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PTHrP und Milch stimulieren einen Vitamin D-unabhängigen aktiven Calciumtransport im Darm von Saugferkeln

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Academic year: 2022

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(1)

Hannover

________________________________________________________

PTHrP und Milch stimulieren einen Vitamin D- unabhängigen aktiven Calciumtransport im Darm

von Saugferkeln

THESE

zur Erlangung des Grades eines

PHILOSOPHICAL DOCTOR - Ph.D. -

im Fachgebiet Physiologie

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von Cornelia Klein

aus Marl

Hannover 2001

(2)

Supervisor: Univ.-Prof. a.D. Dr. J. Harmeyer Betreuungsgruppe: Univ.-Prof. a.D. Dr. J. Harmeyer

Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, PhD Univ. Illinois Univ.-Prof. Dr. Dr. N. Parvizi

1. Gutachten: Univ.-Prof. a.D. Dr. J. Harmeyer

Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, PhD Univ. Illinois Univ.-Prof. Dr. Dr. N. Parvizi

2. Gutachten Dr. K.-H. Schlüter

Datum der mündlichen Prüfung: 11.6.2001

(3)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung... 1

2 Literaturübersicht... 2

2.1 Bedeutung des Calciums für den wachsenden Organismus... 2

2.2 Mechanismen und Regulation des intestinalen Calciumtransportes ... 3

2.2.1 Passiver Transport ... 3

2.2.2 Aktiver Transport... 5

2.2.2.1 Eintritt von Calcium durch die Bürstensaummembran ... 5

2.2.2.2 Transport von Calcium durch das Zytosol... 9

2.2.2.3 Ausschleusung von Calcium durch die basolaterale Membran... 12

2.2.3 „Transcaltachia“ ... 13

2.2.4 Intestinaler Calciumtransport bei Ferkeln mit erblichem Calcitriolmangel (PVDR I) ... 15

2.3 Neonatale Entwicklung des Gastro-Intestinal-Traktes ... 17

2.3.1 Morphologische Veränderungen ... 17

2.3.2 Funktionelle Veränderungen ... 20

2.3.2.1 Abbau von Proteinen... 21

2.3.2.2 Proteinabsorption in der neonatalen Phase ... 24

2.3.2.3 Abbau von Kohlenhydraten... 28

2.4 Parathyroid Hormone-related Peptide (PTHrP)... 34

2.4.1 Geschichte und Nomenklatur... 34

2.4.2 Metabolismus verschiedener PTHrP-Fragmente ... 35

2.4.2.1 Translations-Produkte ... 35

2.4.2.2 Posttranslationale Spaltungen ... 35

2.4.2.3 Clearance von PTHrP-Fragmenten im Plasma ... 37

(4)

2.4.3 PTHrP-Rezeptoren... 38

2.4.4 Intrakrine Wirkung von PTHrP ... 40

2.4.5 Physiologische Funktionen von PTHrP ... 42

2.4.6 Mögliche physiologische Bedeutung des PTHrP in der Milch ... 45

2.4.6.1 In der Milch vorkommende PTHrP-Fragmente ... 45

2.4.6.2 Mögliche Bedeutung des PTHrP für das Neugeborene ... 47

3 Material und Methoden... 49

3.1 Versuchsplan ... 49

3.2 Versuchstiere ... 52

3.3. Effekt von Milchfütterung auf den Calciumtransport in vivo (orientierende Vorversuche)... 55

3.4 Effekt von Sauenmilch auf den Calciumtransport ex vivo ... 58

3.4.1 Grundlagen der Ussingkammertechnik ... 58

3.4.2 Untersuchung eines Langzeiteffektes von Milchfütterung... 62

3.4.3 Untersuchung eines Kurzzeiteffektes von Milchfütterung ... 66

3.4.4 Weiterentwicklung der Ussingkammertechnik... 67

3.5 PTHrP-Stoffwechsel... 71

3.5.1 Intestinaler Abbau von PTHrP... 71

3.5.2 Intestinale PTHrP-Absorption... 73

3.5.3 PTHrP-Clearance... 73

3.6 Effekt von PTHrP auf den Calciumtransport ... 75

3.6.1 Parenterale Applikation von PTHrP (ex vivo Versuche) ... 75

3.6.2 Zugabe von PTHrP zu isolierten Schleimhäuten (in vitro- Versuche) ... 76

3.7. Effekt von Prolaktin auf den intestinalen Calciumtransport ... 78

(5)

3.8. Vergleich des Kurzzeiteffektes einer Milchfütterung zwischen

calcitrioldefizienten und gesunden Ferkeln ... 79

3.9. Untersuchungen zur Charakterisierung des Calciumstatus der Versuchstiere ... 79

3.9.1. Knochenmineralstoffgehalt... 80

3.9.2. Plasmacalcium ... 80

3.10 Untersuchung funktioneller und morphologischer Merkmale der Darmschleimhaut nach Frühabsetzen ... 81

3.10.1 Funktionelle Merkmale ... 81

3.10.1.1 Aktivität der intestinalen Disaccharasen ... 81

3.10.1.2 Fähigkeit zum elektrogenen Transport ... 83

3.10.2. Morphologische Merkmale ... 85

3.11 Laboranalytische Methoden ... 87

3.11.1 Proteinbestimmung ... 87

3.11.2 Radioimmunoassays (RIA’s) für PTHrP ... 88

3.11.2.1 RIA für PTHrP(1-34) ... 88

3.11.2.2 RIA für PTHrP(38-94) ... 93

3.11.2.3 RIA für PTHrP(1-86) ... 96

3.11.3 Calcitriolbestimmung... 97

3.12 Statistik... 98

4 Ergebnisse... 101

4.1 Effekt von Milchfütterung auf den Calciumtransport in vivo (orientierende Vorversuche) ... 101

4.1.1 Intestinale 45Ca-Aufnahme ... 101

4.1.2 45Ca-Aufnahme in die Knochen... 103

4.1.3 Knochenmineralstoffgehalt... 104

(6)

4.2 Effekt von Milchfütterung auf den Calciumtransport ... 105

4.2.1 Langzeiteffekt von Milchfütterung ... 105

4.2.2 Kurzzeiteffekt von Milchfütterung ... 107

4.3 PTHrP-Stoffwechsel... 110

4.3.1 Intestinaler Abbau von PTHrP... 110

4.3.2 Intestinale PTHrP-Absorption... 111

4.3.3 PTHrP-Clearance... 112

4.4 Effekte von PTHrP auf den Calciumtransport...114

4.4.1 Parenterale Applikation von PTHrP (ex vivo Versuche) ... 114

4.4.2 Zugabe von PTHrP zu isolierten Schleimhäuten (in vitro- Versuche)... 116

4.5 Effekt von Prolaktin auf den Calciumtransport ... 119

4.6 Charakterisierung des Calciumstatus der Versuchstiere... 120

4.6.1 Plasmacalcium ... 120

4.6.2 Mineralstoffgehalt des Knochens ... 121

4.7 Funktionelle und morphologische Merkmale der Darmschleimhaut nach Frühabsetzen und Futterentzug ... 123

4.7.1 Funktionelle Merkmale ... 123

4.7.1.1 Aktivität der intestinalen Disaccharasen... 123

4.7.1.2 Absorptive Fähigkeit der Darmschleimhaut... 125

4.7.2 Morphologische Merkmale ... 131

4.8 Intestinaler Calciumtransport nach Milchfütterung bei calcitrioldefizienten und phänotypisch gesunden Ferkeln ... 133

5 Diskussion... 137

(7)

5.1 Einfluß von Milchfütterung auf den intestinalen Calciumtransport ... 137

5.2 Einfluß von PTHrP auf den intestinalen Calciumtransport ... 144

5.3 Einfluß von Prolaktin auf den intestinalen Calciumtransport ... 152

5.4 Einfluß von Frühabsetzen und Futterentzug auf den Funktionszustand der Schleimhaut ... 154

5.5 Intestinaler Abbau von PTHrP... 161

5.6 Intestinale Absorption von PTHrP-Fragmenten... 164

5.7 PTHrP-Clearance... 166

5.8 Einfluß des Vitamin-D-Status auf den Effekt von Milchfütterung auf den Calciumtransport ... 167

5.9 Methodenkritik... 167

5.9.1 Ernährung der früh abgesetzten Ferkel... 167

5.1.2 Chymusgewinnung... 170

5.10 Abschließende Diskussion ... 173

6 Zusammenfassung...176

7 Summary...180

8 Literaturverzeichnis...184

(8)

Abkürzungsverzeichnis

BMC bone mineral content, Knochenmineralstoffgehalt dpm decay per minute, Zerfall pro Minute

g Erdbeschleunigung

ISC Kurzschlußstrom

Km Halbsättigungskonstante bei sättigbarem Transport

MM Molekülmasse

N Anzahl der Tiere

n Anzahl der Kammern

PBS phosphate buffered saline, mit Phosphat gepufferte Kochsalzlösung

PD Potentialdifferenz

PTHrP parathyroid hormone-related peptide

PVDR I pseudo vitamin D deficiency rickets type I, Pseudo-Vitamin-D- Mangelrachitis Typ I

TM Trockenmasse

uS ursprüngliche Substanz Vmax maximale Transportkapazität

(9)

1 Einleitung

Untersuchungen an einem Tiermodell (Schwein) mit erblichem Calcitriolmangel hatten gezeigt, daß die intestinale Calciumabsorption bei neugeborenen Ferkeln und in den ersten Lebenswochen Vitamin-D-unabhängig erfolgt (LACHENMEIER- CURRLE und HARMEYER 1988, SCHRÖDER et al. 1993). Auch von neugeborenen Ratten liegen ähnliche Hinweise vor. Andererseits kommt es bei frühgeborenen Babys (very low birth weight infants, VLBWI) häufig zu gravierenden Störungen des Calcium- und Knochenstoffwechsels, die durch Vitamin D kaum oder gar nicht zu beeinflussen sind. Diese Störungen stellen in der Pädiatrie noch immer ein schwieriges therapeutisches Problem dar.

Im Jahr 1986 wurde in der Tumorforschung bei Patienten mit „hypercalcaemia of malignancy“ in Lungentumorzellen ein Peptidhormon entdeckt, das mit dem PTH- Rezeptor interagierte und als PTH-related Peptide (PTHrP) bezeichnet wurde.

