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Einfluß von Frühabsetzen und Futterentzug auf den Funktionszustand

5 Diskussion

5.4 Einfluß von Frühabsetzen und Futterentzug auf den Funktionszustand

Bei der Untersuchung eines Langzeiteffektes von Milch auf den intestinalen Calciumtransport wurde der Funktionszustand der Schleimhaut morphologisch und funktionell untersucht. Bei der Untersuchung Kurzzeiteffektes von Milch wurde er nur funktionell anhand der Kurzschlußströme nach Glucosegabe beurteilt.

Morphologische Parameter

Pro Tier wurden 50 bis 70 serielle Schnittpräparate der Jejunalschleimhaut hergestellt. Davon wiesen etwa 10 bis 15 Epithelläsionen auf. Der prozentuale Anteil an beschädigten Präparaten unterschied sich nicht zwischen gesäugten und milchfrei ernährten Ferkeln. Die histologische Auswertung erfolgte ausschließlich in Bereichen mit intakter Mucosa.

Die histomorphometrische Auswertung der Dünndarmpräparate hatte ergeben, daß die Zotten von früh abgesetzten Ferkeln kürzer waren als die von gesäugten Ferkeln.

Da Calcium vorwiegend in den reifen Enterozyten der Dünndarmzotten absorbiert wird, könnte dies die Calciumabsorption bei milchfrei ernährten Ferkeln gegenüber gesäugten Wurfgeschwistern mindern. In der vorliegenden Untersuchung wurde jedoch keine Korrelation zwischen der Zottenlänge und der Intensität der Calciumabsorption gefunden. Ferner ist zu bedenken, daß sich reife Enterozyten im oberen Drittel der Dünndarmzotten befinden (STAUN 1987, MEDDINGS et al. 1990).

Eine Reduktion der Zottenlänge muß daher nicht unbedingt eine proportionale Verminderung der calciumabsorbierenden Zellen bedeuten. Aus der morphologischen Untersuchung der Schleimhaut läßt sich ableiten, daß die Zotten

zwar bei früh abgesetzten Ferkeln kürzer waren als bei gesäugten, daß dieser Unterschied aber die geringere Calciumabsorption bei milchfrei ernährten Ferkeln gegenüber gesäugten Ferkeln nicht in befriedigendem Maße erklären kann.

Die Reduzierung der Zottenlänge bei milchfrei ernährten Ferkel kann auch nicht als Indiz dafür angesehen werden, daß sich das frühe Absetzen schädigend auf die Darmschleimhaut ausgewirkt hat. Untersuchungen an Absetzferkeln haben ergeben, daß sich die Zottenlänge auch bei konventionellem Absetzen verkürzt (KELLY 1990, HALL und BYRNE 1989). Eine Verkürzung der Zottenlänge im prox. Dünndarm um 30 bis 50% bei gleichzeitiger Vertiefung der Krypten um ca. 15% durch das Absetzen wurde auch in anderen Untersuchungen beobachtet (HAMPSON 1986, KELLY et al.

1991a, DUNSFORD et al. 1989). Die stärkere Ausprägung der Krypten wurde dabei als Zeichen der Zellregeneration interpretiert.

Die in der eigenen Studie beobachteten morphologischen Veränderungen in Zottenlänge und Kryptentiefe sind also nicht typisch für Frühabsetzen. Sie treten bei jedem Futterwechsel von Milch auf milchfreie Ernährung auf. In den vorliegenden Untersuchungen betrug die Reduktion der Zottenlänge bei früh abgesetzten Ferkeln nur ca. 20%. Die Krypten waren bei den milchfrei ernährten Ferkeln nur tendenziell stärker ausgeprägt als bei den gesäugten Ferkeln. Diese vergleichsweise moderaten Änderungen der Schleimhautmorphologie durch das Absetzen könnten darin begründet sein, daß in den oben zitierten Untersuchungen festes Absetzfutter verabreicht wurde, während in der hier vorliegenden Untersuchung die milchfrei ernährten Ferkel ihr Futter als Tränke mit nur 20% TM erhielten.

