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2 Literatur

2.3 Ellbogengelenkdysplasie (ED)

2.3.1 Krankheitsbilder der Ellbogengelenkdysplasie

Es handelt sich bei der Ellbogengelenkdysplasie um eine krankhafte Veränderung der Ellbogengelenke. Dabei stellt das Krankheitsbild keine einheitliche Form dar, sondern folgende Erkrankungen wurden 1989 durch die International Elbow Working Group (IWEG) unter dem Begriff „Ellbogengelenkdysplasie“ zusammengefasst::

• Fragmentierter Processus coronoideus medialis ulnae (FCP)

• Isolierter Processus anconaeus (IPA)

• Osteochondrosis dissecans humeri (OCD)

• Inkongruenz der Gelenkfläche.

Seit ihrer ersten Beschreibung durch CARLSON u. SEVERIN (1961) stellt die Ellbo-gengelenkdysplasie ein zunehmend häufiger auftretendes Problem bei jungen Hun-den dar. Zu der damaligen Zeit verstand man darunter allerdings zunächst nur Hun-den isolierten Processus anconaeus. Die Erkrankungen Osteochondrosis dissecans hu-meri und fragmentierter Processus coronoideus medialis ulnae wurden erstmals durch OLSSON (1975) beschrieben und OLSSON (1975) vermutete dann für alle drei Erkrankungen als gemeinsame Ursache eine „Osteochondrose“.

Heute geht man davon aus, dass für die Entstehung aller dieser Grunderkrankungen das Zusammentreffen einer generalisierten Störung der enchondralen Ossifikation mit lokalen mechanischen Faktoren verantwortlich ist (ROBINS, 1980; OLSSON, 1983; PRESNELL, 1990;).

2.3.1.1 Fragmentierter Processus coronoideus medialis

Der fragmentierte Processus coronoideus (FCP) medialis ulnae stellt eine Ablösung einer Knorpelschuppe am inneren Kronfortsatz der Ulna durch eine Störung der en-chondralen Ossifikation dar (WALDE u. TELLHELM, 1991). Diese Osteochondrose des Processus coronoideus führt häufig zu einem mehr oder weniger verknöcherten Fragment (GUTHRIE et al., 1992).

Pathologisch-anatomisch stellt sich der FCP nach BRUNNBERG u. WAIBL (1986) und WINHART (1991) entweder durch eine Fissur im cranialen Drittel des Gelenk-knorpels, eine vollständige Loslösung (Fraktur) in gleicher Lokalisation oder eine

flä-chenhafte Abhebung des Gelenkknorpels am radiusseitigen Rand des cranialen Tei-les des Processus coronoideus dar.

Röntgenologisch kann die Fissur des Processus coronoideus medialis ulnae nicht nachgewiesen werden (GRONDALEN, 1982). Auch seine Fraktur ist auf der Rönt-genaufnahme meist nicht direkt sichtbar (OLSSON, 1983; GRONDALEN et al., 1991;

READ et al.,1990; WALDE u. TELLHELM, 1991; FEHR u. MEYER-LINDENBERG, 1992, BEDFORT et al.,1994), da das Knochenfragment kaum disloziert ist und vom Radiuskopf oder dem Processus anconaeus überlagert wird (OLSSON, 1983;

WALDE und TELLHELM, 1991). Meist ist lediglich eine Diagnose aufgrund von Se-kundärveränderungen möglich (OLSSON, 1983, PRESNELL, 1990; SCHWALDER, 1990, WINHART, 1991, BEDFORT et al., 1994).

Röntgenologische Befunde, die einen FCP vermuten lassen, sind z.B. eine Sklerose am distalen Teil der Incisura trochlearis oder ein undeutliches craniales Ende des Processus coronoideus medialis. Auch eine Stufe im Gelenkspalt zwischen Radius und Ulna oder eine Inkongruenz zwischen dem Processus coronoideus medialis und dem Radiuskopf können auf eine Fragmentierung hinweisen (LANG et al., 1998).

Osteophytenbildung dorsal und lateral des Processus anconaeus sowie am cranialen Teil des Radius und am medialen Humeruscondylus sind ebenfalls Hinweise, die auf einen FCP deuten (SCHLEICH, 1997; LANG et al., 1998).

Der FCP kommt überwiegend bei großwüchsigen Rassen vor (WIND u. PACKARD, 1986) und wird häufig bei Rottweilern, Deutschen Schäferhunden, Golden und Lab-rador Retievern beobachtet (GRONDALEN, 1979; WALDE u. TELLHELM, 1991;

LEPPÄNEN et al., 2000a; WOOD et al., 2000a; WOOD et al., 2000b).

2.3.1.2 Isolierter Processus anconaeus

Der Processus anconaeus ist ein zur Gelenkfläche der Ulna gehörender Fortsatz. In der laterolateralen Röntgenaufnahme lässt sich dieser Fortsatz bei gebeugtem Ell-bogen erkennen.

Als Ursache für die Isolierung des Processus anconaeus (IPA) kommt eine Vereini-gungsstörung der Ossifikationszentren des PA und der Ulnametaphyse in Frage

(FOX, 1983). Vermehrtes Wachstum des Radius bei relativ kurzer Ulna wird von OLSSON (1980) als mögliche Ursache postuliert.

