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Nicht warten, bis die Löcher da sind

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ARS MEDICI 22 2007

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B E R I C H T

Ein Problem der Osteoporose besteht darin, dass eine verringerte Knochen- dichte an sich streng genommen keine Krankheit ist. Sie bildet gleichwohl die Voraussetzung dafür, dass der Knochen der Betroffenen leichter bricht. Was also soll man bei einer 50-jährigen Frau tun, bei der bereits Osteoporose in der Fami- lie aufgetreten ist und die nun in der Knochendichtemessung einen T-Score von unter 2,5 aufweist? Statistisch gese- hen ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Frau in den nächsten Jahren eine Fraktur erleidet, recht gering. «Ich halte nicht so viel von den Zehn-Jahres-Fraktur- raten», meinte Markus Felder während eines Workshops und fragte: «Soll ich warten, bis die Frau 60 geworden ist und der Prozess weiter fortgeschritten ist, und der Knochen», wie der Referent ver- anschaulichte, «allmählich einem löch- rigen Emmentaler gleicht?» Je stärker die Knochenstruktur geschädigt sei, desto schlechter die therapeutischen Möglich- keiten, gab er zu bedenken – zumal mit den heutigen Medikamenten auch höchs- tens jede zweite Fraktur verhindert wer- den könne. Felder forderte deshalb ein rasches Eingreifen, «damit ich eine Frak- tur verhindern kann, die vielleicht erst

mit 75 eintreten würde.» Prävention müsse also möglichst frühzeitig einset- zen. Er verglich die Situation mit der bei Karies: «Der Zahnarzt sagt auch nicht erst nach dem ersten Loch, dass man mit dem Zähneputzen anfangen soll.»

Felder beklagte, dass der Osteoporose auch heute noch zu wenig Aufmerksam- keit geschenkt und die Knochendichte zu selten gemessen würde – bei Men- schen mit Frakturen sollte die Frage auf- kommen, ob womöglich eine Osteopo- rose dahinterstecken könnte. Gerade bei osteoporotischen Frauen nähmen Radius- frakturen ab dem 50. Lebensjahr zu. Die richtige Zeit für eine Knochendichtemes- sung ist laut Felder der Beginn der Meno- pause, allerdings nur, wenn weitere kli- nische Risikofaktoren bestünden, da die

DEXA-Messung allein nicht aussagekräf- tig genug sei. Bestünden solche Risiko- faktoren (Tabelle), sei die Knochendichte- messung selbst bei Frauen angezeigt, die wegen Menopausebeschwerden Hor- mone erhielten. Die Ansicht mancher Gynäkologen «Wenn ich Hormone sub- stituiere, muss ich nicht extra die Kno- chendichte messen», hält Felder nicht für angemessen. Ob eine Frau zu Osteo- porose neige, hänge nämlich zu etwa 60 Prozent von den Erbanlagen ab. Ab dem 65. Lebensjahr sei die Knochen- dichtemessung dann grundsätzlich «für die Patientin und die Gesellschaft» billi- ger als Nichtstun, sagte Felder unter dem Hinweis auf amerikanische Berechnun- gen. Lediglich bei sehr alten Menschen mit einer Lebenserwartung unter fünf Jahren könne bei Bedarf eine Osteopo- rosetherapie auch ohne Knochendichte- messung erfolgen.

Felder ging auch auf einzelne Risikofak- toren ein. So sei es beispielweise nicht unwesentlich in Erfahrung zu bringen, dass eine Frau in jungen Jahren an An- orexie gelitten habe. Gerade bis zum 25. Lebensjahr würde schliesslich Kno- chenmasse aufgebaut und bei anorekti- schen Patientinnen sei die Gefahr gross, dass dies nicht in ausreichendem Masse geschehen sei. Deshalb sei eine Kno- chendichtemessung mit 50 Jahren bei diesen Frauen angezeigt. Umgekehrt

Nicht warten, bis die Löcher da sind

Rheuma Top: Markus Felder fordert konsequente Diagnostik und Therapie der Osteoporose

Auch heute bleibt eine Osteoporose oft zu lange unerkannt, zum Teil aus Nachlässigkeit oder Gedankenlosigkeit. Das hat Privatdozent Dr. Markus Felder aus Zürich bemängelt. Es komme aber darauf an, eine Osteoporose möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, meinte der Osteoporose-Ex- perte anlässlich der Fortbildungsveranstaltung «Rheuma Top».

