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Archiv "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Der evidenzbasierten Medizin verpflichtet" (26.09.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008 A2039

T H E M E N D E R Z E I T

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as Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesund- heitswesen (IQWiG) nahm im Jahr 2004 seine Arbeit auf der Grundlage des § 139 SGB V auf. Seitdem er- stellt das Institut vor allem im Auf- trag des Gemeinsamen Bundesaus- schusses (G-BA) Bewertungen me- dizinischer Maßnahmen und veröf- fentlicht allgemeinverständliche In- formationen zu Medizinthemen. Das Spektrum der Aufträge ist sehr breit:

Bewertet hat das Institut zum Bei- spiel Arzneimittel, wie Insulinana- loga (1, 2) und Clopidrogel (3), nicht medikamentöse Therapien, wie bestimmte Anwendungen der Stammzelltransplantation (4, 5), der Balneofototherapie (6) oder Ge- wichtsreduktion als Maßnahme zur Blutdrucksenkung (7). Hinzu kom- men Screeninguntersuchungen, wie etwa die Bewertung eines Neugebo- renen-Hörscreenings (8). Insgesamt hat das Institut bislang 115 Aufträ- ge erhalten und 53 Berichtspläne, 47 Vorberichte und 36 Abschluss- berichte erstellt (www.iqwig.de).

Einige dieser Papiere sind öffent- lich kritisiert worden, zum Teil scharf. Diese Kritik hat im Allge- meinen zwei Ebenen: Zum einen richtet sie sich gegen inhaltliche De- tails. Zum anderen wird aber immer wieder ganz grundsätzlich die Ar- beitsweise des Instituts und seine Anwendung der Methoden der evi- denzbasierten Medizin kritisiert (zum Beispiel 9–12).

Scharfe Konflikte scheinen eine zumindest vorerst unvermeidbare Begleiterscheinung der Institutsar- beit zu sein. Es gibt vier Gründe, die das Konfliktpotenzial mitprägen.

1. Das Institut befasst sich in der Regel mit strittigen Themen. Der G-BA ist nicht verpflichtet, das In-

stitut in seine Entscheidungsfindung einzubinden. Er kann auf Grundlage eigener wissenschaftlicher Recher- chen Entscheidungen treffen, wenn seine Gremien die Sachlage als aus- reichend klar beantwortet ansehen.

Das IQWiG wird also mit Themen beauftragt, bei denen die wissen- schaftliche Erkenntnis unzurei- chend, widersprüchlich und/oder von mangelhafter Qualität ist.

2. Der G-BA priorisiert Themen, die die Grundlage für gesundheits- politische Entscheidungen mit weit- reichenden berufspolitischen und finanziellen Konsequenzen sein kön- nen. Vor allem dann, wenn ein Auf- trag zu einer Entscheidung über eine Begrenzung oder einen Ausschluss bestimmter Leistungen führen könn- te, richtet sich der Druck zuerst ge- gen das IQWiG, um schon auf die mögliche Basis für eine G-BA-Ent- scheidung Einfluss zu nehmen.

3. Das Institut nimmt seine Be- wertungen öffentlich vor, indem es seine Dokumente wie Berichtspläne, Vorberichte und Abschlussberichte für jeden zugänglich zur Diskussion stellt. Der öffentliche Austausch von

Argumenten ist ein wesentliches Ele- ment wissenschaftlicher Arbeit – er löst aber nicht nur Reaktionen auf wissenschaftlicher Ebene aus. Gera- de wenn das Institut zu der Aussage kommt, dass ein bereits breit ein- gesetztes Verfahren nicht auf soli- der wissenschaftlicher Basis steht, fühlen sich die Betroffenen unter Rechtfertigungsdruck, was gelegent- lich zu aggressiver Gegenwehr unter Einschaltung der Medien führt.

4. Eine Besonderheit ist auch die deutsche Regelung der Kostenüber- nahme von Arzneimitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung:

Fast alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind mit der Zulassung (Einführung) erstattungsfähig, ohne dass ihr Nutzen schon regelhaft geprüft worden wäre. Im Klinikbe- reich sind auch andere medizinische Leistungen, wie zum Beispiel Ope- rationsverfahren, ohne weitere Prü- fung erstattungsfähig. Wenn das IQWiG in solchen Situationen be- auftragt wird, kann die Lage aus Sicht eines Herstellers kaum ver- bessert werden. Im besten Fall bleibt es beim Status quo.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen:

Dr. rer. medic. Koch PD Dr. med. Lange Prof. Dr. med. Sawicki

INSTITUT FÜR QUALITÄT UND WIRTSCHAFTLICHKEIT IM GESUNDHEITSWESEN

Der evidenzbasierten Medizin verpflichtet

Die Arbeit des Instituts muss höchsten wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen genügen.

