischen Parameter unabdingbar.

Die Heritabilität und Varianzkomponenten für die Hüftgelenkdysplasie werden mit Bayes-basierten Methoden in einem Schwellenmodell unter Verwendung des Gibbs- Samplers geschätzt. Mit Hilfe dieser Methode soll auch der Einfluss von maternal- genetischen Effekten auf das Tier bestimmt werden.

Anschließend wird eine Zuchtwertschätzung mit der Bayes-Methode unter Einbezie- hung aller Verwandten durchgeführt. Die Untersuchung des genetischen Trends für HD an diesen Ergebnissen soll Aufschlüsse über den Erfolg der Selektion gegen HD beim DSH geben.

Um in der Zukunft die Effizienz der Selektion zu steigern, soll durch verschiedene Möglichkeiten der Selektion der Nachkommen das optimale Verfahren aufgezeigt werden.

(10)

Der darauffolgende Teil der Arbeit befasst sich mit der Ellbogengelenkdysplasie. Es wird das derzeit international vorherrschende Bewertungssystem nach der IEWG aus dem Jahre 1998 der Ellbogengelenkdysplasie sowie zwei Punktebewertungsschema- ta und eine Methode der Ellbogengelenksvermessung in einer Population von Deut- schen Schäferhunden auf die genetisch- und umweltbedingten Anteile der beobach- teten Variation untersucht. Die verschiedenen Beurteilungssysteme werden mitein- ander verglichen und auf ihre Brauchbarkeit für die Zuchtwertschätzung auf ED- Freiheit beim DSH testet. Insbesondere werden dabei die indirekten Selektionsmög- lichkeiten über Winkelmessungen am Ellbogengelenk auf ihre Effizienz gegenüber der direkten Selektion gegen ED überprüft.

(11)

2 Literatur

2.1 Genetisch – statistische Verfahren für die Schätzung von genetischen Parametern und Zuchtwerten

2.1.1 Modell der quantitativen Genetik

Die phänotypischen Unterschiede in der Gelenksausbildung der Hunde entstehen teils durch Unterschiede in der genetischen Veranlagung, teils durch Unterschiede in der Art und Intensität der Umweltwirkungen auf die Tiere. Für die Selektion sind die genetischen Unterschiede zwischen den Hunden entscheidend, denn nur der erblich bedingte Anteil an der beobachteten Variation kann für die züchterische Bekämpfung der Hüftgelenkdysplasie (HD) und der Ellbogengelenkdysplasie (ED) genutzt werden.

Das Verhältnis der additiv-genetischen bzw. gesamten genetischen Varianz zur phä- notypischen Varianz wird als Heritabilität im engeren bzw. weiteren Sinn bezeichnet.

Bei Merkmalen mit einer hohen Heritabilität ist demnach vor allem der Genotyp für die Merkmalsausprägung verantwortlich. Umgekehrt wird bei niedriger Heritabilität die phänotypische Ausprägung vor allem durch Umwelteinflüsse bestimmt. Je höher die Heritabilität für ein bestimmtes Merkmal ist, mit desto höherer Sicherheit wird ei- ne bestimmte Merkmalausprägung der Eltern bei den Nachkommen wiedergefunden und desto schneller kann durch Selektion eines bestimmten Phänotyps die Merk- malshäufigkeit in einer Population beeinflusst werden.

Da die HD und die ED als genetisch quantitative Merkmale angesehen werden, kann die Heritabilität im engeren Sinn wie folgt geschätzt werden:

h² = Va / Vp mit Vp = Va + Ve

h² = Heritabilität

Va = additiv-genetische Varianz

Vp = phänotypische Varianz

Ve = residuale Varianz

(12)

Die geschätzte Heritabilität bezieht sich stets auf die untersuchte Population. Für ein einzelnes Individuum kann eine Heritabilität nicht geschätzt werden, da die genotypi- schen Werte in einer Population nicht bekannt sind, und deshalb als Bezugsgröße für die genetischen Parameter nur der jeweilige Populationsmittelwert dienen kann. Aus diesem Grund sind die Heritabilitätswerte auch nicht von einer Population auf eine andere übertragbar, sondern müssen spezifisch für jede Population geschätzt wer- den. Der Phänotyp (erfassbares Merkmal) wird durch den Genotyp und die Umwelt- einflüsse bestimmt.

Vereinfacht gilt demnach:

P = µ + G + U

VP = VG + Vu

VP = VA + VD + VE + VU

wobei: P = Phänotyp

µ = Populationsmittel

G = Genotyp

U = Umwelt

VP = phänotypische Varianz VG = additiv-genetische Varianz

VA = additiv-genetische Varianz des Tieres VD = Dominanzvarianz

VE = Epistatische Varianz VU = Umweltvarianz

Messfehler oder Diagnosesysteme, die aufgrund ihrer uneinheitlichen Definition, oder Krankheiten, die aufgrund ihrer altersabhängigen Manifestation die Diagnose er- schweren, führen zu einer höheren Umwelt- oder Restvarianz. Dadurch werden nied- rigere Heritabilitäten geschätzt als bei Krankheiten, die mit einer hohen Präzision di- agnostiziert werden können.

Die keineswegs einheitlichen Diagnosesysteme und Beurteilungskriterien der jeweili- gen Erkrankung bei unterschiedlichen Rassen stellen bei der Heritabilitätsschätzung ein wesentliches Problem dar und erschweren einen Vergleich der einzelnen Herita- bilitätsschätzwerte untereinander.

(13)

Ebenso bereitet der Vergleich verschiedener Studien durch die Verwendung unter- schiedlicher Methoden für die Schätzung genetischer Parameter Schwierigkeiten.

2.1.2 Methoden zur Schätzung genetischer Parameter

Die Schätzung von Heritabilitäten und Korrelationen beruht vorwiegend auf Metho- den der Varianzanalyse. Zur Durchführung von Varianzanalysen wurden mehrere Methoden entwickelt.

Die Least Square Methode (LS), auch bekannt als Methode der kleinsten Quadrate, geht auf LEGENDRE (1805) und GAUSS (1809) zurück. Bei dieser Methode wird eine Funktion gesucht, bei der die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen Beobachtungs- und Schätzwert möglichst gering ist.

Die Maximum-Likelihood-Methode (ML) nach FISHER (1922) sucht das statistisch wahrscheinlichste Ergebnis für einen Parameter. Aus einer Stichprobe mit stetig ver- teiltem Merkmal X wird ein Faktor ϑ für die Dichtefunktion von X geschätzt. Der ge- schätzte Wert für ϑ wird so gewählt, dass die größtmögliche Schätzgenauigkeit er- halten wird. Das Prinzip wird auf jeden Parameter im Modell angewendet. So erhält man für jeden Parameter einen Einflussfaktor auf das Merkmal. Da dieses Verfahren auf einer Schätzung beruht, ist hier immer ein zufälliger Restfehler zu beachten.

Die REML-Methode (PATTERSON u. THOMSON, 1971) stellt ein Verfahren dar, welches das ML-Prinzip nur für die zufälligen Effekte anwendet und deshalb auch die simultane Schätzung von fixen Effekten zulässt. Dabei werden die Varianzkompo- nenten definitionsgemäß positiv geschätzt und iterativ, in den Grenzen des theore- tisch möglichen Parameterraumes, berechnet.

Dem Verfahren liegt ein Mischmodell mit fixen und zufälligen Effekten zugrunde, in dem die phänotypischen Merkmalswerte als Summe aus genetischen und umwelt- bedingten Wirkungen formuliert werden. Die Restvarianz wird minimiert, um die Übereinstimmung der Schätzgleichung mit den realen Daten zu maximieren.

Der grundsätzliche Vorteil der ML- und REML-Schätzung ist, dass die Modellfunktio- nen flexibler zu handhaben sind und die verwandtschaftlichen Beziehzungen in der

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gesamten Population verwendet werden können. So können neben Voll- und Halb- geschwisterstrukturen auch alle weitergehenden Verwandtschaften für die Parame- terschätzung genutzt werden.

