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Archiv "KBV-Dokumentation zur Mutterschaftsvorsorge: Weiterer Rückgang der perinatalen Mortalität" (26.01.1996)

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P O L I T I K LEITARTIKEL

D

er Gesetzgeber stellt seinen Bürgern den Arzt als einen

„seiner Natur nach freien Be- ruf“ zur Seite und verpflichtet diesen gleichzeitig zum Dienst an

„der Gesundheit des einzelnen Men- schen und der des gesamten Volkes“.

Er stellt auch fest, daß der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist, also nicht primär darauf ausgerichtet, Gewinn zu erzielen.

Berufliche Selbständigkeit und wirtschaftliche Unabhängkeit von Dritten in der Patient-Arzt-Beziehung gelten als vertrauensbildend. Das frei- berufliche ärztliche Selbstverständnis durchzieht alle Tätigkeitsbereiche, und es wurde bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes mit sei- nen rigiden Zulassungsregelungen auch gestützt und geschützt durch die stets vorhandene Alternative, sich al- len Zumutungen Dritter durch eine freiberufliche Niederlassung zu entzie- hen. Insoweit bekommt die „Bedarfs- zulassung“ zur vertragsärztlichen Be- handlung von GKV-Mitgliedern eine Auswirkung, die weit über die Planung und Begrenzung von Niederlassungs- möglichkeiten hinausgeht: sie verän- dert die Grundlagen für den „seiner Natur nach freien Arztberuf“ in allen unselbständigen Arbeitsverhältnissen, indem sie die existentielle Bindung dort ihrer entscheidenden Alternative in freier Praxis unter den Umständen einer Niederlassungssperre beraubt.

I

n die Diskussion um eine engere Verflechtung der Patientenbe- handlung in Praxis und Klinik ha- ben die unmittelbar beteiligten Ärzte beider Tätigkeitsbereiche ihre fachlichen und beruflichen Verpflich- tungen einzubringen. Das Ergebnis dieses persönlichen Zusammenwir- kens wird dann fachliche, strukturelle und durch klare persönliche Verant- wortlichkeiten getragene Verbesse- rungen mit sich bringen.

Nicht Institutionen, sondern Per- sonen müssen sich zum Nutzen für die

Patienten verbünden, füreinander und miteinander verantwortlich han- deln. So erwartet es auch ein kranker Mensch von denjenigen Ärzten, die sich gleichzeitig oder auch nacheinan- der um ihn bemühen. Dahinter müs- sen „Herr im Hause“-Standpunkte von Krankenhausträgern und an öko- nomischen Planzielen ausgerichtete Systemtrennungen zurücktreten.

Die Ärzte müssen die „Verzah- nung“ der ambulanten und der sta- tionären Patientenbehandlung selbst zustande bringen. Dafür müssen sie ei- nen verbindenden Prozeß einleiten, der, wenn er mit möglichst wenigen Reibungsverlusten vor sich gehen soll, von einer ärztlichen Genossenschaft getragen wird, die die Ärzte in der am- bulanten und in der stationären Kran- kenversorgung organisiert und sie ei- nem aufeinander abgestimmten Ho- norierungssystem zuführt.

M

it diesem Ziel muß eine überzeugende Langzeitstra- tegie entwickelt werden, in die eine permanente Fehler- korrektur eingebunden sein muß. Ei- ne gemeinsame ärztliche Selbstver- waltungsorganisation nach dem Mu- ster der Kassenärztlichen Vereinigun- gen könnte den Rahmen dafür bilden.

Auch wenn solche Vorstellungen nicht neu sind und sich bisher niemand trau- te, sie in die Tat umzusetzen, so bietet die erneute Reformdiskussion gerade um diesen Grenzbereich der bisheri- gen Ordnungssysteme in der Kran- kenversorgung eine neue Chance für ärztliche Initiativen. So wie es sich zur Zeit darstellt – mit einem nahezu un- genierten Verteilungskampf um die vorhandenen und rückläufigen Res- sourcen –, darf es nicht weitergehen.

Die Interessen und die berechtigten Ansprüche der Versicherten an die Personen und Institutionen, die für ih- re Krankenversorgung und ihre ge- sundheitliche Betreuung verantwort- lich sind, genießen dabei nicht die er- forderliche Priorität. Die Verpflich-

tung jedes einzelnen, der Tatsache ei- nes Finanzierungssystems mit sozia- lem Ausgleich durch Konzentration auf das Notwendige und Wirtschaftli- che Rechnung zu tragen, ist damit durchaus vereinbar; aber sie ist und bleibt Gegenstand der Abwägung im einzelnen Krankheitsfall.