Nur so können seine Berichte für die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses eine belastbare Grundlage sein.

Klaus Koch, Stefan Lange, Peter T. Sawicki

Foto:IQWiG

Das IQWiG mit Sitz im Kölner Stadtteil Kalk sorgt mit seiner Arbeits- weise seit seiner Gründung im Jahr 2004 für lebhafte Diskussionen.

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A2040 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008

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Vergleichbare Institute, wie etwa das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Großbritannien, befinden sich den Herstellern gegenüber in einer we- niger problematischen Position. Dort werden Arzneimittel in der Regel erst zulasten der Sozialversicherungssys- teme verordnet, nachdem diese In- stitutionen eine positive Entschei-

dung getroffen haben. In diesen Ländern klagen Hersteller eher über eine zu langsame Arbeit vergleich- barer Institutionen und sind durch Kooperation bemüht, die Bewer- tungsverfahren zu beschleunigen.

Ein junges Institut wie das IQWiG muss deshalb lernen, mit dieser konfliktträchtigen Ausgangs- lage zurechtzukommen, ohne dass die Arbeit beeinträchtigt oder unnötig verzögert wird. Dabei muss die nötige Offenheit für einen wis- senschaftlichen Austausch erhalten bleiben. Dieser Lernprozess schlägt sich zum Beispiel darin nieder, dass seit 2004 die institutseigenen Rege- lungen für die Einbindung der inter- essierten Öffentlichkeit immer wie- der angepasst wurden. Dabei wurde auf Änderungen der gesetzlichen Vorschriften reagiert, und es wurden weitere Anregungen von außen auf- gegriffen. Das IQWiG hat aber auch eigene Regeln definiert, um das Ver- fahren für den Umgang mit diesen Konflikten zu optimieren.

Ziel der Berichte

Das Hauptziel des Instituts ist die Er- stellung von Berichten, die höchs- ten wissenschaftlichen Qualitätsan- sprüchen genügen. Sie müssen für den G-BA eine sachlich nützliche und inhaltlich belastbare Grundlage für vernünftige Entscheidungen sein.

Die Perspektive der Berichte ist die betroffener Patientengruppen: Was ist für diese Patienten der Nutzen, wenn statt Maßnahme A eine andere Maßnahme B eingesetzt wird? Es geht also, erstens, immer um einen Vergleich und, zweitens, um den Nachweis eines Nutzens unter patien- tenrelevanten Aspekten. Im medizi- nischen Alltag werden oft Laborpara- meter wie Blutdruck-, Cholesterin- oder Blutzuckerwerte genutzt, um die Wirksamkeit von Therapien zu be- werten. Veränderungen solcher Werte genügen aber nicht, um zu beurteilen, welchen gesundheitlichen Nutzen ein Patient von einer Maßnahme hat (13, 14). Das Institut konzentriert sich deshalb auf die Endpunkte Mortali- tät, Morbidität und Lebensqualität (www.iqwig.de, „Allgemeine Me- thoden 3.0“).

Schon allein diese Festlegung der Kriterien, anhand derer der Nut-

zen beurteilt werden soll, hat weit- reichende methodische Konsequen- zen. Weil wissenschaftliche Studien zu diesen Endpunkten ungleich auf- wendiger sind als Studien zu Verän- derungen eines Laborwerts, sind sie relativ selten. Ein Berichtsauftrag an das IQWiG bedeutet, solche ge- eigneten Studien zu finden, zu be- werten und ihre Ergebnisse nach Möglichkeit auf klare Aussagen zu komprimieren.

Studienauswahl und Ergebnissicherheit

Die Methoden des Instituts basieren auf internationalen Standards der evi- denzbasierten Medizin (EbM). Dazu gehört, dass die Methoden der Fra- gestellung angemessen sein müssen.

Ein häufiges Missverständnis ist, dass das Institut auch individuelle Er- fahrungen von Patienten und Ärzten als „beste verfügbare“ Evidenz be- werten müsse. Hier wird oft die Defi- nition der evidenzbasierten Medizin von David Sackett et al. zitiert: „EbM ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegen- wärtig besten externen, wissenschaft- lichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung indi- vidueller Patienten. Die Praxis der EbM bedeutet die Integration indivi- dueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung“ (15).

