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Archiv "Medizinprodukte: Frühzeitig den Nutzen prüfen" (29.04.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 17

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29. April 2011 A 929 Pflegestellen im NHS. Das sind

schlechte Nachrichten für alle Pa- tienten“, erklärte ein RCN-Sprecher.

Das Londoner Gesundheitsmi- nisterium bestreitet, dass als Folge der Reformen Ärzte- beziehungs- weise Krankenpflegestellen gekürzt werden sollen. Der Premierminis - ter betonte, „medizinische Versor- gungsangebote werden nicht be- schnitten“. Cameron wiederholte mehrfach, die NHS-Ausgaben wür- den nicht gekürzt, und er sei bereit, dies „persönlich und unwiderruf- lich zu garantieren“. Britische Me- dien decken aber immer wieder Fälle auf, in denen Kliniken nicht- dringliche Operationen wie Hüft - gelenkoperationen monatelang auf Eis legen, um Geld zu sparen.

Sparziel: 20 Milliarden Pfund Der Regierung zufolge sollen bis 2015 „rund 20 Milliarden Pfund“

(umgerechnet 26 Milliarden Euro) durch effizienteres Arbeiten im NHS eingespart werden. Daran zweifeln freilich die Berufsverbän- de. Sie warnen inzwischen öffent- lich vor der Zerstörung des staat - lichen Gesundheitsdienstes.

Private Krankenversicherer sind ebenfalls nervös. Großbritannien hat zwar seit Jahrzehnten ein staat- liches Gesundheitswesen. Trotzdem ist die privatmedizinische Versor- gung in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Derzeit verdienen Pri- vatkliniken im Königreich jährlich dreistellige Millionenbeträge mit der Behandlung von NHS-Patien- ten. Denn diese haben beispiels - weise die Möglichkeit, sich statt in einem staatlichen Krankenhaus in einer Privatklinik operieren zu las- sen. Diese Option wurde eingeführt, um die Wartezeiten im NHS zu ver- kürzen. Im vergangenen Jahr mach- ten circa 220 000 NHS-Patienten da- von Gebrauch. Das bescherte privat - medizinischen Anbietern Um sätze von mehr als 400 Millionen Pfund (480 Millionen Euro). Jetzt warnen die Betreiber der Privatkliniken, die Geldknappheit im öffentlichen Sek- tor und die geplante Gesundheitsre- form führten dazu, dass Patienten nicht länger die freie Wahl hätten. ■

Kurt Thomas

P O L I T I K

MEDIZINPRODUKTE

Frühzeitig den Nutzen prüfen

Eine unabhängige Nutzenbewertung soll die Einführung medizintechnischer Innovationen in die Versorgung beschleunigen. Viele Fragen dazu sind noch offen.

M

it dem CE-Kennzeichen, das die Sicherheit, technische Funktionstauglichkeit und Leistungs- fähigkeit eines Medizinprodukts be- stätigt, ist es nicht mehr getan, um eine medizintechnische Innovation erfolgreich in die Versorgung einzu- führen. Für die klinische Bewertung und Prüfung von Medizinprodukten spielt auch die Nutzenbewertung eine zunehmend größere Rolle. Das be- tonten Experten bei einer vom Bun- desverband Medizintechnologie e.V.

(BVMed) veranstalteten Konferenz in Berlin. Allerdings ist noch un- klar, wer die Kriterien und Anfor - derungen für die Nutzenbewertung festlegt und wie diese finanziert werden soll.

Nach Auffassung des BVMed muss bei der Nutzenbewertung be- rücksichtigt werden, dass Medizin- produkte sich erheblich von Arz - neimitteln unterscheiden. Über ge- eignete Verfahren und methodische Grundlagen der Nutzenbewertung für Medizinprodukte sollten sich Krankenkassen, Selbstverwaltung und Unternehmen gemeinsam ver- ständigen, fordert der Branchenver- band. Um die Aufnahme in den Leis- tungskatalog der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) zu erleich-

tern und die unabhängige Nutzen - bewertung zu finanzieren, plädiert er für einen „Innovationspool“ aus den Mitteln der GKV, denn dies sei „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.