Rheuma Top Zürich Symposium für die Praxis

13./14. September 2007 Pfäffikon

Veranstalter: UniversitätsSpital Zürich Sponsor: Mepha Pharma AG, Aesch

Privatdozent Dr. med. Markus Felder, Zürich

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ARS MEDICI 22 2007 wäre es falsch, automatisch davon aus- zugehen, dass eine eher übergewichtige Frau sicher keine Osteoporose habe.

Wichtig ist laut Felder immer auch die Abklärung einer möglichen sekundären Osteoporose. Felder empfahl deshalb zu- mindest die Bestimmung von Kalzium und Phosphor sowie eine Eiweisselek- trophorese. Bei klinischem Verdacht auf eine Hyperthyreose sei auch eine TSH- Bestimmung angeraten. Eine endokrine Osteoporose kann auch bei Hyperpara- thyreoidismus auftreten. Felder machte darauf aufmerksam, dass Patienten mit (sekundärem) Hyperparathyreoidismus oft klinisch asymptomatisch seien.

Eine besondere, bislang teilweise noch etwas unterschätzte Situation ist bei Pa- tienten gegeben, die mit Steroiden be- handelt werden. Die Medikamente ver- ringern die Kalziumaufnahme und för- dern die Ausscheidung über die Nieren, sind also in zweifacher Weise schädlich für den Knochen. Bei einer hoch dosier- ten oralen Therapie sei bereits in den ersten zwei bis drei Monaten mit einem

signifikanten Verlust an Knochenmasse zu rechnen, weshalb es sich lohne, sich über die Knochenmasse Klarheit zu verschaffen. Bei einer geringen (oralen) Steroiddosis von 5 bis 7,5 mg Predniso- lon reiche es dagegen wohl aus, parallel mit Vitamin D und Kalzium zu therapie- ren. Laut Felder kann auch eine langjäh- rige inhalative Steroidtherapie den Kno- chen angreifen, weshalb auch hier eine DEXA-Messung angezeigt sein kann.

Ein besonderes Augenmerk verdienten auch Patientinnen mit Mammakarzi- nom, da das oft verschriebene Arimi- dex® sich ebenfalls ungünstig auf die Knochendichte auswirke, während Ta- moxifen® diesbezüglich unbedenklich ist.

Knochenschädlich sind aber auch Zyto- statika wie Methotrexat, das aber nicht auf der Liste der Osteoporose fördernden Substanzen steht. Viele Krankenkassen würden sich in solchen Fällen stur stel- len und die Kosten für die Knochendich- temessung nicht übernehmen, meinte Felder.

Auch die Tatsache, dass mit Steroiden behandelt würde, sei für viele Kassen kein Grund, die Kosten für eine Kno- chendichtemessung zu übernehmen. Sie beharrten darauf, dass eine klinisch ma- nifeste Osteoporose erst vorliege, wenn eine Fraktur vorhanden sei, beklagte Fel- der. Dennoch könne man als behandeln- der Arzt wenigstens versuchen, die Kos- tenübernahme zu erwirken.

Knochendichtemessung – schwierig zu interpretieren Felder ging auch auf Besonderheiten der Knochendichtemessung ein. Er betonte, dass der für L1-L4 gemessene Gesamt- wert oft nicht aussagekräftig sei. Auch die ap-Messung habe seine Tücken, da man bei diesem Strahlengang immer Wirbelbogen und -gelenke erfasse, und im Alter hätten praktisch alle eine mehr oder weniger ausgeprägte Spondylar- throse und Osteochondrose. Das verfäl- sche die wahren Werte und könne die Interpretation in die Irre führen. Die Messwerte von L1 und L2 seien wichti- ger als die von L3 und L4. Grossen Stel- lenwert hat laut Felder das Messergebnis für das wardsche Dreieck, weil in diesem Knochenareal ausschliesslich trabekulärer Knochen vorhanden sei. Hingegen wür- den Messresultate vom Gesamtfemur oder Gesamtschenkelhals immer trabekulären und kortikalen Knochen erfassen.

Interessenlage: Der Bericht wurde von Mepha Pharma unterstützt. Auf den Text hat die Firma keinerlei Einfluss genommen.

Uwe Beise Tabelle:

Risikofaktoren für Frakturen

WHO-Kriterien Andere Faktoren

■Alter Immobilität/geringe Aktivität

■orale Steroidtherapie ■eingeschränkte Kognition

■Fraktur bei minimaler Gewalteinwirkung Sturz in der Vorgeschichte

■rheumatoide Arthritis ■eingeschränkter Visus

■Alkoholismus Vitamin-D-Mangel

■Rauchen ■Sarkopenie

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