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Archiv "Ärztliches Handeln und politische Verfolgung in SBZ und DDR Persönliche Erlebnisse (7)" (12.11.1993)

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THEMEN DER ZEIT FORSCHUNGSPROJEKT

Ärztliches Handeln und

politische Verfolgung in SBZ und DDR Persönliche Erlebnisse (7)

Die Schilderungen der Erlebnisse von Prof. Pickenhain bilden den Abschluß der DDR-Serie im Deutschen Ärzteblatt, die unter der Leitung des Historikers Dr. Klaus-Dieter Müller steht. Die einzelnen Berichte sind nicht repräsentativ, geben aber einen guten Einblick, wie einzelne Ärztinnen und Ärzte ihre beruf- liche und private Vergangenheit erlebt haben.

D

as Kriegsende erlebte ich als 24jähriger in Thüringen. Es war für mich die Befreiung von faschistischer Barbarei und die Verpflichtung zu aktivem Handeln. Ich sehnte mich nach einer neuen gesellschaftlichen Zukunft und wollte sie mitgestalten. Die bür- gerliche Gesellschaftsordnung im Westen Deutschlands schien mir nicht die Voraussetzungen für die Überwindung der ideologischen Fol- gen des Faschismus zu bieten. So trat ich der Kommunistischen Partei bei, deren Verschmelzung mit der SPD im Osten Deutschlands ein altes anti- faschistisches Ziel verwirklichte. Tie- fere Einsichten in politische Hinter- gründe, insbesondere in die Entwick- lung in der UdSSR, erlangte ich erst allmählich. Und so reiste ich 1948 auf abenteuerlichen Wegen nach Mar- burg und nahm als junger Arzt an der Gründung des Marburger Bundes der Jungärzte teil.

Ich arbeitete als Assistent am Hygienischen Institut in Jena bei ei- nem Chef, der als Deutscher in der Tito-Armee gekämpft hatte. Durch Beziehungen erfuhr ich, daß ihm nach dem Bruch Stalins mit Tito die Verhaftung bevorstand. Aufgrund meiner und anderer Informationen setzte er sich nach West-Berlin ab.

Dadurch entstand jedoch auch für mich eine unmittelbare Bedrohung durch die Sowjetische Geheimpolizei (NKWD). Auch ich mußte Jena ver- lassen und zog mit meiner Familie nach Ost-Berlin.

Mein weiterer Lebensweg war durch wissenschaftliche Aktivitäten bestimmt. Am Physiologischen Insti-

tut der Humboldt-Universität richte- te ich mit Hilfe sowjetischer Gastpro- fessoren ein neurophysiologisches Laboratorium ein. Im Jahre 1958 wurde unsere Gruppe jedoch vom Parteiapparat zerschlagen, weil man ihr „sektiererische, kleinbürgerliche Ideologie" vorwarf. In Vorbereitung des 5. Parteitages der SED wurden wir als ein Paradebeispiel für fal- sches, „parteiwidriges Verhalten" an- geprangert.

Politische

Auseinandersetzungen prägen den Lebensweg Aufgrund dieser Begebenheiten mußte ich mit meiner Familie erneut umziehen. Ich arbeitete drei Jahre lang an der Medizinischen Akademie in Magdeburg. Auch dort richtete ich am Pharmakologischen Institut ein neurophysiologisches Laboratorium ein. Vor allem aber baute ich meine internationalen Beziehungen sowohl zu Neurowissenschaftlern im Westen als auch im Osten weiter aus. 1961 war ich an der Gründung der Inter- national Brain Research Organiza- tion (IBRO/Unesco) beteiligt, in der ich von 1963 bis 1990 als Council Member aktiv tätig war. Diese Ver- bindungen waren für mich ein wichti- ger Rückhalt auf all den politischen Problemfeldern, auf denen ich mich in späteren Jahren bewegen mußte.

