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Archiv "Für die Gesundheit nur ein „Mini-Kapitel“: Grundsatzprogramm 1993 der CSU" (10.12.1993)

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POLITIK

und den Schutz der Bürger vor über- tragbaren Krankheiten durch seu- chenrechtliche Maßnahmen verstär- ken will.

H

ier wäre nach Auffassung der Kritiker eine große Ge- legenheit gewesen, das Ge- sundheitsprogramm der CSU von 1990 mit mehr Substanz auszustatten. Denn schon gleich nach seiner Verabschiedung wurde an die- sem „Fachprogramm" bemängelt, es enthalte „zuwenig Konkretes und zu viele Allgemeinplätze". Jetzt haften die gleichen Mängel dem Programm- Abschnitt „Gesundheitspolitik ist Po- litik für das Leben" so auffällig an, daß es sich die Bezeichnung „Mini- Kapitel" gefallen lassen muß.

Natürlich können auch die Kriti- ker nicht umhin, der Grundsatzkom- mission und ihrem inzwischen zum bayerischen Ministerpräsidenten ar- rivierten Vorsitzenden Dr. Edmund Stoiber landesweit Respekt und An- erkennung zu bekunden. Besonders stolz ist man in der CSU darauf, daß das neue Programm — Titel: „In Frei- heit dem Gemeinwohl verpflichtet" — nicht ausschließlich von Funktionä- ren erdacht, sondern weitgehend vom Parteivolk selbst mitgestaltet wurde. Daß einige tausend Mitglie- der aus allen Landesteilen fünf Jahre hindurch mitdachten und mitformu- lierten, ist um so beachtlicher, als manche Entwürfe wegen der schnell wechselnden Deutschland- und Eu- ropa-Szenerie mehrmals geändert werden mußten.

Dennoch herrscht bei den Ange- hörigen der Gesundheitsberufe Un- behagen über die aus ihrer Sicht stiefmütterliche Behandlung der Ge-

KURZBERICHTE

sundheitspolitik im neuen CSU-Pro- gramm. Am Beispiel des Kapitels

„Pflege" weisen sie nach, daß die Aufspaltung großer Themenkomple- xe in Teilkomplexe weder Querver- bindungen noch Interdependenzen der Teilkomplexe berücksichtigt.

„Pflege" wird zwar als einer von vie- len Aspekten der Gesundheitspolitik dargestellt, aber ebensowenig wie die Abschnitte „Lebensschutz", „Ju- gend", „Alter", „Drogen" oder „Le- bensqualität in Stadt und Land" un- ter einem gemeinsamen Dach „Ge- sundheit" abgehandelt.

Der enumerative Charakter des zu klein geratenen Kapitels „Ge- sundheitspolitik ist Politik für das Le- ben" erschwert es überdies, die wirk- lich zu Buche schlagenden CSU-eige- nen Vorstellungen von allgemeingül- tigen Selbstgängern zu trennen.

Beispielsweise: daß die CSU je- dem Bürger gewährleisten will, ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situa- tion die notwendigen Hilfen der mo- dernen Medizin in Anspruch nehmen zu können; daß sie die Ausbildungs- kapazitäten im Gesundheitswesen dem Bedarf anpassen will; daß sie gleiche Wettbewerbschancen zwi- schen den Krankenkassen herstellen will; daß sie die medizinische Versor- gung in den Krankenhäusern opti- mieren will; daß sie beabsichtigt, neue Anreize für wirtschaftliches Verhalten der Krankenhäuser zu schaffen und alle Kategorien der Pflege attraktiver zu machen; daß sie eine Achtung der Drogen anstrebt

Abtreibung: Veto zur Fristenregelung

Zur Abtreibung bekräftigt das neue Grundsatzprogramm alle be- kannten CSU-Positionen. Eine Fri- stenregelung stehe dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes entgegen, zum Schutz des Grundrechts auf Le- ben dürfe der Gesetzgeber auf das Strafrecht nicht verzichten. Schon im Vorfeld hatte CSU-Generalsekretär Erwin Huber erklärt, seine Partei wolle die Ärzte unter Strafandro- hung zu Aufklärungs- und Bera- tungsgesprächen mit werdenden Müttern verpflichten.

Kollege Seehofer:

Buhmann?

Überraschung löste aus, daß das Paradepferd der CSU, der Bundesge- sundheitsminister, in Stoibers Pro- grammrede nur einmal und auch nur am Rande erwähnt wurde. Er sei, er- klärte der Ministerpräsident in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Grundsatzkommission, dankbar da- für, daß „der Kollege Seehofer mit der Novelle zum Gentechnikgesetz die Tür zu dieser Zukunftstechnik wieder ein Stück aufgestoßen hat".

Das war unerwartet wenig.

Doch schon kurz darauf erwies sich, daß die sporadische Erwähnung nicht eine Distanzierung vom „Buh- mann aller Ärzte" („Spiegel") signa- lisieren sollte. Im Gegenteil gaben CSU-nahe Ärzte zu erkennen, daß sie nicht gewillt seien, in die voraus- gegangene Seehofer-Schelte des 46.

Bayerischen Ärztetages einzustim- men — eine Schelte, von der ja auch der bayerische Gesundheitsminister Dr. Gebhard Glück sein Teil abbe- kommen hatte. Zumal ärztliche Mit- glieder des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CSU beantworte- ten die Frage, ob sie noch immer hin- ter „ihrem" Bundesminister aus In- golstadt stehen: „Jetzt erst recht!"

Kurt Gelsner

Für die Gesundheit

nur ein „Mini-Kapitel"

Grundsatzprogramm 1993 der CSU

Das neue Grundsatzprogramm, das sich die Christlich-Soziale Union (CSU) als erste deut- sche Partei nach der Herstellung der Einheit gegeben hat (auf ihrem 57. Parteitag in Mün- chen), umfaßt achtzig Textseiten. Auf die Gesundheitspolitik entfallen darin nur anderthalb Seiten. Der CSU angehörende oder nahestehende „Leistungserbringer" sind über soviel Mäßigung auf einem Politikfeld von dauerhaft brisanter Aktualität nicht eben glücklich.

Auch die parteiamtliche Erklärung, ein Programm, mit dem „Grundlagen gesichert, Erreich- tes bewahrt und Zukunft gestaltet" werden sollen, dürfe sich nicht in Tagesproblemen ver- lieren, hat die Verstimmung nicht gedämpft.

A1-3282 (22) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 49, 10. Dezember 1993

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