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Archiv "Ärztliches Handeln und politische Verfolgung in SBZ und DDR Persönliche Erlebnisse (3)" (05.03.1993)

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Ärztliches Handeln und politische Verfolgung in SBZ und DDR

Persönliche Erlebnisse

(3) Kocholl

Mit diesem Bericht eines Arztes, der sich an dem DDR-For- Mit

unter Leitung von Dr. Klaus-Dieter Müller be- teiligt hat, setzt das Deutsche Ärzteblatt seine Serie fort. Die einzelnen Schilderungen sind nicht repräsentativ, geben aber einen guten Einblick, wie einzelne ihre berufliche und private Vergangenheit erlebt haben.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

gliederzeitschriften beispielsweise die Möglichkeit an, die Versicherten in ihren Geschäftsstellen vor Ort in einem persönlichen Gespräch oder durch geeignete Informationsbro- schüren zu beraten.

Kompetenz der Ärzte

• Da Hilfsmittel mit Ausnahme einiger Reparaturen und der Ersatz- beschaffung von Brillen einer ärztli- chen Verordnung bedürfen, kann der Arzt einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Markttransparenz leisten. Für den Patienten kann be- reits der Hinweis des Arztes sehr hilfreich sein, daß die zuständige Krankenkasse bereit ist, ihre Versi- cherten über nähere Einzelheiten ei- ner zuzahlungsfreien Versorgung zu beraten. Ärzte können ihre Kompe- tenz — ähnlich wie bei der Verord- nung von Arzneimitteln — auch da- durch zur Geltung bringen, indem sie ihre Patienten auf preisgünstige und qualitativ leistungsstarke Hilfs- mittelerbringer aufmerksam ma- chen.

Die Verbesserung der Markt- transparenz im Hilfsmittelbereich ist für alle Beteiligten (Ärzte, Versi- cherte und Krankenkassen) der ent- scheidende Schlüssel für mehr Qua- lität und Wirtschaftlichkeit. Das Nachfrageverhalten nimmt mit der Einführung von Festbeträgen eine zentrale Rolle ein. Dies setzt Versi- cherte voraus, die sich über zuzah- Iungsfrei liefernde Anbieter infor- mieren können. Krankenkassen und Ärzte sollten deshalb vor dem Hin- tergrund ihrer Möglichkeiten alles in ihrer Kraft Stehende tun, um die vorhandenen Informationsdefizite durch eine gezielte Beratung abzu- bauen und zu beseitigen. Ein kleiner Hinweis kann dabei einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der betroffe- nen Patienten leisten.

Dt. Arztebl. 90 (1993) A 1 -612-615 [Heft 9]

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Thomas Neumann Compbachweg 14

W-5307 Wachtberg-Pech

E

nde März 1956 bot mir der Be- zirksarzt von Frankfurt/

Oder die frei gewordene Stelle des Kreisarztes in Strausberg an. Ein neuer Oberarzt für das Tuberkulo- sekrankenhaus Altlandsberg werde sich finden lassen. Ich könne weiter nebenberuflich in der Tuberkulose- beratungsstelle Strausberg arbeiten, das sei sogar wünschenswert.

Die Möglichkeit, neben der Ver- waltungstätigkeit auch Kranke wei- ter behandeln zu können, machte mir die Entscheidung leicht. So wur- de ich Kreisarzt. Ich war damals achtundvierzig Jahre alt, seit zwei- undzwanzig Jahren Arzt, und ich hatte, was mir bei meiner Tätigkeit sehr half, in einem mehrjährigen Studium an der Antifa-Schule in Krasnogorsk ein solides Wissen er- worben und damit eine Einstellung, aus der heraus ich bereit war, eine nicht nur medizinische und gesund- heitspolitische, sondern auch politi- sche Aufgabe zu übernehmen. Seit meiner Repatriierung aus der Sow- jetunion war ich Mitglied der Natio- naldemokratischen Partei Deutsch- lands und arbeitete in der Nationa- len Front. Kurz nach meiner Beru- fung zum Kreisarzt wurde ich zum Vorsitzenden des Kreisausschusses der Nationalen Front gewählt.