F

ür eine stufenweise Zusammen- führung der ärztlichen Arbeits- felder bieten sich organisatori- sche und medizinisch-fachliche Ebenen an. Aus gemeinsamer Zielset- zung, aus Engpässen in der Behand- lungspraxis und aus dem Bestreben nach mehr Durchlässigkeit bei der un- mittelbaren Zusammenarbeit von Ärz- ten haben sich bereits zahlreiche „Mo- delle“ aus ärztlicher Initiative ent- wickelt. Dazu gehören die Kooperati- ons-Systeme in der Versorgung von

„Krebskranken“, kooperative Nieder- lassungen von Vertragsärzten an Kran- kenhäusern zur gemeinsamen Nutzung der Ressourcen, Modelle miteinander verknüpfter Notfall- und Hintergrund- dienste sowie die gemeinsame Nut- zung von medizinischen Investitionen zu hoch-technisierten Untersuchun- gen, zur Strahlentherapie oder zu spe- ziellen Operationsmöglichkeiten.

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on seiten der Ärzte und ihrer Wissenschaft, soweit sie praxis- oder klinikreif ist, hat die ge- meinsame Zukunft längst be- gonnen. Wäre da nicht der Störungs- faktor, der sich aus dem Steuerungsan- spruch ökonomischer Zielvorstellun- gen einschleicht, und wäre da nicht die Angst der anderen Wirtschaftsberei- che vor Kaufkraftbindung beim Brut- toinlandsprodukt und vor Wettbe- werbsnachteilen beim Außenhandel, gäbe es auch keine Schrebergartensyn- drome und auch keine politischen Machtkämpfe um Einflußbereiche im sogenannten Gesundheitswesen.

„Vorfahrt für die Selbstverwal- tung“ hätte schon viel für sich: die ge- samte Situation könnte sich entkramp- A-153 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 4, 26. Januar 1996 (13)

Verzahnung –

Ein ärztlicher Auftrag

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fen, und aus dem Handeln der im Ge- sundheitsbereich Tätigen könnte der

„Tanz ums goldene Kalb“ wieder ver- schwinden. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß zum Beispiel die Ärzte wieder die Sicherheit haben, daß ver- nünftiges, qualitativ abgewogenes und auf die Gesundheit der Versicherten ausgerichtetes Handeln seine Berech- tigung in sich trägt, anerkannt und an- gemessen honoriert zu werden, und keine kompensatorischen Aktivitäten von geringerem Nutzen herausgefor- dert werden. Dann kann sich Freibe- ruflichkeit wieder entfalten und ihren nichtökonomischen Zielen folgen. Die systematische Zusammenführung der Ärzte in eine Organisation, die eine Renaissance solchen Arzttums in Selbstkontrolle begleitet und vor Ein- griffen anderer Interessen schützt, ist eine der Voraussetzungen dafür.

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ie Ärzteschaft hat längst ihre Konzepte entwickelt. Schon vor mehr als zwei Jahrzehnten hat sich der Deutsche Ärztetag hinter sie gestellt. Politik und Öffent- lichkeit sind darüber hinweggegangen.

Die meisten von den damaligen Re- formvorschlägen würden auch heute noch weiterhelfen. Aus den zahlrei- chen Brücken zwischen Kranken- hausärzten und Ärzten in freier Praxis könnte auf mittlere Sicht über eine Durchsetzung mit Belegärzten, sinn- vollen Ermächtigungen, Konsultati- onsverträgen mit freipraktizierenden hochspezialisierten Ärzten und nahezu medizinisch perfekten, an der Schwelle des ambulanten zum stationären Tätig- keitsfeld angesiedelten Bereitschafts- diensten wieder ein Ganzes entstehen:

von Ärzten ausgedacht, von Ärzten betrieben, von Ärzten verantwortet und durch eine Selbstverwaltung nach außen geschützt.

Nachdem die gesetzlichen Kran- kenkassen in ihrer künftigen Organi- sation und im Wettbewerb um günsti- ge Beitragssätze ihre Doppelrolle als Vertreter ihrer erkrankten Mitglieder und als Interessenvertreter gesunder Beitragszahler kaum durchhalten dürften – der Kranke wird zum Scha- densfall –, wird die Gesellschaft die Ärzte und ihre Organisationen dafür dringend brauchen.