Zentren für Innovationen Aus Sicht des GKV-Spitzenver- bands wären dagegen Innovations- zentren ein möglicher Weg, um me- dizinische Innovationen allen Ver - sicherten möglichst schnell zur Ver- fügung zu stellen. Michael Weller, Leiter des Stabsbereichs Politik beim GKV-Spitzenverband, erläu- terte hierzu das Konzept. Derzeit seien die Krankenhäuser Motor für Innovationen und neue Verfahren.

Allerdings werde der Nutzen einer neuen Methode durch den Verbots- vorbehalt im stationären Sektor erst lange nach Einführung einer Me- thode geprüft. Bei vielen Innovatio- nen sei oft nicht einmal das Risiko abschätzbar. Das müsse geändert werden. „Innovationen gehören zur sicheren und schnellen Evaluation in die Hände von Experten. Des- halb soll eine Versorgung nicht in allen Kliniken, sondern nur in Inno- vationszentren stattfinden, bis aus- reichende Kenntnisse über die Nut- zen-Schaden-Bilanz und die not- Keramischer

Kugelkopf und -pfanne für ein künstliches Hüft gelenk im OP-Einsatz

Foto: BVMed-Bilderpool/CeramTec AG

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A 930 Deutsches Ärzteblatt

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29. April 2011 wendige Qualitätssicherung vorlie-

gen“, erläuterte Weller.

Als Innovationszentren kommen dabei nicht nur die Universi - tätskliniken infrage, sondern alle Krankenhäuser, die bestimmte Vor - aussetzungen für entsprechende Studien erfüllen. In dem jeweiligen Erprobungszeitraum soll es eine bedingte Erstattung der Kosten und eine Methodenfrühbewertung durch den Gemeinsamen Bundes- ausschuss (G-BA) geben. Weller be- tonte: „Es geht nur um die Fälle, bei denen ein Krankenhaus eine neue Methode einführen will und die Kosten über dem Entgelt der bishe rigen Methode liegen. Das sind im Jahr nur etwa zehn Me - thoden mit Medizinprodukten.“

Gemeint sei damit vor allem die in- vasive Medizintechnik wie etwa Im- plantate, also komplexe Medizin- produkte der Klassen II b und III nach Risikoklassifizierung. Die Stu- die zur Nutzenfrühbewertung müsse von der Methodik her geeignet sein, Nutzen und Schadenspotenzial der Innovation auf der Grundlage hochwertiger Studien nachzuweisen.

Der Vorteil: „Auf diese Weise kön- nen geeignete Innovationen auch schneller im ambulanten Sektor ein- geführt werden“, meinte Weller.

Evidenz als Basis

Auch für den G-BA muss der Nut- zen einer Innovation anhand von pa- tientenrelevanten Endpunkten im Vergleich zum etablierten Standard auf der Grundlage bestmöglicher Evidenz nachgewiesen werden. Hier sehe die Verfahrensordnung des G-BA prinzipiell keinen Unterschied zwischen verschiedenen Technolo- gien vor. Auch diagnostische Metho-

den seien möglichst in randomisier- ten kontrollierten Studien (RCTs) zu evaluieren, erklärte Dr. med. Mat - thias Perleth von der Abteilung Fachberatung Medizin des G-BA.

Perleth verwies darauf, dass der G-BA derzeit nur einen Bruchteil aller Innovationen bewerte und hinsichtlich des Innovationsmanage- ments bislang eher schwach aufge- stellt sei. So könne der G-BA bei- spielsweise eine Aussetzungsfrist er- lassen, in der Studien vorgelegt wer- den könnten, aber nicht müssten.

