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„Mehr Verantwortung“ in der Welt: Die größten Herausforderungen sind nicht militärischer Natur

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„Mehr Verantwortung“ in der Welt:

Die größten Herausforderungen sind nicht militärischer Natur

Von Jörn Grävingholt, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 10.02.2014

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„Mehr Verantwortung“ in der Welt:

Die größten Herausforderungen sind nicht militärischer Natur

Bonn, 10.02.2014. Die Debatte ist eröffnet! Ein Au- ßenminister, der gleich zu seiner Amtseinführung eine breit angelegte „Selbstverständigung über die Perspek- tiven deutscher Außenpolitik“ ankündigt; eine Vertei- digungsministerin, die das Land zur Übernahme größe- rer internationaler Verantwortung auffordert; ein Bun- despräsident, der mahnt, sich „früher, entschiedener und substanzieller“ einzubringen. Seit Jahren klagen Politiker und Experten, in Deutschland werde zu wenig über die Grundlagen der Außenpolitik diskutiert und, ja, auch gestritten. Öffentlichkeit und Medien seien dazu nicht bereit und sprächen auf entsprechende Impulse nicht an. Nun ist der Anfang gemacht, und er zeigt: Politische Führung macht einen Unterschied. Die lange vermisste Debatte: Sie ist da, und das ist gut so, denn es gibt genug zu diskutieren.

Zugegeben: Wenn eine Verteidigungsministerin von der „Übernahme von Verantwortung“ spricht, sieht mancher schon die Bundeswehr im nächsten Einsatz.

Doch die größten Herausforderungen sind nicht militä- rischer Natur. Den Beteuerungen, Militär könne allen- falls das letzte Mittel sein, würde weniger misstraut, wenn Deutschland und Europa ihren Anspruch, Ver- antwortung vor allem als Zivilmacht wahrzunehmen, durch mehr Engagement untermauerten. Drei Aufga- ben sollten im Mittelpunkt stehen.

Erstens kann und muss Deutschland seine Fähigkeiten, mit zivilen Mitteln zur gewaltfreien Beilegung von Konflikten beizutragen, stärken und ausbauen. Vor zehn Jahren hat die damalige Bundesregierung mit ihrem „Aktionsplan zivile Krisenprävention“ eine wich- tige Grundlage geschaffen. Instrumente wie die Aus- bildung von zivilen Friedensfachkräften wurden profes- sionalisiert, Friedensförderung wurde zu einem Ar- beitsschwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit und kam in vielen Partnerländern zum Einsatz. Aber der Schwung der Anfangsjahre ist erlahmt. Ein klares politi- sches Bekenntnis, diese Arbeit zu einem Markenzeichen deutscher Friedenspolitik zu machen, war im Zuge wirtschaftlicher Krisen und wechselnder Koalitionen nicht mehr zu vernehmen. Neue Initiativen sind nötig.

Deutschland könnte seinen Ruf, in vielen regionalen Konflikten dieser Welt ein eher „unverdächtiger“, we- niger eigeninteressierter Akteur zu sein, nutzen und sich als fähiger und versierter Vermittler anbieten.

Weltweit haben sich hier die Schweiz und Norwegen große Verdienste erworben. Aber beide Länder können den Bedarf nach guter Vermittlung weder decken noch haben sie immer die besten Startvoraussetzungen.

Auch die Unterstützung instabiler Länder beim Aufbau demokratischer Polizei und Justiz durch deutsche Poli- zisten, Richter und Staatsanwälte könnte ein Export- schlager werden. Der Ausbau dieser Bereiche erfordert

klare rechtliche Voraussetzungen und entsprechende finanzielle Mittel.

Zweitens kann und muss Deutschland aktiv an der Gestaltung der zukünftigen globalen Ordnung mitwir- ken. Eine gerechtere, ressourcenschonende und die Menschenrechte schützende Weltordnung wird auf Dauer der wichtigste Beitrag zur Verminderung von Konfliktpotenzial und zur Schaffung einer sichereren Welt sein. Ideologische und religiöse Extremismen können nur in den Köpfen der Menschen besiegt wer- den. Wer sich, seine Familie, seine Volksgruppe oder sein Land dauerhaft dazu verdammt sieht, auf der Verliererstraße des globalen Wettbewerbs geparkt zu sein, wird durch keine Waffengewalt der Welt von dieser Frustration abzubringen sein. Der neue Entwick- lungsminister Müller hat Recht, wenn er fordert, die Globalisierung so zu gestalten, „dass sie den Menschen dient und nicht den Märkten“. Die Debatte um neue Ziele nachhaltiger Entwicklung nach dem Auslaufen der Millenniumsziele im Jahr 2015 bietet eine Chance zu definieren, wohin die globale Reise gehen soll.

Drittens kann und muss Deutschland selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Nur wer bereit ist, selbst Maßstä- be zu setzen und in Vorleistung zu treten, kann andere mitnehmen. Deutschland hat das Potenzial, seine eu- ropäischen Partner in der Verfolgung zukunftssichern- der Politiken mitzuziehen. Noch hat Europa die Res- sourcen und den Stellenwert, als Vorreiter globale Maßstäbe zu setzen. Wenn wir es nicht tun, wer dann?

Weder von China noch von den anderen aufstrebenden Mächten, die noch weit von unserem Wohlstand ent- fernt sind, können wir dies erwarten. Die Energiewende ist vielleicht das wichtigste Projekt, das Deutschland in den letzten zehn Jahren zur Wahrung globaler Lebens- chancen auf den Weg gebracht hat. Verantwortung bedeutet, hier nicht aus Sorge um einen kleinen Wohl- standsverlust die Zukunftsperspektiven künftiger Ge- nerationen aufs Spiel zu setzen. Genauso gehört Deutschlands Rolle als Rohstoffimporteur und als Rüs- tungsexporteur in diesem Kontext diskutiert.

Steinmeier, von der Leyen und Gauck haben Recht:

Führen wir die Diskussion über Deutschlands Verant- wortung in der Welt! Führen wir sie im Lichte unserer Werte und in Anerkennung unserer Verwobenheit mit den globalen Herausforderungen, die das 21. Jahrhun- dert prägen werden.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 10.02.2014

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