Übersehen wird gelegentlich, dass sich diese Definition ausdrück- lich auf die Anwendung an „indi- viduellen Patienten“ bezieht. Das IQWiG ist aber eine Institution der evidenzbasierten Gesundheitsver- sorgung, dessen Auftrag es ist, Fra- gen des G-BA auf Bevölkerungs- ebene mit angemessener Ergebnis- sicherheit zu beantworten.

Die Beurteilung der Sicherheit des vorhandenen Wissens ist eine der Stärken der evidenzbasierten Medizin. Verschiedene Studienarten unterscheiden sich danach, wie gut sie gegen Verzerrungen (Bias) ge- schützt sind. Unstrittig ist, dass bei der Beurteilung des Nutzens medi- zinischer Maßnahmen randomisier- te kontrollierte Studien (RCT) die geringste Ergebnisunsicherheit auf- weisen, weil sie – wenn sie adäquat ablaufen und ausgewertet werden –

TRANSPARENZ DES VERFAHRENS

Die Empfehlungen des IQWiG zu Richtlinienentscheidungen des G-BA erfolgen aufgrund eines vollständigen Ab- schlussberichts. Die Berichte werden nach einem in den Methoden des Instituts beschriebenen Schema erstellt.

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Auftrag und Konkretisierung: Die Themengruppe des G-BA legt die Fragen fest, die konkret beant- wortet werden sollen, die zuständige Beschluss- kammer erteilt den Auftrag.

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Ausschreibung: In der Regel arbeiten externe Sach- verständige an der Erstellung von IQWiG-Berichten mit, die durch eine öffentliche Ausschreibung ausgewählt werden. Die Auswahlkriterien sind im Internet publiziert: Themenbezogene Kompetenz muss nachgewiesen werden. Sachverständige dür- fen zudem keine schwerwiegenden Interessenkon- flikte im Hinblick auf das konkrete Thema haben.

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Eine vorläufige Version des Berichtsplans wird er- stellt. Kriterien für in die Bewertung aufzunehmende Studien werden in den Berichtsplänen definiert.

Dies geschieht nach vorläufiger Auswertung der Li- teratur und eventuell Rücksprache mit Vertretern von betroffenen Patienten. Die Studiendauer muss so gewählt werden, dass die zu evaluierenden End- punkte zuverlässig beobachtet werden können.

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Nach einem Stellungnahmeverfahren (Details:

www.iqwig.de) wird der endgültige Berichtsplan erstellt, der die anzuwendenden Methoden beschreibt.

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Auf der Basis dieser Methoden wird ein Vorbericht erstellt, der zusätzlich zu einem oder mehreren externen Reviews erneut einem Stellungnahme- verfahren unterworfen wird.

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Nach der Einarbeitung eventuell nötiger Modifika- tionen wird der Abschlussbericht erstellt. Dieser enthält auch die Stellungnahmen. Er geht vertrau- lich an den Auftraggeber und wird nach kurzer Frist auf den IQWiG-Internetseiten veröffentlicht.

Dieser Ablauf betrifft Berichte, die für Richtlinienent- scheidungen des G-BA tauglich sind. Für andere Situatio- nen kann das IQWiG auf kürzere Verfahren zurückgreifen.

Dazu gehören schnelle Antworten zu bestimmten ergän- zenden Fragestellungen – sogenannte Rapid Reports.

Diese sind vom G-BA ausdrücklich als Methode zum Bei- spiel für Fälle gewünscht worden, in denen eine schnelle Information gebraucht wird.

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A2042 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008

T H E M E N D E R Z E I T

den Einfluss von Verzerrungen mi- nimieren (16). Das heißt, RCT bie- ten eine relativ hohe Sicherheit, dass beobachtete Unterschiede tatsäch- lich auf der Intervention beruhen.

Wegen ihrer potenziell hohen Er- gebnissicherheit sind RCT immer dann nötig, wenn die Gefahr be- steht, mit weniger präzisen Metho- den zu Fehlschlüssen zu kommen.

Typisch ist diese Situation bei chro- nischen Krankheiten, bei denen re- lativ kleine Unterschiede zwischen Therapiealternativen leicht durch einen variablen und schwankenden Krankheitsverlauf überlagert wer- den. Diabetes ist ein Beispiel: Er- nährung, körperliche Aktivität, De- tails des Tagesablaufs und der The- rapie und vieles andere mehr haben so starken Einfluss auf den Blut- zuckerspiegel, dass zum Beispiel Unterschiede zwischen verschiede- nen Insulinen ohne RCT nicht ver- lässlich beurteilt werden können.

