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Archiv "Chronisch Kranke: Realitätsverfälschung" (12.10.2001)

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gen sich, essen und trinken und reagieren auch auf Schmerzreize. Wie diese Rei- ze verarbeitet werden, kön- nen wir nicht nachempfin- den, sicher ist: Hirntod ist keine Anästhesie, kein Nicht-Fühlen! Nehmen wir den Begriff „Seele“ hinzu, über dessen immense Bedeu- tung in der abendländischen Tradition Dr. Lang als Di- plom-Psychologe besser un- terrichtet sein sollte, als sein verzerrtes Bild der „aus dem Cavum oris emanierten See- le“ erkennen lässt. Dieser Begriff ist erst in den letzten 100 bis 200 Jahren von der aufstrebenden Naturwissen- schaft zu einem „Verbum non gratum“ erklärt worden und erfährt heute in der Me- dizin zunehmend eine Re- naissance. Können wir sicher ausschließen, dass durch den Körper eine wahrnehmende,

lernende und evolvierende Energie oder Kraft wirkt, die das eigentliche Wesen des Menschen ausmacht? Gehen wir davon aus, dass diese Seele nicht vom Körper ab- geleitet ist und unabhängig von ihm existiert, dann kön- nen wir Anästhesie dadurch erklären, dass die Seele infol- ge der Anästhetika-Wirkung auf das Steuerorgan Gehirn zeitweilig vom Körper ge- trennt ist. Beim Hirntod ist diese Trennung augenschein- lich nicht vollständig. Und die Seele kann durchaus lei- den! Nochmals herzlichen Dank an die mutige Anästhe- sistin Dr. Schlemmer, die auf diese weithin unbekannte in- humane Seite der Transplan- tationsmedizin aufmerksam gemacht hat.

Dr. Hans-Joachim Ritz, Kiepertstraße 15, 30419 Hannover

Chronisch Kranke

Zu dem Beitrag „Reform des Risiko- strukturausgleichs: Disease Man- agement wird aktiviert“ von Prof. Dr.

med. Dr. sc. Karl W. Lauterbach und Dr. med. Stephanie Stock in Heft 30/2001:

Realitätsverfälschung

Leider haben Sachverständi- ge wie Herr Lauterbach

„keine Ahnung von der Sa- che, die sie begutachten“

(Prof. Kolkmann). So ent- sprechen die DMP originär unserem bestehenden deut- schen Hausarztsystem (bio- logisches Modell nach Ull- rich). Wozu dann weitere Bürokratisierung? Für die diffamierenden und ehren- rührigen Behauptungen von

„Experten“ über die angeb- lich schlechte Versorgung chronisch kranker Men-

schen fehlen in aller Regel Belege, die dann durch stati- stische Tricks und darauf aufbauende Hochrechnun- gen ersetzt werden. So stel- len die in der Grafik 1 dar- gestellten Ergebnisse der Code-2-Studie eine grobe Verfälschung der Realität dar. Die Prämisse für die Er- rechnung der Krankenhaus- kosten war, dass 20 % der Diabetiker innerhalb eines Jahres stationär behandelt würden. Dieser Wert ist für diabetestypische Komplika- tionen mindestens um den Faktor fünf, in der Gesamt- heit aller Krankenhaus-Ein- weisungen, also auch für Un- fälle etc., um den Faktor zwei zu hoch. Wo bleibt da der von Herrn Lauterbach ge- forderte EBM? Diesen Rea- litätsverfälschungen kann nur durch vollständige Da- tenerhebung in den Praxen

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 41½½12. Oktober 2001 AA2641

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und durch Klärung der Fra- ge, warum einige Patienten schlecht eingestellt sind, be- gegnet werden. Dazu bedarf es aber hausärztlichen Sach- verstandes!

Dr. med. Michael Spiel, Dorfplatz 6, 71711 Murr

DMP – ein rasch wachsender Markt

Disease-Management-Pro- gramme (DMP) sind seit cir- ca zwei Jahren sowohl bei privaten Krankenversiche- rern als auch bei gesetzli- chen Krankenkassen in aller Munde. Durch Gesundheits- ministerin Ulla Schmidt hat das Disease-Management im Rahmen der Reform des Ri- sikostrukturausgleichs einen besonderen Impetus erhal- ten, da Frau Schmidt bei den gesetzlichen Krankenkassen finanzielle Anreize für den Aufbau von DMP schaffen möchte. In jüngerer Zeit gibt es einen dementspre- chend rasant wachsenden Markt an Anbietern von Disease-Management-Pro- grammen. DMP haben eine bessere Versorgung chro- nisch Kranker unter Anwen- dung evidenzbasierter Leitli- nien zum Ziel. Ebenso ver- spricht man sich mittelfristig eine Verringerung der Krankheitskosten durch Vermeidung von Spätschä- den. Die größte Erfahrung besitzen die Anbieter am Markt mit DMP zu Asthma bronchiale und Diabetes mellitus. In jüngerer Zeit werden aber auch DMP an- geboten zu Herzinsuffizienz, arterieller Hypertonie, Osteoporose, Depression, Adipositas, Allergien und Mammakarzinom.

Zurzeit bringt man den DMP großes Vertrauen entgegen, und es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Vertrauen sich als gerechtfertigt erweisen wird, denn DMP verursachen zu- nächst einmal hohe Kosten, und sie müssen erst noch be- weisen, dass sie effektiv und effizient sind. In diesem Zu- sammenhang halte ich die Bemerkungen von Lauter-

bach zur Qualitätssicherung bei Disease-Management- Programmen für sehr wich- tig. Monitoring und Transpa- renz der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind bisher bei den angebotenen DMP zum Teil nicht ausrei- chend.

