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Archiv "Kassenärztliche Bundesvereinigung: Ärztliches Handeln in Freiheit" (24.02.2006)

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e mehr sich die Politik in die Abläufe im Gesundheitswesen einmischt, de- sto stärker leidet die Berufszufrie- denheit der Ärztinnen und Ärzte. Im selben Maße steigt die Gefahr, dass die medizinische Versorgungsqualität auf Dauer ernsthaften Schaden nimmt. Auf einen kurzen Nenner gebracht, ist dies die Erkenntnis aus einer jahrzehntelan- gen Kostendämpfungspolitik – und es ist der eigentliche Grund für die immer massiver werdenden Ärzte-

proteste.

Während sich die lang auf- gestaute Frustration der Ver- tragsärzte in zentralen Groß- kundgebungen und anhalten- den regionalen Protestaktio- nen ein öffentliches Forum schafft, tagten die Delegierten der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) am Sams- tag, dem 18. Februar, in Berlin hinter verschlossenen Türen.

Dennoch ist die Zielrichtung dieselbe: die Forderung nach mehr Freiheiten im ärztlichen Handeln und nach verlässli- chen Rahmenbedingungen bei der Versorgung der Patienten.

Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung und die Kas-

senärztlichen Vereinigungen (KVen) un- terstützten die Anliegen der prote- stierenden Ärzte, erklärte KBV-Vorsit- zender Dr. med. Andreas Köhler nach der KBV-Vertreterversammlung gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt. Man gehe davon aus, dass die Proteste an- dauern werden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des gerade verab- schiedeten Arzneimittel-Versorgungs- Wirtschaftlichkeits-Gesetzes, das erneut deutliche Härten für die niedergelasse- nen Ärzte beinhaltet. Gleichwohl wer- den sich weder die KBV noch die KVen

an die Spitze der Bewegung stellen kön- nen, denn die ärztlichen Körperschaf- ten sind in der Wahl ihrer Mittel be- schränkt. Sie müssen – ob sie es wollen oder nicht – mit der Politik im Gespräch bleiben, solange noch die Möglichkeit besteht, die anstehende Gesundheitsre- form mit sachlichen Argumenten mit- zugestalten.

Damit geht es zunächst darum, einen Minimalkonsens zwischen der Politik

und den Vorstellungen der Ärzteschaft herzustellen. Vielleicht beginnt das von der KBV-Vertreterversammlung am Samstag verabschiedete Grundsatzpa- pier mit dem Titel „Ärztliches Handeln in Freiheit und Verantwortung“ auch deshalb mit der Beschreibung der Min- destanforderungen an eine funktionie- rende und leistungsfähige medizinische Versorgung:

>Jeder Patient hat Anspruch auf die notwendige medizinische Versorgung auf dem neuesten Stand der wissen- schaftlichen Erkenntnisse.

>Die haus- und fachärztliche Ver- sorgung muss wohnortnah sein.

>Die solidarische Krankenversiche- rung muss die dafür notwendigen Mittel bereitstellen, ohne die Versicherten zu überfordern und ohne den nachfolgen- den Generationen weitere Schulden- berge aufzubürden.

Um dies sicherstellen zu können, be- darf es nach Überzeug der KBV einer neuen Finanzierungsgrundlage der Ge- setzlichen Krankenversiche- rung (GKV) und der Abkop- pelung der GKV-Einnahmen von den Erwerbseinkommen.

„Erst dann“, heißt es in dem Positionspapier, „wird der Wachstumsmarkt Gesundheit sein Potenzial zum Erhalt und zur Schaffung neuer Arbeits- plätze voll entfalten können.“

Ausreichende Mittel seien auch deshalb erforderlich, „da- mit alle im Gesundheitswesen Tätigen eine angemessene Vergütung für ihre qualifizier- ten Leistungen erhalten. Die Qualität der Versorgung hängt stark von der Berufszufrieden- heit der Ärzte ab.“

Doch um die Berufszufrie- denheit ist es derzeit alles an- dere als gut bestellt: „Die Unzufrieden- heit der Ärzte mit ihren Arbeitsbedin- gungen steigt rapide und wird zum Kol- laps der Versorgung führen, wenn nicht umgehend gegengesteuert wird.“ Was Zehntausende von Ärzten der Bundes- regierung mit Transparenten, Plakaten und griffigen Parolen nahe zu bringen versuchen, beschreibt die KBV so: „Die Unzufriedenheit wurzelt in der täglichen Erfahrung der Vertragsärzte, dass ihre Gestaltungsspielräume bei der Behand- lung von Patienten immer weiter einge- schränkt werden. Der Kern eines lei- P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006 AA439

Kassenärztliche Bundesvereinigung

Ärztliches Handeln in Freiheit

Die wachsende Unzufriedenheit der Ärzte mit ihren Arbeitsbedingungen kann nach Ansicht der KBV zum Kollaps der Versorgung führen. Sie fordert deshalb

weniger Fremdbestimmung und mehr Gestaltungsspielraum für die Ärzte.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Andreas Köhler, fordert die Politik auf, den Vertragsärzten mehr Gestaltungsspielräume zu geben.