Verschiedene multivariate Verfahren wurden in frei zugänglichen Programmen imp- lementiert. So entwickelten BOLDMANN et al. (1993) das Programm MTDFREML und GROENEVELD (1998) VCE4. Mit Hilfe von multivariaten Modellansätzen kön- nen neben der Heritabilität auch die genetischen und residuale Korrelationen zwi- schen den einzelnen Merkmale geschätzt werden.

Neuere Lösungsalgorithmen, wie z.B. das aus dem Markov Chain Monte Carlo Ver- fahren (MCMC) entwickelte Gibbs Sampling (SÖRENSEN, 1999), wenden iteratives Rechenverfahren auf der Basis von vorher definierten Stichprobenverteilungen (Sampling) an, um mit noch komplexeren Modellen die Notwendigkeit der analyti- schen Lösung der Gleichungssysteme umgehen zu können. Beim Gibbs Sampling werden Parameter in Submodellen iterativ geschätzt. Nach Angabe von Startwerten (a priori Verteilungen der Parameter) werden in einer großen Anzahl von vereinfach- ten und miteinander verketteten Kalkulationen (z.B. 60 000 Iterationen) a posteriori marginale Verteilungen generiert, auf deren Grundlage die Parameterschätzung durchgeführt wird. Das Gibbs Sampling beruht auf der Bayes-Methode.

Über die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariablen liegt meist eine a-priori- Information vor, die eine Vorhersage über bestimmte Merkmalswerte ermöglicht. Die Bayes-Methode verlangt eine a-priori-Information über die Form der jeweiligen Wahrscheinlichkeitsverteilung, um a posteriori Schätzwerte zu erhalten.

2.1.3 Modelle zur Schätzung genetischer Parameter

Ein weiteres Problem in der Vergleichbarkeit einzelner Studien stellt die Verwendung verschiedener statistischer Modelle dar. Die Ansätze zur populationsgenetischen Un- tersuchung unterscheiden sich einerseits in dem ausgewählten genetischen Effekt (Vater, Mutter, Tier) und anderseits durch den Aufbau des Pedigrees. Frühere Unter- suchungen verwendeten häufig eine Mutter-Tochter-Regression oder paternale

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Halbgeschwistergruppen. Heute hat sich die Verwendung der insgesamt verfügbaren Verwandtschaftsmatrix durchgesetzt, wodurch eine umfassendere und genauere ge- netische Parameterschätzung möglich ist.

Modelle zur Parameterschätzung können verschiedene Faktoren beinhalten. Man unterscheidet fixe und zufällige Effekte. Die Zuordnung der Effekte zu den beiden Gruppen ist nicht von vorn herein festgelegt. Als fixer Faktor geht ein Effekt in das Modell ein, wenn die Wirkung einzelner Faktorstufen von Interesse ist. Wenn die Durchschnittswirkung aller möglichen Faktorstufen ausgewertet werden soll, gehen diese Effekte als zufällige Faktoren ein. Zufällige Effekte sind dabei oft auf das Indi- viduum bezogen und beinhalten z.B. den additiv-genetischen Tiereffekt oder einen maternalen oder paternalen Einfluss.

Für jeden Faktor im Modell kann der Einfluss auf die Ausprägung des Merkmals quantifiziert werden. Ein geringer Restfehler zeigt an, dass das Modell die Abwei- chungen des Beobachtungswertes vom Erwartungswert gut erklärt und die Modellpa- rameter einen großen Teil der Varianz des Merkmals erfassen.

Das Modell kann anhand von Signifikanztests auf die Bedeutung der einzelnen oder aller Faktoren überprüft werden. Das Bestimmtheitsmaß (R²) gibt den durch das Mo- dell erklärten Anteil der erklärten Gesamtvarianz an. Das Bestimmtheitsmaß kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen (0 – 100%). Je höher der Wert ist, desto mehr Varianz wird durch die Modellfaktoren erklärt. Umso mehr Faktoren in das Modell aufgenommen werden, desto größer wird das Bestimmtheitsmaß. Gleichzeitig muss der mittlere Restfehler nicht absinken, da durch die ausgleichende Anzahl der Schätzparameter die Freiheitsgrade des Modells ansteigen und diese zunehmende Anzahl von Freiheitsgraden nicht durch eine entsprechende Abnahme der Restvari- anz kompensiert wird.

Ein Modell, das neben fixen auch zufällige Effekte beinhaltet, wird als gemischtes Modell bezeichnet.

Das allgemeine gemischte Modell für einen Beobachtungsvektor y und einen additiv- genetischen Effekt lautet in Matrixschreibweise:

(16)

y = Xb + Za + e mit

y = Vektor der Beobachtungswerte

b = Vektor der fixen Effekte

X = Designmatrix zur Verknüpfung der Beobachtungswerte mit den

fixen Effekten

a = Vektor der zufälligen additiv-genetischen Effekte

Z = Designmatrix zur Verknüpfung der Beobachtungswerte mit den zufälligen additiv-genetischen Effekten

e = Vektor der Resteffekte



 

=











 

+ Z y

y X G

A Z

Z X Z

Z X X X

b a

' '

* '

'

' '

^

^

1

Aufbauend auf diesem Grundmodell wurden verschiedene Spezialmodelle entwi- ckelt. Einige sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden:

Vatermodell

Bei dieser Modellvariante geht der Vater als zufälliger additiv-genetischer Effekt in das Modell ein. In dem Vatermodell kann ein Zuchtwert auf der Basis von väterlichen Halbgeschwister-Gruppen geschätzt werden.

Vatermodelle werden mit und ohne Verwandtschaftsmatrix verwendet. Bei Anwen- dung von ANOVA - Methoden wie z.B. die Henderson-III Methode zur Schätzung von Varianzkomponenten, wird keine Verwandtschaftsmatrix verwendet, jedoch werden alle fixen Effekte simultan mit dem zufälligen Vatereffekt geschätzt. Bei multiparen Tieren wird das Vatermodell um den zufälligen Muttereffekt, der innerhalb Vater ge- nestet ist, erweitert. Damit können Varianzkomponenten für Vollgeschwister (VG), väterliche Halbgeschwister (vHG) und mütterliche Halbgeschwister (mHG) sowie für die Wurfumwelt geschätzt werden.

Tiermodell

Bei dieser Modellvariante geht das Tier als zufälliger additiv-genetischer Effekt in das Modell ein. Durch Einbeziehung der additiven Verwandtschaftsmatrix zwischen allen Tieren mit Beobachtungen und den Tieren aus dem Pedigree ohne eigene Beobach-

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tungen in das Gleichungssystem können die Verwandtschaften zwischen allen Tie- ren einer Population berücksichtigt werden. Eine Erweiterung auf dominanzbedingte Verwandtschaften ist ebenfalls möglich, um Dominanzeffekte zu schätzen. Der addi- tiv-genetische Effekt des individuellen Tieres stellt den allgemeinen Zuchtwert dar und ergibt sich aus dem additiv-genetischen Effekt der Leistung des Tieres selbst und der Leistung der Tiere, die über die Verwandtschaftsmatrix verknüpft sind. Je näher die Tiere mit den Probanden verwandt sind, desto mehr tragen sie zu dessen Zuchtwert bei. Ein weiterer Vorteil des Tiermodells ist, dass durch die Einbeziehung der additiven Verwandtschaftsmatrix auch die Unterschiede im additiv-genetischen Niveau der Paarungspartner optimal berücksichtigt werden können.

Tiermodell mit maternal-genetischen Effekten

Bei dieser Modellvariante geht die Mutter neben dem additiv-genetischen Tiereffekt als weiterer zufälliger additiv-genetischer Effekt in das Modell ein. Dieser Effekt bein- haltet die genetisch bedingte Fähigkeit der Mutter, dem Welpen eine optimale Ent- wicklungs- und Aufzuchtumwelt zu bieten. Die embryonale und fetale Umwelt, das Verhalten der Mutter und ihre Milchproduktion in Bezug auf das Geburtsgewicht und die Ausprägung des coxofemoralen Gelenks könnten eine Rolle spielen.