Funktionelle Parameter

Der Effekt von Frühabsetzen und der eines mehrstündigen Futterentzuges auf die Funktionalität der Schleimhaut wurde zunächst anhand der basalen elektrophysiologischen Eigenschaften der Schleimhaut beurteilt. Außerdem wurde die Darmschleimhaut gesäugter und abgesetzter Ferkel auf ihre Fähigkeit hin untersucht, Kohlenhydrate zu absorbieren. Dazu wurden die Aktivitäten der Disaccharasen Lactase, Saccharase und Maltase bestimmt und die Fähigkeit zum elektrogenen Transport untersucht. Der Effekt eines mehrstündigen Futterentzuges auf die Darmfunktionaliät wurde anhand der Fähigkeit zum elektrogenen Glucosetransport untersucht.

Basale elektrophysiologische Daten

Der basale Kurzschlußstrom beschreibt den Nettoladungstransport durch das Epithel und ist damit ein Maß für elektrogene intestinale Transportvorgänge. Die basale Leitfähigkeit beschreibt die Ionenpermeabilität der Gewebe und erlaubt Rückschlüsse auf die Epithelfestigkeit und den Zusammenhalt der Epithelzellen.

Die Dünndarmepithelien milchfrei ernährter und gesäugter Ferkel zeigten bezüglich dieser elektrophysiologischen Daten keine Unterschiede. Das läßt darauf schließen, daß sich das frühe Absetzen weder auf die Fähigkeit des Epithels zum elektrogenen Transport, noch auf die Epithelintegrität negativ ausgewirkt hat.

Bei Ferkel mit erblichem Calcitriolmangel und bei gesunden Kontrollen war der basale Kurzschlußstrom nach dem Saugen signifikant höher als vor dem Saugen, d.h. nach einem 6 bis12stündigen Futterentzug. Dieser Befund läßt darauf schließen, daß durch die Milchaufnahme ein elektrogener Transport in der Schleimhaut ausgelöst wurde. Im Duodenum von Ferkeln werden neben Glucose auch andere Nahrungsbestandteile wie z.B. Aminosäuren elektrogen transportiert. Da die Ferkel bis unmittelbar vor Entnahme der Därme die Gelegenheit zur Milchaufnahme hatten,

könnten diese Nahrungsbestandteile auch nach dem Einspannen der Darmpräparate in die Ussingkammern einen elektrogenen Transport bedingt haben.

Dieser elektrogene Transport hatte jedoch keinen Einfluß auf den durch Glucose-Zugabe induzierten Kurzschlußstromanstieg (siehe unten).

Effekt des Frühabsetzens auf Disaccharase-Aktivitäten

Die Untersuchung ergab, daß abgesetzte Ferkel eine höhere Saccharase- und Maltase-Aktivität aufwiesen als ihre gleich alten säugenden Wurfgeschwister. Dieser Befund stimmt gut mit Literaturdaten überein. Es wird allgemein anerkannt, daß die Saccharase-Aktivität in der Darmschleimhaut vom Saccharosegehalt der Nahrung abhängt (CORRING 1980, LUND und SMITH 1987, KELLY et al. 1991) und damit positiv korreliert (MANNERS und STEVENS 1972). Der Saccharosegehalt im Futter der milchfrei ernährten Ferkel betrug 37,2% der Trockenmasse. Die Kohlenhydrate in der Sauenmilch bestehen dagegen fast ausschließlich aus Lactose. Dies zeigt, daß die Saccharase-Aktivität in der Dünndarmschleimhaut bei früh abgesetzten Ferkeln in gleicher Weise futterabhängig ist wie bei konventionell abgesetzten Ferkeln.

