• Keine Ergebnisse gefunden

2 Literatur

2.3 Ellbogengelenkdysplasie (ED)

2.3.2 Röntgenologische Diagnose der ED

Die verschiedenen Krankheitsbilder der ED veranlassen zur genauen Diagnostik der Primärläsionen und sekundären arthrotischen Veränderungen immer die radiologi-sche Untersuchung des Ellbogengelenks (SWENSON, 1994).

Die Röntgenaufnahmen des Ellbogengelenks werden beim DSH im SV üblicherweise zusammen mit den HD-Aufnahmen angefertigt. Das Mindestalter beim DSH beträgt 12 Monate. Nach den Empfehlungen der IEWG ist die Standardaufnahme die ge-beugte mediolaterale Aufnahme. Der Öffnungswinkel soll etwa 45 Grad betragen.

Zur Darstellung einer zweiten Ebene wird die craniocaudale Projektion empfohlen (LOEFFLER, 1997).

Die 1989 gegründete „International Elbow Working Group“ (IEWG) hat ein internatio-nal einheitliches Qualifikationssystem nach schwedischem Vorbild entwickelt. Die Bewertung beruht auf der Klassifizierung der arthrotischen Veränderungen anhand der Röntgenaufnahme im mediolateralen Strahlengang. Folgende Kriterien werden beurteilt: Osteophytische Veränderungen am Processus coronoideus, am dorso-proximalen Rand des Radius, am dorsalen Rand des Processus anconaeus und am lateropalmaren Anteil der Trochlea humeri sowie die Sklerosierung der Incisura trochlearis (READ et al., 1993).

Anhand dieser Befunde erfolgt eine Einteilung in insgesamt 4 ED–Grade: frei, Grad 1, Grad 2 und Grad 3. Das Vorhandensein der Grunderkrankungen wird separat er-fasst. Tiere mit FCP, IPA oder OCD werden in Grad 3 eingestuft (LOEFFLER, 1997).

Für die Gesamtbewertung der ED eines Hundes ist das jeweilige Gelenk mit den schwerwiegenderen ED-Befunden ausschlaggebend.

Tabelle 5: Beurteilungssystem für die Ellbogengelenkdysplasie nach der IEWG (1994)

Arthrosegrad Röntgenologische Veränderung

Grad 0 = arthrosefrei Keine bis geringradige Sklerosierung im Bereich der Inci-sura trochlearis ulnae, keine weiteren Veränderungen feststellbar

Grad 1 = geringgradig Osteophytenbildung mit einer Grösse unter 2 mm an mi-destens einer der folgenden Lokalisationen:

Processus anconaeus, Kranialrand des Caput radii,

Epicondylus med. / lat., Processus coronoideus med. oder erhebliche Sklerose der Incisura trochlearis

Grad 2 = mittelgradig Osteopytenbildung von 2 bis 5 mm an mindestens einer der bei Grad 1 genannten Lokalisationen mit deutlicher Sklerosierung der Incisura trochlearis

Grad 3 = hochgradig Osteopytenbildung mit einer Grösse von mehr als 5 mm an mindestens einer der bei Grad 1 genannten Lokalisati-onen mit deutlicher Sklerosierung der Incisura trochlearis und / oder bereits Operation wegen entwicklungsbedingter Abnormalitäten

In Anlehnung an dieses System werden die Ellbogengelenke der DSH für den offi-ziellen Befund des SV beurteilt. Es erfolgt jedoch eine Einteilung in 5 ED–Grade:

Frei, Grenzfall, Grad 1, Grad 2 und Grad 3.

Unter „Grenzfall“ werden Befunde eingestuft, welche gering von der Norm abwei-chende Konturen der Gelenkränder und des dorsalen Randes des Processus anco-naeus, die nicht sicher als arthrotische Veränderungen bezeichnet werden können, sowie eine erhöhte Dichte im Bereich der Incisura trochlearis, die noch nicht als er-heblich eingestuft wird, aufweisen.

Desweiteren entspricht die offizielle Bewertung der Ellbogengelenke des DSH dem Schema der IEWG.

LANG et al. (1998) entwarfen in Bezug auf das IEWG-System ein erweitertes Scree-ningprogramm, das die Erkennung der Grunderkrankungen stärker berücksichtigt.

Dazu sind für die Beurteilung jeweils eine Röntgenaufnahme im mediolateralen

so-wie im craniocaudalen Strahlengang notwendig. Die verschiedenen Merkmale wer-den zahlenmäßig nach einem Punktesystem bewertet.

Mit Hilfe dieses Punktesystems werden sowohl Arthrosegrade als auch die Läsionen FCP, IPA, OCD und die Inkongruenz des Ellbogengelenkes erfasst. Die Befunde der einzelnen Kriterien werden jeweils mit bis zu 3 Punkten bewertet und zu einem Ge-samtergebnis aufaddiert (Tabelle 6).

LANG et al. (1998) untersuchten eine Population, die 425 Berner Sennenhunde und 22 Hunde anderer Rassen beinhaltete. Die Röntgenbilder dieser Hunde wurden zum einen nach dem IEWG-Schema beurteilt (Arthrose-Befund) und zum anderen nach dem Punkteschema (ED-Befund), welches die Grunderkrankungen berücksichtigt.

