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Archiv "Einsparungen im Gesundheitswesen: Gesundheitsdienst unter Druck" (05.07.1996)

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Die Korrekturen am neuen EBM sind aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in erster Linie als Notbremse zu verstehen.

Vor allem mit der Einführung von Teilbudgets und Höchstpunktzahlen (Deutsches Ärzteblatt, Heft 26/1996) soll die massive Mengenentwicklung in bestimmten Leistungsbereichen gestoppt werden. Die KBV will auf diese Weise eine Stabilisierung der Punktwerte erreichen, damit die nie- dergelassenen Ärzte wenigstens halb- wegs gesichert kalkulieren können.

Verständnis für die momentane Unruhe

Die mengenbegrenzenden Maß- nahmen, betonte Dr. Lothar Wittek gegenüber dem Deutschen Ärzte- blatt, gelten in dieser Form nur bis zum Jahresende. Es seien Notlösun- gen, deren Schwachpunkte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht verkannt würden. Mit Beginn des kommenden Jahres, so der Vor- sitzende der KBV-Gebührenord- nungskommission, sollen dann die fachgruppenspezifischen, fallzahlab- hängigen Praxisbudgets eingeführt werden.

Wittek zeigte Verständnis für die momentane Unruhe unter den Kas- senärzten: „Ich kann die Sorgen der Kollegen verstehen, aber die Lage wird sich beruhigen, sobald die ersten Abrechnungen vorliegen.“ Auf den ersten Blick könne die Gesamtzahl von immerhin 221 Änderungen am EBM erschrecken, räumte der bayerische KV-Vorsitzende ein. „Das ist aber weniger schlimm, als es aus- sieht“, meinte Wittek. Die Änderun- gen, die für die einzelnen Fachgrup- pen relevant seien, paßten nämlich jeweils auf zwei DIN-A4-Seiten.

„Das werden die Kollegen trotz der Kürze der Zeit bewältigen können.“

Auch KBV-Hauptgeschäftsführer

Dr. Rainer Hess sieht den enormen Zeitdruck, unter dem die Änderun- gen am EBM zustande gekommen sind: „Wir wollten aber nicht auf- grund der ersten Trendmeldungen in den blauen Dunst hinein ändern, son- dern mußten schon eine hinreichende Datenlage abwarten.“ Hess ist davon überzeugt, daß die Software-Herstel- ler die Änderungen am EBM noch rechtzeitig berücksichtigen können werden.

Unterdessen arbeitet die Kas- senärztliche Bundesvereinigung mit Nachdruck an der Vorbereitung und Ausgestaltung der Praxisbudgets.

Aus verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen sind Bedenken und Proteste gegen die Beschlüsse der KBV-Vertreterversammlung zu den Praxisbudgets laut geworden. Dazu Dr. Wittek: „Wir werden diese Kritik aufnehmen und gemeinsam die Lö- sungen beraten.“ Ein Teil des Prote-

stes, ließ Wittek durchblicken, müsse aber wohl auch vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen in den KVen gesehen werden. Er selbst mache je- doch „keine Honorarpolitik nach Stimmungslagen“.

Gespräche über Betriebskosten

Was den dennoch erhofften Kon- sens zwischen den verschiedenen Arztgruppen angeht, glaubt der Lei- ter der KBV-Honorarabteilung, Dr.

Manfred Moewes, einigen Grund zur Zuversicht zu haben. Moewes ver- weist in diesem Zusammenhang auf Verhandlungen mit dem Berufsver- band Deutscher Allgemeinärzte, dem Berufsverband der Internisten und der Gemeinschaft fachärztlicher Be- rufsverbände über die Ermittlung von betriebswirtschaftlichen Grundlagen.