Das Futter der milchfrei ernährten Ferkel enthielt keine Maltose. Trotzdem zeigten diese Tiere eine deutlich höhere Maltase-Aktivität als gesäugte Ferkel. Bei der Interpretation dieses Befundes ist zu beachten, daß mit der angewandten Methode die Gesamt-Maltase-Aktivität der Schleimhaut bestimmt wurde. Saccharase und Isomaltase machen zusammen 80% der Maltase-Aktivität aus und Maltase 20%

(GALAND 1989). Da Isomaltase zusammen mit Saccharase in den Enterozyten synthetisiert wird, hängt ihre Aktivität in gleicher Weise vom Saccharosegehalt der Nahrung ab wie die Saccharase-Aktivität selbst. Fütterungsversuche von KIDDER und MANNERS (1980) bestätigen, daß die Isomaltase-Aktivität ebenso wie die Saccharase-Aktivität bei 3- und 5-Wochen alten abgesetzten Ferkeln höher war als bei ihren gleich alten gesäugten Wurfgeschwistern. Es liegt daher der Schluß nahe, daß die Maltase-Aktivität in der Darmschleimhaut früh abgesetzter Ferkel auf eine

substratinduzierte Zunahme des Saccharase-Isomaltase-Komplexes zurückzuführen ist.

In der vorliegenden Untersuchung unterschied sich die Lactase-Aktivität nicht zwischen gesäugten und milchfrei ernährten Ferkeln. Im Gegensatz zur Saccharase- und Maltase-Aktivität ist die Lactase-Aktivität nicht primär substratabhängig.

Fütterungsversuche mit Ferkeln haben gezeigt, daß abgesetzte und mit einem lactosearmen Futter gefütterte Ferkel eine ebenso hohe Lactase-Aktivität aufwiesen, wie gleichalte, gesäugte Wurfgeschwister (KIDDER und MANNERS 1980). In Untersuchungen an jungen Ratten konnte eine verlängerte Säugeperiode den Abfall der Lactase-Aktivität zwar etwas verzögern, aber nicht verhindern (LEBENTHAL et al. 1973). Es ist daher davon auszugehen, daß die Lactase-Aktivität bei früh abgesetzten Ferkeln ebenso wie bei konventionell abgesetzten Ferkeln in erster Linie genetisch programmiert ist.

Effekt des Frühabsetzens auf absorptive Fähigkeiten der Darmschleimhaut Schleimhäute milchfrei ernährter Ferkel und gesäugter Ferkel reagierten in vitro auf Zugabe von Milch zur mucosalen Seite mit einem deutlich größeren Kurzschlußstromanstieg als bei einem Milchzusatz zur serosalen Seite. Diese Reaktion deutet darauf hin, daß ein Großteil des durch den Milchzusatz ausgelösten Kurzschlußstromanstiegs durch einen elektrogenen Transport von den in der Milch enthaltenen Nährstoffen ausgelöst wurde. Die Beobachtung, daß die Schleimhäute milchfrei ernährter Ferkel auf Milchzusatz mit einem deutlich größeren Kurzschlußstromanstieg reagierten als die gesäugter Ferkel deutet ebenfalls darauf hin, daß sich das frühe Absetzen nicht negativ auf die Fähigkeit der Schleimhaut ausgewirkt hat, die in der Milch enthaltenen Nährstoffe zu absorbieren.

Ein Teil des durch Milch ausgelösten Kurzschlußstromanstiegs beruhte vermutlich auf einem Natrium gekoppelten Glucosetransport (sodium-dependent glucose

transport, SGLT1). Dafür spricht einerseits, daß die durch Milch und Glucose induzierten Effekte auf den Kurzschlußstrom gegenseitig kompetitiv hemmbar waren.