Weiterführende Untersuchungen mit diesem Hormon ergaben, daß es nicht nur von bestimmten Tumorzellen gebildet wird, sondern auch im Plasma von Gesunden (Menschen und Tieren) vorkommt und verschiedene physiologische Effekte hat.

Eine dieser physiologischen Wirkungen ist die Stimulierung des transepithelialen Calciumtransports. In diesem Zusammenhang ist die sehr hohe Konzentration von PTHrP in Milch, die etwa 500- bis 1000-fach über der des Plasmas liegt, bemerkenswert. Es liegt nahe zu vermuten, daß der bei neugeborenen Ferkeln beobachtete Vitamin-D-unabhängige aktive Transport von Calcium durch die Darmschleimhaut durch PTHrP induziert sein könnte. Eine Überprüfung dieser Vermutung und ggf. die Charakterisierung eines Vitamin-D-unabhängigen, PTHrP- vermittelten Calciumtransportes ist aus vergleichend-physiologischer Sicht und aus klinisch-therapeutischer Sicht von Interesse.

(10)

2 Literaturübersicht

2.1 Bedeutung des Calciums für den wachsenden Organismus

Calcium ist für den Körper lebenswichtig, als Bestandteil des Knochens, sowie als Signalüberträger in den Zellen. Muskelkontraktion, die Erregungsleitung in der Muskelzelle sowie die Hormonsekretion vieler endogener Drüsen beginnen alle mit einer schnell einsetzenden kurzfristigen Erhöhung des freien ionisierten Calciums in den Zellen. Dabei strömt Calcium entweder aus dem Extrazellularraum oder aus Zellorganellen meist durch spezifische Calciumkanäle in das Zytoplasma. Zur Aufrechterhaltung dieser Botenfunktion des Calciums müssen die extrazelluläre und die intrazelluläre Calciumkonzentration streng reguliert werden.

Der wachsende Organismus hat infolge des Skelett- Wachstums einen besonders hohen Bedarf an Calcium. So nimmt ein 3 kg- schweres Ferkel jeden Tag etwa 1,5 g Calcium mit der Muttermilch auf, von denen etwa 80 % absorbiert werden (KIRCHGESSNER 1992). Die Calciumabsorption findet über der ganzen Länge des Darmtraktes statt (BRONNER et al. 1986, VAN OS 1987). Dabei muß zwischen aktiven und passiven Mechanismen unterschieden werden. Der aktive Calciumtransport macht unter physiologischen Bedingungen einen Großteil der intestinalen Calciumaufnahme aus. Er erfolgt transzellulär, also durch die Enterozyten vor allem des proximalen Dünndarms. Dabei nimmt ein Enterozyt in jeder Sekunde etwa eine Calciummenge auf, die der insgesamt von dieser Zelle gespeicherten Calciummenge entspricht (KAUNE 1992). Um dabei trotzdem die intrazelluläre Calciumkonzentration in gleichbleibender Höhe beibehalten zu können, bedarf es u.a. der Mitwirkung eines intrazellulären Calciumpuffers. Als solcher fungiert z.B. das calciumbindende Protein Calbindin D9k (VELASCO et al. 1984, VAN CORVEN et al. 1987).

(11)

In Enterozyten wird die Synthese von Calbindin durch Calcitriol, dem biologisch aktiven Vitamin-D-Metaboliten, stimuliert (WASSERMANN et al. 1966). Mit aus diesem Grund reduziert daher ein Vitamin-D-Mangel während des Wachstums die intestinale Calciumabsorption mit der Folge einer mangelhaften Knochenmineralisation und bei starkem Vitamin-D-Mangel mit der Entwicklung einer Knochenweiche (Rachitis).

2.2 Mechanismen und Regulation des intestinalen Calciumtransportes

2.2.1 Passiver Transport

Der passive Transport erfolgt hauptsächlich parazellulär und ist abhängig von dem elektrochemischen Gradienten zwischen der luminalen und der basolateralen Seite des Epithels. Der passive Calciumtransport nimmt mit der luminalen Calciumkonzentration linear zu und ist nicht sättigbar (PANSU et al. 1983). Passive Transportmechanismen finden sich vor allem im distalen Dünndarm (BRONNER 1992, NELLANS 1990), können aber in der ganzen Länge des Darmtraktes nachgewiesen werden (PANSU et al. 1981). Oberhalb einer Konzentration an freien Calciumionen von 5 mmol/l im Lumen könnte der passive Calciumtransport zunehmend an Bedeutung gewinnen (WASSERMAN und FULLMER 1983). Es ist nicht klar, ob im Chymus unter physiologischen Bedingungen solche hohen Konzentrationen an freiem, ionisiertem Calcium erreicht werden. Auf Grund von Untersuchungen, die vorwiegend mit Ratten durchgeführt wurden, vertreten BRONNER und PANSU (1999) die Meinung, daß bei normaler Vitamin-D- Versorgung von Tieren und auch vom Menschen der größte Teil des Calciums passiv aus dem Darm absorbiert wird. Diese Aussage stützt sich u.a. auf die

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Beobachtung, daß fast 90% der Zeit, die der Chymus im Darmtrakt verweilt, auf Jejunum und Ileum, also den distalen Dünndarm entfallen. Die anteilige Verweildauer im Duodenum, dem Darmabschnitt, in dem Calcium vorwiegend durch aktive Prozesse absorbiert wird (KARBACH 1992, BEHAR und KERSTEIN 1976), betrage dagegen nur etwa 2 %. Diese Annahme könnte für Ratten zutreffend sein.

Versuche von KOLLENKIRCHEN et. al. (1991) haben gezeigt, daß sich bei Vitamin- D-defizienten Ratten die Calciumkonzentration des Blutes allein durch die Erhöhung des Calciumgehaltes im Futter (bis auf 2%) auf normale Werte stabilisieren ließ. Es gibt bisher jedoch keine Hinweise darauf, daß dies auch bei größeren Säugetierspezies der Fall ist. Ratten sind als vorwiegend nachtaktive Tiere bei der Regulation des Calciumhaushaltes in einem hohen Maße unabhängig von Vitamin D (HARMEYER 1991). Andere, permanent unterirdisch lebende Nagerspezies, wie z.B.

die afrikanischen Nacktmullen (Heterocephalus Galber) scheinen bei der Regulation des Calciumhaushaltes sogar ganz unabhängig von Vitamin D zu sein (BUFFENSTEIN und YAHAV 1991).

Bei Schweinen liegt für die Regulation des Calciumhaushaltes dagegen eine wesentlich größere Abhängigkeit von Vitamin D vor. Bei wachsenden, calcitrioldefizienten Tieren konnte durch Erhöhung des Calciumgehaltes im Futter (bis auf 2%) die Entstehung einer Hypocalcämie nicht verhindert werden (SCHLUMBOHM und HAREMEYER, unveröffentlicht). Erst bei sehr hohen Calciumgehalten (> 5%) im Futter, wie sie zum Beispiel bei Fehlmischungen von Ferkelaufzuchtfutter („Ferkelstarter“) auftreten, kann eine transiente Hypercalcämie bei Mastferkeln hervorgerufen werden (KAMPHUES und SCHRÖDER 1990, KAMPHUES et al. 1990).

Zusammenfassend besagen diese Befunde, daß Schweine im Gegensatz zu nachtaktiven Nagern für einen ausgeglichenen Calciumhaushalt auf einen aktiven Vitamin-D-abhängigen Calciumtransport im Darm angewiesen sind. Erst bei unphysiologischen Calciumgehalten im Futter gewinnt der passive intestinale Transport von Calcium an Bedeutung.

(13)

2.2.2 Aktiver Transport

Der aktive Transport verläuft transzellulär und ist sättigbar. Er findet besonders im proximalen Teil des Dünndarms, vor allem im Duodenum statt (KARBACH 1992, PANSU et al. 1981, FAVUS 1985, ROCHE et al. 1986, BEHAR und KERSTEIN 1976). Funktionell läßt er sich in drei Teilschritte unterteilen:

1) den bürstensaumseitigen Eintritt von Calcium in die Zelle, 2) den Transport durch das Zytosol und

3) die Abgabe an der basolateralen Membran.

2.2.2.1 Eintritt von Calcium durch die Bürstensaummembran

Der Mechanismus des Calciumeintritts in die Zelle konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Sicher scheint jedoch, daß dieser Schritt ATP-unabhängig verläuft.

Die Calciumkonzentration in der Zelle beträgt 0,1 µmol/l gegenüber 1 bis 5 mmol/l auf der Lumenseite (chemischer Gradient). Darüber hinaus ist das Zellinnere der Enterozyten gegenüber dem Lumen elektrisch negativ geladen mit einer Potentialdifferenz von etwa -55 mV (elektrischer Gradient). Die Ausrichtung beider Gradienten fördert den Calciumeintritt in die Zelle.

Die aus einer Lipiddoppelschicht bestehende Bürstensaummembran ist primär für Calicumionen undurchlässig. Für den transmembranalen Transport könnten daher spezifische Membranproteine (Calciumkanäle („Poren“) bzw. Transportproteine) oder die Lipidzusammensetzung der Membran und somit dessen Fluidität eine Rolle spielen.

1) Calciumkanäle

In Ussingkammerversuchen mit isolierter Dünndarmschleimhaut und an abgebundenen Dünndarmsegmenten („ligated loop“) von Ratten bzw. Schweinen

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konnte mit Calciumkanalblockern wie Verapamil in hohen Dosen (> 50 µmol/l) die Calciumabsorption gehemmt werden (PENTO und JOHNSON 1983, FOX und GREEN 1986, KAUNE et al. 1992, FAVUS und TEMBE, 1992). Verapamil ist ein spezifischer Blocker für spannungsabhängige Calciumkanäle in erregbaren Geweben, wie Muskeln und Nerven. Die meisten der in diesen Geweben vorkommenden Kanäle besitzen eine relativ hohe Aktivierungsschwelle (L-Typ).

Diese Calciumkanäle werden im Herzmuskel über eine Änderung des Membranpotentials aktiviert. In Untersuchungen mit Zellkulturen nicht erregbarer Zellen (Caco-2-Zellen) führte eine Änderung des Membranpotentials jedoch zu keiner vermehrten Calciumaufnahme (TIEN et al. 1993). In ähnlichen Untersuchungen an Enterozyten-Suspensionen vom Kabeljau waren hingegen Calciumkanäle durch Membrandepolarisation aktivierbar und durch Zugabe des Calciumkanalblockers Nifedipin in einer Konzentration von 5 µmol/l hemmbar (LARSSON et al. 1998).