Dies könne sich mit dem geplanten Versorgungsgesetz ändern, denn die von der Regierungskoalition vorge- legten Eckpunkte gingen auch auf innovative Behandlungsmethoden ein (Kasten). Hier sei abzuwarten, wie der Referentenentwurf letztlich ausgestaltet werde. „Auch ohne RCTs sind aber positive Beschlüsse möglich“, betonte Perleth. „Der Leistungskatalog ist in Deutschland nach wie vor sehr umfassend.“

Innovationen seien ein integraler Bestandteil der regulären Patienten- versorgung. Aus einzelnen Fehlent- wicklungen müsse gelernt werden,

„sie dürfen jedoch nicht die Ge- samtheit des medizinisch-techni- schen Fortschritts in Misskredit bringen und die Patienten für un - bestimmte Zeit vom Fortschritt ausschließen“, warnte Dr. Nicole Schlottmann als Vertreterin der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Innovationen nur noch im Rahmen hochwertiger Studien in einigen Innovationszentren zuzu- lassen, lehnte sie ab und plädierte stattdessen für eine differenzierte patienten- und themenspezifische Evidenzbewertung. Es sei sinnlos, die Methodenbewertung auf die

reine Nutzenbewertung zu reduzie- ren, wie dies im Eckpunktepapier vorgesehen sei. Dem GKV-Konzept fehle die Patientenperspektive, denn es gebe viele Bereiche, in denen Patienten keine etablierten Versor- gungsangebote zur Verfügung stün- den. „Der frühe Zugang zu Innova- tionen für den Patienten muss erhal- ten bleiben“, mahnte Schlottmann.

Sinnvoll seien zwei parallele Wege:

einerseits schneller studienbasiertes Wissen generieren und gleichzeitig die Patienten mit Innovationen ver- sorgen. Die Innovationen seien dabei sachgerecht zu vergüten.

Und: Die nichtkommerzielle kli - nische Forschung und die Versor- gungsforschung müssten durch langfristige und nachhaltige Finan- zierungskonzepte zielgerichtet ge- fördert werden, forderte die DKG- Vertreterin.

Dr. Stefan Sauerland, zuständig für „nichtmedikamentöse Verfah- ren“ beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits- wesen (IQWiG), bemängelte, dass die Nutzenbewertung sehr spät er- folge, nämlich erst, wenn die neue Untersuchungs- und Behandlungs- methode in den ambulanten Sektor gelange oder im stationären Sektor

„auffällig“ werde. Vorher prüften die Benannten Stellen anhand von kli- nischen Daten im Rahmen der CE- Kennzeichnung, der Medizinische Dienst der Krankenkassen sowie die Krankenhausärzte, die das neue Verfahren erlernten und anwendeten.

Künftig seien daher vor dem Markt- zugang und der Erstattung bessere Studien zu Medizinprodukten ein- zufordern – je nach Gefährdungs- potenzial (Klassen II b und III), In- novationsgrad und behauptetem Nut- zen beziehungsweise gefordertem Preis. Medizinprodukte würden für die ärztliche Selbstverwaltung und auch für das IQWiG verstärkt zum Thema werden, prognostizierte der Experte. In den Innovationszentren sieht er eine Chance für die Industrie, dass sie ihre Innovationen mit wenig Geld testen kann und dabei die Evi- denz quasi „frei Haus geliefert“ be- kommt. Das sei eine Stärkung der Forschung, die der Industrie und den Patienten helfen könne. ■ Heike E. Krüger-Brand

Innovative Behandlungsmethoden

„(. . .) Für den G-BA wird daher die Möglichkeit geschaffen, künftig innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potenzial zeitlich begrenzt unter strukturierten Bedingungen bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn unter Ausset- zung des Bewertungsverfahrens zu erproben.

Damit erhält der G-BA ein neues Instrument für

die Bewertung von Methoden, deren Nutzen (noch) nicht mit hinreichender Evidenz belegt ist.

Die angemessene Beteiligung und Beratung der betroffenen Fachkreise im G-BA-Verfahren wird gesichert.

Die Finanzierung erfolgt über den Systemzu- schlag nach § 139 c SGB V, die Hersteller werden an der Finanzierung beteiligt.“

ECKPUNKTE VERSORGUNGSGESETZ (AUSZUG)

P O L I T I K

Referenzen

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