Tiermodell mit permanenten Umwelteffekten

Zusätzlich zu dem additiv-genetischen Tiereffekt in Verbindung mit der Verwandt- schaftsmatrix kann das Tier auch als zufälliger umweltbedingter Effekt in das Modell eingehen. Hierbei kann der Effekt der wiederholten Leistungen des Einzeltieres oder einer Gruppe von Tieren unter den gleichen Umweltbedingungen geschätzt werden.

Dies ist notwendig, wenn z.B. von einer Hündin mehrere Würfe mit Daten vorliegen oder die Wurf- und Zwingerumwelt berücksichtigt werden soll. Es kann auch ein ma- ternal bedingter Umwelteffekt für die Hündin modelliert werden.

Modell mit Wurfumwelteffekt

Bei dieser Modellvariante geht die Wurfumwelt als zufälliger Effekt ein. Dieser Faktor beinhaltet die Umwelteffekte, die auf und innerhalb eines gesamten Wurfes wirken.

Es handelt sich dabei z.B. um die Wachstumsrate, die Geburtsreihenfolge und das Geburtsgewicht sowie die Aufzuchtbedingungen.

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Modell mit Zwingerumwelt

SCHWARZ (1989) geht davon aus, dass der gemeinsame Umwelteinfluss auf die im selben Zwinger aufgezogenen Welpen durch dieselben Bewegungsmöglichkeiten, dasselbe Training, dieselbe Fütterung und durch ähnliche Faktoren eine nicht unbe- deutende Rolle spielt. Der Zwinger geht als zufälliger umweltbedingter Effekt in das Modell ein.

Ein weiterer Unterschied in den Modellformulierungen ist der Ansatz als lineares oder als Schwellenmodell. Während bei den linearen Modellen feste Beobachtungen für die Merkmale eingesetzt werden, so folgen die Schwellenmodelle bei kategorischen Merkmalen einer Wahrscheinlichkeitsfunktion der Beobachtungswerte.

2.1.4 Korrelationen

Neben der univariaten Auswertung von Merkmalen werden zunehmend multivariate Analysen verwendet. Durch die Einbeziehung von Korrelationen zwischen den simul- tan betrachteten Merkmalen in die Parameterschätzung kann die Genauigkeit der Schätzung deutlich erhöht werden. Dieses gilt im Besonderen für Merkmale mit ge- ringer Heritabilität.

Für die Merkmale werden additiv-genetische und residuale Korrelationen einschließ- lich der entsprechenden Standardfehler geschätzt. Anhand der additiv-genetischen Korrelationen kann bestimmt werden, ob eine züchterische Bearbeitung des einen Merkmals eine negative (rg<0) oder positive (rg>0) Auswirkung auf ein anderes Merkmal zur Folge hat oder ob sich die Merkmale unabhängig voneinander verhalten (rg=0).

2.1.5 Zuchtwertschätzung

Als Zuchtwert wird der Wert eines Individuums bezeichnet, der durch den mittleren Wert der Nachkommen und damit durch die Summe der additiv-genetischen Effekte bestimmt wird (FALCONER, 1984).

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Ein Ziel der Zuchtwertschätzung besteht darin, Durchschnittsleistungen von Nach- kommen eines Tieres vorauszusagen, bevor viele Nachkommen vorhanden sind.

Dazu werden möglichst viele phänotypische Beobachtungen von Ahnen, Voll- und Halbgeschwistern, ferneren Verwandten, vom Tier selbst und von seinen Nachkom- men mit in die Schätzung einbezogen (KÜNZI u. STRANZINGER, 1993).

Eine zuverlässige Zuchtwertschätzung ist für die Zucht von großer Bedeutung. Sie ermöglicht es, genetisch überlegenere Tiere einer Population zu selektieren, um die- se als Zuchttiere weiterzunutzen. Dabei ist der Selektionserfolg außer von der Höhe der Selektionsintensität, der genetischen Varianz und der Länge des Generationsin- tervalls auch von der Genauigkeit der Zuchtwertschätzung abhängig.

Von HENDERSON (1984) wurde an der Cornell University, Ithaca, USA, die BLUP- Methode (Best Linear Unbiased Prediction) entwickelt. Ihr Prinzip ist die gemeinsame Schätzung von Zuchtwerten und fixen Effekten in sogenannten gemischten Modellen (Mixed Model Equations). Es handelt sich bei BLUP um ein Schätzverfahren, das für den Zuchtwert eines Tieres einen linearen, unverzerrten Schätzwert mit minimaler Fehlervarianz liefert.

Die Grundvoraussetzung für die Zuchtwertschätzung mit dem BLUP-Verfahren ist die Definition eines Modells, das die wichtigsten populationsspezifischen Einflussfakto- ren berücksichtigt, die in diesem zugrundeliegenden gemischten linearen Modell auf- geführt sind (HENDERSON, 1984). Im allgemeinen werden dabei die systematischen Umwelteffekte als fix und die genetischen als zufällig angenommen. Ein Vorteil die- ser Methode besteht vor allem darin, dass die Schätzung der Zuchtwerte und der systematischen Umwelteffekte gleichzeitig erfolgt und die genetischen Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen sowie der genetische Trend direkt berücksichtigt werden können.

Eine Optimierung der BLUP-Methode besteht in der Möglichkeit, die additiv- genetische Verwandtschaftsmatrix einzubeziehen. Wird nur ein Teil der Verwandt- schaftspfade berücksichtigt, spricht man vom Vater-Modell (nur Väter mit und ohne väterliche Verwandtschaften einbezogen) oder vom Vater- und mütterlichen Großva-

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termodell (mit und ohne weitere Verwandtschaftsbeziehungen der Väter und der Vä- ter der Mütter). Wird die Verwandtschaftsmatrix eines jeden einzelnen Tieres in das Modell aufgenommen, spricht man von einem Tiermodell. Im Tiermodell können wei- tere zufällige Umwelteffekte besser geschätzt werden, da über die Verwandtschafts- matrix der Tiere ein Confounding (Vermengen) zwischen additiv-genetischem Tieref- fekt und z.B. Zwingereffekt, permanentem Umwelteffekt des Tieres oder maternalen Umwelteffekten vermieden wird. Bei Vatermodellen sind oft zufällige Umwelteffekte von den Effekten der väterlichen Halbgeschwistergruppen nicht zu trennen.

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2.2 Hüftgelenkdysplasie (HD)

Erstmals 1935 wurde die Hüftgelenkdysplasie (HD) beim Hund von dem amerikani- schen Tierarzt Schnelle beschrieben (SCHNELLE, 1935). Von damals bis in die heu- tige Zeit stellt die Hüftgelenkdysplasie eines der gravierendsten Probleme bei vielen Rassen dar. Die HD beeinflusst in hohem Maße sowohl den züchterischen Wert als auch die Gebrauchseigenschaften des Hundes, der als Lauftier bis ins hohe Alter auf die ungestörte Funktionsfähigkeit des Hüftgelenks als wichtigem Bestandteil des Be- wegungsapparates angewiesen ist.

2.2.1 Definition, Ätiologie und Pathogenese der Hüftgelenk- dysplasie

Die Hüftgelenkdysplasie (HD) ist nach LOEFFLER (1990) eine erblich bedingte Fehl- entwicklung des Hüftgelenkes, bei der die Hüftgelenkspfanne und der Oberschenkel- kopf in ihrer Form nicht aufeinander abgestimmt sind. Dem genannten Autor zur Fol- ge kann die Fehlentwicklung in einer Formanomalie des Oberschenkelkopfes oder der Hüftgelenkspfanne oder beider äußern.

FLÜCKIGER (1996) definiert die HD als eine genetisch und umweltbedingte Fehlbil- dung des Hüftgelenks, die sich durch eine abnorme Gelenklockerheit sowie Form- veränderung von Acetabulum und/oder Femurkopf darstellt.

Als genetisch mitbestimmende Faktoren, welche die Entwicklung der HD beeinflus- sen, gelten: Wachstumsrate, Ausbildungsform des knöchernen Beckengürtels, pri- märe Beckenmuskelmasse, Körperendgrösse und Körpertyp, Bindegewebeeigen- schaften und das Geschlecht (FLÜCKIGER, 1996).