In neueren molekularbiologischen Untersuchungen am Kaninchendarm wurde in Duodenum und Jejunum die Expression eines epithelialen Calciumkanals (ECaC) nachgewiesen, der nur in calcitriolsensitiven Geweben wie der Niere und der Placenta vorkommt (HOENDEROP et al. 1999a). Die Kanäle werden durch Hyperpolarisation aktiviert (HOENDEROP et al. 1999b). Im Folgenden konnte die selbe Arbeitsgruppe mit immunhistochemischen Methoden zeigen, daß dieser Calciumkanal in der apikalen Membran von Enterozyten an der Zottenspitze lokalisiert ist (HOENDEROP et al. 2000a). Seine Primärstruktur weist potentielle regulatorisch wirkende Phosphorylierungsstellen für Proteinkinase C sowie für cAMP- und cGMP-abhängige Kinasen auf (HOENDEROP et al. 2000b). Des weiteren ist die Expression des epithelialen Calciumkanals calcitriolabhängig (HOENDEROP et al. 2000b). Daher vermuten die Autoren, daß die intestinale Absorptionsrate von Calcium auf der Stufe der luminalen Calciumaufnahme reguliert wird, und daß ECaC dabei eine herausragende Funktion zukommt.

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2) Calciumtransportprotein

Mit molekularbiologischen Methoden identifizierten PENG et al. (1999) in Rattenmucosa aus Duodenum, prox. Jejunum, Caecum und Colon ein Calciumtransportprotein (CAT1). Die Expression des Proteins wird nicht durch Calcitriol oder Calciummangel stimuliert. Nach ihren Untersuchungen in transfizierten Xenopus laevis Oozyten vermittelt das Protein einen sättigbaren elektrogenen Calciumtransport mit einem Ladungs/Ca2+-Verhältnis von etwa 2:1. Dies läßt vermuten, daß der Calciumtransport nicht mit anderen Ionen gekoppelt ist. Die Autoren messen diesem Protein, daß im Sinne einer erleichterten Diffusion den Eintritt von Calcium in die Enterozyten vermitteln könnte, eine große Bedeutung bei.

Diese Auffassung stützt sich u.a. auf die Untersuchung der Primärstruktur des Proteins, die potentielle Phosphorylierungsstellen für Proteinkinasen aufweist. Durch diese Phosphorylierungsstellen könnte die Aktivität des Calciumtransportproteins reguliert werden.

3) andere Bürstensaummembran-Proteine

Es wurden noch andere Proteine in der Bürstensaummembran identifiziert, von denen eine Beteiligung an der apikalen Calciumaufnahme angenommen wird.

Calmodulin

Calmodulin wird mittels Myosin I an die duodenale Bürstensaummembran gebunden (BIKLE et al. 1991). Calcitriol steigert den Gehalt des membrangebundenen Calmodulins, ohne den Gesamtcalmodulingehalt der Zelle zu verändern (BIKLE und MUNSON 1985). Untersuchungen an Bürstensaummebranvesikeln haben gezeigt, daß Calmodulinantagonisten den durch Calcitriol stimulierten Calciumtransport hemmen (FULLMER 1992).

Calbindin-D9k

Calbindin-D9k ist ein Protein mit sehr hoher Calciumaffinität. Seine Expression wird durch Calcitriol stark stimuliert (WASSERMANN et al. 1966). Der größte Teil des in

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den Enterozyten vorkommenden Calbindins befindet sich zwar im Zytosol, jedoch ist ein Teil auch in der Bürstensaummembranfraktion nachweisbar. Ferner wurden in der Bürstensaummembran mehrere calbindinbindende Proteine gefunden (FULLMER 1992).

IMCal

Ein weiteres calciumbindendes Protein (IMCal = intestinal membrane calcium binding protein) findet sich hauptsächlich in der Bürstensaummembran des proximalen Dünndarms. Es wird bei Calcitrioldepletion und niedrigem Calciumgehalt im Futter vermehrt exprimiert. Mit zunehmendem Alter nimmt der Gehalt dieses Proteinkomplexes in der Bürstensaummembran ab (SCHACHTER und KOWARSKI 1982).

4) Membranfluidität

Wenn man annimmt, daß bürstensaumseitig ein Teil des Calciums durch Endozytose in Form von Vesikeln aufgenommen wird (NEMERE 1992), könnte die Fluidität der apikalen Membran auf diesen Prozeß einen Einfluß haben.

Die Lipidzusammensetzung der Bürstensaummembran wird durch Calcitriol beeinflußt (RASMUSSEN et al. 1982). Durch Änderung des Fettsäurenmusters nahm die Bürstensaummembran bei Vitamin-D-depletierten Ratten einen steiferen und weniger fluiden Zustand ein als bei Tieren mit physiologischem Calcitriolstatus.

Durch Calcitriolbehandlung glich sich das Fettsäurenmuster der Bürstensaummembranen von depletierten Tiere innerhalb von 1 bis 2 Stunden an das der Kontrolltiere an (BRASITUS et al. 1986). Da diese Änderung im Fettsäurenmuster mit einer Zunahme der intestinalen Calciumabsorption korrelierte, zogen die Autoren daraus den Schluß, daß die Lipidzusammensetzung der Bürstensaummembran einen Einfluß auf die intestinale Calciumabsorption hat.

SCHEDL et al. (1989) konnten in Untersuchungen mit Bürstensaummembranvesikeln zeigen, daß eine Zunahme des Phospholipid- oder

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Cholesteringehaltes der Membran die Calciumaufnahme in die Vesikel verminderte.

Durch Behandlung mit Vitamin D änderte sich die Membranfluidität jedoch nicht (SCHEDL et al. 1994). Auch BIKLE et al. (1984) konnten keine Beziehung zwischen Vitamin D, Membranfluidität und Calciumaufnahme durch die Bürstensaummembran nachweisen. Zusammenfassend weisen die meisten Untersuchungen zwar darauf hin, daß die Aufnahme von Calcium an der Bürstensaummembran durch deren Fluidität beeinflußt werden kann, es erscheint jedoch eher unwahrscheinlich, daß Calcitriol die apikale Calciumaufnahme durch eine Beeinflussung der Membranfluidität stimuliert.

2.2.2.2 Transport von Calcium durch das Zytosol

Der Calciumtransport durch die Zelle kann nicht in Form des freien Calciums stattfinden. Dies würde eine unverträgliche Erhöhung der intrazellulären freien Calciumkonzentration mit sich bringen. Für den Transport von Calcium durch das Zytosol werden zwei Mechanismen diskutiert:

1) eine Calbindin-vermittelte Diffusion, oder

2) ein transzellulärer Transport in Membranvesikeln

1) Calciumtransport mittels Calbindin D9k

Seit über 30 Jahren ist bekannt, daß die Synthese des Calbindins durch Calcitriol stimuliert wird (WASSERMANN et al. 1966). Zur Auslösung dieses Effektes bindet Calcitriol im Zytosol an spezifische Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) und induziert die Bildung einer mRNA für Calbindin (STROM et al. 1992, ARMBRECHT 1990, DELUCA et al. 1982). Calbindin seinerseits stimuliert den intestinalen Calciumtransport (BRONNER 1990, ROCHE et al. 1986, PANSU et al. 1981).

Bereits 15 Minuten nach Verabreichung von Calcitriol kam es bei Vitamin-D- defizienten Ratten (DUPRET et al. 1987) und Küken (THEOFAN et al. 1986) zu

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einer Verdopplung der Transkriptionsrate des Calbindingens. Anschließend erfolgte ein transienter Anstieg der Calbindin-mRNA Konzentration sowie eine zeitlich fast parallele Zunahme der Calbindinkonzentration in den Enterozyten, die über 24 Stunden erhalten blieb.

Calbindin wird bei der Passage von Calcium durch die Darmzelle eine wichtige Bedeutung zugeschrieben. Durch physiochemische Berechnungen konnten KREZINGER und Mitarbeiter 1982 zeigen, daß das gesamte absorbierte Calcium theoretisch, an Calbindin gebunden, entlang eines Konzentrationsgradienten von der luminalen zur basolateralen Seite migrieren kann. Ionenmikroskopische Untersuchungen an Darmschleimhäuten von Vitamin-D-defizienten Küken bestätigen, daß durch Behandlung der Tiere mit Vitamin D intrazelluläres Calcium in Nähe der Bürstensaummembran weiter in das Zytosol und zum anderen Zellpol befördert wird (CHANDRA et al. 1990).

Allerdings hängt die Transportrate nicht nur von der Calbindinkonzentration ab.

Untersuchungen an Hühnerembryonen haben gezeigt, daß ca. 2 Stunden nach Calcitriolapplikation in Enterozyten die Calbindinkonzentration ansteigt. Zu dieser Zeit ist aber noch keine Zunahme des intestinalen Calciumtransportes nachweisbar (BISHOP et al. 1983). Auch Untersuchungen von HARMEYER und DELUCA (1969) mit calcitrioldefizienten Küken weisen darauf hin, daß die Höhe des Calciumtransportes nicht direkt von der Calbindinkonzentration abhängt. In diesen Untersuchungen erhöhte sich der intestinale Calciumtransport schon etwa 10 h nach Calcitriolapplikation. Zu dieser Zeit war jedoch noch keine Erhöhung der Calbindinkonzentration in den entsprechenden Darmsegmenten zu verzeichnen.

Auch THOMASSET et al. (1979) konnten bei Vitamin-D-defizienten Ratten nach Verabreichung von Calcitriol keine direkte Abhängigkeit der intestinalen Calciumtransportrate vom Calbindingehalt in der Darmmucosa feststellen und kommen zu dem Schluß, daß die Höhe des Calciumtransportes nicht direkt von der Calbindinkonzentration abhängt. Schließlich stellten SCHRÖDER et al. 1998 an isolierten Darmschleimhäuten von neugeborenen Ferkeln mit erblichem

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Calcitriolmangel fest, daß der aktive Calciumtransport bei diesen Tieren genauso groß war wie bei gleich alten Ferkeln mit physiologischem Calcitriolstatus. Die Calbindinkonzentration in der Schleimhaut betrug jedoch nur etwa 43% der gesunden Kontrollen. Diese Beobachtung spricht ebenfalls dafür, daß zwischen dem aktiven Calciumtransport und dem Calbindingehalt in der Schleimhaut keine enge Korrelation besteht.