Dr. med. Rainer Hakimi, Hallesche- Nationale Krankenversicherung a.G., Reinsburgstraße 10, 70178 Stuttgart

Krankenhäuser

Zu dem Beitrag „Privatliquidati- onsrecht auf der Kippe“ von Dr. rer.

pol. Harald Clade in Heft 34–35/ 2001:

Zukunft: Grundgehalt und variable Zulage

Ihr oben genannter lesens- werter Beitrag veranlasst mich in meiner jetzt 25-jähri- gen ärztlichen Tätigkeit zu meinem ersten Leserbrief an das DÄ.

Die deutsche ärztliche Selbstverwaltung durch Ärz- tekammern und kassenärztli- che Vereinigungen ist unver- ändert beispielgebend für die meisten Länder unseres Globus und ist nach meiner Einschätzung als „Westdeut- scher“ von der Mehrzahl der ostdeutschen Kollegen nach Wiedererlangung unserer staatlichen Einheit mit Be- geisterung übernommen worden. Das US-amerikani- sche Gesundheitssystem ist wenig nachahmenswert, trotz der überragenden wis- senschaftlichen Erfolge die- ses Landes. Ich kann mich aber leider des Eindrucks nicht erwehren, dass ad 1) unsere Organisationen auf politische Entscheidungen nur reagieren, statt sich den Herausforderungen der finanziellen Probleme im Gesundheitswesen zu stellen und mit eigenen Konzepten zu agieren; ad 2) die Bundes- ärztekammer bei ihrem Be- streben, das Privatliquidati- onsrecht für leitende Kran- kenhausärzte zu erhalten, über die Situation in den neuen Bundesländern auch elf Jahre nach der Einheit of- fensichtlich wenig informiert

zu sein scheint. Privatliqui- dation ist hier kein „Thema“.

Die meisten leitenden Kran- kenhausärzte tragen äußerst kompetent klinische und ökonomische Verantwortung mit „BAT I Ost“. Ich sehe die Zukunft in einem Grund- gehalt, das sich in seiner Höhe nach dem Umfang des zu übernehmenden Verant- wortungsbereiches richtet, und einer variablen Lei- stungszulage. Die/Der leiten- de Ärztin/Arzt, die/der sich unabhängig von der Kran- kenkasse des Patienten ins- besondere um die schwieri- gen Fälle kümmert, wird auf- grund Erfahrung Überdia- gnostik und unkritische poly- pragmatische Therapie, zu der jüngere Kollegen aus Unerfahrenheit und Angst vor Fehlern neigen, verhin- dern. Dies steigert die öko- nomische Effizienz und als

„Belohnung“ das Einkom-

men. Am nicht nur wirt- schaftlichen Erfolg des Krankenhauses sollten letzt- lich alle Berufsgruppen vom gesamten ärztlichen-, Pflege- und Verwaltungsbereich fi- nanziell partizipieren. Das derzeitige Festhalten an al- ten Strukturen vertieft die Einkommenskluft zwischen West und Ost, fördert die Abwanderung leistungsbe- reiter Kollegen in den „We- sten“ und demotiviert Lei- stungsträger aus dem „We- sten“, im „Osten“ Verant- wortung zu übernehmen.

Die Folgen, insbesondere auch für die ostdeutschen medizinischen Fakultäten, in der wissenschaftlichen Kon- kurrenz zu bestehen, sind unabsehbar!

Prof. Dr. med. Joachim Mössner, Universitätsklinikum Leipzig, Medizini- sche Klinik und Poliklinik II, Philipp- Rosenthal-Straße 27, 04103 Leipzig

Jugendkriminalität

Erfahrungen auf einer Station für Kin- der- und Jugendpsychiatrie:

Sicht eines Gewaltopfers

Ich wurde 1992 Gewaltopfer, als ich als Ärztin in einer Kinder- und Jugendpsychia- trie gearbeitet habe.

Ein kleiner Junge, dessen al- koholsüchtiger Vater dem Jungen so zusetzte, dass die- ser dekompensierte, wurde irrtümlicherweise auf die Sta- tion für neurotisch-dissoziale Jugendliche verlegt. Ich be- kam die Verantwortung für diesen Jungen, der mein er- ster Patient auf diesem Ar- beitsfeld war. Vorher habe ich in der Notfallmedizin und Anästhesie gearbeitet. Als ich nach Hause ging, mach- ten sich die Jugendlichen über diesen Jungen in übel- ster Weise her. Ich lief herzu und bemühte mich, diesen Jungen vor den Tritten und Schlägen zu bewahren, und bekam natürlich die Schläge und Tritte selber ab. Ich schrieb, wie mir der verant-

wortliche Stationspfleger riet, an das Sozialministeri- um, erhielt jedoch nie eine Antwort. Die Chefärztin und ihre Oberärztin baten mich zu einer Unterredung und sagten, ich dürfe mit nieman- dem über das, was vorgefal- len ist, reden, ansonsten wür- den sie mir die Stelle entzie- hen.

Dem Ganzen wurde noch eins draufgesetzt, indem ich die weiteren neun Monate auf der Station weiterarbei- ten musste, wobei ich tagtäg- lich von den Jugendlichen bedroht wurde.

Ich war damals allein erzie- hende Mutter und hatte so- wohl die finanzielle als auch menschliche Verantwortung für meine Kinder, ich konnte also nicht das Arbeitsverhält- nis von heute auf morgen be- enden. Ich schreibe diesen Brief, um auch einmal die Seite eines Gewaltopfers zu schildern. Auch wenn ich die Motive der Chefin und ihrer Oberärztin kenne, entschul- digt dies in keiner Weise ihr Verhalten oder das Verhalten der Jugendlichen.

Heike Staus, Buchenweg 8, 25337 Kölln-Reisiek

Referenzen

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