Als wichtige Umweltfaktoren, welche die Entwicklung der Hüftgelenke beeinflussen, gelten z.B. Futterzusammensetzung, Futtermenge, Haltungsbedingungen und kör- perliche Belastung (Aktivität) des Hundes während des Wachstums und Alter zum Zeitpunkt der Untersuchung.

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Die HD, die ein- oder beidseitig ausgebildet sein kann, zeigt fließende Übergänge vom normalen, gesunden Gelenk bis hin zur schwersten Veränderung, der Luxation des Gelenks. Die klinische Ausprägung der HD variiert von der Beschwerdefreiheit bis hin zur hochgradigen Hinterhandlahmheit.

Die Ätiologie der HD ist noch nicht vollständig geklärt. Allgemein hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, dass an der Ausprägung der HD zahlreiche Gene beteiligt sind. Für einen polygenen Erbgang sprechen sich u.a. folgende Autoren aus:

FICUS et al. (1990), WILLIS (1991), FLÜCKIGER et al. (1995), LEIGHTON (1997), SWENSON et al. (1997b).

Mitunter liegt bei polygenen Merkmalen ein Schwellenwerteffekt vor, d.h. es bedarf einer gewissen Mindestzahl an Erbanlagen, damit das Merkmal überhaupt phänoty- pisch in Erscheinung treten kann. Auch bei der HD wird besagter Schwellenwertef- fekt angenommen (BRASS, 1989; STUR, 1990). Erst wenn die Zahl der Defektgene einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, kann die Krankheit manifest werden.

Phänotypisch gesunde Hunde können daher Defektgene tragen, deren Zahl knapp unter dem Schwellenwert liegt.

Als Primärursache für die HD-Entstehung wird von vielen Autoren (BARDENS u.

HARWICK, 1972; BRASS, 1989) eine abnorm starke Lockerheit oder Instabilität des Hüftgelenks angesehen. Kommt es während der Belastung des Gelenkes zu einer Subluxation des Femurkopfes, werden die Gelenkflächen von Femurkopf und Aceta- bulum fehlbelastet. Diese Fehlbelastung führt zu Knorpelabrieb und Umformung der gelenkbildenden Knochen, was sich im Röntgenbild als Coxarthrose mit Inkongruenz der Gelenkflächen sowie Verformung des Femurkopfes und des Acetabulums mani- festiert.

Die Hüftgelenkdysplasie wird beim Hund als Hauptursache arthrotischer Verände- rungen des Hüftgelenks angesehen (OLSSON, 1980; ZAKEL, 1992). Alle Arthrosen, die sich in Folge einer Grunderkrankung, wie z.B. der HD und der ED entwickeln, bezeichnet man als sekundäre Arthrosen. Arthrosen junger Hunde sind so gut wie immer sekundär, wobei die degenerativen Gelenkveränderungen schon im ersten Lebensjahr entstehen können (OLSSON, 1980).

(23)

2.2.2 Diagnose der HD

In verschiedenen Ländern wurde seit Ende der 50iger Jahre auf der Basis einer ra- diologischen Beurteilung der Hüftgelenke von Hunden die Grundlage für Selektions- programme geschaffen (OLSSON, 1958). Übereinstimmend wird in der Literatur dar- aufhingewiesen, dass zur sicheren Diagnose der HD eine Röntgenaufnahme in einer vorgeschriebenen Lagerung und zu einem bestimmten Alter des Hundes nötig ist (OLSSON, 1958; SCHWARZ, 1971; BRASS, 1989).

Die Wissenschaftliche Kommission der FCI (Fédération Cynologique Internationale) hat 1978 Richtlinien für die Herstellung der Röntgenaufnahmen, das Alter der Tiere beim Röntgen und die Auswertung der Bilder veröffentlicht (BRASS et al., 1978). Die Einteilung erfolgt in 5 verschiedenen Grade aufgrund der hier kurz beschriebenen radiologischen Kriterien für eine bestimmte HD-Kategorie (Tabelle 1), wobei das schlechter beurteilte Gelenk über den Dysplasie–Grad entscheidet. Im westeuropäi- schen Raum wird heute zur Auswertung von HD-Röntgenaufnahmen das FCI- Klassifizierungsschema in der zuletzt zitierten Fassung von 1993 angewandt (BRASS, 1993). Ausnahmen bilden Großbritannien und die Schweiz.

Die Beurteilung der HD im Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) wird analog der Veröffentlichung der FCI (1993) vorgenommen.

Für die Auswertung einer Röntgenaufnahme muss jeder vom SV zugelassene Tier- arzt einen HD-Befundbogen verwenden. Die Röntgenaufnahmen werden durch die zentrale Begutachtungsstelle für Deutsche Schäferhunde, Prof. Brass, Hannover, ausgewertet.

(24)

Tabelle 1: Beschreibung der HD-Grade laut der wissenschaftlichen Kommission der FCI, Stand 1993

Kein Hinweis für Hüftgelenkdysplasie – A

Der Femurkopf und das Acetabulum sind kongruent. Der kraniolaterale Rand des Acetabulums zeigt sich scharf konturiert und läuft abgerundet aus. Der Gelenkspalt ist eng und gleichmäßig. Der Winkel nach Norberg (in Position I) beträgt etwa 105° (als Referenz). Bei hervorragenden Hüftgelenken umgreift der kraniolaterale Acetabulumrand den Femurkopf etwas weiter nach latero- kaudal.

Fast normale Hüftgelenke – B

Entweder sind Femurkopf und Acetabulum in geringem Maße inkongruent mit einem Winkel nach Norberg (in Position I) von etwa 105° oder das Zentrum des Femurkopfes liegt medial des dorsalen Acetabulumrandes und Femurkopf und Acetabulum sind kongruent.

Anmerkung: Norberg-Winkel bei der 2. alternative kleiner als (etwa) 105°

Leichte Hüftgelenkdysplasie – C

Femurkopf und Acetabulum sind inkongruent, der Winkel nach Norberg be- trägt etwa 100° und/oder der kraniolaterale Rand des Acetabulums ist in

geringem Maße abgeflacht. Unschärfen oder höchstens geringe Anzeichen osteoarthrotischer Veränderungen des kranialen, kaudalen oder dorsalen Acetabulumrandes, des Femurkopfes oder –halses können vorhanden sein.

Mittlere Hüftgelenkdysplasie – D

Deutliche Inkongruenz zwischen Femurkopf und Acetabulum mit Subluxation.

Winkel nach Norberg größer als 90° (nur als Referenz). Abflachung des kranio- lateralen Acetabulumrandes und/oder osteoarthrotische Merkmale.

Schwere Hüftgelenkdysplasie – E

Auffällige dysplastische Veränderungen an den Hüftgelenken, wie z.B.

Luxation oder deutliche Subluxation. Winkel nach Norberg unter 90°, deutliche Abflachung des kranialen Acetabulumrandes, Deformierung des Femurkopfes (pilzförmig, abgeflacht) oder andere osteoarthrotische Merkmale.

(25)

2.2.3 Zuchtprogramm des SV auf HD-Freiheit

Bereits im Jahre 1935 wurde die Diskussion über die Hüftgelenkdysplasie im Verein für Deutsche Schäferhunde e.V. durch den Tierarzt Schnelle in Gang gesetzt (VEREIN FÜR DEUTSCHE SCHÄFERHUNDE, 2002).

Im September 1966 wurde die röntgenologische Untersuchung auf HD-Freiheit im SV eingeführt. Seitdem erkennt der SV bei der Befundung normal (kein Hinweis auf HD), fast normal (Übergangsform) oder noch zugelassen (leichte HD) durch die zent- rale Auswertungsstelle in Hannover als für die Zucht zugelassen an und vergibt dem jeweiligen Hund das „a“. Der entsprechenden Stempel wird in die Ahnentafel des Hundes eingetragen. Hunde mit einer mittleren und schweren HD erhalten keinen

„a“- Stempel; bei schwerer HD und - seit Januar 1998 auch – bei mittlerer HD besteht zudem Zuchtverbot.