Welche Funktion dem Vitamin-D-abhängigen Calbindin für die Passage des Calciums durch die Darmzelle zukommt, muß somit weiter als unbeantwortete Frage angesehen werden.

2) Calciumtransport in Vesikeln

Aus neueren Untersuchungen gibt es Hinweise, daß in Enterozyten Calcium apikal in endozytotische Vesikel aufgenommen wird. Diese Endosomen sollen dann mit Lysosomen verschmelzen und entlang von Mikrotubuli zur basolateralen Membran transportiert werden. Basolateral wird das Calcium durch Exozytose freigesetzt (NEMERE und NORMAN 1991, NEMERE und NORMAN 1987). Einen ersten Hinweis darauf, daß zumindest ein Teil des transzellulären Calciumtransportes in Form von Vesikeln stattfindet, gaben Untersuchungen an isolierten Darmabschnitten vom Huhn. Bei diesen „Uptake-Versuchen“ korrelierte der Calciumgehalt in der Vesikelfraktion mit dem Netto-Calciumflux derselben Zellen (NEMERE und NORMAN 1988). Einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung von Vesikeln für die intestinale Calciumabsorption gaben ähnliche Untersuchungen der gleichen Arbeitsgruppe mit dem Hemmstoff Colchicin. Colchicin hemmt die Assoziation der Mikrotubuli in der Zelle, die für Transportvorgänge im Zytoplasma erforderlich ist.

Eine Zugabe von Colchicin zu isolierten Dünndarmschleimhäuten von Hühnern hemmte den intestinalen Calciumtransport (DE BOLAND und NEMERE 1992).

Immunhistochemische Untersuchungen an Dünndarmschnittpräparaten von Hühnern lassen darauf schließen, daß der Calbindingehalt in solchen intrazellulären Vesikeln

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sehr hoch ist. Die Autoren ziehen daraus den Schluß, daß Calcium in den Vesikeln ebenfalls an Calbindin gebunden transportiert wird (NEMERE 1992, NEMERE et al.

1991).

2.2.2.3 Ausschleusung von Calcium durch die basolaterale Membran

An der basolateralen Membran muß Calcium gegen ein elektrochemisches Gefälle in einem ATP-abhängigen Prozeß aus der Zelle transportiert werden. Zur Erfüllung dieser Aufgabe enthält die basolaterale Membran eine ATP-abhängige Calciumpumpe, die Calcium-ATPase (BRONNER 1990, WASSERMAN et al. 1992).

Die Aktivität dieser Pumpe ist im proximalen Dünndarm höher als im distalen Dünndarm und in Villuszellen höher als in Krypten (WASSERMAN et al. 1992). Aus Versuchen mit basolateralen Membranvesikeln aus jejunalen Enterozyten von gesäugten und adulten Ratten ergab sich, daß die Michaelis-Menten Konstante (Km ) und die maximale Reaktionsgeschwindigkeit (Vmax) der Calciumpumpe bei adulten Tieren etwa doppelt so hoch war wie bei gesäugten Tieren (GHISHAN et al.1987).

Dies deutet darauf hin, daß die Calcium-ATPase gesäugter Tiere eine höhere Calciumaffinität, aber eine geringere Kapazität aufweist als die adulter Tiere. Die Expression der Ca-ATPase ist calcitriolabhängig (ARMBRECHT et al. 1994, ZELINSKI et al. 1991). In der Dünndarmmucosa von Ratten nahm die Konzentration der die Ca-ATPase codierende mRNA unter dem Einfluß von Calcitriol deutlich zu.

Die mRNA-Konzentration in der Schleimhaut nahm mit steigendem Alter, sowie vom Duodenum in Richtung Ileum deutlich ab. Diese Konzentrationsänderungen zeigten eine starke positive Korrelation mit dem aktiven Calciumtransport in basolateralen Membranvesikeln.

Die Calciumaffinität der Calcium-ATPase ist mehr als doppelt so groß wie die des Calbindins. Dies ermöglicht eine Übernahme des Calciums vom Calbindin durch die Calciumpumpe und schafft auf der basolateralen Seite die Voraussetzung für einen gerichteten Transport aus der Zelle (REINACH 1985).

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Neben der Calcium-ATPase enthält die basolaterale Membran einen Na+/Ca2+- Austauscher, dessen Kapazität aber nur ca. 1/5 der der Calcium-ATPase ausmacht (GHIJSEN et al. 1983). Dieser Austauscher ist nicht calcitriolabhängig und war bei der Ratte in allen Dünndarmabschnitten in gleicher Konzentration nachweisbar (GHIJSEN et al. 1983).

Die Ausschleusung von Calcium aus den Enterozyten könnte basolateral auch durch Exozytose erfolgen. Dies wäre besonders Zusammenhang mit einem vesikulären Transport von Calcium durch die Zelle von Vorteil (WASSERMANN et al. 1992, NEMERE et al. 1986). Über eine mögliche Exozytose von calciumhaltigen Vesikeln an der basolateralen Membran von Enterozyten liegen jedoch keine Untersuchungen vor.

2.2.3 „Transcaltachia“

Die Bezeichnung „Transcaltachia“ wurde von Nemere und Norman eingeführt und beschreibt einen innerhalb von Minuten einsetzenden stimulierenden Effekt von Calcitriol auf die Calciumabsorption (NEMERE et al. 1984, NEMERE und NORMAN 1990).

Nachfolgende Untersuchungen aus der gleichen Arbeitsgruppe haben gezeigt, daß Transcaltachia auch durch andere Substanzen ausgelöst werden kann, z.B. durch N- terminale PTHrP-Fragmente (ZHOU et al. 1992), Forskolin, einem Aktivator der Proteinkinase A, Phorbolester, einem Aktivator der Proteinkinase C (DE BOLAND und NORMAN 1990) und BAY K8644, einem Ca-Kanal Agonisten (DE BOLAND et al. 1990).

Inhibitoren der Proteinkinasen A und C, der Calciumkanalblocker Nifedipin und Colchicin blockieren den transcaltachischen Effekt (NEMERE und NORMAN 1990, DE BOLAND und NEMERE 1992). Auf Grund dieser Befunde wird angenommen,

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daß der vesikuläre Transport der Transcaltachia durch einen Anstieg des intrazellulären Calciums und/oder die Aktivierung von Proteinkinasen ausgelöst wird (NEMERE und NORMAN 1990). In 1994 identifizierten NEMERE und Mitarbeiter eine spezifische Bindungsstelle für Calcitriol an der basolateralen Membran von Hühner-Enterozyten. In weiteren Arbeiten mit isolierten Hühner-Enterozyten hemmte eine Präinkubation der Zellen mit spezifischen Antikörpern gegen dieses Bindungsprotein den schnellen, calcitriolvermittelten intrazellulären Calciumsanstieg und die Proteinkinase-Aktivität (NEMERE et al. 2000a). Auch in aus Fisch- Enterozyten präparierten Basalmembranen wurde eine spezifische Bindungsstelle für Calcitriol gefunden (NEMERE et al. 2000b). Eine Zugabe von Calcitriol zu isolierten Enterozyten erhöhte in dieser Studie die Aktivität der Proteinkinase C innerhalb von 5 Minuten. Die Autoren schließen aus diesen Befunden, daß die calcitriolspezifische Bindungsstelle an der basolateralen Membran ein membranständiger Vitamin-D-Rezeptor sei (BLM-VDR), der den transcaltachischen Calcitrioleffekt vermittelt. Der genaue Mechanismus der Transcaltachia ist jedoch noch weitestgehend unklar.

Hervorzuheben ist weiterhin, daß in den oben genannten Untersuchungen der Transcaltachia-Effekt an Tieren mit physiologischem Calcitriolstatus gefunden wurde. Bei Vitamin-D-defizienten Tieren war dieser Effekt nicht auslösbar (NEMERE et al. 1984). Die Arbeitsgruppe um NORMAN betrachtet den Effekt auf Grund seiner spontanen Auslösbarkeit um einen typischen nicht-genomischen Effekt. Es ist jedoch anzumerken, daß die alleinige kurzzeitige Anwesenheit von Calcitriol nicht ausreichend erscheint, um den Calciumtransport spontan zu erhöhen. Wäre dies der Fall, dann müßte eine kurzzeitige Calcitriolgabe auch bei Vitamin-D-defizienten Tieren den Transcaltachia-Effekt auslösen. Das Hormon muß aber offenbar auch bereits vorher über längere Zeit vorhanden sein und in der Darmschleimhaut die für den Effekt notwendigen Vorraussetzungen schaffen. Diese könnten darin bestehen, daß die membranständigen Vitamin-D-Rezeptoren erst unter einem langfristigen Einfluß von Calcitriol gebildet bzw. in die basolaterale Membran eingebaut werden.

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2.2.4 Intestinaler Calciumtransport bei Ferkeln mit erblichem Calcitriolmangel (PVDR I)

Die Arbeitsgruppe HARMEYER des Physiologischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule Hannover verfügt über eine Schweinezuchtlinie die an einem erblichen Calcitriolmangel leiden („Hannoversches Schweinemodell“ HARMEYER 1991). Die Linie besteht aus einer Kreuzung von Göttinger Miniaturschwein, Deutscher Landrasse und Maishan. Bei der Krankheit handelt es sich um einen rezessiv vererbten Defekt im renalen Vitamin-D-Metabolismus, der in sehr ähnlicher Form auch beim Menschen vorkommt (PRADER et al. 1961). Betroffene Schweine zeigen einen erblichen Defekt der renalen 25-Hydroxycholecalciferol-1α-Hydroxylase und entwickeln das Krankheitsbild einer Pseudo Vitamin-D-Mangel Rachitis vom Typ 1 (pseudo Vitamin-D-deficiency type I, PVDR I). In ungereinigten Nierenhomogenaten dieser Schweine kann in vitro keine Aktivität der renalen 25-Hydroxyvitamin D3-1α- Hydroxylase nachgewiesen werden (FOX et al. 1985, WINKLER et al. 1986).

