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Archiv "Osteoporose: Wie man Frakturen verhindern kann" (20.11.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 47⏐⏐20. November 2009 A2359

M E D I Z I N R E P O R T

D

ie osteoporosebedingte Frak- tur zählt im Alter zu den Hauptursachen für funktionelle Ein- schränkungen, chronische Schmerz- syndrome, Behinderung, erhöhte Morbidität und Mortalität. Neben ossären Faktoren zählen vor allem auch extraossäre Faktoren – wie Stürze und verminderte neuromus- kuläre Kapazität – zu den entschei- denden Risikofaktoren für eine osteoporosebedingte Fraktur. Die Potenziale der Prävention durch ge- zielte neuromuskuläre Diagnostik sowie die daraus resultierenden Be- wegungsprogramme werden jedoch in der Praxis bisher noch nicht flächendeckend umgesetzt.

Unter Absprache mit der Leitlini- en-Kommission des Dachverbands Osteologie hat daher das Zentrum

weise Osteoporose und/oder erhöh- tem Sturzrisiko sowie an Männer ab 45 Jahren mit bestehender Osteope- nie beziehungsweise Osteoporose und/oder erhöhtem Sturzrisiko. Die Leitlinie gilt weder für prä- oder perimenopausale Frauen noch für Kinder und Jugendliche. Ausge- schlossen wurden Studien, die sich explizit mit vestibulären Störungen, neurologischen Erkrankungen oder dementen Patienten beschäftigen.

Die primäre Fragestellung ist, in- wieweit durch eine gezielte Bewe- gungstherapie die Frakturinzidenz reduziert werden kann. Zusätzlich wurde der Effekt von bewegungs- therapeutischen Trainingsregimen auf Surrogatendpunkte, wie die Knochenfestigkeit, sowie auf die Sturzinzidenz untersucht. In den letzten Jahren hat die Frage nach be- stehender Sturzangst beim älteren Menschen zunehmend an Bedeu- tung gewonnen. Da Sturzangst sich auf das allgemeine Aktivitätslevel, sowohl bei bereits gestürzten als auch Nichtgestürzten auswirken und damit auch indirekt einen Ein- fluss auf die Knochenfestigkeit und die Sturzhäufigkeit haben kann, wurde dieser Endpunkt den Surro- gatparametern mit zugeordnet.

In einer systematischen Litera- turrecherche wurden die Datenban- ken Medline, CINAHL und Embase entsprechend festgelegter Ein- und Ausschlusskriterien nach randomi- sierten kontrollierten Studien durch- sucht. Die Synthetisierung der Evi- denz in Handlungsempfehlungen er- folgte anhand einer Qualitätsbe- wertung mit der speziell für die Physiotherapie entwickelten PEDro- Skala (1), einer Beurteilung der kli- nischen Relevanz der Studiener- gebnisse in Anlehnung an die Qua- litätskriterien des Philadelphia Pa- nels (2) sowie über Konsens durch das Leitlinienteam.

Insgesamt entsprachen 109 Stu- dien den festgelegten Ein- und Aus- schlusskriterien. Unzureichende Evi- denz gibt es bisher zum Thema Frak- turreduktion durch Bewegungspro- gramme, wobei die wenigen bisher durchgeführten Studien mit zu klei- nen Fallzahlen arbeiten. Mit einem mittleren bis hohen Evidenzgrad ist die Wirksamkeit gezielter Bewe- für Muskel- und Knochenforschung

der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Zusammenarbeit mit Phy- siotherapeuten, Sportwissenschaft- lern und Medizinern eine deutsch- sprachige Leitlinie zur „Physiothe- rapie und Bewegungstherapie bei Osteoporose“ erarbeitet, die den aktuellen Stand der Wissenschaft widerspiegelt. Gegenstand der Leitlinie ist die begleitende, nicht pharmakologische Therapie der Osteoporose zur Verminderung des Sturz- und Frakturrisikos.

Multimodale Programme sind Erfolg versprechend Die Empfehlungen richten sich an postmenopausale Frauen ab 45 Jah- ren mit normaler Knochenmasse, bestehender Osteopenie beziehungs-

Foto:Steve Gschmeissner/SPL/Agentur Focus

Strukturdefekte eines osteoporoti-

schen Knochens sind besonders gut mithilfe der 3-D- Elektronenmikro- skopie zu erkennen.

OSTEOPOROSE

Wie man Frakturen verhindern kann

Physio- und Bewegungstherapie zur Prävention

von osteoporosebedingten Knochenbrüchen –

aktueller Stand der Wissenschaft

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A2360 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 47⏐⏐20. November 2009

M E D I Z I N R E P O R T

gungstherapie zum Erhalt der Kno- chenmasse nachgewiesen (Tabelle).

Vor allem Krafttraining und multi- modale Programme mit Kraft-, Aus- dauer, Gleichgewichts- und Koordi- nationskomponenten können emp- fohlen werden. Das Training sollte bei 60 bis 80 Prozent der Kraft erfol- gen, die der Patient nur einmal wie- derholt aufbringt. Die Ausdauerkom- ponenten enthalten idealerweise Me- dium/-High-impact-Komponenten (zum Beispiel Geh- oder Sprung- übungen) mit einer Intensität vom 1,5- bis Fünffachen des Körperge- wichts. Empfohlen wird eine Trainings- frequenz von zwei- bis dreimal pro

Woche. Das Training sollte dauerhaft durchgeführt werden, da der hinzuge- wonnene Effekt nach Abbruch des Trainings wieder rückläufig ist.