Von Magdeburg aus gründete ich an der Universität Leipzig nach dem Vorbild von Prof. Richard Jung in Freiburg eine Abteilung für klini- sche Neurophysiologie, die 1963 ihre

Arbeit aufnahm. Wiederum geriet ich in politische Auseinandersetzun- gen, diesmal mit einem Altkommuni- sten, dem Chef der Neurologisch- Psychiatrischen Klinik Leipzig, der völlig veraltete Behandlungsmetho- den in der Psychiatrie aufrechterhal- ten wollte.

Meine Habilitationsarbeit schrieb ich über elektrophysiologi- sche Veränderungen während unter- schiedlicher Verhaltenszustände von Ratten. Da mich jedoch in erster Li- nie die Hirnfunktionen des Men- schen interessierten, nahm ich das Angebot an, am Institut für Sportme- dizin in Leipzig ein neurophysiologi- sches Laboratorium einzurichten.

Dieses Institut wurde vier Jahre spä- ter in das von der Öffentlichkeit weit- gehend abgeschirmte Forschungsin- stitut für Körperkultur und Sport (FKS) eingegliedert. Auf diese Weise geriet ich wieder in unmittelbare Be- rührung mit außerordentlich heiklen politischen Fragestellungen. Anfang der siebziger Jahre gewann ich Ein- blick in die verhängnisvollen und schließlich verbrecherischen Mecha- nismen der zentralen Kommando- strukturen im Leistungssport der DDR. Da ich mich dieser Linie wi- dersetzte, erhielt ich ab 1973 keinen Einblick mehr in politisch entschei- dende Maßnahmen und widmete mich daher ausschließlich den neuro- physiologischen Untersuchungen.

Es gab ein aufschlußreiches Kri- terium, nach dem man die Wertung der einzelnen Persönlichkeiten durch die SED-Führung einschätzen konn- te; dies war die Verleihung hoher Or- den und Auszeichnungen. Als einzi- ge Auszeichnung habe ich nach den Olympischen Spielen in München die

„Verdienstmedaille der DDR", den niedrigsten Auszeichnungsgrad, er- halten, was gegenüber allen anderen im Leistungssport Tätigen bereits zu dieser Zeit einer Diskriminierung gleichkam.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 45, 12. November 1993 (29) A1-2981

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THEMEN DER ZEIT

Schon damals unterlag ich stren- ger Überwachung durch den Staatssi- cherheitsdienst. Die Ursache waren meine umfangreichen Kontakte mit Wissenschaftlern in aller Welt und meine häufigen, meist auf Einladun- gen beruhenden, Auslandsreisen. Ich weiß, daß meine gesamte Auslands- post in beiden Richtungen kontrol- liert wurde. An mein Institut gerich- tete fremdsprachige Post wurde, be- vor man sie mir aushändigte, ins Deutsche übersetzt, damit die „Kon- trollorgane" sie lesen konnten. Ich war mir der Gefahr, in der ich lebte, bewußt und hatte Adressenlisten ausländischer führender Wissen- schaftler bei Freunden hinterlegt, um sie im Falle meiner Verhaftung so- fort zu informieren. Andererseits kannten die staatlichen Organe die politischen Probleme, die mit meiner Person zusammenhingen, denn man hat niemals versucht, mich als Mitar- beiter der Stasi zu gewinnen oder mir bei meinen Auslandsreisen spezielle Aufträge zu erteilen. Ich wußte, daß man mich nicht gern zu Kongressen, Symposien und Studienaufenthalten fahren ließ. Doch man wollte dem Ansehen der DDR auch nicht da- durch schaden, daß man solche Rei- sen unterband. So stand ich wieder am Rande einer politischen Front, von der manche annehmen mußten, daß ich ihr angehörte, gegen die ich jedoch im Geheimen mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln aktiv arbeitete.

Welche Methoden standen mir zur Verfügung? Einmal waren dies die Vorbildwirkung und der Einfluß auf junge Menschen, deren Erzie- hung und Ausbildung mir anvertraut waren.

Mein Schüler und Nachfolger als Leiter des Labors für Neurophysiolo- gie am FKS in Leipzig hat sich nach meiner zwangsweisen Relegierung als Laborleiter (1979), weil er für mich eintrat, drei bis vier Jahre lang hart mit politischen Anfeindungen auseinandersetzen müssen, bis er schließlich auf einen Lehrstuhl beru- fen werden konnte. Mein leitender Ingenieur bildete nach der Wende zusammen mit drei weiteren Perso- nen eine Demokratisierungsgruppe, die mit der „Abwicklung" des FKS beauftragt wurde.