Bei Schweinen äußert sich die Krankheit im Alter von 4 bis 8 Wochen in Form einer floriden Rachitis. Die Symptome sind ähnlich einer Vitamin-D-Mangelrachitis, bestehend aus Hypocalcämie, Hypophosphatämie, einer Deformation des Skeletts sowie einer Erhöhung der Aktivität der alkalischen Phosphatase im Plasma und einem sekundären Hyperparathyreoidismus (HARMEYER et al. 1982, AUDRAN und KUMAR 1985, KAUNE und HARMEYER 1987).

Der intestinale Calbindingehalt dieser Tiere beträgt nur ca. 80% des von gesunden Tieren (FOX et al. 1985). Die kinetischen Eigenschaften des Vitamin-D-Rezeptors (VDR) sind dagegen unverändert (SCHRÖDER et al. 1990). Vitamin D3 in pharmakologischer Dosierung kann den Calcitriol-Spiegel transient auf Normalwerte erhöhen, was auf die Wirkung unspezifischer extrarenaler 1α-Hydroxylasen

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zurückgeführt wurde (WINKLER et al. 1986, KAUNE et al. 1990). Aus in vivo- und in vitro- Versuchen ging hervor, daß unbehandelte PVDR I-Ferkel im Alter von 6 bis 8 Wochen nicht in der Lage sind, ausreichend Calcium aus dem Darm zu absorbieren (LACHENMEIER-CURRLE und HARMEYER 1988, SCHRÖDER et al. 1993).

Allerdings zeigen PVDR I- Ferkel bis zu einem Alter von 5 bis 6 Wochen trotz unphysiologisch niedriger Calcitriol- und Calbindinspiegel in vivo und in vitro einen aktiven intestinalen Calciumtransport, der sich nicht von dem genetisch gesunder Ferkel gleichen Alters unterscheidet (LACHENMEIER-CURRLE und HARMEYER 1988, SCHRÖDER et al. 1993, SCHRÖDER et al. 1998). Die Tiere haben in diesem Alter normale Plasmacalciumwerte und zeigen keinerlei Anzeichen einer Rachitis (SCHRÖDER et al. 1993).

Offensichtlich verfügen junge PVDR I- Ferkel über einen aktiven, Vitamin-D- unabhängigen Calciumtransport. In vitro- Untersuchungen mit isolierten Jejunalschleimhäuten haben gezeigt, daß der intestinale Calciumtransport bei neugeborenen Ferkeln mit Calcitriolmangel bis zum Alter von einer Woche zu einem gewissen Anteil durch Colchicin, einem Hemmstoff der Mikrotubulusbildung, selektiv gehemmt werden kann. Im Alter von 3 bis 4 Wochen war jedoch kein Effekt der Colchicinverabreichung auf den aktiven Calciumtransport mehr nachzuweisen (SCHRÖDER et al. 1998). Diese Befunde sind mit der Annahme vereinbar, daß ein vesikulärer Calciumtransport bei wenige Tage alten Ferkeln vielleicht teilweise für den intestinalen Calciumtransport verantwortlich ist.

Der Mechanismus des aktiven, Vitamin-D-unabhängigen Calciumtransportes bei Saugferkeln ist noch ungeklärt. Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, diesen Mechanismus näher zu charakterisieren.

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2.3 Neonatale Entwicklung des Gastro-Intestinal-Traktes

Der Magen-Darm-Trakt unterliegt während seiner Entwicklung zahlreichen morphologischen und funktionellen Veränderungen. Diese resultieren aus einer Anpassung des Verdauungssystems an die sich mit zunehmendem Alter ändernden Fütterungsbedingungen. Bei Säugetieren stellt besonders der Übergang von Milch auf Nicht-Milchnahrung in Verbindung mit dem Absetzen eine hohe Anforderung an das Anpassungsvermögen des Verdauungssystems. Diese, in der Praxis meist abrupt herbeigeführte Änderung des Nahrungsangebotes, ist im Magen-Darm-Trakt mit zum Teil erheblichen morphologischen und funktionellen Umstellungen verbunden. Diese Anpassungsvorgänge haben zum Ziel, das nach dem Absetzen ganz anders als Milch zusammengesetzte Futter möglichst optimal zu nutzen.

2.3.1 Morphologische Veränderungen

Die Schleimhautzellen des Gastro-Intestinal-Traktes weisen eine der höchsten Umschlags- bzw. Mauserungsraten des Körpers auf (JOHNSON und DUNHAM 1988). Die mittlere Lebensdauer der Enterozyten beträgt bei neugeborenen Ferkeln etwa 7 bis 10 Tage (MARTINSSON und JANSSON 1976, MOON 1971) und bei 4 Wochen alten Ferkeln etwa 2 bis 4 Tage (MOON 1971, KOLDOVSKY et al. 1966).

Von anderen Spezies (Maus, Ratte) ist eine ähnliche Altersabhängigkeit der Mauserungszeit bekannt (RUNDELL und LECCE 1972, KOLDOVSKY et al. 1966).

Die Epithelzellen der Darmschleimhaut werden durch mitotische Teilungen von Stammzellen in den Lieberkühnschen Krypten gebildet und wandern von dort in Richtung Zottenspitze. Während dieser Wanderung differenzieren sie weiter aus, um schließlich an der Zottenspitze in das Lumen abgestoßen zu werden.

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Aus den Stammzellen in den Lieberkühnschen Krypten entstehen normalerweise vier, beim Schwein aber nur drei verschiedene Ziellinie (CHENG und LEBLOND 1974):

1) Endokrine Zellen, die Serotonin und verschiedene Peptidhormone, wie Gastrin, Somatostatin, Sekretin oder Cholecystokinin, synthetisieren. Diese Substanzen werden in Granula gespeichert und inkretorisch an das eng anliegende subepitheliale Kapillarnetz abgegeben. Diese Hormone beeinflussen hemmend bzw.

stimulierend die Abgabe von Verdauungsenzymen und die Darmmotorik.

2) Becherzellen, die merokrin Schleim sezernieren. Der von diesen Zellen abgegebene Schleim schützt die Schleimhaut vor enzymatischer Eigenverdauung und durch seinen Gehalt an Lysozym auch vor ungewollter mikrobieller Besiedlung.

3) Enterozyten bilden die absorptiven Zellen des Darms und stellen die Mehrheit der Zellpopulation dar. Apikal entwickeln sie Microvilli, die die resorptive Oberfläche der Zellen um ein Mehrfaches vergrößern. Im Plasmalemm der Mikrovilli lassen sich Disaccharasen, Phosphatasen und Lipasen nachweisen, die an der Hydrolyse (Verdauung) der im Darmlumen vorliegenden Futterbestandteile beteiligt sind.

4) Paneth-Zellen, die an der Basis der Krypten gelegen sind und ein seröses, lysozymhaltiges Sekret sezernieren. Diese Zellen fehlen beim Schwein (LIEBICH 1990).

Die Verdauungskapazität der Darmoberfläche wird stark von der Anzahl und dem Grad der Ausdifferenzierung der Enterozyten bestimmt. Die Größe der Zellpopulation auf den Zotten ist abhängig von der Neubildungsrate dieser Zellen in den Krypten und der Abstoßungsrate an den Zottenspitzen (GOODLAD und WRIGHT 1990).

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In den ersten drei Lebenstagen nimmt bei Ferkeln die Masse des Dünndarms um 72% zu. Dazu trägt sowohl eine Längenzunahme des Dünndarms als auch eine Zunahme der Schleimhautmasse bei. Die einzelnen Zotten nehmen in dieser Zeit an Länge und Umfang zu (XU et al. 1992). Zwischen der 2. und 5. Woche nimmt die Zottenlänge wieder ab. Parallel dazu werden die Krypten etwas tiefer. Dies wird als Zeichen einer verstärkten Zellproliferation gedeutet (CERA et al. 1988, KELLY et al.

1991b, KELLY et al. 1990). Durch die Reduktion der Zottenlänge und die gleichzeitige stärkere Ausprägung der Krypten verringert sich das Längenverhältnis von Zotte zu Krypte (villus-to-crypt-ratio, V/C ratio) innerhalb der ersten drei Lebenswochen um den Faktor 3 (MOON 1971). Die Veränderung dieses Längenverhältnises ist vermutlich die Hauptursache dafür, daß die Lebensdauer der Enterozyten bei Ferkeln in den ersten Lebenswochen abnimmt.

Die Enterozyten neugeborener Ferkel zeigen im ganzen Dünndarm im apikalen Bereich eine charakteristische Vakuolisierung (MOON 1972). In diesen Vakuolen wurden u.a. größere Mengen Immunglobulin nachgewiesen (KÖMÜVES et al. 1993, KÖMÜVES und HEATH 1992). Die Vakuolisierung der Schleimhaut verschwindet beim Schwein im Alter von 3-4 Wochen (MOON 1972). Im proximalen Dünndarm ist, im Gegensatz zu den weiter distal gelegenen Abschnitten des Darms, das Membranprotein Clathrin in der Bürstensaummembran eingelagert (JOCHIMS et al.

1994a+b). In der Nähe des Clathrins (Clathrin-coated pits) lagern sich bevorzugt membranständige Rezeptoren an, die durch Interaktion mit dem Clathrin endozytiert werden können (MUKHERJEE et al. 1997).

Einfluß der Fütterung auf die Form der Darmoberfläche

Die Abnahme der Zottenlänge und die Zunahme der Kryptentiefe setzen in der Regel mit dem Absetzen der Ferkel ein. Die stärkere Ausprägung der Krypten in dieser Zeit kann als eine Verstärkung der regenerativen Prozesse des Darms gedeutet werden (HAMPSON 1986, KELLY et al. 1991b, DUNSFORD et al. 1989). Auch die Form der Zotten wird durch das Absetzen beeinflußt. Während Saugferkel in der Regel

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fingerförmige Zotten besitzen, sehen diese bei abgesetzten Ferkeln mehr zungen- oder blattförmig aus (KELLY et al. 1991b, KELLY 1994, HALL und BYRNE 1989).

