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Bericht und Meinung NACHRICHTEN
A
us dem Zwischenruf einesJour- nalisten wurde ein Schlagwort:Als der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Dr. Kurt Faltlhauser, zu den Bonner Sparbeschlüssen ausführte, die Bundesregierung
„nutzt als Reservetank für ihre Schuldenfahrt wiederum die Kran- kenversicherung", da meinte der bekannte bayerische Wirtschafts- journalist Horst Beloch, man solle doch die Dinge schon beim richti- gen Namen nennen. Nicht die Krankenkassen, sondern letzten Endes die Kranken seien es, die nunmehr die Arbeitslosenversi- cherung (und indirekt den Bun- deshaushalt) entlasten sollen.
Solcher eindeutigen Schlagworte gab es mehrere beim Gesund- heitspolitischen Kongreß des Ge- sundheitspolitischen Arbeitskrei- ses der CSU am 17. Juli 1982 in München; zum Beispiel die
„Glaubwürdigkeit" (beziehungs- weise ihr Fehlen) in der heutigen Bonner Gesundheits- und Sozial- politik. In seinem schriftlichen Grußwort kreidete der CSU-Vorsit- zende Franz Josef Strauß der Bun- desregierung an, sie „diskreditiere durch sinnlose Notopfer die un- entbehrliche Eigenverantwortung aller Bürger für ihre Gesundheit".
Auch der Vorsitzende des Bundes- fachausschusses für Gesundheits- politik der Schwesterpartei CDU, Professor Dr. med. Fritz Beske, verlangte eine auf Glaubwürdig- keit angelegte, solide und finan- zierbare Gesundheitspolitik (die übrigens ein starkes Gesundheits- ministerium mit Verantwortung auch für die gesetzliche Kranken- versicherung erfordere).
Der Landesvorsitzende des Ge- sundheitspolitischen Arbeitskrei- ses der CSU, Dr. med. Hartwig Holzgartner, gab der Bonner Koa- lition die Schuld daran, daß in der Bevölkerung eine „Anspruchs- und Rentenmentalität" in einem Ausmaß entstanden sei, das nun nicht mehr zu finanzieren ist. Man müsse Sozial- und Gesundheitslei- stungen sauberer voneinander trennen und Sparsamkeit und Ei-
genverantwortung (ein weiteres Stichwort dieses Kongresses) wie- der belohnen. Im Bereich der am- bulanten Versorgung weise der
„Bayern-Vertrag" in die richtige Richtung.
In einem großangelegten Referat über „Grenzen des Sozialstaates"
rechnete CSU-Generalsekretär Dr.
Edmund Stoiber ebenfalls mit der
„Umverteilungs- und Schuldenpo- litik" der Bonner Koalition ab. Er bekräftigte die Forderung nach Stärkung der Eigenverantwortung des Bürgers in allen Bereichen, wofür die Politiker die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen hätten. Von den Sozialleistungen müßten mindestens fünf Prozent
„Gesundheit im Würgegriff"
Kongreß des Gesundheitspoliti- schen Arbeitskreises der CSU
eingespart werden, und zwar in al- len Bereichen; „dabei darf es kei- ne Tabus geben — mit Ausnahme des Familienlastenausgleichs".
Dr. Faltlhauser ging in scharfer Form mit den Bonner Sparbe- schlüssen ins Gericht und auch mit dem Anspruch der FDP, mit den neuen Selbstbeteiligungen habe sie dazu beigetragen, daß nun eine „Wende" eintreten wer- de. In Wirklichkeit, sagte Faltlhau- ser, sei hier ein Detailproblem zum
„Stolperstein der Koalition" ge- macht worden, und die FDP be- treibe durch ihre Mitwirkung an diesem falschen Ansatz „ord- nungspolitische Selbstverstüm- melung". Denn Direktbeteiligun- gen wären nur dann sinnvoll, wenn sie echte Steuerungswirkun- gen auslösten. Dazu müßten sie spürbar groß sein, alle Bereiche erfassen, Verhaltensänderungen
bewirken und von deutlichen Aus- nahmeregelungen für die sozial Schwächsten begleitet sein. All dies fehle bei den Bonner Vor- schlägen, durch die aber anderer- seits die Krankenversicherung nun sogar vom Arbeitsmarkt und von der Konjunktur abhängig ge- macht werden sollte.
Dieses Stichwort wiederum griff der neue Vorsitzende des Bundes- verbandes der Ortskrankenkas- sen, Willi Heitzer, auf, der als Ver- treter der bayerischen Ortskran- kenkassen, des DGB und nunmehr auch als Vorstandsmitglied des Gesundheitspolitischen Arbeits- kreises der CSU es nicht an Deut- lichkeit darüber fehlen ließ, daß er dort keineswegs als eine Art „Re-
nommier-Arbeitnehmersprecher"
zu sitzen gedenkt. Sein Referat, im gedruckten Programm angekün- digt als „Krankenkassen im Wür- gegriff der Politik", hieß in Wirk- lichkeit „Krankenkassen im Wür- gegriff der Parteien". Ob dies nun ein simpler Setzfehler oder ein be- absichtigter „Regiefehler" war, kann dahingestellt bleiben — denn Heitzer machte deutlich, daß er nicht nur auch wirklich die Partei- en meinte, sondern ausdrücklich alle Parteien.
Zu den Problemen der Kosten- dämpfung im Krankenhaus sprach Staatssekretär Dr. Heinz Rosen- bauer. Er forderte Wachsamkeit, damit Kostendämpfung nicht zur Leistungsdämpfung wird und da- mit der frühere polemische Satz
„Weil du arm bist, mußt du früher sterben" nicht etwa in abgewan- delter Form wieder in Umlauf kommt: „Weil wir alle arm sind, müssen Kranke früher sterben, als dies medizinisch notwendig wäre".
Mit Beiträgen über die ärztliche Aus- und Weiterbildung (Landes- ärztekammer-Präsident Professor Dr. Hans J. Sewering und Privat- dozent Dr. med. Wolfgang Pförrin- ger, München) sowie einer Diskus- sion beendete der Gesundheitspo- litische Arbeitskreis der CSU sein reichhaltiges Arbeitsprogramm. gb
Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 32 vom 13. August 1982 17