Verwaltungserfahrungen hatte ich nicht. Das machte mir anfangs zu schaffen. Nachdem ich im Winter 1957/58 am 15. Kreisärztelehrgang der Akademie für Ärztliche Fortbil- dung teilgenommen und das Kreis- arztexamen abgelegt hatte, fand ich

mich in der Ratsarbeit besser zu- recht. Im Kreis Strausberg wirkte sich vor allem das Fehlen eines Kreiskrankenhauses als Zentrum der stationären Versorgung aus. So muß- ten wir mit zwei kleinen Kranken- häusern — einem um die Jahrhun- dertwende mit einer Kapazität von 55 Betten als städtisches Belegkran- kenhaus in Strausberg errichteten, das inzwischen durch Aufstellen von Baracken auf einen Stand von 160 Betten gebracht worden war, und ei- nem in einem ehemaligen Gutshaus untergebrachten in Neuenhagen — auskommen. Ein drittes Kranken- haus, das Tuberkulosekrankenhaus Altlandsberg, nahm auch Patienten aus anderen Kreisen des Bezirkes auf.

Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden

Jedes der zwei Allgemeinkran- kenhäuser war mit nur einem Fach- arzt für Chirurgie und nicht immer auch mit einem Internisten besetzt.

Die Chirurgen führten auch gynäko- logische Operationen durch, der in Strausberg tätige leitete zudem eine geburtshilfliche Station. Zwei Ent- bindungsheime wurden von prakti- schen Ärzten geleitet. In einigen Ge- meinden gab es noch Hebammen, die Hausentbindungen übernahmen.

Sehr ungünstig wirkte sich das Fehlen eines

Kreiskrankenhauses

mit den üblichen Fachabteilungen auf die Heranbildung unseres Ärzte- nachwuchses aus. Immer wieder gin- Dt. Ärztebl. 90, Heft 9, 5. März 1993 (23) A1-615

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gen junge Ärzte, die als Absolventen der Humboldt-Universität zu uns ge- kommen waren, nach kurzer Zeit nach Berlin zurück oder in andere Kreise, in denen die Weiterbildungs- bedingungen günstiger waren.

In der ambulanten medizini- schen Versorgung waren wir, vergli- chen mit manchem anderen, von Berlin weiter entfernt gelegenen Kreis, relativ gut dran. Hatten wir im staatlichen Gesundheitswesen auch erst drei praktische Ärzte, so arbei- teten aber zwanzig in eigener Praxis.

Ich hatte bereits im Jahre 1955 meine Vorgängerin einige Male ver- treten. Das war eine sehr vielseitige Arbeit, die mich an meine frühere Landarzttätigkeit erinnerte. Ein Un- terschied bestand allerdings darin, daß nicht Kranke, die behandelt werden wollten, kamen, sondern Ratsuchende und Antragsteller.

Meine Tätigkeit konnte sich natür- lich nicht in den Kreisarztsprech- stunden erschöpfen. Es kamen nicht selten Hausbesuche dazu; bei ihnen ging es vorwiegend um soziale Pro- bleme, mitunter auch um hygieni- sche.

Irgendwann mußte ich mir die Frage stellen, wo und wie ich unter den gegebenen Bedingungen am be- sten wirksam werden könnte. In den Krankenhäusern war man gewohnt, weitgehend selbständig zu arbeiten.

Am ehesten erreichbar war für mich alles, was zum ambulanten Sektor des Gesundheitswesens gehört. Mei- ne wichtigsten Partner waren die am- bulant tätigen Arzte.

Um ihnen näherzukommen, bat ich sie, an ihren Gewerkschaftsgrup- penversammlungen teilnehmen und auch die anderen im staatlichen Ge- sundheitswesen tätigen Ärzte mit- bringen zu dürfen. Beiden Wün- schen wurde stattgegeben. So ent- standen gute Voraussetzungen für ein Miteinander. Eine Einladung zu Dienstbesprechungen hätte als Brüs- kierung aufgenommen werden kön- nen.