Andererseits reagierten die Schleimhäute auch nach mucosalem Lactosezusatz mit einer Kurzschlußstromerhöhung. Diese Erhöhung konnte durch den Zusatz von Phloridzin, einem spezifischen Hemmstoff des Natrium gekoppelten Glucosetransporters, gehemmt werden. Dies läßt darauf schließen, daß die zugesetzte Lactose von den Disaccharasen der Bürstensaummembran in Glucose und Galactose gespalten wurde, und diese nachfolgend elektrogen mit Hilfe des Natrium gekoppelten Glucosetransporters durch die Schleimhaut transportiert wurden. Der Kurzschlußstromanstieg nach Lactosezusatz war mehr als doppelt so hoch wie der nach Glucosezusatz. Berücksichtigt man ferner, daß die Konzentration der zugesetzten Lactoselösung etwa doppelt so hoch war wie die der Glucoselösung, und daß der natriumabhängige Glucosetransporter auch eine, wenn auch im Vergleich zu Glucose geringere, Affinität zu Galactose hat (HEDIGER und RHOADS, 1994), entspricht dieser Kurzschlußstromanstieg in etwa dem theoretisch zu erwartenden.

Die Lactosekonzentration betrug auf der mucosalen Schleimhautseite nach Milchzusatz, ebenso wie nach Zusatz von Lactose, 19,2 mmol/l. Trotzdem erhöhte Milchzusatz den Kurzschlußstrom nicht in dem Maße wie reine Lactose. Hier muß berücksichtigt werden, daß Milch eine komplex zusammengesetzte Suspension ist, die weitere biologisch aktive Stoffe enthält, deren Wirkungen untereinander und auf die Darmschleimhaut nur schwer zu erfassen sind. Es ist denkbar, daß auf Grund anderer Milchbestandteile die Milchlactose nicht in derselben Weise gespalten wurde wie die der reinen Lactoselösung. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß noch andere Milchbestandteile die elektrogenen Transportprozesse der Schleimhaut beeinflußt haben. Die Kurzschlußstromerhöhung nach Milchzugabe ist das Ergebnis vieler verschiedener Faktoren, die auf Transportprozesse der Schleimhaut einwirken, und kann daher nicht genauso ausfallen wie die Reaktion auf eine chemisch reine Lactoselösung.

Die Tatsache, daß bei Milch-, bei Glucose- und auch bei Lactosezusatz die Schleimhäute milchfrei ernährter Ferkel mit einem größeren Kurzschlußstromanstieg reagierten als die gesäugter Ferkel, läßt darauf schließen, daß die Aktivität des Natrium abhängigen Glucosetransporters bei milchfrei ernährten Ferkeln größer war als bei gesäugten Ferkeln. Diese Beobachtung stimmt gut mit Untersuchungen anderer Arbeitsgruppen überein, die gezeigt haben, daß die Aktivität des Natrium gekoppelten Glucosetransporters substratinduzierte ist (FERRARIS et al. 1992). In den hier vorliegenden Untersuchungen war der Kohlenhydratanteil in der Ration der milchfrei ernährten Ferkel höher als in Sauenmilch (37,2 vs. 30 % in der TM). Daher liegt die Vermutung nahe, daß die höhere Aktivität des Natrium gekoppelten Glucosetransporters bei den milchfrei ernährten Ferkel durch den höheren Zuckergehalt im Futter induziert wurde.

Effekt einer mehrstündigen Hungerperiode auf absorptive Fähigkeiten der Darmschleimhaut

Eine Stunde nach dem Saugen war die Kurzschlußstromerhöhung nach mucosaler Glucosegabe in Jejunalschleimhäuten genau so groß wie nach einem 6 bis 8stündigen Futterentzug. Dies deutet darauf hin, daß der Futterentzug keinen Effekt auf absorptive Fähigkeiten der Darmschleimhaut wie den Natrium gekoppelten Glucosetransport hatte.

Zusammengefaßt lassen die in diesem Abschnitt diskutierten Ergebnisse darauf schließen, daß sich weder das Frühabsetzen noch der mehrstündige Futterentzug negativ auf den Funktionszustand der Schleimhaut ausgewirkt hat. Die Darmschleimhaut bei früh abgesetzten Ferkeln zeigt die typischen Merkmale der von konventionell abgesetzten Ferkeln, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie sich auf das veränderte Nahrungsangebot nach dem Absetzen eingestellt hat.