Seit 1974 setzt die Zuchtbewertung „Vorzüglich-Auslese“ bei den Rüden und seit 1975 auch bei den Hündinnen die Zuerkennung des „a“ voraus. Dies gilt seit 1976 gleichfalls für die Zuchtbewertung „Vorzüglich“.

Seit 1977 wird für die Körklasse I (zur Zucht empfohlene Hunde) der „a“-Stempel ver- langt, seit 1980 ebenso für die Körklasse II (zur Zucht geeignete Hunde) (SCHWARZ, 1989).

Am 01.07.1999 wurde die Zuchtwertschätzung für HD durch den SV für den DSH eingeführt. Sie wurde als Zuchtplan für die HD-Bekämpfung in der Zuchtordnung verankert.

Die Zuchtwertschätzung erfolgt mit Hilfe des Verfahrens MMP (Mixed Model Predic- tion) unter Einbeziehung aller Verwandteninformationen des Tieres und Berücksich- tigung eines Geschlechtseffekts. Die Zuchtwerte werden als Relativzuchtwerte mit dem Mittelwert 100 (Rassedurchschnitt) und einer Standardabweichung von 10 Punkten ausgewiesen. Hunde mit Zuchtwerten über dem Wert 100 tragen zu einer Verschlechterung der HD-Situation des DSH bei, während Hunde mit Zuchtwerten unter 100 ein unter dem Populationsmittel liegendes HD-Risiko an ihre Nachkommen weitergeben. Als Information für die Zuchtwertschätzung dienen die HD-Einstufungen nach den Richtlinien des FCI.

Die Zuchtwertschätzung erfolgt mindestens vierteljährlich und zum Anfang eines je- den Quartals werden die Zuchtwerte den Mitgliedern, Züchtern und Ortsgruppen u.a.

über das Internet zur Verfügung gestellt.

(26)

§ 5 (Auflagen) des Zuchtplans besagt, dass Tiere mit mittlerer und schwerer HD von der Zucht ausgeschlossen sind. Ansonsten dürfen die Hunde nur in Paarungen ein- gesetzt werden, wenn der mittlere Zuchtwert der Eltern einem bestimmten Grenzwert nicht überschreitet und damit das daraus für den Welpen erwartete mittlere Risiko für HD unter der vorgegebenen Schwelle bleibt. Zur Zeit wird ein Grenzwert von 100 als obere Grenze festgelegt. Es wird den Züchtern empfohlen, niedrigere Werte anzu- streben.

Jeder Züchter ist verpflichtet, sich vor dem Belegen der Hündin auf geeignete Weise über die zulässige Paarung zu informieren. Als Zuchtwert der Paarungspartner gilt der jeweilige Zuchtwert des Quartals am Belegtag.

Hunde aus dem Ausland dürfen nur verwendet werden, wenn sie in der Datenbank des SV mit mindestens 3 Generationen aufgenommen sind, ein mit der deutschen Methode vergleichbares HD-Ergebnis vorliegt und ein Zuchtwert berechnet wurde.

Die Tabelle 2 gibt die HD-Situation der im Zeitraum von 1968 bis 2002 begutachteten Röntgenaufnahmen des Vereins für Deutsche Schäferhunde wieder.

Tabelle 2: Verbreitung der HD beim DSH (Quelle: Verein für Deutsche Schäferhunde, 2002)

A % B % C % D % E %

Jahr normal

fast normal

zugelass en

mittlere HD

schwere

HD Gesamt

1968 148 9,88 309 20,63 624 41,66 394 26,3 23 1,54 1498

1969 214 8,82 493 20,33 1234 50,89 449 18,52 35 1,44 2425

1970 351 11,23 784 25,09 1455 46,56 502 16,06 33 1,06 3125

1971 500 11,49 1227 28,20 2079 47,78 502 11,54 43 0,99 4351

1972 926 16,61 1887 33,85 2046 36,71 599 10,75 116 2,08 5574

1973 807 14,13 1706 29,86 2367 41,43 741 12,97 92 1,61 5713

1974 820 11,78 1666 23,94 2779 39,93 1454 20,89 240 3,45 6959

1975 1118 16,83 1944 29,26 2644 39,80 770 11,59 167 2,51 6643

1976 1388 14,84 3179 34,00 3837 41,03 862 9,22 85 0,91 9351

1977 2288 24,69 3303 35,64 2788 30,09 756 8,16 132 1,42 9267

1978 2632 29,04 3343 36,89 2121 23,40 805 8,88 162 1,79 9063

1979 3271 31,37 4033 38,68 2171 20,82 757 7,26 194 1,86 10426

1980 3364 33,54 3779 36,55 2281 22,06 770 7,45 145 1,4 10336

1981 3468 34,58 3500 34,90 2143 21,37 740 7,38 179 1,78 10030

1982 3594 38,14 3271 34,71 1723 18,29 685 7,27 150 1,59 9423

1983 3581 37,93 3040 32,2 1861 19,71 828 8,77 131 1,39 9441

1984 4176 39,93 3341 31,95 1877 17,95 929 8,88 134 1,28 10457

1985 4529 41,55 3466 31,80 2006 18,40 769 7,06 130 1,19 10900

1986 4772 46,42 2904 28,25 1768 17,20 736 7,16 99 0,96 10279

1987 4601 48,38 2493 26,21 1601 16,83 722 7,59 93 0,98 9510

1988 4559 53,15 2013 23,47 1255 14,63 700 8,16 51 0,59 8578

1989 4693 51,10 2308 25,13 1426 15,53 706 7,69 51 0,56 9184

1990 4808 47,69 2922 28,99 1623 16,10 651 6,46 77 0,76 10081

1991 4382 52,89 2213 26,71 1131 13,65 479 5,78 80 0,97 8285

1992 5721 58,15 2324 23,62 1241 12,61 470 4,78 83 0,84 9839

1993 5826 62,79 1972 21,25 952 10,26 462 4,98 66 0,71 9278

1994 5525 59,84 2144 23,22 1027 11,12 466 5,05 71 0,77 9233

1995 7966 63,40 2780 22,13 1137 9,05 537 4,27 144 1,15 12564

1996 6257 59,23 2476 23,44 1160 10,98 521 4,93 150 1,42 10564

1997 6231 61,61 2232 22,07 1087 10,75 467 4,62 96 0,95 10113

1998 6480 64,14 2012 19,91 1077 10,66 446 4,41 88 0,87 10103

1999 6809 66,23 2001 19,46 1018 9,90 369 3,59 84 0,82 10281

2000 4991 66,18 1564 20,74 686 9,10 239 3,17 61 0,81 7541

2001 4941 62,54 1989 25,17 691 8,75 210 2,66 70 0,89 7901

2002 5218 65,73 1905 24,00 580 7,31 179 2,25 57 0,72 7939

(27)

2.2.4 Systematische Einflussfaktoren auf die Ausprägung der Hüftgelenkdysplasie

An der Ausprägung eines polygen bedingten Merkmals – wie der HD – sind außer genetischen auch nicht genetische Faktoren beteiligt (BRASS, 1989; DISTL et al., 1991; LEIGHTON, 1997; WOOD et al., 2000a). Man spricht deshalb von multifakto- rieller Vererbung (STENGEL, 1987).

Es werden verschiedene systematische Einflussfaktoren in der Literatur diskutiert.

Geschlecht

Bezüglich eines Geschlechtseinflusses existieren unterschiedliche Meinungen:

HEDHAMMAR et al. (1979), SWENSON et al. (1997) und WOOD et al. (2000a, 2000b) stellten bei weiblichen, DISTL et al. (1991) bei männlichen Tieren eine höhe- re HD-Prävalenz fest. SMITH et al. (1995), OHLERTH et al. (1998) sowie REED et al. (2000) fanden keinen Geschlechtsunterschied.