FORSCHUNGSPROJEKT

Ein anderer Einfluß ging über meine Publikationstätigkeit. Schon in der zweiten Hälfte der fünfziger Jah- re begann ich zunehmend Einblick zu gewinnen in die politischen Ereignis- se, die sich auf politischem wie wis- senschaftlichem Gebiet in der So- wjetunion abspielten. Daraus zog ich die Schlußfolgerung, diejenigen Strö- mungen hervorzuheben und Arbei- ten solcher Autoren zu übersetzen, die sich der dogmatischen Linie wi- dersetzten und eigene schöpferische Ideen zum Ausdruck brachten. Die- ses Bestreben zeigte sich schon in

Prof. Dr. Lothar Pickenhain, Jahrgang 1920, studierte wäh- rend des Krieges mit Unterbre- chungen Medizin und beendete sein Studium 1946 in Jena. Er war KPD/SED-Parteimitglied von 1945 bis 1989. In seiner Leipziger Zeit gewann er Ein- blick in die medizinischen Struk- turen des DDR-Leistungssports, der vielfältig politisch-medizi- nisch mißbraucht wurde. Nach seiner erzwungenen Emeritie- rung 1981 war er weiterhin in vielen wissenschaftlichen Gesell- schaften, auch international, tä- tig. Nach der Wende gründete er in Leipzig ein Sozialpädiatri- sches Zentrum, das sich speziell um behinderte Kinder kümmert.

Die vorliegenden Ausführungen sind Teile eines Briefes, den der Verfasser Mitte 1991 an einen westdeutschen Bekannten ge- schrieben hat.

meiner ersten Monografie „Physiolo- gie der höheren Nerventätigkeit"

(1959), in der ich ausführlich das Werk des Pawlow-Schülers Konorski würdigte, dessen Name zu dieser Zeit in der UdSSR nicht erwähnt werden durfte. Später habe ich Ar- beiten des Pawlow-Schülers Anochin veröffentlicht, der auf der Pawlow- Konferenz 1950 in Moskau hart kriti- siert und anschließend seiner Ämter enthoben wurde. Völlig verfemt war in der UdSSR N. A. Bernstein, weil er Pawlow in vielen Details widerlegt und kritisiert hat. Seine Bücher wa- ren in Rußland aus den Bibliotheken verschwunden. Durch persönliche Beziehungen zu seinen Schülern ha-

be ich mir einen Sammelband seiner Arbeiten verschafft und 1975 in deut- scher Sprache veröffentlicht. Beson- ders nahe stand mir seit jeher die Ge- dankenwelt Albert Schweitzers. Es war jedoch unmöglich, die Leser in der DDR mit seinem Gesamtwerk vertraut zu machen, da seine Ideen mit der Linie der Parteiführung in keiner Weise in Übereinstimmung zu bringen waren. Durch Zufall stieß ich auf die Publikation eines sowjeti- schen Autors, Nossik, der Leben und Werk Albert Schweitzers — bis hin zu seinen religionsgeschichtlichen Ar- beiten — ausführlich beschrieb und würdigte. Ich schlug eine deutsche Übersetzung vor, die sofort geneh- migt wurde, da sie ja aus dem Russi- schen stammte. Bei dieser Überset- zung hatte ich nun freie Hand, alle Texte mit den Originalwerken Schweitzers zu vergleichen und dort Veränderungen oder Ergänzungen vorzunehmen, wo der Autor gezwun- gen gewesen war, Korrekturen anzu- bringen oder Kürzungen vorzuneh- men. Es ist dadurch ein echtes Schweitzer-Buch für DDR-Leser entstanden, das bis 1989 in 7. Auflage erschien.