5.5 Intestinaler Abbau von PTHrP

PTHrP-Abbau in vivo

Die Messung der PTHrP-Konzentrationen im Chymus gesäugter Ferkel ermöglicht es nicht, die Abbauraten der PTHrP-Fragmente in den einzelnen Darmabschnitten quantitativ zu erfassen. Zum einen war die Passagerate des Chymus in den entsprechenden Darmabschnitten nicht bekannt, und zum anderen lag zwischen der Probenentnahme und der letzten Mahlzeit der Ferkel nicht immer der gleiche Zeitraum. Aus den relativen Konzentrationen der einzelnen PTHrP-Fragmente im Chymus im Vergleich zu denen in der Milch kann man jedoch schließen, welche PTHrP-Fragmente im Magen-Darm-Trakt bevorzugt abgebaut werden. Da die Chymusproben nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt nach der Fütterung entnommen wurden, vermittelt der Bereich der PTHrP-Konzentrationen ein realistisches Bild über den PTHrP-Gehalt im Chymus.

Im Duodenalchymus war kein natives PTHrP mehr vorhanden. Die Konzentration der N-terminalen PTHrP-Fragmente und der Fragmente aus der Molekülmitte lag dagegen immer noch bei etwa 15 bis 20% ihrer Konzentration in Milch. Es ist daher unwahrscheinlich, daß natives PTHrP eine Wirkung auf den intestinalen Calciumtransport besitzt. Die N-terminalen PTHrP-Fragmente und besonders die aus der Molekülmitte lagen dagegen im proximalen Dünndarm in noch recht hoher Konzentration vor. Da dies auch der Ort der intensivsten Calciumabsorption ist, wäre es grundsätzlich möglich, daß diese Fragmente den intestinalen Calciumtransport stimulieren.

Angriffsorte der intestinalen Proteasen

Der relativ stärkere Abbau von nativem PTHrP im Vergleich zu den Fragmenten ist nicht überraschend. Große Peptide bieten den Proteasen des Magen-Darm-Traktes eine größere Angriffsfläche als kleinere. Dies kann jedoch nicht der Grund dafür

sein, daß die Konzentration der N-terminalen PTHrP-Fragmente im Magen noch ca.

60% ihres Gehaltes in der Milch ausmacht, die der Molekülmitte jedoch nur noch ca.

25%, da der für die Antikörpererkennung wichtige Bereich des PTHrP-Moleküls bei beiden Fragmenten ca. 30 Aminosäuren umfaßt. Die Tatsache, daß Fragmente aus der Molekülmitte im Magen eher gespalten werden als N-terminale, könnte darin begründet sein, daß PTHrP zwischen den Aminosäuren 37 bis 67 mehr Schnittstellen für Pepsin aufweist als zwischen den Aminosäuren 1 bis 34. Pepsin schneidet Peptide vor allem an der Carboxylgruppe aromatischer Aminosäuren wie Phenylalanin und Tyrosin (ROBERTS und TAYLOR 1979, SCHMID und BLASCHEK 1984). Das PTHrP-Fragment(1-34) enthält nur einmal Phenylalanin; zwischen den Positionen 37 bis 67 sind dagegen drei solcher Schnittstellen für Pepsin vorhanden, 2 x Tyrosin und 1x Phenylalanin (PHILBRICK et al. 1996).

Bezugsgröße der PTHrP-Konzentrationen

Die Berechnungen zum PTHrP-Abbau im Magen-Darm-Trakt basieren auf den PTHrP-Konzentrationen in der Chymustrockenmasse. Diese Einheit wurde gewählt, weil der Flüssigkeitsgehalt des Magen-Darm-Inhaltes durch den Zulauf von Verdauungssekreten stark (2- bis 3fach) verdünnt wird (WILSON und LEIBHOLZ 1981, BRAUDE et al. 1976) und starken Schwankungen unterliegt. In den vorliegenden Untersuchungen zeigte die Trockenmasse des Chymus aus Duodenum und Ileum eine deutlich größere Varianz als die des Mageninhaltes (32% bzw. 36%

gegenüber 16%, Tab. 5.3).