Wurfgröße

Hinsichtlich der Wurfgröße konnten HEDHAMMAR et al. (1979) bei dem Deutschen Schäferhund keinen Einfluss auf die Häufigkeit der HD feststellen. GRUSSLER (1989) kam in einer Untersuchung ebenfalls am Deutschen Schäferhund zu dem gleichen Ergebnis. Nach OHLERTH et al. (1998) ist die HD-Frequenz beim Labrador Retriever ebenfalls unabhängig von der Wurfgröße.

Wurfsaison

Nach einer Studie von GRUSSLER (1989) ist dieser Faktor für das Auftreten der HD beim Deutschen Schäferhund unbedeutend. HANSSEN (1991) fand bei Labrador Retrievern in einer norwegischen Studie in den Monaten März bis August eine nied- rigere HD-Prävalenz als zwischen September und Februar.

Röntgenalter

Die Hüftgelenkdysplasie ist keine angeborene Missbildung, sondern eine Entwick- lungsstörung, die sich im Verlaufe des Wachstums ausprägt. Angeboren ist aller- dings die Veranlagung zu dieser Entwicklungsstörung (LOEFFLER, 1990;

(28)

DÄMMERICH u. BRASS, 1993). Untersuchungen an genetisch belasteten neugebo- renen Deutschen Schäferhunden haben gezeigt, dass bei der Geburt Zeichen jegli- cher Abnormität am Gelenk fehlen (RISER u. SHIRER, 1966). Der Hund wird also mit normalen Hüftgelenken geboren. Die ersten Veränderungen, die mit HD verbun- den sein können, fand RISER (1973) bei der röntgenologischen Untersuchung im Alter von 7 Wochen. Bei Tieren mit leichter HD hatten die Hunde sogar ein Alter von 12 bis 14 Monaten erreicht, bevor die Dysplasie röntgenologisch offenbar wurde.

Der Einfluss des Alters zum Zeitpunkt des Röntgens spielt somit eine wichtige Rolle (GRUSSLER, 1989; WILLIS, 1991; STUR et al., 1996; SWENSON et al., 1997;

OHLERTH et al., 1998; LEPPÄNEN et al., 2000b; REED et al., 2000).

Die HD ist nach dem Abschluss des Skelettwachstums voll entwickelt. Danach treten nur noch sekundäre (arthrotische) Veränderungen auf, die sich in der Regel mit zu- nehmenden Alter verstärken (BRASS, 1989).

2.2.5 Heritabilitätsschätzungen für die HD

SCHWARZ (1989) untersuchte in seiner Arbeit 10.595 Deutsche Schäferhunde mit Hilfe erweiterter Vatermodelle. Die Heritabilitäten für die HD wurden aus den Vollge- schwister-, mütterlichen und väterlichen Halbgeschwisterkomponenten geschätzt.

Für die Analyse wurden gemischte Modelle (Henderson-III) und nichtlineare REML- Schwellenmodelle angewandt. In den Modellen wurden die zufälligen Effekte des Vaters und der Mutter, die fixen Effekte von Röntgenalter, Geschlecht des Hundes, Wurfjahr und Wurfsaison des Hundes, Wurfgröße, Prozentsatz geröntgter Hunde pro Wurf und Geschlechtsverhältnis der Hunde im Wurf berücksichtigt. In der Varianz- analyse erwiesen sich die systematischen Einflüsse des Vaters, der Mutter, des Ge- schlechts, des Röntgenalters sowie des Wurfjahres als signifikant.

Die Heritabilität aus der Vollgeschwisterkomponente betrug h² = 0,34, aus der väter- lichen Halbgeschwisterkomponente h² = 0,20 und aus der mütterlichen Halbge- schwisterkomponente h² = 0,49. Die Wurfumweltkomponente erreichte eine Höhe von c² = 0,1.

Bei der Anwendung eines linearen Modells für die Analyse der HD-Befunde Deut- scher Schäferhunden ergaben sich im Vergleich zum Schwellenmodell i.d.R. höhere Heritabilitätsschätzwerte, die durch die Heteroskedastizität der Daten bedingt sind.

(29)

Deshalb sollten Schwellenmodelle nach SCHWARZ (1989) zur Schätzung von Popu- lationsparametern für die Hüftgelenkdysplasie verwendet werden.

OHLERTH et al. (1998) untersuchten das Auftreten von HD in einer Population von 738 Labrador Retrievern. Mittels logistischer Regressionsmodelle wurde der Einfluss möglicher prädisponierender Faktoren wie Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt des Röntgens, Fellfarbe, Geburtsjahr, Geburtssaison, Wurfgröße, Geburtsreihenfolge, Geburtsgewicht, Gewichtszunahme und Körpergröße auf HD geschätzt. Nur Ge- burtsjahr und Röntgenalter erwiesen sich als signifikant. Mit einem varianzanalyti- schen Ansatz wurden die genetisch bedingten Varianzkomponenten geschätzt. Die Heritabilität für HD wurde anhand von väterlichen Halbgeschwistern geschätzt und betrug 0,53 ± 0,17. Die Wurfumweltkomponente wurde auf c²=0,03 geschätzt.

WOOD et al. (2000a; 2000b) schätzten die Heritabilität der HD bei drei verschiede- nen Rassen (Neufundländer, Flat-coated Retriever und Gordon Setter). Die Regres- sionsmodelle zeigten eine stark positive Beziehung zwischen dem HD-Befund der Nachkommen und dem HD-Befund der Eltern. Die Schlussfolgerung besagte, dass der erwartete HD-Befund der Nachkommen durch die Verwendung der Effekte der HD-Befunde der Rüden und Hündinnen vorausgesagt werden könne. Die Heritabilität aus der Eltern-Nachkommen – Regression betrug h² = 0,2.

REED et al. (2000) untersuchten in einer Langzeitstudie bei verschiedenen Rassen den Effekt des HD-Befundes der Elterntiere in Bezug auf den HD-Befund ihrer Nach- kommen. Mit Hilfe der ANOVA-Methode wurden die Effekte von Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt der Röntgenuntersuchung sowie Geburtsjahr x HD-Befund zwischen den Nachkommen ausgewertet. Das Röntgenalter und das Geburtsjahr erwiesen sich als signifikant. Die Heritabilität wurde mit Hilfe einer Regression der Nachkom- men auf die Eltern geschätzt. Diese betrug h²= 0,26 ± 0,03. Ebenfalls signifikant zeig- ten sich die Effekte der HD-Befunde der jeweiligen Elterntiere auf den HD-Befund der Nachkommen; nicht signifikant war dagegen die Interaktion der Regressionsterme zwischen Rüde und Hündin.

MÄKI et al. (2000) schätzten in ihrer Studie an 2.764 Finnischen Rottweilern mit der REML-Methode unter Nutzung eines gemischten, linearen Tiermodells Varianzkom-

(30)

ponenten für die HD. Es ergaben sich signifikante Einflüsse für Alter, Geburtsjahr, Interaktionskomponente Geburtsjahr x Saison und Röntgenhäufigkeit des Tierarztes.

Die Heritabilität betrug h²=0,58 ± 0,04. Der Varianzanteil durch den Effekt der Wurf- umwelt lag bei c² = 0,04 und der Varianzanteil, der durch maternal-umweltbedingte Effekte verursacht wurde, bei m² = 0,015.

Der genetische Trend der HD-Prävalenz bei Finnischen Rottweilern wurde mittels BLUP geschätzten Zuchtwerten untersucht. Diese Zuchtwerte wurden auf µ=100 und SD=10 standardisiert. Von 1987 bis 1996 wurde eine genetische Verbesserung der Zuchtwerte um eine Standardabweichung beobachtet. Eine phänotypische Verbes- serung der HD-Prävalenz war durch einen gleichgroßen negativen Effekt der Um- weltfaktoren nicht erkennbar.

LEPPÄNEN et al. (2000) veröffentlichten eine Untersuchung über die Schätzung der Heritabilität der HD beim Deutschen Schäferhund in Finnland. Die Heritabilität wurde mit Hilfe eines linearen Tiermodells und der REML-Methode anhand von Hüftge- lenksgutachten von 10.335 Hunden geschätzt. Als signifikante fixe Effekte wurden im Modell Geburtsmonat und -jahr, Röntgenalter, Einfluss des Gutachters und Herkunft des Vaters berücksichtigt. Die zufälligen Effekte Wurf und Züchter hatten nur einen geringen Einfluss auf die HD-Prävalenz. Die Heritabilitätsschätzwerte betrugen h² = 0,31 bis h² = 0,35.