Im Modell der Praxisbudgets spielen die durchschnittlichen Be- triebskosten je Arztgruppe eine be- deutsame Rolle. Die Akzeptanz der Budgetberechnungen insgesamt wird sich nicht zuletzt an dieser Frage ent- scheiden. Ende August, hatte Moe- wes angekündigt, dürften die ersten Ergebnisse vorliegen. Josef Maus

A-1810 (18) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 27, 5. Juli 1996

P O L I T I K AKTUELL

Durch eine gezielte Auswahl der zu begutachtenden Patienten/AU-Te- stierten kann die Wirksamkeit der Be- gutachtung bei Arbeitsunfähigkeit (AU) gesteigert werden. Dies ist die Quintessenz eines Modellversuches der Medizinischen Dienste der Kran- kenversicherung (MDK), Essen. In den Modellversuch wurden in fünf Regionen im Bundesgebiet 13 119 AU-Fälle einbezogen, die länger als drei Wochen gedauert haben.

Dabei wurde der gesamte AU- Bestand der beteiligten Krankenkas- sen jeweils am 22. Tag gesichtet und einer der folgenden fünf Gruppen

(mit folgenden Anteilen) zugeord- net:

– Eindeutige Krankheitsfälle (50 Prozent);

– prospektive Langzeitkranke mit Rehabilitationsbedarf (20 Pro- zent);

– Verdacht auf medizinisch nicht begründete Arbeitsunfähigkeit (6 Prozent);

– psychosoziale Problemfälle (6 Prozent);

– noch nicht zuordenbare Fälle (18 Prozent).

Die Zuordnung zeigt, daß der Hauptteil der in die Untersuchung

Dr. Wittek zu den EBM-Änderungen

Notlösung für stabilere Punktwerte

Medizinischer Dienst

Keine schematische

AU-Begutachtung

(2)

einbezogenen Arbeitsunfähigen als ernsthaft krank beziehungsweise als prospektiv langzeitkrank einzuschät- zen ist. Nur bei einer kleinen Gruppe besteht ein Verdacht auf medizinisch nicht begründete Arbeitsunfähig- keit.

Im Rahmen des Modellversuchs hat der MDK seine Begutachtungsak- tivitäten auf die Gruppen der pro- spektiven Langzeitkranken sowie des Verdachts auf medizinisch nicht ge- rechtfertigte Arbeitsunfähigkeit kon- zentriert. Diese Systematisierung führt zu einer deutlichen Steigerung der Begutachtungseffektivität. So konnte die Zahl der Rehabilitations- empfehlungen um rund ein Drittel ge- steigert werden, und zwar zu einem im Durchschnitt um 34 Tage vorver- legten Zeitpunkt. Ebenso konnte die Zahl der Arbeitsaufnahmen bei den

„Mißbrauchsfällen“ erhöht werden.

Diese Effekte wurden erzielt, ohne die Zahl der körperlichen Untersu- chungen zu erhöhen.

Frühere Begutachtung

Die Untersuchung legt folgende Folgerungen nahe:

– Eine systematische Voraus- wahl von AU-Fällen ist zweckmäßig.

Der Modellversuch liefert hierfür die Auswahlkriterien.

– Eine Vorverlegung der ersten Durchmusterung des AU-Bestandes einer Krankenkasse auf den 22. AU- Tag steigert die Effektivität.

– Am größten ist die Effektivität von AU-Untersuchungen bei den Gruppen der prospektiven Langzeit- kranken und des Verdachts auf Mißbrauch.

– Eine quantitative Ausdehnung der Begutachtungstätigkeit führt zu keiner Verbesserung der Wirksamkeit der AU-Begutachtung.

Der Modellversuch hat ergeben, daß mit dem Konzept der sozialmedi- zinischen Falleingrenzung und Ziel- gruppenbildung die Effektivität und Effizienz der AU-Begutachtung durch den MDK gesteigert werden kann. Darüber hinaus verdeutlicht er die Möglichkeiten, aber auch die engen Grenzen einer vermehrten Begutachtung von Arbeitsunfähi- gen. Dr. med. Rüdiger Hein, Lübeck