Ich informierte in diesen ge- meinsamen Versammlungen über Gesetze und Verfügungen und er- läuterte sie. Hin und wieder ent- brannte ein heftiger Meinungsstreit, aber im Endergebnis kamen wir wei- ter. Damit ich in den Gewerkschafts-

versammlungen nicht Zeit für Ange- legenheiten, die nicht alle betrafen, verschwendete, war ich jederzeit für jeden Arzt zu sprechen, auch in mei- ner Wohnung. Ich suchte auch die freipraktizierenden Arzte auf, um ih- re Arbeits- und Lebensbedingungen kennenzulernen und um ihnen im Bedarfsfall behilflich sein zu können.

Einer von ihnen verstand das falsch. Nachdem ich vormittags bei ihm gewesen war, rief man mich nachmittags an: Er sei dabei, seine Koffer zu packen, um sich nach Westberlin abzusetzen. Sofort fuhr ich zu ihm und fragte nach seinen Gründen. „Sie waren doch bei mir.

Da muß doch etwas gegen mich vor- liegen." Ich konnte ihn beruhigen,

Der Text von Dr. Horst Rocholl ist ein Auszug aus einer Buchpubli- kation der DDR („Im Dienst des Menschen. Erinnerungen an den Aufbau des sozialistischen Ge- sundheitswesens", herausgegeben von Karl Seidel u. a., Berlin (Ost) 1989), Der Verfasser — Jahrgang 1908 — studierte während der Wei- marer Republik. Er war Mitglied der NSDAP, Truppenarzt an der Ostfront, in Gefangenschaft, spä- ter Mitglied der "Bewegung Freies Deutschland". Auf der Antifa- Schule Krasnogorsk wurde er zum Sozialisten. Gleichwohl verurteilte man ihn zu 25 Jahren Freiheitsver- lust. Von 1956 bis 1965, nach sei- ner Repatriierung, arbeitete er als Kreisarzt beziehungsweise danach als Kreistuberkulosearzt.

Zu seinen Motiven für die Ansied- lung in der DDR schreibt er heu- te: In der DDR am Aufbau mitzu- wirken, entsprach damals voll mei- ner in der UdSSR gewonnenen politischen Überzeugung, wenn- gleich ich nicht Mitglied der SED war. Er wendet sich gegen die Kennzeichnung der DDR als „Un- rechtstaat von Anfang an". Ich ha- be die DDR . . . nicht unkritisch einfach über mich ergehen lassen, sondern . . . meine Forderungen für einen demokratischen Sozialis- mus angemeldet, wo immer ich konnte. Ich wünsche mich heute nicht in die DDR zurück, wie sie mehr und mehr wurde, aber ich bedauere zutiefst, daß alles, wirk- lich alles negiert wird.

und er blieb bis an sein Lebensende bei uns. So entwickelte sich ein für unsere Zusammenarbeit notwendi- ges, für mich wohltuendes Vertrau- ensverhältnis nicht nur mir gegen- über, sondern auch gegenüber dem Staat, den ich als Kreisarzt und auch persönlich vertrat.

Ich habe es als meine Hauptauf- gabe betrachtet, bei meinen ärztli- chen Kollegen, denen ich mich zuge- hörig fühlte, das Vertrauen zu unse- rem Staat zu fördern und bei meinen Kollegen im Staatsapparat, zu denen ich mich ebenfalls als Kollege be- kannte, das zu uns Ärzten — auch wenn es auf beiden Seiten Vorbehal- te gab, die störten.

Starke Unterstützung durch die Schwestern

Monatlich einmal fand für die Gemeindeschwestern eine Fortbil- dungsveranstaltung statt. Am 25. No- vember 1955 war ich eingeladen, ih- nen über das Gesundheitswesen in der Sowjetunion zu berichten. Die- ser und auch die im darauffolgenden Jahr gehaltenen Vorträge „Arzt und Friedenskampf" und „Die Medizin ist nicht nur eine biologische Wissen- schaft" wurden gut aufgenommen.