Eine Zuchtwertschätzung nach der BLUP-Methode konnte nach Ansicht der Autoren keine klare Verbesserung in dem genetischen Trend der Jahre 1985 bis 1997 aufzei- gen.

Die Heritabilität für die Hüftgelenkdysplasie variiert in der Literatur meist zwischen h² = 0,2 bis h² = 0,5, abhängig von der untersuchten Rasse, der Population und der Schätzungsmethode (Tabelle 3).

Eine Zusammenstellung von Heritabilitätsschätzwerten für das Auftreten von HD beim Deutschen Schäferhund zeigt Tabelle 4. Die Heritabilitäten der verschiedenen Populationen des Deutschen Schäferhundes rangieren zwischen h² = 0,10 und h² = 0,6. Die Heritabilitätsschätzungen der schwedischen DSH-Populationen liegen meist etwas höher als in anderen Ländern. So berichten HENRICSON et al. (1966),

(31)

HEDHAMMAR et al. (1979) und SWENSON et al. (1997) von Heritabilitäten aus vä- terlichen Halbgeschwisterkomponentenschätzungen mit h² = 0,4 bis 0,5.

Untersuchungen aus Norwegen, Dänemark und Finnland brachten hauptsächlich Schätzungen zwischen h² = 0,30 und 0,35 hervor. (ANDRESEN, 1985; LINGAAS u.

HEIM, 1987; ANDRESEN et al., 1988; LEPPÄNEN et al., 2000a).

Analysen durch JESSEN u. SPURELL (1973) und LEIGHTON et al. (1977, 1997) in der nordamerikanischen Population Deutscher Schäferhunde ergaben Heritabili- tätsschätzwerte zwischen h² = 0,20 und h² = 0,35.

In einer vorrausgehenden Studie in Deutschland wurde mit Hilfe eines Schwellenmo- dells unter Gebrauch der väterlichen Halbgeschwisterkomponente eine etwas gerin- gere Heritabilität von h² = 0,11 geschätzt. Während die Schätzung mittels mütterli- cher Halbgeschwister eine Heritabilität von h² = 0,48 ergab (DISTL et al., 1991).

(32)

Tabelle 3: Heritabilitätsschätzungen für die Hüftgelenkdysplasie verschiedener Rassen Literatur Land Methode Rassea h² ± SE zufällige Effekte Swenson et al.

(1997)

S Lineare Regression - Vater-NK

- Mutter-NK

GRet LRet RW

NF GRet LRet RW

NF

0,34 ± 0,09 0,54 ± 0,21 0,48 ± 0,20 0,44 ± 0,11 0,47 ± 0,08 0,60 ± 0,13 0,18 ± 0,10 0,54 ± 0,08 Willis (1997) GB ANOVA

- väterliche HG

NF GSet

BS AK FCRet

0,4 0,4 0,4 0,2 – 0,3 0,2 – 0,3 Ohlerth et al.

(1998)

CH REML - väterl. HG

LRet 0,53 ± 0,17

Wurfumwelt-Effekt:

c² = 0.03 Mäki et al.

(2000)

FIN REML - Tiermodell

RW 0,58 ± 0,04

Maternaler Umwelt- effekt: m ²= 0,015 Wurfumelt-Effekt:

c ² = 0,04 Reed et al.

(2000)

USA Lineare Regression - Eltern – NK

ESet PWH SP BS

0,17 ± 0,05 0,30 ± 0,06 0,31 ± 0,05 0,30 ± 0,04 Wood et al.

(2000a)

GB Logarithmische Reg- ression

Vater-Nachkommen

Mutter-Nachkommen

Eltern-Nachkommen

FCRet NF FCRet

NF FCRet

NF

0,41 ± 0,60 0,40 ± 0,15 0,93 ± 0,29 0,59 ± 0,11 0,74 ± 0,25 0,49 ± 0,08 Wood et al.

(2000b)

GB Logarithmische Reg- ression

- Mutter-NK - Eltern-NK

GSet

0,36 ± 0,14 0,20 ± 0,10

a AK: Akita Inu; BS: Berner Sennenhund; CH: Chow Chow; ESet: Englisch Setter; FCRet: Flat-coated Retriever; GRet: Golden Retriever; Gset: Gordon Setter; LRet: Labrador Retriever; NF: Neufundlän- der; ADS: Altdeutscher Schäferhund; PWH: Portug. Wasserhund; RW: Rottweiler; SP: Shar-Pei

(33)

Tabelle 4: Heritabilitätsschätzungen für die Hüftgelenkdysplasie beim DSH

Literatur Land Methode h² ± SE zufällige Effekte Henricson et al.

(1966)

S Linaere Regression

- Vater-NK 0,42 Hedhammar et

al.

(1979)

S ANOVA - väterl. HG - mütterl. HG

0,43 ± 0,08 0,45 ± 0,08 Swenson et al.

(1997)

S Lineare Regression - Vater-NK

- Mutter-NK

0,48 ± 0,11 0,50 ± 0,07 Leighton et al.

(1977)

USA ANOVA - väterl. HG

0,21– 0,24

± 0,09

Wurfumwelteffekt:

c² = 0,0 – 0,08 Leighton et al.

(1994)

USA REML

- Tiermodell 0,3 Leighton et al.

(1997)

USA ANOVA

- väterl. HG 0,35 Lingaas und

Heim (1987)

N ANOVA - HG - väterl. HG - mütterl. HG - VG

0,21 ± 0,4 0,03 ± 0,07 0,22 ± 0,04 0,26 ± 0,04

maternal-

umweltbedingter Effekt:

m² = 0,049

DISTL et al.

(1991)

D REML - väterl. HG - mütterl. HG - VG

0,11 ± 0,03 0,48 ± 0,05 0,30 ± 0,02

Wurfumwelteffekt:

c² = 0,1

Willis et al.

(1997)

GB ANOVA

- väterl. HG 0,4 Leppänen et al.

(2000)

FIN REML

- Tiermodell 0,31 – 0,35 ± 0,02

Wurfumwelteffekt:

c² = 0,03

Zwingerumwelteffekt:

c²=0,02

(34)

2.3 Ellbogengelenkdysplasie (ED)

In den letzten Jahren werden Erkrankungen des Ellbogengelenks immer häufiger als Lahmheitsursache junger Hunde erkannt. Es handelt sich um chronisch degenerative Arthropathien, die ihre Ursache in den weitaus meisten Fällen in einer Wachstums- störung im Bereich der Gelenkflächen oder Wachstumszonen haben. Sie manifestie- ren sich im Ellbogengelenk des Hundes als Fragmentierung des Processus coronoi- deus medialis ulnae (FCP), als Osteochrondrosis dissecans des Condylus medialis humeri (OCD) als Isolierung des Processus anconaeus (IPA) sowie als Inkongruenz der am Ellbogengelenk beteiligten Gelenkflächen. Diese Krankheitsbilder werden unter dem Begriff Ellbogengelenkdysplasie (ED) zusammengefasst.

Erstmals wurde die Ellbogengelenkdysplasie in dieser Form von OLSSON (1975) beschrieben. Die Erkrankung befällt zumeist große, schwere und schnellwachsende Hunderassen (GUTHRIE u. PIDDUCK, 1990); häufig betroffene Rassen sind Rott- weiler, Berner Sennenhunde, Labrador und Golden Retriever sowie Deutscher Schä- ferhund (KIRBERGER u. FOURIE, 1998).

Sehr häufig werden durch die Dysplasie Arthrosen und darausfolgend Lahmheiten verursacht (GRONDALEN u. LINGAAS, 1991).