Die Chymustrockenmasse war bei gesäugten und milchfrei ernährten Ferkeln im Magen am höchsten und im Duodenum am niedrigsten. Sie wurde nicht durch die Fütterung der Ferkel beeinflußt (Tab. 5.3).

Tab. 5.3: Trockenmasse des Chymus aus Magen, Duodenum und Ileum bei gesäugten und milchfrei ernährten Ferkeln (in % des Frischgewichtes; 0 ± SD, N=4)

Magen Duodenum Ileum

gesäugt 29,1 ± 5,1 8,8 ± 3,4 11,4 ± 5,8 milchfrei ernährt 27,8 ± 4,4 9,5 ± 2,5 12,9 ± 3,0

Durch die unterschiedlichen Trockenmassenanteile in Magen, Duodenum und Ileum ändert sich das Verhältnis der PTHrP-Konzentrationen zwischen den einzelnen Darmabschnitten, wenn die Gehalte statt auf Trockenmasse auf Frischgewicht bezogen werden (Tab. 5.4). Dies ändert jedoch nichts an den relativen Unterschieden der einzelnen PTHrP-Fragmente in den jeweiligen Darmabschnitten, und berührt daher die Diskussion bezüglich der unterschiedlichen Abbauraten nicht.

Tab. 5.4: Konzentrationen von PTHrP(1-86), PTHrP(38-94) und PTHrP(1-34) im Chymus aus Magen, Duodenum und Ileum von gesäugten Ferkeln in pmol/g Trockenmasse (TM) und pmol/g Frischgewicht (uS) (0 ± SD; N=2 für PTHrP(1-86) und N=4 für PTHrP(38-94) und PTHrP(1-34))

pmol/g TM pmol/g uS Magen PTHrP(1-86) 0,81 ± 0,12 0,23 ± 0,09

PTHrP(38-94) 85 ± 39,7 24,6 ± 11,3 PTHrP(1-34) 21 ± 5,6 3,48 ± 1,12

Duodenum PTHrP(1-86) 0 0

PTHrP(38-94) 34,3 ± 15,5 2,99 ± 1,78 PTHrP(1-34) 6,8 ± 1,0 0,59 ± 0,13

Ileum PTHrP(1-86) 0 0

PTHrP(38-94) 2,74 ± 0,95 0,31 ± 0,14

PTHrP(1-34) 0,6 ± 0,23 0,06 ± 0,03

PTHrP-Abbau in vitro

Der unterschiedliche Abbau der PTHrP-Fragmente im Magen-Darm-Trakt wird durch frühere in vitro-Versuche (KLEIN 1999) bestätigt. In diesen Versuchen wurde 1 µg synthetisches PTHrP(1-86) zur mucosalen Seite von isolierten Schleimhäuten in Ussingkammern zugesetzt. Eine Stunde nach Zugabe wurden mit dem PTHrP(38-94)-Assay 30%, mit dem(1-34)-Assay 6% und mit dem PTHrP(1-86)-Assay 0,5%

wiedergefunden. Natives PTHrP wird also auch in vitro luminal schnell abgebaut.

Aus der Wiederfindungsrate von 6 % mit dem PTHrP(1-34)-Assay ergibt sich, daß 94% des zugesetzten PTHrP am N-terminalen Ende zwischen Aminosäure 1 und 34 gespalten wurden. Die Wiederfindungsrate von 30% mit dem PTHrP(38-94)-Assay läßt darauf schließen, daß 70% zwischen Aminosäure 37 und 67 gespalten wurden, und daher von dem auf diesen Bereich gerichteten Antikörper nicht mehr erkannt wurden. Aus diesen Ergebnissen läßt sich ableiten, daß ein Großteil des PTHrP im N-terminalen Bereich abgebaut wurde, und daß zusätzlich noch ein Teil in der Molekülmitte gespalten wurde.