Die dritte Einflußmöglichkeit lief über meine umfangreichen Aus- landsbeziehungen. Sie betrafen auf der einen Seite die Sowjetunion und einige sozialistische Länder. Seit 1955 hatte ich Gelegenheit, führende neurowissenschaftliche Einrichtun- gen in verschiedenen Städten der UdSSR zu besuchen und Gegenbesu- che sowjetischer Wissenschaftler zu empfangen. Den Schwerpunkt legte ich zunehmend auf den Ausbau per- sönlicher Kontakte zu solchen Wis- senschaftlern, die in Opposition zur offiziellen Parteilinie standen. Bei meinen mehr als hundert Besuchen habe ich sehr häufig privat gewohnt und im engen Kreis über freimütige Diskussionen einen politisch orien- tierten Vertrauensfonds aufgebaut.

Nur auf diesem Wege hatte ich Zu- gang zu offiziell diskriminierten Per- sonen und zu sonst unzugänglichen Materialien. Umfangreiche Kontakte hatte ich zu Neurowissenschaftlern in der CSSR. Fast alle unterschrie- ben im Jahre 1968 den Aufruf der 2000, und ich habe nach dem Ein- marsch der Warschauer-Pakt-Trup- A1-2984 (32) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 45, 12. November 1993

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THEMEN DER ZEIT

pen zu mehreren von ihnen — zum Teil über Drittländer — enge Kontak- te aufrechterhalten. So habe ich MDr. Jan Bureg, der politischen Repressionen ausgesetzt war, bewußt als Mitherausgeber an einer zehn- bändigen Monographiereihe betei- ligt, die von 1967 bis 1983 beim Fi- scher Verlag in Jena herausgegeben wurde. Analoge enge Beziehungen hatte ich zu führenden Neurowissen- schaftlern in Ungarn, die schon sehr frühzeitig in innerer Opposition zur offiziellen Parteilinie standen. Durch sie war ich über innere politische Auseinandersetzungen informiert, die schließlich zu der zunehmenden Loslösung Ungarns vom Warschauer Pakt führten.

Netz internationaler Beziehungen

Genauso wichtig waren für mich die Beziehungen zu amerikanischen, japanischen, kanadischen, französi-

schen und englischen Neurowissen- schaftlern. Auch von ihnen erhielt ich häufig persönliche Einladungen.

Dies schloß die private Unterkunft und die Möglichkeit zu eingehenden, vor allem auch politischen Diskussio- nen ein. Was sie bei mir suchten und was ich ihnen gab, war das offene persönliche Gespräch, für das es kei- ne politischen Tabus gab und in dem der freimütige gegenseitige Mei- nungsaustausch tiefere Einblicke in weltweite Entwicklungen erschloß.

So ließen sich viele Beispiele anfüh- ren, daß die internationale Gemein- schaft der Hirnforscher meine ei- gentliche wissenschaftliche und poli- tische Heimat geworden ist. Darin liegt auch der Grund, warum man mir von seiten leitender SED-Organe zwar stets mißtrauisch gegenüber- stand, doch keine konkreten Maß- nahmen gegen mich ergreifen konnte.

Für die Finanzierung dieser um- fangreichen Aktivitäten und zahlrei- chen Auslandsreisen stammte nur der geringste Teil der Gelder aus staatlichen Mitteln, zum Beispiel für die Delegierung zu internationalen Kongressen, Symposien oder IBRO- Council-Sitzungen. Die meisten Geldmittel mußte ich privat aufbrin-

FORSCHUNGSPROJEKT

gen. All dieses Geld habe ich in in- tensiver Arbeit durch Übersetzun- gen, besonders aus dem Russischen, sowie durch die Veröffentlichung po- pulärwissenschaftlicher Arbeiten verdient. Um mir Geld zu beschaffen, war ich also auf ,keinerlei staatliche oder gar geheimdienstliche Quellen angewiesen. Auch in dieser Bezie- hung konnte ich voll meine Unabhän- gigkeit wahren. Erstaunlich war für mich, daß kein einziger westlicher Geheimdienst zur Informationsbe- schaffung an mich herangetreten ist.

