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Archiv "Lexikon: MVZ" (01.07.2005)

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ehn Uhr an einem verreg- neten Samstagmorgen.

Vier Hausbesuche hat Norbert Wolfgang Hautzer bereits hinter sich. 21 Stunden des Bereitschaftsdienstes lie- gen noch vor ihm. Der erste Patient rief um sieben Uhr dreißig an. Auf die Frage, wel- che Beschwerden der Anrufer hatte, meint Hautzer: „Ich hät- te fast gesagt: das Übliche.“

Ein älterer Patient mit Obsti- pation. „Als ich ankam, hatte es dann doch schon ge- klappt“, berichtet der Arzt aus Köln-Marienburg und blickt lachend über seine Brille.

Während seines Bereit- schaftsdienstes ist Hautzer für fünf Stadtteile im Kölner Sü- den zuständig. Seit 1986 be- treibt der praktische Arzt und Psychotherapeut eine Haus- arztpraxis. Mit seiner Familie lebt er im selben Haus. Nach Köln kam der gebürtige Oberhausener zum Studium.

Ein Karnevalist sei er aber bislang noch nicht geworden, meint der 54-Jährige.

Grippale Infekte, Be- schwerden der Lendenwir- belsäule, Magen-Darm-Ver- stimmungen – das sind die Hauptgründe, weshalb Haut- zer gerufen wird. Aber auch Medikamentenabhängige und Alkoholiker suchen seinen medizinischen Rat. Arznei- mittelabhängige Patienten gä-

ben oftmals fadenscheinige Gründe an, warum sie den Hausarzt aufsuchen und ein Rezept benötigen: „Die Ta- bletten sind heruntergefallen, und meine Frau hat sie aus Versehen mit dem Staubsau- ger aufgesaugt.“ Hautzer nimmt es gelassen. In Marien- burg leben eher gut situierte Bürger.

Die meisten Patienten, die außerhalb der Sprechzeit Hil- fe brauchen, rufen zunächst in der Arztrufzentrale Duisburg an, die für den gesamten Be- reich der KV Nordrhein zu- ständig ist. Hier wird Hautzers Nummer an die Anrufer wei- tergegeben oder ein Hausbe-

such organisiert. Bis vor zwei Jahren hatte es noch eine lo- kale Arztrufzentrale in Köln gegeben. In der Zentralisie- rung sieht Hautzer auch Nachteile. So seien die Mitar- beiter der Kölner Einrichtung ortskundiger gewesen und hätten Patienten besser ge- kannt, die häufig anrufen.

„Die Zentralisierung hat den Ablauf anonymer gemacht“, bemerkt er.

Insgesamt sei das Anruf- verhalten sehr unterschied- lich, sagt Hautzer. Manche Patienten kontaktieren we- gen Lappalien die Arztruf- zentrale. Andere möchten auch bei wirklich gravieren- den Beschwerden nicht, dass ein Rettungswagen geschickt wird, sondern dass zunächst ein Arzt zu ihnen kommt.

Hautzer schätzt, dass er in et- wa fünf Prozent der Fälle auf Patienten trifft, die eher einen Rettungswagen benötigt hät- ten. Demgegenüber stehen rund 20 Prozent „Miss- brauchsfälle“, zum Beispiel Patienten, die aus Bequem- lichkeit anrufen, nach dem Motto: „Beim Arzt ist es zu den Sprechzeiten immer so voll.“ Ärgerlich macht Haut- zer das nicht: „Im Laufe der Zeit steht man darüber.“

Pro Monat leistet Hautzer etwa vier Bereitschaftsdien- ste.Durchschnittlich versorgt er zehn Patienten je Dienst.

Die Vergütung erfolgt außer- halb des Budgets und mit ei- nem festen Punktwert. Ein

Hausbesuch im Bereitschafts- dienst wird mit 1 200 Punkten bewertet. Im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein liegt der Punktwert bei 4,6016 Cent.

Der Hausbesuch wird also mit rund 55 Euro vergütet.

Kommt ein Patient in die Pra- xis, ist die Entlohnung deut- lich niedriger. Der erste Be- such im Notdienst pro Quar- tal (Ordinationskomplex) wird mit 500 Punkten bewertet und mit 23 Euro vergütet. Ab dem zweiten Kontakt (Konsultati- onskomplex) beträgt die Ver- gütung nur noch 2,30 Euro, das entspricht 50 Punkten.

Hinzu kommen die erbrach- ten Leistungen. Für einen neurologischen Status erhält Hautzer acht Euro (175 Punk- te), für ein Ruhe-EKG 10 Eu- ro (220 Punkte).

Als störend am Bereit- schaftsdienst empfindet Haut- zer vor allem, dass er von den Patienten die Praxisgebühr einziehen muss. „Da steht man nachts um drei im Alten- heim und soll zehn Euro kas- sieren“, kritisiert er. Jeder Pa- tient, der einen Notdienstbe- such in Anspruch nimmt, zahlt pro Quartal zehn Euro, zusätz- lich zur beim Arztbesuch fälli- gen Praxisgebühr. Für die er- ste Mahnung an zahlungssäu- mige Patienten aber ist der Arzt zuständig. Hautzer schätzt, dass nur rund zwei Drittel der Patienten, die er im Bereitschaftsdienst behandelt, zahlen. Dr. med. Birgit Hibbeler

A

A1916 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 26⏐⏐1. Juli 2005

S T A T U S

Hausärztlicher Bereitschaftsdienst

Kritik an Praxisgebühr

Foto:Johannes Aevermann

Seit dem 1. Januar 2004 können „Medizinische Versor- gungszentren“ (MVZ) ambulante vertragsärztliche Lei- stungen erbringen. Ein MVZ ist definiert als eine ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als freiberufliche Ver- tragsärzte oder Angestellte tätig sind. Weite- res Merkmal ist die Interdisziplinarität. Das MVZ muss eine fachübergreifende Einrichtung mit min- destens zwei Fachärzten sein. Entweder kommen diese aus verschiedenen Fachbereichen oder decken unter- schiedliche Versorgungsfunktionen (hausärztlich, fach- ärztlich oder psychotherapeutisch) ab. 126 solcher Zen- tren wurden bislang gegründet. Die beteiligten Ärzte er- hoffen sich Vorteile in der Abrechnung. In den meisten Fällen entstanden die MVZ aus dem Zusammenschluss niedergelassener Ärzte. Aber nicht nur Ärzte können sich zu einem Zentrum zusammenschließen. Besonders für Krankenhäuser ist die MVZ-Gründung attraktiv, denn so

können sie ihre Leistungen im ambulanten Bereich aus- weiten. Allerdings brauchen auch sie dafür Vertragsärzte oder deren Sitze. Befürworter Medizinischer Versor- gungszentren sehen in der Interdisziplinarität eine Opti- mierung der Behandlung. Da die Versorgung unter einem Dach stattfindet, sollen Doppel- untersuchungen vermieden werden. Die Nutzung einer gemeinsamen Infrastruktur und von technischen Gerät- schaften soll die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Für Ärzte, die das Risiko der Niederlassung scheuen, stellt ein MVZ die Möglichkeit dar, in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Teilzeitangebote scheinen praktikabel. Kritiker hingegen befürchten eine Anonymisierung der Arzt-Pati- enten-Beziehung. Berufsrechtlich kann man in der Ver- breitung Medizinischer Versorgungszentren eine Ten- denz weg von der Freiberuflichkeit und hin zum Arzt als

Angestellten sehen. BH

MVZ

L E X I K O N

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