Der Einfluß einer Aufnahme von pelletiertem Futter auf die Schleimhautmorphologie war Gegenstand verschiedener Untersuchungen und hat zu kontroversen Befunden geführt. HALL und BYRNE fanden 1989 weniger starke Zottenlängenreduktionen, wenn die Ferkel bereits vor dem Absetzen Gelegenheit zur Aufnahme von festem Futter bekommen hatten. Diesen Effekt konnten andere Arbeitsgruppen (KELLY et al. 1990) dagegen nicht bestätigen. Untersuchungen anderer Arbeitsgruppen deuten darauf hin, daß bestimmte Futterbestandteile, wie z.B. Sojamehl, den Darm sensibilisieren und daß die morphologisch erkennbaren Veränderungen der Darmzotten als Folge allergischer Reaktionen anzusehen sind (MILLER et al. 1984, DUNSFORD et al. 1989).

Mit Untersuchungen, in denen Ferkeln das Futter nach dem Absetzen regelmäßig durch eine Magensonde verabreicht wurde, konnte festgestellt werden, daß die starken morphologischen Veränderungen der Dünndarmoberfläche, die in Verbindung mit dem Absetzen auftreten, tatsächlich mit der Nahrungsumstellung zusammenhängen. Sie werden nicht durch die mit dem Absetzen häufig einhergehende reduzierte Futteraufnahme in den ersten 24 h nach dem Entwöhnen hervorgerufen (KELLY et al. 1991a).

2.3.2 Funktionelle Veränderungen

Die Veränderungen der Darmmorphologie sind äußerer Ausdruck funktioneller Änderungen, die dem Darm durch die absetzbedingte Futterumstellung abverlangt werden. Das veränderte Nahrungsangebot erfordert eine Anpassung der Absorptionsmechanismen an die neuen Nahrungsbestandteile. Im Hinblick auf die Problemstellung der vorliegenden Arbeit soll hier vor allem auf die Verdauung von

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Proteinen und Kohlenhydraten sowie auf die Fähigkeit zur Proteinabsorption in der neonatalen Phase eingegangen werden. Da das in der Milch enthaltene PTHrP ebenfalls ein Protein (Polypeptid) ist, soll die Frage erörtert werden, in welchem Umfang es in den ersten Lebenswochen der intestinalen Verdauung ausgesetzt ist, und ob es im Dünndarm absorbiert werden kann.

2.3.2.1 Abbau von Proteinen

Die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine und Peptide werden zunächst im Magen durch Pepsin in kleinere Fragmente gespalten. Der weitere Abbau findet im Dünndarm statt, und zwar sowohl intraluminal durch die Enzyme des Pankreas (Trypsin, Chymotrypsin, Carboxypeptidasen, Elastase), durch Endo-, Amino-, Carboxy-, und Dipeptidasen in der Bürstensaummembran und schließlich intrazellulär durch Di- und Tripeptidasen, die im Zytoplasma der Enterozyten lokalisiert sind.

Beim Schwein sind 4 verschiedene Pseudo-Isozyme des Pepsins bekannt: Das klassische Pepsin A, die Alkali stabile Gelatinase (Pepsin B), das Alkali stabile Gastricin (Pepsin C) und ein Pepsin D (LEE und RYLE 1967). Pepsin A und D werden in den Hauptzellen der Fundusdrüsen, Pepsin B und C in der Pylorusschleimhaut in Form von Pepsinogen gebildet und zunächst intrazellulär in Form von Zymogengranula gespeichert. Im Magen werden die Enzyme durch die Acidität des Magensaftes und autokatalytisch aktiviert (GÜRTLER 1989, NIELSEN und FOLTMANN 1995).

Die Pepsine zeigen zwei pH-Optima, eines im Bereich von pH 2 und ein zweites Optimum im Bereich von pH 3,5. Die pH-Optima von Pepsin B und C liegen etwas unterhalb derjenigen von Pepsin A und D (GÜRTLER 1989). Als Endopeptidasen hydrolysieren die Pepsine die Proteine in der Molekülmitte, und zwar vor allem an solchen Stellen, an denen die aromatischen Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin mit ihrer Carboxylgruppe an der Peptidbindung beteiligt sind (ROBERTS und

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TAYLOR 1979, SCHMID und BLASCHEK 1984, SACHDEV et al. 1975). Beim Ferkel wird als weitere Protease Chymosin im Magen als inaktives Prohormon sezerniert, das dann von Pepsin oder durch Autokatalyse aktiviert wird. Die der bei der Magenverdauung anfallenden Polypeptide werden im Lumen des Dünndarms durch die Pankreasproteasen weiter aufgespalten (GÜRTLER 1989).

Die Pankreasproteasen werden ebenfalls in Form inaktiver Vorstufen von den exokrinen Pankreaszellen gebildet und in das Darmlumen sezerniert. Pankreassaft, der direkt aus dem Pankreasgang gewonnen wurde besitzt noch keine proteolytische Aktivität. Erst nach Eintritt des Pankreasspeichels in den Darm wird Trypsinogen durch die von der Schleimhaut des Duodenums gebildete Enteropeptidase aktiviert.

Dabei wird vom N-terminalen Ende des Enzyms ein Hexapeptid abgespalten. Spuren aktiven Trypsins fördern ebenfalls autokatalytisch die weitere Umwandlung von Trypsinogen in Trypsin und auch die von Chymotrypsinogen in Chymotrypsin. Die pankreatischen Procarboxypeptidasen A und B werden ebenfalls durch Trypsin in die aktiven Enzyme überführt (GÜRTLER 1989).

Denaturierte Proteine werden von aktivierten Pankreasproteasen rascher abgebaut als native Eiweiße. Trypsin spaltet hauptsächlich Peptidbindungen, an denen die Carboxylgruppen von Arginin bzw. Lysin beteiligt sind (KOWALSKA-LOTH et al.

1976). Die durch Einwirkung der Pankreasproteasen entstehenden Polypeptide werden durch Carboxypeptidasen vom C-terminalen Ende sukzessiv unter Bildung freier Aminosäuren verkürzt. Nicht alle Proteine werden im Darmlumen von Pankreasproteasen bis zu freien Aminosäuren abgebaut. Nach einer proteinreichen Mahlzeit sind mehr als 80% der Aminosäuren in Peptiden gebunden (NIXON und MAWER 1970). Verbleibende größere Peptide werden von in der Bürstensaummembran verankerten Peptidasen in Aminosäuren und kleinere, aus 2 bis 8 Aminosäuren bestehende, Peptide gespalten. Die Absorption der Aminosäuren erfolgt über verschiedene spezifische, Natrium abhängige Transportsysteme (CHRISTENSEN 1985, STEVENS et al. 1982, MUNCK 1985a+b, NAVAB et al.

1984). Di- und Tripeptide werden sekundär aktiv (CALONGE et al. 1990), abhängig

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von einem zelleinwärts gerichteten H+-Gradienten, in die Enterozyten transportiert (GANAPATHY et al. 1983, VERRI et al. 1992, WILSON et al. 1989). Längere Aminosäurenketten werden nur in Spuren aus dem Darmlumen absorbiert (ADIBI und MORSE 1977). Im Zytoplasma der Enterozyten befinden sich weitere Di- und Tripeptidasen, die den Abbau der Oligopeptide fortsetzen bzw. beenden (DAS und RADHAKRISHNAN 1972).

Einfluß der Fütterung auf die Proteinverdauung

Bei Aufnahme von Milch sind die Proteine im Vergleich zu milchfreier Ernährung im Darm und anscheinend auch im Magen in einem gewissen Maße vor einem Abbau geschützt.

Die proteolytische Aktivität des Pepsins im Magen ist, wie oben angeführt, pH- abhängig. Eigene Untersuchungen haben gezeigt, daß der pH-Wert im Magen- Überstand 2 Stunden nach der Fütterung bei mit kommerziellem Ferkelstarter gefütterten Ferkeln bei 3.5, bei gesäugten Ferkeln jedoch bei 4.8 lag (unveröffentlicht). Untersuchungen von CRANWELL et al. (1976) weisen darauf hin, daß bei Saugferkeln die Produktion von Magensäure geringer ist als bei gleich alten, milchfrei ernährten Ferkeln. Die HCl-Produktion im Magen nahm in diesen Untersuchungen erst dann zu, wenn bei den Versuchstieren die Milchaufnahme reduziert wurde. Die Salzsäurekonzentration im Magenchymus war in diesen Versuchen zur Milchsäurekonzentration umgekehrt proportional. Die Autoren zogen aus dieser Beobachtung den Schluß, daß die im Magen mikrobiell gebildete Milchsäure die HCl-Produktion hemmt und auf diese Weise eine pH-Absenkung auf Werte, wie sie bei abgesetzten Ferkeln vorzufinden sind, verhindert.

Als weiteren Schutz vor einem zu raschen Proteinabbau im Magen-Darm-Trakt enthält die Kolostralmilch vieler Spezies einen Trypsininhibitor. Im Kolostrum von Sauen ist die Konzentration diese Inhibitors 67fach höher als beim Menschen (YOSHIMOTO und LASKOWSKI 1982). Der Inhibitor schützt vor allem die

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Immunglobuline vor einer Verdauung im Dünndarm (WESTRÖM et al. 1985). Seine Konzentration im Kolostrum nimmt am 3. bis 4. Tag post partum stark ab (WESTRÖM et al. 1982), und zwar bei Sauen mit großen Würfen schneller als bei Sauen mit weniger Ferkeln (GÜRTLER 1989).

2.3.2.2 Proteinabsorption in der neonatalen Phase

Neugeborene Ferkel können neben Aminosäuren und Oligopeptiden auch native Proteine absorbieren. Bei Schwein, Pferd und Wiederkäuern wird auf diese Weise durch Aufnahme von Immunglobulinen die passive Immunisierung der Nachkommen erreicht. Grund für diese Fähigkeit ist aus teleologischer Sicht der Plazentatyp, der einen Übertritt maternaler Antikörper in den fetalen Blutkreislauf während der Trächtigkeit nicht zuläßt.

Immunglobuline werden beim Schwein hauptsächlich während der ersten 36 bis 48 Stunden post natum intestinal transzellulär aufgenommen (CLARKE und HARDY 1971). Ein Großteil der Immunglobuline wird spezifisch im proximalen Dünndarm über Interaktion mit FC-Receptoren endozytiert (KIM et al. 1994).

Elektronenmikroskopische Untersuchungen an Dünndarmpräparaten neugeborener Kälber und Ratten haben gezeigt, daß nur in den proximalen Dünndarmabschnitten Clathrin an der Bürstensaummembran vorkommt. Dies weist auf eine Rezeptor vermittelte Endozytose im proximalen Dünndarm hin (JOCHIMS et al. 1994a).