Erst unmittelbar nach der Wen- de trat ich aus der SED aus. Zwar hatte ich vor dieser Entscheidung wiederholt gestanden. Doch sie war zu keinem Zeitpunkt von entschei- dender Bedeutung. Ich wäre mit Si- cherheit in formale Schwierigkeiten verstrickt worden, ohne damit ir- gendeinen politischen Effekt erzielen zu können. So aber hatte mein Wort doch stets ein gewisses Gewicht, auch wenn ich mit kritischen Äußerungen auftrat, die ich natürlich gut begrün- den mußte. Parteischulen habe ich niemals besucht, obwohl man mich oft dazu gedrängt hat, und Partei- funktionen habe ich nur auf der un- tersten Ebene, im engeren wissen- schaftlichen Bereich wahrgenom- men. Hier galt mein Wort, und hier konnte ich Einfluß ausüben.

Als Leipziger hatte ich in den Tagen vor und während der „Wen- de" mehrere Verbindungen zu ju- gendlichen Teilnehmern kirchlicher Diskussionsgruppen. Es war nicht immer leicht, das Vertrauen dieser jungen Menschen zu gewinnen. Im September 1989 arbeitete ich einen Monat lang als Gast im Maison des Sciences de l'Homme in Paris. An- fang Oktober flog ich für drei Wo- chen zu einer Konferenz der Pavlovi- an Society of America, der ich als Eh- renmitglied angehöre, und zu einem Symposium an Peace nach Hiroshi- ma und zu einigen Freunden in Ja- pan.

Von dort aus verfolgte ich die Ereignisse in der DDR, über die sehr gut berichtet wurde. Sofort nach mei- ner Rückkehr trat ich aus der SED aus und tat alles, um mich aktiv in die politische Aufklärungsarbeit einzu- schalten. Ich nutzte die nun vielfältig gegebenen Möglichkeiten, um meine

Kenntnisse über das tatsächlich ab- gelaufene Geschehen der Öffentlich- keit mitzuteilen.

Der „Saat des Bösen" trotzen

Entscheidend war und ist jedoch für mich, daß ich das Vertrauen all der Menschen besitze, die mich von früher nicht in einer öffentlichen Po- sition, sondern im persönlichen Ge- spräch und im tatsächlichen Verhal- ten kannten. Das ist nicht nur jener Kreis von Menschen in den neuen Bundesländern, mit denen ich schon früher offen über politische Fragen sprechen konnte; sondern es sind vie- le Menschen in den alten Bundeslän- dern und in der ganzen Welt, die von mir tiefere Aufschlüsse über das er- hielten und auch weiterhin erwarten, was in der früheren DDR geschehen ist. Ihr Vertrauen sowie der Rat und die Unterstützung, die ich ihnen ge- ben kann, rechtfertigen nachträglich die vielen quälenden Zweifel und sorgenvollen Stunden, die ich in den vergangenen Jahrzehnten ausstehen

mußte.

Daß ich demgegenüber im Krei- se der „alten Seilschaften" verhaßt bin, weil ich es gewagt habe, ihre Ma- chenschaften (bis in die Gegenwart!) aufzudecken, das ist mir klar. Bedau- erlich ist es nur, wenn es ihnen ge- lingt, durch die „Saat des Bösen" Be- ziehungen zu gefährden oder gar zu zerstören, deren Erhaltung und sorg- fältige Pflege für mein weiteres Wir- ken von großer Bedeutung sind.

Doch auch dies wird mich nicht beir- ren, auf dem Weg, den ich einschla- gen habe, weiterzugehen.

Zu den Hauptprinzipien, die das Leben mich gelehrt hat, gehören die Achtung der Persönlichkeit jedes Partners, die Ablehnung jeder Vor- verurteilung und die Suche nach dem Guten, das im Menschen steckt, die offene Diskussion und der freimütige Meinungsaustausch mit der Bereit- schaft, eigene Auffassungen und Meinungen zur Disposition zu stel- len, sowie das ständige aktive Wir- ken, das nicht dem eigenen Ich, son- dern möglichst vielen Menschen zu- gute kommen soll.

Prof. Lothar Pickenhain A1-2986 (34) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 45, 12. November 1993

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