Bei den Gemeindeschwestern konn- te ich nicht, wie bei meinen Arztkol- legen, Zeichen von Reserviertheit feststellen. Den Grund dafür sehe ich darin, daß sie Vertreter eines neuen Schwesterntyps sind, der sei- nen Ursprung im Jahr 1945 hat, in ei- ner Zeit großer Not, in der es eine riesige Zahl Kranker und anderer Hilfsbedürftiger, aber nur wenig Ärzte gab. Einige von ihnen waren als Schwestern ausgebildet, manche als Rotkreuzhelferinnen, viele brachten nichts weiter mit als den Willen, Not zu lindern, und lernten erst im Laufe der Zeit, das sachkun- dig zu tun. Fast alle Gemeinde- schwestern, die damals im Kreis Strausberg arbeiteten — es waren ins- gesamt einunddreißig , hatten bis zur Gründung der Deutschen Demo- kratischen Republik, einige sogar darüber hinaus, ihre Arbeit ohne Vergütung geleistet. Manche von ih- nen, die in einem weit von einer Arztpraxis entfernt gelegenen Ort tätig waren, mußten in einem heute A1-618 (26) Dt. Ärztebl. 90, Heft 9, 5. März 1993

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nicht mehr vorstellbaren Maße Ver- antwortung tragen.

Die Gemeindeschwestern waren auch bei der Hygienearbeit auf dem Lande aktiv, die Ende der fünfziger Jahre besonders in der Landwirt- schaft immer mehr in das Blickfeld öffentlichen Interesses rückte. Nach Gründung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, in de- nen Nutztiere in größeren Bestän- den gehalten wurden, nahm die Ge- fahr zu, daß Tierseuchen große Wer- te vernichten könnten. Die Hygie- neinspektoren und der Leiter der Kreishygieneinspektion — bis 1962 in jedem Kreis der Kreisarzt — mahn- ten, erteilen Auflagen, erstatteten Bericht, um alle für die Landwirt- schaft Verantwortlichen auf diese Gefahr aufmerksam zu machen.

Kinderlähmung erfolgreich bekämpft

Andere Schwerpunkte meiner Arbeit waren die Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen sowie mit Blinden und Gehörlosen. In den Jah- ren 1958 und 1959 führten wir bei- spielsweise Impfungen mit dem Salk- Impfstoff gegen die Kinderlähmung durch.

Um den 20. April 1960 herum erhielt ich die Mitteilung, daß am 27., 28. und 29. April eine Schluck- immunisierung gegen die Kinderläh- mung durchzuführen sei. Die Zeit war knapp. Es war unmöglich, über- all Listen mit den Namen aller Kin- der und aller Jugendlichen sowie Er- wachsenen bis zum 40. Lebensjahr aufzustellen. Sie alle sollten Tropfen erhalten, die sie für lange Zeit vor der Kinderlähmung schützen wür- den. Am 26. April brachte der „Neue Tag" einen von mir unterzeichneten Aufruf, in dem alles enthalten war, was jeder über die Immunisierung wissen mußte. Schon Tage vorher hatten wir alle Gemeinden infor- miert. Gemeindeschwestern, Rot- kreuzhelfer und weitere Freiwillige fanden sich bereit, den in Frage kommenden Personenkreis zu erfas- sen, indem sie von Haus zu Haus gin- gen. Wie angeordnet, wurde die Im- munisierung bis zum 29. April abge- schlossen. Nur ganz vereinzelt gab es Verweigerungen. Im Dank an die

Helfer, veröffentlicht im „Neuen Tag", konnte ich bekanntgeben, daß 20 531 Kinder, Jugendliche und Schwangere immunisiert wurden.

Seither hat es im Kreis Strausberg keine einzige Erkrankung an Kinder- lähmung mehr gegeben.

Die Bürgermeister von Ringen- walde und Batzlow übermittelten mir den dringenden Wunsch der zahlreichen Mütter, in ihren Ge- meinden Mütterberatungsstunden einzurichten. Aber ich fand keinen Arzt, der bereit und imstande gewe- sen wäre, diese zusätzliche Aufgabe zu übernehmen. So sprang ich selbst ein. Meine Frau, seit einem Viertel- jahrhundert meine Mitarbeiterin, machte mit. So fuhren wir monatlich einmal in die beiden Dörfer, zuerst in das eine und von dort aus in das andere.