Die nach Absorption der Antikörper entstehenden endozytotischen Vesikel verschmelzen im proximalen Dünndarm in den ersten Lebenstagen nicht mit Lysosomen, so daß die Immunglobuline auch intrazellulär nicht abgebaut werden.

Sie werden unversehrt an der basolateralen Seite durch exozytotische Prozesse abgegeben (HASEGAWA et al. 1987, JOCHIMS et al. 1994a). Einen weiteren Hinweis darauf, daß die Immunglobuline im proximalen Duodenum nicht in Lysosomen verdaut werden, geben Aktivitätsmessungen der lysosomalen Enzyme

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Kathepsin B und D in der Mucosa des proximalen und distalen Dünndarms bei gesäugten Ratten. Die Kathepsinaktivität stieg bei diesen Tieren im distalen Dünndarm während der ersten zwei Wochen erheblich an. Im proximalen Dünndarm blieben die lysosomalen Enzymaktivitäten dagegen während der gesamten Säugeperiode niedrig (DAVIES und MESSER 1984).

Durch Endozytose und Einschluß in Vesikel, die lysosomal nicht abgebaut werden, können Ferkel in den ersten Lebensstunden große Mengen biologisch aktiver Immunglobuline absorbieren. Danach nimmt die Absorptionsrate stark ab. Dieses Phänomen des „intestinal closure“ findet beim Schwein etwa zwei Tage nach Trennung des fetalen vom maternalen Kreislauf statt (CLARKE und HARDY 1971).

Aber auch nach dem „intestinal closure“ können vor allem in den distalen Dünndarmabschnitten noch mehrere Wochen Immunglobuline und andere Makromoleküle durch Endozytose in geringen Mengen absorbiert werden. Die bei der Endozytose entstehenden Vesikel verschmelzen mit dem tubulo-zisternalen System im apikalen Zytoplasma (BURTON und SMITH 1977). Das tubulo-zisternale System ist ein charakteristisches Merkmal von Enterozyten Neugeborener, und ist vor allem im distalen Dünndarm zu finden (MOON 1972, KÖMÜVES et al. 1993, KÖMÜVES und HEATH 1992). Im Gegensatz zu den zeitlich begrenzt vorkommenden Endozytosevesikeln des proximalen Dünndarms verschmelzen Vesikel aus dem tubulo-zisternalen System mit Lysosomen (BROWN und MOON 1979, HASEGAWA et al. 1987). Der Inhalt solcher Endolysosomen wird an der basolateralen Seite durch Exozytose freigesetzt (KÖMÜVES und HEATH 1992). Er besteht aus intakten und teilweise zerstörten Immunglobulinen, anderen Makromolekülen und lysosomalen Enzymen, die durch das Lymphsystem dem Körperkreislauf zugeführt werden (BAINTNER 1986).

Der intestinale transzelluläre Transport von Makromolekülen besteht somit aus drei Schritten:

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1) der endozytotischen Aufnahme an der apikalen Seite,

2) dem transzellulären Transport der proteinhaltigen Vesikel bzw. der Endolysosomen und

3) der basolateralen Exozytose.

Der Anteil der Makromoleküle, die unverändert die basolaterale Seite erreichen, ist von der apikalen Endozytoserate und im hinteren Darmabschnitt auch von der proteolytischen Aktivität in den Endolysosomen abhängig.

Durch die in den ersten Lebenswochen zunehmende Aktivität der lysosomalen Enzyme im distalen Dünndarm (DAVIES und MESSER 1984) wird vor allem der transzelluläre Transport von intakten Proteinen fortlaufend vermindert.

Untersuchungen an neugeborenen Ferkeln haben gezeigt, daß große Makromoleküle mit Molekülmassen von 40.000 noch bis zu einem Alter von ca. 18 Tagen von den Enterozyten aufgenommen werden. Aber nur in den ersten 24 Stunden werden sie in nennenswerten Mengen unversehrt durch die Zellen transportiert und an der basolateralen Seite in den Blutkreislauf abgegeben (MARTINSSON und JONSSON 1976).

Es gibt Hinweise darauf, daß kleinere Moleküle auf eine andere Weise absorbiert werden als für die bisher betrachteten Makromoleküle beschrieben:

Polyethylenglycole z.B. mit einem Molekulargewicht zwischen 450 und 900 MM wurden von neugeborenen Ferkeln altersunabhängig absorbiert, und zwar um so besser, je kleiner die Moleküle waren. Der Transport kleiner Moleküle korrelierte nicht mit der altersabhängigen absorptiven Fähigkeit der Schleimhaut für Makromoleküle, wie z.B. für Albumin (WESTRÖM et al. 1985).

Neben dem transzellulären Weg können Makromoleküle auch in den ersten Lebenswochen parazellulär die Darmschleimhaut passieren. Bei diesem Mechanismus wirken die Zonulae occludentes limitierend (MADARA et al. 1986).

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Elektronenmikroskopische Untersuchungen des proximalen Dünndarms von sieben Stunden alten Ferkeln haben gezeigt, daß Lymphzellen des Kolostrums parazellulär aufgenommen werden und durch das Lymphsystem die mesenterischen Lymphknoten erreichen (TUBOLY et al. 1988). Auch andere Leukozyten können auf diesem Weg von Ferkeln in den ersten Lebenstagen absorbiert werden (WILLIAMS 1993).

Die parazelluläre Aufnahme von Zellen und Proteinen wird wahrscheinlich durch einen Glucose abhängigen Flüssigkeitsstrom, dem sogenannten „solvent drag“, ausgelöst (ATISOOK und MADARA 1991). Die parazelluläre Makromolekül- Absorption nimmt mit zunehmendem Alter ebenfalls ab. Es wird vermutet, daß die Milchbestandteile selbst mit zunehmendem Alter zu einer Verminderung der parazellulären Durchlässigkeit des Darmepithels für Makromoleküle beitragen. Der diesem Phänomen zugrunde liegende Mechanismus ist bisher nicht geklärt. Eine Erklärung wäre, daß z.B. Milchbestandteile wie Wachstumshormon (GH) die Proliferation und Differenzierung des Epithels stimulieren und so zu einer Verdichtung dieser Barriere („tightening up“) führen (WEAVER et al. 1987).

Einfluß der Fütterung auf die neonatale Proteinabsorption:

Während Milchaufnahme den Proteinabbau im Magen und im Darm hemmt und damit die Proteinabsorption begünstigt, fördert sie den lysosomalen Abbau von Proteinen in endozytotischen Vesikeln. Dieser hemmende Effekt auf die Proteinabsorption kann unter Umständen größer sein als der fördernde Effekt durch einschränkten Proteinabbau.

Ratten, die im Alter von 17 Tagen abgesetzt und mit Milchaustauscher gefüttert wurden, zeigten im Alter von 21 Tagen eine bessere intestinale Absorption von Makromolekülen als gleichalte Wurfgeschwister, die mit Muttermilch gefüttert wurden (TEICHBERG et al. 1990). Wurde den mit Milchaustauscher gefütterten Ratten subkutan (TEICHBERG et al. 1990) oder oral (TEICHBERG et al. 1992)

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Hydrocortison verabreicht, waren keine Unterschiede in der intestinalen Makromolekül-Absorption zwischen den Gruppen mehr feststellbar.

Außer Hydrocortison hat auch Insulin einen hemmenden Effekt auf die intestinale Aufnahme von Makromolekülen. Eine subkutane Injektion von Insulin, das auch in hoher Konzentration in Kolostralmilch vorkommt (JAEGER et al. 1987), führte bei Untersuchungen mit neugeborenen Ratten zu einer vorzeitigen Abnahme der intestinalen Makromolekül-Absorption (SVENDSEN et al. 1986). Bei Ferkeln ist ein hemmender Effekt von Milchfütterung auf die Makromolekül-Absorption ebenfalls dokumentiert. So zeigten In vivo-Versuche mit neugeborenen Ferkeln, daß die intestinale Absorption von intakten Makromolekülen bei gesäugten Ferkeln nach drei Tagen sistierte, bei parenteral ernährten Ferkeln dagegen erst nach 5 Tagen (MEHRAZAR et al. 1993).

2.3.2.3 Abbau von Kohlenhydraten

Die Hauptkohlenhydratquelle für Saugferkel ist Lactose (4-0-((β-D- Galactopyranosyl)-D-Glucopyranose) der Milch. Nach dem Absetzten tritt vor allem Stärke an dessen Stelle. Abgesehen von vielen pflanzenspezifischen Unterschieden besteht Stärke zu etwa 80% aus Amylose (unverzweigtes Glucosepolymerisat in 1,4α- glycosidischer Bindung) und zu etwa 20% aus Amylopektin (verzweigtes Glucosepolymerisat mit zusätzlicher 1,6α- Verknüpfung). Neben Stärke werden von Schweinen nach dem Absetzen auch Disaccharide wie Maltose (4-0-(α-D- Glucopyranosyl)-D-Glucopyranose) und Saccharose (4-0-(α-D-Glucopyranosyl)-D- Fructofuranosid) aufgenommen. Der Stärkeabbau erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden die Polysaccharide intraluminal durch Speichelamylase und durch Endogycosidasen der Bauchspeicheldrüse in kleinere Bruchstücke gespalten. Die α- Amylase spaltet die 1-4α-glycosidischen Bindungen der Amylose mit Ausnahme der

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in unmittelbarer Nachbarschaft zur Anheftung der 1,6α-Seitenketten gelegenen und der endständigen 1,4α-Bindung. Als Endprodukt des Stärkeabbaus entstehen Maltose, Maltotriose (3 Glucosemoleküle mit jeweils 1,4α- glycosidischer Bindung) und sogenannte Grenzdextrine (verzweigte Glucoseketten aus im Mittel 8 Glucosemolekülen). Diese Abbauprodukte, wie auch Saccharose und Lactose werden anschließend von in der Bürstensaummembran verankerten Disaccharasen gespalten und als Monosaccharide von spezifischen Transportsystemen absorbiert.

Entero-Disaccharasen

Unter den 13 bekannten in die Bürstensaummembran integrierten Hydrolasen (KENNY und MARCOUX 1982, SEMENZA, 1986) befinden sich sechs verschiedene Disaccharasen von denen hier die Lactase, Saccharase und Isomaltase besprochen werden sollen.