Bei vielen Hunden, die zur radiologischen Untersuchung vorgestellt werden, sind keine der oben genannten Grunderkrankungen sichtbar, sondern lediglich eine mehr oder weniger ausgeprägte Osteoarthrose, die sich durch Ostheophyten- und Sklero- senbildung an verschiedenen Stellen im Gelenk zeigt (OLSSON, 1975). Die Stärke der Arthrose zeigt den aktuellen Gesundheitsstatus des Gelenks an und deutet auf mögliche Läsionen hin (OLSSON, 1975; GRONDALEN, 1982).

Diese Arthrosen und die Grunderkrankungen werden in Anlehnung an das derzeit internationale Bewertungssystem (IEWG, 1989) eingeteilt. Die Grundlage für die Ein- stufung der Ellbogengelenkdysplasie beim DSH ist das Vorliegen von Arthrosen un- terschiedlichen Grades bzw. das Auftreten von den Grunderkrankungen.

(35)

2.3.1 Krankheitsbilder der Ellbogengelenkdysplasie

Es handelt sich bei der Ellbogengelenkdysplasie um eine krankhafte Veränderung der Ellbogengelenke. Dabei stellt das Krankheitsbild keine einheitliche Form dar, sondern folgende Erkrankungen wurden 1989 durch die International Elbow Working Group (IWEG) unter dem Begriff „Ellbogengelenkdysplasie“ zusammengefasst::

• Fragmentierter Processus coronoideus medialis ulnae (FCP)

• Isolierter Processus anconaeus (IPA)

• Osteochondrosis dissecans humeri (OCD)

• Inkongruenz der Gelenkfläche.

Seit ihrer ersten Beschreibung durch CARLSON u. SEVERIN (1961) stellt die Ellbo- gengelenkdysplasie ein zunehmend häufiger auftretendes Problem bei jungen Hun- den dar. Zu der damaligen Zeit verstand man darunter allerdings zunächst nur den isolierten Processus anconaeus. Die Erkrankungen Osteochondrosis dissecans hu- meri und fragmentierter Processus coronoideus medialis ulnae wurden erstmals durch OLSSON (1975) beschrieben und OLSSON (1975) vermutete dann für alle drei Erkrankungen als gemeinsame Ursache eine „Osteochondrose“.

Heute geht man davon aus, dass für die Entstehung aller dieser Grunderkrankungen das Zusammentreffen einer generalisierten Störung der enchondralen Ossifikation mit lokalen mechanischen Faktoren verantwortlich ist (ROBINS, 1980; OLSSON, 1983; PRESNELL, 1990;).

2.3.1.1 Fragmentierter Processus coronoideus medialis

Der fragmentierte Processus coronoideus (FCP) medialis ulnae stellt eine Ablösung einer Knorpelschuppe am inneren Kronfortsatz der Ulna durch eine Störung der en- chondralen Ossifikation dar (WALDE u. TELLHELM, 1991). Diese Osteochondrose des Processus coronoideus führt häufig zu einem mehr oder weniger verknöcherten Fragment (GUTHRIE et al., 1992).

Pathologisch-anatomisch stellt sich der FCP nach BRUNNBERG u. WAIBL (1986) und WINHART (1991) entweder durch eine Fissur im cranialen Drittel des Gelenk- knorpels, eine vollständige Loslösung (Fraktur) in gleicher Lokalisation oder eine flä-

(36)

chenhafte Abhebung des Gelenkknorpels am radiusseitigen Rand des cranialen Tei- les des Processus coronoideus dar.

Röntgenologisch kann die Fissur des Processus coronoideus medialis ulnae nicht nachgewiesen werden (GRONDALEN, 1982). Auch seine Fraktur ist auf der Rönt- genaufnahme meist nicht direkt sichtbar (OLSSON, 1983; GRONDALEN et al., 1991;

READ et al.,1990; WALDE u. TELLHELM, 1991; FEHR u. MEYER-LINDENBERG, 1992, BEDFORT et al.,1994), da das Knochenfragment kaum disloziert ist und vom Radiuskopf oder dem Processus anconaeus überlagert wird (OLSSON, 1983;

WALDE und TELLHELM, 1991). Meist ist lediglich eine Diagnose aufgrund von Se- kundärveränderungen möglich (OLSSON, 1983, PRESNELL, 1990; SCHWALDER, 1990, WINHART, 1991, BEDFORT et al., 1994).

Röntgenologische Befunde, die einen FCP vermuten lassen, sind z.B. eine Sklerose am distalen Teil der Incisura trochlearis oder ein undeutliches craniales Ende des Processus coronoideus medialis. Auch eine Stufe im Gelenkspalt zwischen Radius und Ulna oder eine Inkongruenz zwischen dem Processus coronoideus medialis und dem Radiuskopf können auf eine Fragmentierung hinweisen (LANG et al., 1998).

Osteophytenbildung dorsal und lateral des Processus anconaeus sowie am cranialen Teil des Radius und am medialen Humeruscondylus sind ebenfalls Hinweise, die auf einen FCP deuten (SCHLEICH, 1997; LANG et al., 1998).

Der FCP kommt überwiegend bei großwüchsigen Rassen vor (WIND u. PACKARD, 1986) und wird häufig bei Rottweilern, Deutschen Schäferhunden, Golden und Lab- rador Retievern beobachtet (GRONDALEN, 1979; WALDE u. TELLHELM, 1991;

LEPPÄNEN et al., 2000a; WOOD et al., 2000a; WOOD et al., 2000b).

2.3.1.2 Isolierter Processus anconaeus

Der Processus anconaeus ist ein zur Gelenkfläche der Ulna gehörender Fortsatz. In der laterolateralen Röntgenaufnahme lässt sich dieser Fortsatz bei gebeugtem Ell- bogen erkennen.

Als Ursache für die Isolierung des Processus anconaeus (IPA) kommt eine Vereini- gungsstörung der Ossifikationszentren des PA und der Ulnametaphyse in Frage

(37)

(FOX, 1983). Vermehrtes Wachstum des Radius bei relativ kurzer Ulna wird von OLSSON (1980) als mögliche Ursache postuliert.

In zwei verschiedenen Studien ergaben Messungen an dem Olecranon und dem Ra- diuskopf einseitig betroffener Deutscher Schäferhunde einen signifikant kürzeren Olecranon oder einen nach proximal verschobenen Radius an der erkrankten Glied- maße (GUTHRIE et al., 1992).

HAZEWINKEL et al. (1988) halten auch eine nachträgliche Absprengung dieses knö- chernen Fortsatzes am oberen Ende der Gelenkpfanne der Ulna durch Mikrotraumen oder Inkongruenzen möglich.

Bei der röntgenologischen Untersuchung zeigt sich eine ungleichmäßige, vertikale Frakturlinie zwischen dem Processus anconaeus und der Ulna. Weiterhin ist eine unregelmäßige Sklerose an der Basis des PA und eine progressive, altersabhängige Osteoarthrose zu erkennen (LANG et al., 1998).

Beim Deutschen Schäferhund tritt der IPA besonders häufig auf (GUTHRIE u.

PIDDUCK, 1990), wird allerdings auch beim Belgischen Schäferhund (FLÜCKINGER, 1992), Labrador Retriever, Windhund (WIND u. PACKARD, 1986), Bouvier und Mastino (HAZEWINKEL et al., 1988) gesehen.

2.3.1.3 Osteochondrosis dissecans humeri

Die Osteochondrose stellt eine Knochen- u. Knorpeldegeneration in Folge einer sub- chondralen aseptischen Knochennekrose dar. Es zeigt sich eine Herauslösung eines Knochen- und Knorpelstückes aus der Gelenkfläche sowie die Bildung eines freien Gelenkkörpers und des sogenannten Mausbetts (muldenförmige Vertiefung in der Gelenkfläche) (PSCHYREMBEL, 2002).

Bei einer OCD als Grunderkrankung der ED handelt es sich häufig um eine Ablösung eines Knorpelstücks am inneren Abschnitt der Gelenkfläche des medialen Humerus- condylus (FLÜCKIGER, 1992; TELLHELM, 2001).

Röntgenologisch ist die OCD der Trochlea humeri als konkaver, röntgenstrahldurch- lässiger Defekt mit angrenzender Sklerose zu sehen (FOX, 1983).

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