Prof. Dr. med.

Ernst-Eberhard Weinhold A-154

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(14) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 4, 26. Januar 1996

Seit 1984 reduzierte sich die peri- natale Mortalität in der Bundesrepu- blik Deutschland um 30 Prozent. Das 1991 erreichte Niveau von 5,6 Todes- fällen pro tausend Geburten schien noch vor zehn Jahren ein kaum er- reichbares Ziel. Ein ähnlich steiler Abfall läßt sich bei der Säuglings- sterblichkeit feststellen, die von 9,6 pro tausend im Jahr 1984 auf 6,7 pro tausend im Jahr 1991 abfiel. Im Ver- gleich mit den Staaten der Europäi- schen Gemeinschaft weist die Bun- desrepublik damit erneut die gering- ste perinatale Mortalität auf. Hin- sichtlich der Säuglingssterblichkeit liegt sie hinter den Niederlanden an zweiter Stelle.

Zuverlässigere Daten Dies sind die Ergebnisse einer von der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV) in Auftrag gegebe- nen Dokumentation. Sie läßt Rück- schlüsse über die Mutterschaftsvor- sorge nach den Richtlinien des Bun- desausschusses der Ärzte und Kran- kenkassen sowie über die ärztliche Betreuung während der Schwanger- schaft und nach der Entbindung zu.

Während in den vergangenen Jahren lediglich Fallzählungen (Mutter- schaftsvorsorgefälle) aus der Abrech- nungsstatistik der KBV zur Verfü- gung standen, konnte nun erstmals zuverlässigeres Datenmaterial ver- wendet werden. So wurden sowohl die auf Landesebene erstellten Peri- natalerhebungen der Ärztekammern als auch Daten des Statistischen Bun- desamtes und der Europäischen Ge- meinschaft für die Auswertung ge- nutzt. Dabei bezieht sich das Zahlen- material auf die Gesamtzahl der Ge- burten in den alten Bundesländern.

Die Dokumentation, die von der KBV erstmals für das Jahr 1989 her- ausgegeben wurde, ermöglicht nun

hinsichtlich der Jahresergebnisse für 1991 weit detailliertere Aussagen: Die Geburtenzahl nahm mit 733 352 ge- genüber 1990 nur um 0,5 Prozent zu.

Davon kamen 2 390 Totgeborene zur Welt, 1 822 Lebendgeborene verstar- ben während der ersten sieben Tage, 4 931 während des ersten Lebensjah- res. Im Zusammenhang mit der Ge- burt verstarben 62 Frauen, was einer Müttersterblichkeit von rund 7 pro 100 000 entspricht. Im Jahr 1975 lag diese Zahl etwa sechsmal so hoch.

Der Trend, den Beginn der Schwangerenüberwachung vorzuver- legen und die Anzahl der Vorsorgeun- tersuchungen zu vergrößern, setzte sich von 1990 auf 1991 fort. So erfolgte bei 82 Prozent aller Schwangeren die Erstuntersuchung vor der 13. Schwan- gerschaftswoche, und bei 74 Prozent wurden mindestens zehn Vorsorgeun- tersuchungen durchgeführt. Der An- teil an Risikoschwangerschaften, der seit Jahren zunimmt, lag bei 65 Pro- zent. Laut Mutterschaftsrichtlinien sollte der betreuende Arzt jede Risi- koschwangere spätestens vier Wochen vor der zu erwartenden Geburt in der Entbindungsklinik vorstellen, was je- doch nur bei 56 Prozent der Fall war.

Etwa jede fünfte Schwangere wurde während der Schwangerschaft min- destens einmal stationär aufgenom- men. Antepartale Kardiotokogramme (CTG) wurden bei 86 Prozent aller Schwangerschaften geschrieben, wo- mit sich deren Anzahl von 1990 auf 1991 um rund 3 Prozent erhöhte.

Bei der Entbindung von Einlin- gen wurden 94 Prozent aller Gebur- ten kardiotokographisch überwacht.

Dies zeigt, daß die CTG-Überwa- chung unter der Geburt inzwischen geburtshilflicher Standard ist. Ge- burtsrisiken traten bei 62 Prozent der Schwangeren auf, und die seit Jahren ansteigende Sectio-Rate erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr leicht auf 16 Prozent. Dr. Sabine Glöser

KBV-Dokumentation zur Mutterschaftsvorsorge

Weiterer Rückgang der

perinatalen Mortalität

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