Die Gesamtübereinstimmung zwischen den beiden Systemen war hoch. Aber 12 % der für Arthrose-Befunde negativen Hunde hatten einen positiven ED-Befund. Diese Differenz war statistisch signifikant. Die Rüden - Hündinnen Verteilung bei den Arth-rose freien Hunden betrug 2 : 1. In der Gruppe der falsch-negativ beurteilten Hunde waren die weiblichen überrepräsentiert. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte laut LANG et a. (1998) die Beurteilung der Ellbogengelenks anhand von zwei Röntgenprojektio-nen durchgeführt werden und neben der Arthrose-Beurteilung auch die Grunderkran-kungen beachtet werden.

Tabelle 6: Punktebewertungsschema nach LANG et al. (1998)

Punkte Kriterien

0 1 2 3

1 Osteophyten am Proc. anc.

Sklerose an Inc.

trochl., Ulnakopf, Radius

Normal Minimale Sklerose zwi-schen Radius und Ulna

5 Proc. coronoideus med.

Normal Normal Abnorme Kontur

FCP

6

Proc. anconaeus Normal Normal Abnorme Kontur oder

Normal Normal deutliche Sklerose, Verdacht auf OCD

OCD

TELLHELM (2002) modifizierte dieses Punktesystem nach LANG et al. (1998), in-dem er die Punkteskala auf maximal 5 Punkte erhöhte. Es handelt sich um dieselben sieben Einzelmerkmale. Die Befunde der einzelnen Kriterien werden jedoch jeweils mit bis zu 5 Punkten bewertet. Sie werden ebenfalls zu einem Gesamtergebnis auf-addiert.

Durch diese Erweiterung entsteht zum einen eine Klasse, die den Grenzfall zwischen frei und leicht veränderten Befunden erfasst. Zum anderen beschreibt die ebenfalls ergänzte fünfte Klasse nur die drei Grunderkrankungen IPA, FCP und OCD (Tabelle 7).

Tabelle 7: Beurteilungsschema nach TELLHELM (2002) Punkte

Kriterien

0 1 2 3 4 5

1 Osteophyten am Proc. anc.

Sklerose an Inc.

trochl., Ulnakopf, Radius

Normal Minimale Zunahme, zwi-schen Radius und Ulna

Normal fraglich Leichte

Normal Kontur un-scharf

Proc. anconaeus Normal Min. Kontur-veränd.

Normal Abflach. mit geringer

2.3.3 Systematische Einflussfaktoren auf die Ausprägung der Ellbogengelenkdysplasie

Geschlecht

In vielen Studien war die Prävalenz für ED bei Rüden höher als bei Hündinnen (OLSSON, 1983; GUTHRIE u. PIDDUCK, 1990; GRONDALEN, 1991; SWENSON et al., 1997a; READ et al., 1993; MÄKI et al., 2000; MUES, 2001). Als Ursache für den Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern kommt ein unterschiedlicher Hor-monstatus mit einer daraus folgenden größeren Wachstumsrate der Rüden in Frage.

Wurfjahr

Das Geburtsjahr erwies sich in der Untersuchung an Rottweiler durch MÄKI et al.

(2000) als signifikant. Hunde, die in den 80iger Jahre geboren wurden, hatten besse-re Befunde als die Tiebesse-re der 90iger Jahbesse-re. Als Ursache wurden z.B. Änderungen in der Fütterung oder den Aufzuchtbedingungen gesehen.

Wurfsaison

Nach einer Studie von MÄKI et al. (2000) ist dieser Faktor für das Auftreten der ED beim Rottweiler unbedeutend. MUES (2001) fand bei derselben Rasse ebenfalls kei-ne diesbezüglichen Abhängigkeiten, bei der ED des Deutschen Schäferhundes konn-te allerdings ein signifikankonn-ter Einfluss des Geburtsmonats von MUES (2001) festge-stellt werden.

Röntgenjahr

Der fixe Effekt des Auswertungsjahres beim Rottweiler und beim DSH zeigte keinen signifikanten Trend (MUES, 2001).

Röntgenalter

Die Ausprägung der Ellbogengelenkdysplasie entwickelt sich im Laufe des Wachs-tums. Angeboren ist hierbei die Veranlagung zu dieser Entwicklungsstörung (GRONDALEN, 1979; WIND u. PACKARD, 1986; HAZEWINKEL et al., 1988). Ver-schiedene Studien zur ED haben gezeigt, dass die Bildung von Osteoarthrosen mit zunehmendem Alter steigt (GRONDALEN et al., 1991; WALDE u. TELLHELM, 1991). Auch in den Studien von SWENSON et al. (1997a) und MÄKI et al. (2000)

erwies sich der Effekt des Alters als signifikant für die ED. Junge Hunde zeigten im Vergleich mit älteren Hunden Gelenke mit geringen ED-Befunden.

Dagegen war der Einfluss des Röntgenalters beim Rottweiler und beim DSH in der Studie von MUES (2001) nicht signifikant auf die Prävalenz von ED.

Röntgentierarzt

Der Effekt der Röntgenhäufigkeit des Tierarztes spielt laut MÄKI et al. (2000) keine Rolle für die Prävalenz von ED.