In zwei verschiedenen Studien ergaben Messungen an dem Olecranon und dem Ra-diuskopf einseitig betroffener Deutscher Schäferhunde einen signifikant kürzeren Olecranon oder einen nach proximal verschobenen Radius an der erkrankten Glied-maße (GUTHRIE et al., 1992).

HAZEWINKEL et al. (1988) halten auch eine nachträgliche Absprengung dieses knö-chernen Fortsatzes am oberen Ende der Gelenkpfanne der Ulna durch Mikrotraumen oder Inkongruenzen möglich.

Bei der röntgenologischen Untersuchung zeigt sich eine ungleichmäßige, vertikale Frakturlinie zwischen dem Processus anconaeus und der Ulna. Weiterhin ist eine unregelmäßige Sklerose an der Basis des PA und eine progressive, altersabhängige Osteoarthrose zu erkennen (LANG et al., 1998).

Beim Deutschen Schäferhund tritt der IPA besonders häufig auf (GUTHRIE u.

PIDDUCK, 1990), wird allerdings auch beim Belgischen Schäferhund (FLÜCKINGER, 1992), Labrador Retriever, Windhund (WIND u. PACKARD, 1986), Bouvier und Mastino (HAZEWINKEL et al., 1988) gesehen.

2.3.1.3 Osteochondrosis dissecans humeri

Die Osteochondrose stellt eine Knochen- u. Knorpeldegeneration in Folge einer sub-chondralen aseptischen Knochennekrose dar. Es zeigt sich eine Herauslösung eines Knochen- und Knorpelstückes aus der Gelenkfläche sowie die Bildung eines freien Gelenkkörpers und des sogenannten Mausbetts (muldenförmige Vertiefung in der Gelenkfläche) (PSCHYREMBEL, 2002).

Bei einer OCD als Grunderkrankung der ED handelt es sich häufig um eine Ablösung eines Knorpelstücks am inneren Abschnitt der Gelenkfläche des medialen Humerus-condylus (FLÜCKIGER, 1992; TELLHELM, 2001).

Röntgenologisch ist die OCD der Trochlea humeri als konkaver, röntgenstrahldurch-lässiger Defekt mit angrenzender Sklerose zu sehen (FOX, 1983).

Osteophytenbildung am lateralen und medialen Epicondylus des Humerus, am Pro-cessus anconaeus, am cranialen Rand des Humeruskopfes sowie am Radiuskopf und der proximalen Ulna können auf eine OCD deuten (FOX, 1983; OLSSON, 1983).

Die Rassen, die am häufigsten an OCD leiden, sind Berner Sennenhunde, Golden Retriever, Labrador Retriever, Neufundländer und Rottweiler (FLÜCKIGER, 1992;

BEDFORT et al., 1994). Selten wird beim DSH eine OCD beobachtet (TELLHELM, 2001).

2.3.1.4 Inkongruenz der Gelenkfläche

Gemäß WEIS (1983), WIND u. PACKARD (1986) und WIND (1990) kann eine In-kongruenz im Ellbogengelenk durch eine Überforderung der Wachstumspotenz der Incisura trochlearis verursacht werden. Diese führt zu Unregelmäßigkeiten bei der enchondralen Ossifikation, einer leicht elliptischen Krümmung der Incisura trochlearis und somit entsteht die Inkongruenz zum Condylus humeri.

Eine Stufenbildung zwischen Radius und Distalrand der Incisura trochlearis der Ulna kann außerdem Ausdruck einer Störung im Längenwachstum der beiden Ossa an-tebracchii mit der Folge eines relativ zu kurzen Radius sein (CARRIG, 1983; BIENZ 1985; HAZEWINKEL et al., 1988; PRESNELL, 1990; WIND, 1990).

Wenn die Inkongruenz nach dem sechsten Lebensmonat entsteht, tritt sie meist nur in Gesellschaft sekundärer arthrotischer Veränderungen auf. Bei einem Erscheinen vor dem sechsten Monat kann eine Prädisposition des Hundes für FCP, OCD und IPA möglich sein. Die Inkongruenz belastet die umliegenden Strukturen durch me-chanischen Druck und fördert so das Entstehen der anderen Läsionen (WEIS, 1983;

BIENZ, 1985; WIND u. PACKARD, 1986).

Auf der gebeugten mediolateralen sowie der craniocaudalen Röntgenaufnahme sind bei einem normalen Ellbogengelenk schmale, ebene Gelenksspalten zwischen der Trochlea humeri und der Incisura trochlearis der Ulna sowie zwischen dem Hume-ruscondylus, dem Radius und dem Processus coronoideus medialis ulnae zu erken-nen (WIND u. PACKARD, 1986).

Eine Inkongruenz des Ellbogengelenks ist charakterisiert durch eine Spalt- oder Stu-fenformation zwischen dem lateralen Processus coronoideus und dem angrenzen-den Radius, einem nach proximal verschobenen medialen Processus coronoideus

sowie einem, nach cranial in das Zentrum der radialen Articulation displazierten Hu-merus. Der humero-ulnare und humero-radiale Gelenkspalt nimmt an Breite zu und die Kontur der Incisura trochlearis stellt sich undeutlich dar (WIND u. PACKARD, 1986).