A-1811

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 27, 5. Juli 1996 (19) Durch die Umstrukturierungen

und Kürzungen im Gesundheitswesen kommt der öffentliche Gesundheits- dienst (ÖGD) immer stärker unter Druck. Der 46. Wissenschaftliche Kongreß des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheits- dienstes e.V. am 20. Mai 1996 in Berlin bot die Gelegenheit zur Reflexion und den Versuch einer Neuorientie- rung. Wie der Vorsitzende der ÖGD, Dr. med. Burkardt Jaeschke, Leiter des Gesundheitsamtes Hamburg, aus- führte, sollen die klassischen Aufga- ben des öffentlichen Gesundheits- dienstes wie Gesundheitsschutz, Um- welt- und Kommunalhygiene, Präven- tion und Gesundheitsförderung ver- stärkt betont und mehr ins Bewußt- sein der Öffentlichkeit getragen wer- den. Insbesondere in der Zeit ökono- mischer Probleme und damit einher- gehender sozialer Polarisierung sei die medizinische Versorgung von Randgruppen wie Obdachlosen und Drogenabhängigen ein besonderes Anliegen des ÖGD. Darüber hinaus warnte Jaeschke vor einer Zergliede- rung des öffentlichen Gesundheits- dienstes, wodurch Reibungsverluste und höhere Kosten entstehen würden.

Diese Tendenz wurde in einigen Bun- desländern deutlich. So ist der öffent- liche Gesundheitsdienst in Bayern in die Zuständigkeit der Kommunen übergegangen, ohne die erforderli- chen Mittel mit zu verlagern.

Differenzierteres Bild

Ein etwas differenzierteres Bild entwarf Dr. med. Jan Leidel, Leiter des Kölner Gesundheitsamtes. Er räumte ein, daß einige Aufgaben wie zum Bei- spiel Medizinal- und Apothekenauf- sicht, aber auch zahlreiche Gutachter- tätigkeiten nicht mehr zeitgemäß oder aufgrund der veränderten Situation im Laufe der Jahre bedeutungslos gewor- den seien und aus diesem Grund zur

Disposition gestellt werden sollten.

Diese selbstkritische Darstellung wer- de besonders außerhalb des ÖGD viel Beifall finden, so Leidel. Für unange- bracht hält er es, mit den Kranken- kassen um Gesundheitsförderungsan- gebote zu konkurrieren. Hingegen sollten die Gesundheitsämter ihren Schwerpunkt auf die folgenden drei Themenbereiche konzentrieren: Ge- sundheitsplanung und Berichterstat- tung, Gesundheitshilfen mit sozial- kompensatorischem Schwerpunkt und Gesundheitsförderung, wobei hier die Verhältnisprävention im Vordergrund stehen sollte.

Im Rahmen einer Verwaltungs- reform sollen neue Steuerungsmodel- le eingeführt werden, die ein effekti- veres und kostengünstigeres Handeln ermöglichen. Es könnten zum Bei- spiel für interne Aufträge anderer Behörden, Ämter und Dienststellen Gebühren erhoben werden, wodurch die Leistungen des ÖGD besser dar- stellbar und gegebenenfalls besser einsetzbar sind. Ferner hätte dies ei- nen gewissen Steuerungseffekt, wo- durch die Gesundheitsdienste nicht für unnötige Leistungen wie etwa die Erstellung von fragwürdigen Gutach- ten herangezogen würden. Schließ- lich könnte durch sorgfältige Prüfung und entsprechende organisatorische Änderungen eine Rationalisierung durch Zusammenarbeit sowohl auf interkommunaler als auch auf äm- terübergreifender Ebene erreicht werden. Die in Berlin vorgeschla- genen Maßnahmen zur Umstruk- turierung und Effizienzsteigerung des öffentlichen Gesundheitsdienstes scheinen längst überfällig zu sein. Kri- tisch zu prüfen ist, in welcher Form der ÖGD bestehenbleiben und wel- che Aufgaben er erfüllen soll. Dabei ist es wichtig, pragmatisch vorzuge- hen, historisch gewachsene Kompe- tenzen zu hinterfragen und der Ver- sorgung der Bevölkerung Priorität einzuräumen. Dr. Stephan Mertens

Einsparungen im Gesundheitswesen

Gesundheitsdienst

unter Druck

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