Foto:Georg J.Lopata

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stungsfähigen Versorgungssystems, das Patienten-Arzt-Verhältnis, wird zuneh- mend fremdbestimmt.“ Diese Fremdbe- stimmung, die Kostendämpfungs- und Budgetpolitik, ist nach Ansicht der KBV eine wesentliche Ursache für bereits er- kennbare Versorgungsdefizite: „Es ist ir- rig, wenn einige Politiker immer noch glauben, mit noch mehr Vorschriften Fehlallokationen abbauen zu können.

Das Gegenteil ist der Fall. Fremdbestim- mung schadet der Qualität und Effekti- vität der Versorgung.“

Doch die „Eckpunkte für die Ände- rung des Vertragsarztrechts sowie ande- rer Vorschriften“ aus dem Hause Ulla

Schmidt deuten kein generelles Umden- ken an (dazu DÄ, Heft 5/2006). Die Bun- desgesundheitsministerin will vielmehr weitere Eingriffsmöglichkeiten in die Zu- ständigkeiten der gemeinsamen Selbst- verwaltung zulasten der ärztlichen Kör- perschaften durchsetzen. So soll der

Sicherstellungsauftrag für die ambulante Versorgung von den KVen auf die Kran- kenkassen übertragen werden können, wenn Versorgungsdefizite festgestellt werden. Der Kommentar der KBV dazu:

„Wenn die Kassenärztliche Vereinigung eine Versorgungslücke nicht schließen kann, können es die Krankenkassen noch viel weniger.“

Die KBV ist davon überzeugt, dass ei- ne Schwächung der ärztlichen Körper- schaften zulasten der Versorgungsqua- lität gehen würde. Nur die Vertreter der Ärzteschaft brächten das medizinische Know-how und genaue Kenntnisse der Patientenbedürfnisse ein. Sollte der Ge- setzgeber jedoch die KBV und die KVen nur noch als verlängerten Arm zur Durchsetzung von planwirtschaftlichen Vorgaben betrachten und damit zu reinen Erfül- lungsgehilfen der Kran- kenkassen für Kosten- dämpfungsmaßnahmen degradieren, dann erfüll- ten sie ihren Zweck nicht mehr. Die ärztlichen Kör- perschaften müssten in diesem Fall durch eine schlagkräftige und von solchen Zwängen befrei- te Interessenvertretung ersetzt werden. Die Bot- schaft an die Politik ist unmissverständlich und greift erneut ein Kernan- liegen der Protestwelle auf: nicht noch mehr Fremdbestimmung!

Stattdessen fordert die KBV die Politik auf, mehr Gestaltungsspiel- räume für Vertragsärzte zu schaffen – nicht zu- letzt in wirtschaftlicher Hinsicht. Infolge der strikten Honorarbudge- tierung würden rund 30 Prozent aller ambulan- ten medizinischen Leistungen nicht mehr vergütet. Die Vertragsärze würden zunehmend zu Rationierungen gezwun- gen. Um aber das Versorgungssystem leistungsfähig zu halten, bräuchten die niedergelassenen Ärzte eine gesunde wirtschaftliche Basis, Investitions- und

Kalkulationssicherheit. Der Weg dahin kann nach Auffassung der KBV nur in der Abschaffung der Honorarbudgets liegen. An ihre Stelle soll eine Vertrags- gebührenordnung mit festen Eurobeträ- gen treten. In einer Stellungnahme der KBV zu den Eckpunkten heißt es dazu:

„Die Eurobeträge werden zwischen den Vertragsärzten und den Krankenkassen in einem Gebührenordnungsausschuss verhandelt und in geeigneten Zeitab- ständen an die medizinische und wirt- schaftliche Entwicklung angepasst.“

Grundsätzlich positiv steht die Kas- senärztliche Bundesvereinigung der ge- planten Flexibilisierung und Liberalisie- rung des Berufsausübungsrechts gegen- über. So ist unter anderem vorgesehen, die Möglichkeiten von Vertragsärzten zu erweitern, in den Praxen Ärzte mit indi- vidueller Arbeitszeitgestaltung anzustel- len. Ebenso soll es den niedergelassenen Ärzten erlaubt werden, auch außerhalb ihres eigentlichen Praxissitzes tätig zu werden – unabhängig vom Einzugsge- biet der zuständigen KV. Dies sind An- sätze, mit denen nicht nur einer drohen- den Unterversorgung begegnet werden kann, sondern die auch den Vorstellun- gen der Bundesregierung zu mehr Wett- bewerb im Gesundheitswesen entgegen- kommen.

Ärzteproteste gehen weiter

Wie diese neuen Freiheiten in Verbin- dung mit einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen ambulant und stationär tätigen Ärzten und den Möglichkeiten der mo- dernen Telematik zu schlüssigen Struk- turen im Gesundheitswesen führen kön- nen, hat der KBV-Vorstand nachvoll- ziehbar skizziert (dazu der nachfolgende Beitrag „Blick in die Zukunft“). Ob je- doch die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, liegt nicht zu- letzt an der Bereitschaft der Politik, die Feinsteuerung des Gesundheitswesens der Selbstverwaltung zu überlassen.

Unterdessen gehen die Proteste der niedergelassen Ärzte und der ärztlichen Verbände weiter. Für den 24. März ist die nächste bundesweite Großkundgebung in Berlin angekündigt. Am selben Tag tritt auch die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung er- neut zusammen. Josef Maus P O L I T I K

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A440 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

Frustration der Ärzte: Mehr als 20 000 Demonstranten prote- stierten am 18. Januar in Berlin gegen die Gesundheitspolitik.

Foto:Vario-Press

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