Ein wichtiger Aspekt zu Beginn je- der Nutzenbewertung des IQWiG ist also die begründete Einschätzung, ob randomisierte Studien zur Klärung der Frage machbar sind und ob sie für eine ausreichend sichere Beantwor- tung der Frage nötig sind. Bei Arznei- mitteln ist die Frage nach Notwendig- keit und Machbarkeit von RCT in der Regel allein durch die Tatsache be- antwortet, dass deren Zulassung fast immer auf RCT beruht.

Bei nicht medikamentösen Ver- fahren mangelt es aber oft an RCT.

Hier stellt sich häufiger als bei Arz- neimitteln die Frage, ob auch die Ergebnissicherheit von Studien an- derer Machart ausreicht, um dem G-BA eine ausreichend sichere Ent- scheidungsgrundlage zu bieten.

Die Anforderungen an die Ergeb- nissicherheit hängen auch von Ein- zelheiten der Krankheit ab und von der Größe des Nutzens einer Thera- pie: So kann bei einer nahezu immer tödlichen Krankheit der Nutzen einer Therapie schon dadurch bewiesen sein, dass ein größerer Teil der Pati- enten überlebt. Auch hier geht es um einen Vergleich, doch bei dramati- schen Effekten können schon histori- sche Kontrolle oder Fallserien aus- reichende Sicherheit bieten (17).

Entgegen manchen Behauptun- gen hat das IQWiG nie Studien ge-

fordert, die nicht machbar sind.

Zum Beispiel hat das IQWiG im Be- richt zur Bewertung der Stammzell- transplantation bei akuten Leuk- ämien (5) je nach Subfragestellung alle Studiendesigns bis hin zu un- kontrollierten Fallserien akzeptiert.

Allerdings kommt es häufig vor, dass Studien mit der nötigen Ergeb- nissicherheit fehlen. Konflikte dre- hen sich dann oft um die Frage, wel- che Ergebnissicherheit mindestens nötig ist, um vom Beleg eines Nut- zens zu sprechen.

Die erste Aufgabe des Instituts ist es aber gerade, das Fehlen von Studi- en mit ausreichender Ergebnissicher- heit zu beschreiben: zum einen, da- mit Entscheidungsträger Maßnah- men ergreifen, um diese Wissens- lücken zu schließen, zum anderen, damit sie wissen, dass ihre gesund- heitspolitischen Entscheidungen nur auf einer unsicheren wissenschaftli- chen Basis beruhen können. Es ist gerade nicht Auftrag des IQWiG, dann auch mangelhafte Studien mit unzureichender Ergebnissicherheit zur Bewertung des Nutzens heranzu- ziehen. Diese Vorgehensweise würde ja an der Tatsache nichts ändern, dass Entscheidungen des G-BA in einer solchen Situation nicht auf eine wis- senschaftlich solide Basis gestellt werden könnten, sondern würde die- se Tatsache eher verschleiern.

Patientenzufriedenheit und Lebensqualität

Gelegentlich wird behauptet, dass Ergebnisse wie Lebensqualität nicht in RCT abbildbar seien. Solche Stu- dien gibt es aber längst (18, 19). Es gibt keinen Grund, warum Compli- ance und Lebensqualität nicht in Studien erhoben werden können, nur weil die zu vergleichenden Gruppen durch eine zufällige Zutei- lung der Patienten zustande gekom- men sind. Allerdings ist bei End- punkten, wie Lebensqualität und Patientenzufriedenheit, besonders darauf zu achten, dass es nicht durch die Studienbedingungen zu Verzer- rungen kommt (18, 19).

Bei der Bewertung der kurz wirk- samen Insulinanaloga waren Le- bensqualität und die Häufigkeit von Hypoglykämien Endpunkte von pu- blizierten RCT (1, 2). Diese Studien

der Evidenzstufe 1 haben keine Vor- teile für die Insulinanaloga gezeigt.

Eine Betrachtung von Studien nied- rigerer Ergebnissicherheit war dann nicht mehr erforderlich, denn gemäß internationalen Standards sind diese nicht geeignet, die höher- gradige Evidenz zu widerlegen.