Ende März 1962 griff eine Ruhr- epidemie, die in Berlin entstanden war, auf unseren Kreis über. Es muß- ten Hilfskrankenhäuser eingerichtet und zahlreiche Stuhlproben einge- sammelt werden, was wiederum Ar- beit für viele Helfer bedeutete. „Bür- ger des Kreises Strausberg!" war ein vom Ratsvorsitzenden Walter Gün- ther und mir unterzeichneter Aufruf überschrieben. Er enthielt Anwei- sungen für ein richtiges Verhalten und wurde Anfang April überall ver- teilt. Während der Dauer der Ruhr- epidemie veröffentlichte der „Neue Tag" fast täglich auf seiner Kreissei- te einen Tagesbericht unter. dem Ti- tel „Im Kampf gegen die Ruhr nicht nachlassen!" Am 17. Mai konnten wir melden: „Nur noch vereinzelt Neuerkrankungen an Ruhr."

Wollten wir eine gute Teilnahme an den von uns angebotenen Maß- nahmen erreichen, mußten wir de- ren Ziel erläutern. Solange noch kei- ne Gesellschaft zur Verbreitung wis- senschaftlicher Kenntnisse existierte, die die Organisierung hätte überneh- men können, war es weitgehend Zu- fallssache, ob einige wenige oder ei- nige Dutzend Menschen erschienen.

Um für die BCG-Impfung zu wer- ben, schrieben wir also Beiträge für die Tagespresse. Die gleiche Situati- on bestand, als wir 1957 zum ersten Mal eine Volksröntgenreihenunter- suchung durchführten. Von beson- derer Bedeutung jedoch war die täg-

liche Berichterstattung im „Neuen Tag" während der bereits erwähnten Berliner Ruhrepidemie 1962. Die Redaktionen hatten es damals schwer, Ärzte zu finden, die bereit waren, einer Tageszeitung oder einer nicht direkt wissenschaftlichen Zeit- schrift Artikel zu liefern. Mancher, der sich breitschlagen ließ, tat das unter der Bedingung, daß statt sei- nes Namens ein Pseudonym unter seinen Aufsatz gesetzt würde. Ich se- he darin ein Zeichen dafür, daß es vielen absolut nicht leichtgefallen ist, traditionelle Vorstellungen zu über- winden. Daß das inzwischen voll ge- lungen ist, erleben wir heute täglich im Fernsehen, im Rundfunk und in allen Zeitungen.

Die arbeitsreichste und schönste Zeit

Im Jahre 1961 wurde ich Mit- glied des Rates des Kreises Straus- berg. Ich wurde es mit gemischten Gefühlen. Zwar begrüßte ich, daß dem Gesundheitswesen eine größere Bedeutung zugemessen wurde als zuvor und daß ich es selbst im Rat vertreten konnte, auch, daß mir die Informationen und Anregungen, die ich aus den Ratssitzungen mitnahm, nützlich sein konnten. Bedenken hatte ich hinsichtlich der abzusehen- den vielen Stunden in Ratssitzungen, die mir für meine Arbeit „vor Ort"

fehlen würden. Die Bedenken waren nicht ganz unbegründet gewesen, zu- mal in den Sitzungen immer über Landwirtschaft, meistens auch über den Handel und nur selten, und dann ganz zum Schluß und „auf die Schnelle", über das Gesundheitswe- sen gesprochen wurde.

Als ein Jahr später den Kreisärz- ten ein Kreishygienearzt zur Seite gestellt wurde — den letzten Anstoß dazu gaben die während der Berliner Ruhrepidemie gesammelten Erfah- rungen —, konnte der Kreisarzt mehr Zeit für seine Verwaltungsaufgaben verwenden. Auch diese Verände- rung erlebte ich mit einem lachen- den und einem weinenden Auge, weil mir die Hygienearbeit überaus zusagte. Meine Kreisarzttätigkeit war die arbeitsreichste und schönste Zeit meines Lebens.

MR Dr. med. Horst Rocholl Dt. Ärztebl. 90, Heft 9, 5. März 1993 (27) Ai-619

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