Lactase (β-galactosidase, EC 3.2.1.23)

Lactase spaltet hauptsächlich Milchzucker, Lactose, der als freies Molekül ausschließlich in der Milch von Säugetieren in einer Konzentraton von 50-70 g/l vorkommt. Lactase ist die einzige intestinale Disaccharase, bei der die Hydrolyse den limitierenden Schritt für die Verdauung darstellt. Aus diesem Grund führt nur bei Lactose eine Endprodukthemmung zu einer sichtbaren Aktivitätsabnahme (GRAY 1992).

Die Aktivität der Lactase ist schon bei neugeborenen Ferkeln voll ausgebildet (DAHLQUIST 1961, KIDDER und MANNERS 1980). Die Lactaseaktivität ist nicht gleichmäßig über den Darmtrakt verteilt sondern ist im proximalen Jejunum am höchsten, und sowohl weiter proximal als auch weiter distal niedriger („horizontaler Gradient“, KIDDER und MANNERS 1980). Andererseits existiert auch ein „vertikaler Gradient“, der sich darauf bezieht, daß die Lactaseaktivität von der Krypte zur

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Villusspitze stetig zunimmt (GODA et al. 1999). Diese Zunahme der Aktivität ist Ausdruck eines Reifungsprozesses, den die Enterozyten bei ihrer Wanderung aus der Krypte bis zur Zottenspitze durchlaufen.

Mit zunehmendem Alter läßt die Lactaseaktivität nach (DAHLQUIST 1961). Aber auch im Darm ausgewachsener Schweine ist noch eine Restaktivität vorhanden (KIDDER und MANNERS 1980).

Einfluß der Fütterung auf die Lactaseaktivität

Die Aktivität der intestinalen Lactase wird nicht primär über das Lactoseangebot im Futter reguliert. Fütterungsversuche mit Ferkeln haben gezeigt, daß abgesetzte und lactosearm gefütterte Ferkel eine ebenso hohe Lactaseaktivität aufwiesen, wie gleichalte, gesäugte Wurfgeschwister (KIDDER und MANNERS 1980). Auch Untersuchungen an jungen Ratten sprechen dafür, daß die Lactaseaktivität nicht, oder zumindest nicht nur, über ihr Substrat reguliert wird. In diesen Untersuchungen konnte eine verlängerte Säugeperiode den Abfall der Lactaseaktivität zwar etwas verzögern, aber nicht verhindern (LEBENTHAL et al. 1973). Andererseits wiesen adulte Ratten, die mit einer lactosereichen Diät gefüttert wurden, nach einer Fütterungsperiode von 5 bis 8 Wochen eine erhöhte jejunale Lactasekonzentration auf. (BOLIN et al.1969). In diesem Versuch stimulierte auch eine erhöhte Glucosekonzentration im Futter die Lactaseaktivität. Eine substratspezifische Induktion der Aktivität konnte in diesem Versuch also nicht eindeutig belegt werden.

Die bisher zu dieser Frage vorliegenden Befunde sprechen dafür, daß der Abfall der Lactaseaktivität mit zunehmendem Alter in erster Linie genetisch programmiert ist, und daß der Abfall in einem gewissem Umfang durch die Zusammensetzung der Nahrung modifiziert werden kann.

Saccharase (sucrose glycoamylase, EC 3.2.1.48) wird zusammen mit Isomaltase als Enzymkomplex von den Enterozyten synthetisiert. Der Komplex wird nach Einlagerung in der apikalen Membran durch Proteasen der Bauchspeicheldrüse in

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seine zwei Untereinheiten gespalten. Saccharase und Isomaltase bleiben aber auch danach in nicht-kovalenter Bindung miteinander assoziiert (GALAND 1989).

Saccharase spaltet die 1,4α-glykosidischen Bindungen der Saccharose und Maltose.

Endprodukte sind folglich Glucose und Fructose.

Isomaltase (oligo-1,6-glucosidase, EC 3.2.1.10) spaltet 1,4α- und 1,6α–

glycosidische Bindungen in Maltotriose und in Grenzdextrinen. Abbauprodukte sind Glucose und Maltose.

In der Bürstensaummembran kommen insgesamt drei Disaccharasen mit Maltaseaktivität vor: Saccharase und Isomaltase machen zusammen 80% der Maltaseaktivität aus. Außerdem existiert noch eine eigentliche Maltase, auf die 20%

der Maltasaktivität entfällt (GALAND 1989). Auch die Aktivität von Saccharase und Isomaltase ist im Dünndarms ungleichmäßig verteilt. Nach Untersuchungen von KIDDER and MANNERS (1980) ist sie bei 5 bis 8 Wochen alten Schweinen im zweiten Drittel des Jejunums am höchsten. Untersuchungen über eine vertikale Aktivitätsverteilung von Saccharase und Isomaltase entlang der Krypten-Villus-Achse liegen nicht vor.

Bei neugeborenen Ferkeln ist im Darm praktisch keine Saccharase- oder Isomaltaseaktivität nachweisbar (AUMAITRE und CORRING 1978, JAMES et al.

1987). Innerhalb weniger Wochen steigt ihre Aktivität dann auf Werte adulter Tiere (AUMAITRE und CORRING 1978). Während der Säugeperiode stimulieren Glucocorticoide die Aktivität von Saccharase und Isomaltase im Dünndarm. In Untersuchungen von DOELL und KRETCHMER (1964) mit Kaninchen, Ratten und Mäusen konnte die Saccharaseaktivität während der ersten 17 Lebenstage durch Glucocorticoide induziert, und deren Expression durch Adrenalektomie deutlich verzögert werden. Nach dieser Zeit haben Glucocorticoide keinen Einfluß mehr auf die Saccharaseexpression (HENNING und SIMS 1979), obwohl immer noch Glucocorticoidrezeptoren im Zytosol der Enterozyten vorhanden sind (HENNING et al. 1975).

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Einfluß der Fütterung auf die Saccharase- und Isomaltaseaktivität

Die Aktivität der Saccharase und Isomaltase ist nicht nur ontogenetisch determiniert.

Sie hängt in stärkerem Maße als die Lactaseaktivität auch von der Substratkonzentration in der Nahrung ab (CORRING 1980, LUND und SMITH 1987, KELLY et al. 1991, MANNERS und STEVENS 1972). Fütterungsversuche von KIDDER und MANNERS (1980) haben ergeben, daß die Isomaltase- ebenso wie die Saccharaseaktivität bei 3- und 5-Wochen alten abgesetzten Ferkeln höher war als bei gleichalten gesäugten Wurfgeschwistern. In diesen Versuchen stieg die Saccharaseaktivität in der Dünndarmschleimhaut von Ferkeln nach dem Absetzen von 20 auf 80 und die Isomaltaseaktivität von 18 auf 40 U/g Protein in der Schleimhaut.

Absorption von Monosacchariden

Abbauprodukte der hydrolytischen Spaltung der Kohlenhydrate im Magen-Darm- Trakt sind vor allem Monosaccharide, wie D-Glucose, D-Galactose und D-Fructose.

Diese Zuckermonomere werden von den reifen Enterozyten im oberen Drittel der Dünndarmzotten aktiv oder passiv absorbiert.

Glucose und Galactose werden von einem Natrium abhängigen Glucosetransporter (SGLT1, sodium-dependent glucose transport) sekundär aktiv absorbiert, wobei die Affinität des Transporters zu Galactose geringer ist als zu Glucose (HEDIGER und RHOADS 1994). Der Glucosetransport ist dabei energetisch an den zelleinwärts gerichteten elektrochemischen Gradienten für Natriumionen gekoppelt (CRANE et al.

1967). Beim Transport werden mit jedem Glucosemolekül zwei Natriumionen in die Zelle geschleust. Die vom Enterozyten absorbierte Glucose wird durch den in der basolateralen Membran gelegenen GLUT2-Transporter ins Blut abgegeben (THORENS et al. 1990).

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Die Absorption von Fructose ist Natrium unabhängig (SIGRIST-NELSON und HOPFER 1974) und erfolgt wahrscheinlich in Form einer erleichterten Diffusion über den in der apikalen Membran lokalisierten GLUT5-Transporter (BURANT und SAXENA 1994). Basolateral wird Fructose wie Glucose durch den GLUT2- Transporter ins Blut abgegeben (BURANT et al. 1992).

Für alle drei Transportsysteme (SGLT1, GLUT2 und GLUT5) besteht ein vertikaler Gradient insofern, als sie hauptsächlich in reifen Enterozyten im oberen Drittel der Zotten vorkommen (STIRLING und KINTER 1967, HWANG et al. 1991, THORENS et al. 1990, DAVIDSON et al. 1992).

Einfluß der Fütterung auf die Absorption von Monosacchariden

Die Aktivität des Natrium gekoppelten Glucosetransporters ist Substrat induziert. Die Umstellung von kohlenhydratarmer Kost auf kohlenhydratreiche Kost ist ein physiologischer Vorgang, der bei allen omnivoren Säugetierspezies zum Zeitpunkt des Absetzens zu beobachten ist. Während Milch einen relativ geringen Kohlenhydratanteil aufweist (40-60 g/kg, KAMPUES et al. 1999), ist er in Getreideprodukten und Knollenfrüchten sehr hoch (600-800 g/kg, FRANKE 1989). In vitro-Untersuchungen mit Schleimhäuten omnivorer Spezies haben gezeigt, daß die Aufnahmekapazität des Darms für Monosaccharide mit zunehmendem Alter steigt.

Dabei ist besonders zum Zeitpunkt des Absetzens ein markanter Anstieg zu beobachten (TOLOZA und DIAMOND 1992). Bei fleischfressenden Spezies, die nach dem Absetzen vorwiegend proteinreiche Nahrung aufnehmen, nimmt der Transport von Monosacchariden dagegen mit dem Absetzen ab (BUDDINGTON und DIAMOND 1992). In Fütterungsversuchen mit Mäusen wurde durch Verabreichung kohlenhydratreichen Futters die SGLT1-Expression im Dünndarm um das 2- bis 3- fache gesteigert (FERRARIS et al. 1992). Auch die Fructoseabsorption wird durch vorausgehende Fructosefütterung stimuliert (SOLBERG und DIAMOND 1987).

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