Berücksichtigung der Versorgungssituation

An RCT wird häufig kritisiert, dass sie nicht die Versorgungsrealität ab- bildeten. Dies ist zwar häufig richtig.

Es ist aber keine Folge der Randomi- sierung, sondern der Festlegung der Studienbedingungen, insbesondere der Einschlusskriterien. Die Aus- wahl der Studienteilnehmer kann durch solche Selektionskriterien sehr weit vom klinischen Alltag entfernt sein, doch diese Gefahr ist keine Be- sonderheit von RCT, sondern gilt auch für alle anderen Studienarten.

Die „Versorgungsrealität“ wird dar- über hinaus bestimmt durch Compli- ance, Behandlungsintervalle, Quali- fikation der Ärzte und vieles mehr.

Es gibt Beispiele, die zeigen, dass sehr wohl RCT machbar sind, die die Versorgungsrealität abbilden (real- life-/pragmatic RCT [20]). Oft zielen aber gerade von Arzneimittelherstel- lern initiierte RCT darauf ab, opti- male Bedingungen für den Nachweis zu schaffen, dass eine Intervention einen positiven Effekt hat.

Für praxisrelevante Entscheidun- gen ist aber die Frage von Bedeu- tung, ob unter realen Bedingungen der medizinischen Versorgung die- ser theoretische Nutzen auch tatsächlich eintreten würde. Für die Beantwortung solcher Fragen ist je- doch eine aussagekräftige Versor- gungsforschung erforderlich, die es in Deutschland derzeit noch zu sel- ten gibt.

❚Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2008; 105(39): A 2039–42

Anschrift für die Verfasser Dr. rer. medic. Klaus Koch

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Dillenburger Straße 27 51105 Köln

E-Mail: klaus.koch@iqwig.de

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3908

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A2 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008

T H E M E N D E R Z E I T

LITERATUR

1. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Kurzwirksame Insu- linanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1. Abschlussbericht A05-02.

Köln: IQWiG 2007.

2. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Kurzwirksame Insu- linanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. Abschlussbericht A05-04.

Köln: IQWiG 2005.

3. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Clopidogrel versus Acetylsalicylsäure in der Sekundärprophy- laxe vaskulärer Erkrankungen. Abschluss- bericht A04-01A. Köln: IQWiG 2006.

4. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Stammzelltrans- plantation bei erworbener schwerer aplas- tischer Anämie. Abschlussbericht N05- 03B. Köln: IQWiG 2007.

5. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Stammzelltrans- plantation bei den Indikationen Akute lym- phatische Leukämie (ALL) und Akute my- eloische Leukämie (AML) bei Erwachse- nen. Abschlussbericht N05-03A. Köln:

IQWiG 2007.

6. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Balneophotothera- pie. Abschlussbericht N04-04. Köln: IQWiG 2006.

7. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Nutzenbewertung nichtmedikamentöser Behandlungsstra- tegien bei Patienten mit Bluthochdruck:

Gewichtsreduktiom. Abschlussbericht A05/21A. Köln: IQWiG 2006.

8. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Früherkennungs- untersuchung von Hörstörungen bei Neu- geborenen. Abschlussbericht S05-01.

Köln: IQWiG 2007.

9. Bierwirth R, Schlecht K: Einseitige Evidenz- selektion bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Der Diabetologe 2007; 3(2):

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10. Pfützner A, Forst T, März W, Jacob S: Evi- denzbasierte Medizin: Theoretische Grund- lagen und aktueller Missbrauch zur Kos- teneinsparung im Gesundheitswesen. In- ternist (Berl) 2007; 48(4): 426–35.

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12. Zorn U. Institut für Qualität und Wirtschaft- lichkeit: Die Tür zur Weisheit klemmt noch.

Dtsch Arztebl 2007; 104(3): A 102–4.

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15. Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.: Definitionen: Der Begriff „Evi- denz in der Medizin“ wird in unterschied- lichster Weise interpretiert. Hier finden Sie die Definitionen des DNEbM [Online-Text].

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http://www.ebm-netzwerk.de/grundlagen/

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 39/2008, ZU:

INSTITUT FÜR QUALITÄT UND WIRTSCHAFTLICHKEIT IM GESUNDHEITSWESEN

Der evidenzbasierten Medizin verpflichtet

Die Arbeit des Instituts muss höchsten wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen genügen.

Nur so können seine Berichte für die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses eine belastbare Grundlage sein.

Klaus Koch, Stefan Lange, Peter T. Sawicki

Referenzen

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