Mit einem mittleren bis hohen Evidenzgrad sind die Verringerung der Sturzinzidenz sowie die Vermin- derung der Sturzangst durch gezielte Bewegungsprogramme bei selbst- ständig zu Hause lebenden älteren Menschen nachgewiesen. An mono- faktoriellen Ansätzen, das heißt dem Einsatz ausschließlicher Bewegungs- programme ist die Wirksamkeit bei- spielsweise von Tai-Chi gut belegt.

Auch multimodale Trainingspro- gramme, in denen funktionelle

Kraft-, Ausdauer- und Gleichge- wichtsübungen kombiniert werden, können empfohlen werden. Multi- faktorielle Ansätze, also Program- me, die auch andere Sturzrisiko- faktoren wie Visuseinschränkungen oder fehlende Wohnraumanpassun- gen berücksichtigen, sind in ihrer Wirksamkeit belegt. In den meisten Studien wird mit einer Frequenz von zwei- bis dreimal pro Woche trai- niert. Für Patienten in einer Versor- gungseinrichtung liegt bisher keine oder nur unzureichende Evidenz vor.

Die Wirksamkeit gezielter Be- wegungstherapie auf entscheidende Risikofaktoren der osteoporosebe- dingten Fraktur ist belegt. Physio- und Sporttherapeuten sollten die Prinzipien in adäquate Programme der primären und vor allem auch der sekundären und tertiären Prävention umsetzen. Für die Zukunft ist eine bessere Vernetzung zwischen Medi- zinern, stationären und ambulanten Rehabilitationseinrichtungen, Phy- siotherapiepraxen und Sportanbie- tern anzustreben, um somit zur Qua- litätssicherung für Osteoporosepa- tienten beizutragen. Diese Leitlinie kann hier eine Grundlage schaffen.

Die vollständige Leitlinie inklusi- ve Vorschlägen für ein neuromus- kuläres Assessment ist online ein- sehbar über die Homepage des Dachverbandes Osteologie unter www.dv-osteologie.de. I Prof. Dr. med. Dieter Felsenberg Roswitha Dietzel

LITERATUR

1. PEDro – Physiotherapy evidence database.

2008 update. Australian Physiotherapy Association, Cochrane Collaboration Reha- bilitation and Related Field, School of Physiotherapy of the University of Sydney.

www.pedro.org.au/.

2. Philadelphia Panel evidence-based clinical practice guidelines on selected rehabilita- tion interventions: overview and methodolo- gy. Phys Ther, 2001. 81(10): p. 1629–40.

Anschrift der Verfasser Prof. Dr. med. Dieter Felsenberg Roswitha Dietzel PT, M. Pthy.

Zentrum für Muskel- und Knochenforschung Charité – Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin E-Mail: dieter.felsenberg@charite.de, roswitha.dietzel@charite.de

Die vollständige Leitlinie des Dachverbandes Osteologie im Internet:

www.aerzteblatt/4709.de

@

TABELLE

Zusammenfassung der Empfehlungen

Ziel Zielpopulation Intervention

Reduktion der selbstständig zu Krafttraining (niedrig) Frakturinzidenz Hause lebend

Krafttraining (mittel) Tai-Chi (niedrig)

multimodal1: Medium- und High-impact-Komponenten, kombiniert mit Krafttraining (mittel bis hoch) multimodal: Low-impact-Komponenten, kombiniert mit Walking(niedrig)

Krafttraining (mittel)

multimodal: aerobe Komponenten, kombiniert mit Krafttraining (mittel bis hoch)

monofaktoriell2:

multimodal: Kraft- und Gleichgewichtsübungen als Heim- programm (niedrig bis hoch)

Tai-Chi (mittel) Konditionstraining (mittel) multifaktoriell3: multimodal:

Kraft- und Gleichgewichtsübungen als Heimprogramm, kom- biniert mit Wohnraumanpassung und Visuskorrektur (mittel) monofaktoriell:

Tai-Chi (mittel)

multimodal: funktionelle Kraft- und Gleichgewichtsübungen als Gruppentraining (mittel bis hoch)

multimodal: funktionelle Kraft-, Ausdauer- und Gleich- gewichtsübungen als Gruppentraining, zusätzliches Heimtraining und Infomaterial (hoch)

multimodal: Kraft- und Gleichgewichtsübungen, als Einzel- training bei stark dekonditionierten Patienten (mittel) multimodal: Kraft und Gleichgewichtsübungen, kombiniert mit Walking (mittel)

In Klammern wird der Evidenzgrad angegeben. Für stationäre Patienen liegt keine oder unzureichende Evidenz vor.

postmenopausal Erhalt/Aufbau von

Knochenmasse und -festigkeit

Reduktion der Sturzinzidenz Verminderung der Sturzangst

selbstständig zu Hause lebend, Sturzrisiko leicht erhöht

selbstständig zu Hause lebend, Sturzrisiko stark erhöht

osteopenisch/

osteoporotisch

1multimodal: Bewegungstherapeutische Intervention fokussiert auf verschiedene Trainingskomponenten (Kraft, Gleichgewicht, Aus- dauer, Beweglichkeit).

2monofaktoriell: Intervention beinhaltet ausschließlich physiotherapeutische beziehungsweise bewegungstherapeutische Komponenten.

3multifaktoriell: Intervention beinhaltet neben Physiotherapie bzw. Bewegungstherapie auch noch andere Therapieansätze, wie bei- spielsweise Visuskontrolle und Wohnraumanpassung.

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